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AUSLAND/1584: Kenia - HIV-Therapien für Kinder oft unverträglich, neuer Ansatz schafft Abhilfe (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. September 2010

Kenia: HIV-Therapien für Kinder oft unverträglich - Neuer Ansatz schafft Abhilfe

Von David Njagi


Nairobi, 7. September (IPS) - Als Ronald Gathece wegen seiner HIV-Infektion mit antiretroviralen Medikamenten behandelt wurde, achteten die Ärzte nicht darauf, wie er auf die Therapie reagierte. Die Nebenwirkungen waren so schlimm, dass sich der damals elfjährige Junge sogar umbringen wollte.

"Ich musste erbrechen, und mein ganzer Körper juckte", erinnert sich Gathece fünf Jahre später. "Noch schlimmer wurde alles dadurch, dass es zu Hause kaum etwas zu essen gab. Meine Großmutter hatte nämlich keine Arbeit mehr." Sein Zustand war irgendwann so unerträglich, dass er die Therapie abbrach und nur noch sterben wollte. "Ich war schließlich nicht selbst schuld daran, dass ich krank war", meint Gathece, der bereits mit dem todbringenden Virus geboren wurde.

Ein Hilfsprogramm für HIV-Positive, das mit dem Kenianischen Netzwerk von Frauen mit Aids (KENWA) zusammenarbeitet, wurde schließlich zum rettenden Anker. Die Organisation konnte den Jungen davon überzeugen, die Therapie trotz allem fortzusetzen. KENWA arbeitet in dem Slum Mathare nordwestlich der Hauptstadt Nairobi, wo Gathece wohnt.

"Als wir ihn fanden, sagte er, erzählte er, dass sich das Gesundheitspersonal nicht darum gekümmert habe, wie ihm die antiretroviralen Medikamente bekamen", berichtet Grace Njinju, die für KENWA tätig ist. Das Frauennetzwerk sorgte auch dafür, dass Gathece in ein Nahrungshilfsprogramm für Waisen und sozial schwache Kinder aufgenommen wurde.


Viele Kinder mit Nebenwirkungen allein gelassen

Mit seinem Schicksal steht der Kenianer nicht allein da. Viele andere HIV-positive Kinder werden bei der Behandlung ebenfalls nicht ausreichend betreut. Mediziner warnen davor, dass die Versäumnisse die Fortschritte, die durch die antiretroviralen Präparate erreicht werden können, teils wieder zunichte machen.

Inzwischen gibt es aber ein neues Betreuungsmodell, mit dessen Hilfe Patienten gezielt bei Unverträglichkeiten geholfen werden kann. In Nairobi wurden Mitte August erstmals in Ostafrika Richtlinien vorgestellt, mit denen die Qualität, die Sicherheit und die Wirksamkeit von Medikamenten besser überwacht werden können.

So müssen dem Arzt Jayesh Pandit zufolge, der dem kenianischen Pharmaausschuss vorsitzt, die medikamentösen Therapien unter Leitung ausgebildeter Gesundheitskräfte genau beobachtet werden. Dadurch sollten nicht nur Informationen über Nebenwirkungen gewonnen, sondern auch gefälschte Arzneien ausfindig gemacht werden.

"Keine Medizin ist garantiert zu hundert Prozent sicher", sagt Pandit. Erkrankte Kinder seien besonderen Risiken ausgesetzt, da in der Pädiatrie erst wenige klinische Medikamententests durchgeführt worden seien.


Buch führen

Das neue Projekt sieht vor, dass Ärzte und Pfleger die Reaktionen ihrer jungen Patienten auf die Arzneien schriftlich dokumentieren sollen. Aufgrund der jeweiligen Krankenakte soll der zuständige Mediziner dann die geeignete Therapie auswählen. Laut Pandit sollen die Berichte in der internationalen Datenbank 'Vigibase' im 'Uppsala Monitoring Centre' der Weltgesundheitsorganisation WHO in Schweden gesammelt werden.

Florence Akinyi, die als Gesundheitsberaterin in dem Slum Korogocho in Nairobi arbeitet, lobt die Initiative. In dem Elendsviertel habe es ebenfalls Schwierigkeiten dabei gegeben, Nebenwirkungen von Anti-Aids-Medikamenten bei Kindern zu mildern, berichtet sie. "Die Mütter erzählten uns, dass die Kinder Hautausschläge bekamen und erbrechen mussten, als sie antiretrovirale Präparate nahmen."


Neue Forschungen über Wirkung antiretroviraler Medikamente

Akinyi hofft, dass die Medikamente, die von Kindern besonders schlecht vertragen werden, nun leichter erkannt werden können. Mehrere Verbände haben sich mittlerweile dem Projekt angeschlossen und arbeiten außerdem daran, die Risiken für eine HIV-Übertragung von Müttern auf Kinder weiter zu schmälern.

Die kenianische 'Elizabeth Glaser Pediatric Aids Foundation' will über einen Zeitraum von zwei Jahren eine Studie in Südafrika, Sambia und Kenia durchführen. Laut dem Forschungsdirektor John Ong'ech soll untersucht werden, welche langfristigen Auswirkungen antiretrovirale Medikamente auf Kinder haben. "Dies betrifft nicht nur Afrika, sondern die ganze Welt", meinte der Mediziner. (Ende/IPS/ck/2010)


Links:
http://www.kenwa.org/
http://www.pedaids.org/
http://www.who-umc.org/
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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. September 2010