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AUSLAND/1598: Kamerun - Cholera-Epidemie setzt Regierung unter Druck, Norden besonders betroffen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 1. Oktober 2010

Kamerun: Cholera-Epidemie setzt Regierung unter Druck - Norden besonders betroffen

Von Ngala Killian Chimtom


Jaunde, 1. Oktober (IPS) - Eine Cholera-Epidemie in den nördlichen Provinzen Kameruns hat bereits 420 Todesopfer gefordert. Der Ausbruch der Krankheit wirft ein Schlaglicht auf gravierende Engpässe bei der lokalen Wasser- und sanitären Grundversorgung.

Die Regierung tut sich schwer, eine wirksame Strategie gegen die Ausbreitung der Cholera zu entwickeln, obwohl die Seuche mit einfachen Maßnahmen bekämpft werden könnte. Bei der Cholera handelt es sich um eine Darminfektion, die durch Bakterien im Wasser oder in Nahrungsmitteln ausgelöst wird. Die Folgen sind Durchfall, Flüssigkeitsverlust, Erbrechen und Bauchschmerzen. Rund 7.000 Menschen haben sich die Krankheit in diesem Jahr in dem zentralafrikanischen Staat zugezogen.

Zivilgesellschaftliche Gruppen beschuldigen Kameruns Regierung, bei der Erstellung eines Plans zur Bekämpfung der Cholera zu versagen. Sie fordern mehr Geld für die Abwasserentsorgung, die Bereitstellung von sauberem Wasser und die Hygieneerziehung. "Die Regierung weiß doch ganz genau, dass dieser Landesteil sehr anfällig für die Cholera ist", so Honoré Ahmed von der Vereinigung für die Entwicklung des Nordens. "Sie hätte den Ausbruch der Epidemie durch frühzeitige Gegenmaßnahmen verhindern können."


Vermeidbare Krankheit

Starke Zweifel an der grundsätzlichen Fähigkeit der Regierung, der Cholera begegnen zu können, waren schon Anfang September aufgekommen, als in den beiden größten Städten Kameruns, Jaunde und Douala, neue Cholera-Fälle bekannt wurden.

Oppositionsführer Ni John Fru Ndi von der Sozialdemokratischen Front lässt kein gutes Haar an der Politik der regierenden Demokratischen Sammlungsbewegung des kamerunischen Volkes. "Ich kann nicht begreifen oder akzeptieren, dass ein Land, das für sich in Anspruch nimmt, auf dem Wachstumsweg zu sein, die eigenen Kinder durch einen sorgsam organisierten Mangel an sauberem Wasser und öffentlicher Hygiene tötet."

Der Politiker warf Präsident Paul Biya und seiner Regierung vor, den Reichtum des Landes für Vergnügungs-Trips ins Ausland auszugeben, während die Bevölkerung weiterhin einer Krankheit erliege, die eigentlich vermeidbar sei.

In Kamerun hat nur einer von 20 Einwohnern Zugang zu Sanitäranlagen, weniger als ein Drittel der Bevölkerung kann auf sauberes Trinkwasser zugreifen, wie Gesundheitsminister André Mama Fouda einräumen musste. Im Norden des Landes ist die Situation sogar noch schlimmer. "Dort müssen sich 4.000 Menschen eine einzige Toilette teilen", kritisierte der Ingenieur Patrice Hassan, der vor Ort tätig ist, in einem offenen Brief an die Regierung:


Kein Geld für Seife

Die Cholera sei vor allem ein Armutsproblem, meint der Arzt Yves Kueté Fotié, der im äußersten Norden praktiziert. "Man kann den Menschen ja wieder und wieder sagen, dass sie sich die Hände vor dem Essen mit Seife waschen sollen. Was hilft es aber, wenn sie sich noch nicht einmal eine Seife kaufen können?" Die Bevölkerungsstatistik Kameruns aus dem Jahr 2005 weist bei einer Bevölkerung von 19,4 Millionen einen Anteil von 40 Prozent aus, der von weniger als einem US-Dollar am Tag leben muss.

Die Regierung hat auf den Ausbruch der Cholera - auch getrieben von der scharfen Kritik an ihrer Gesundheitspolitik - mit einem Zwei-Phasen-Plan reagiert. Das Budget beträgt umgerechnet fünf Millionen Dollar. In der ersten Phase, die im August angelaufen ist, wurden vor allem in den besonders gefährdeten Norden Wasserreinigungstabletten und sauberes Wasser geliefert. Die Beschäftigten im Gesundheitssektor erhielten medizinisches Material und wurden in Notmaßnahmen gegen die Cholera ausgebildet.

Phase zwei wird im November beginnen. Sie sieht vor, im Laufe von acht Monaten 200 Brunnen zu erneuern und 50 neue zu bohren. Außerdem werden 200 Latrinen in den beiden am stärksten von der Cholera gebeutelten Gegenden gebaut. Bislang wird die Notdurft üblicherweise in den Büschen verrichtet. Auch internationale Hilfsorganisationen leisten ihren Beitrag zur Bekämpfung der Cholera. (Ende/IPS/bs/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Oktober 2010