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FORSCHUNG/178: Eine Million für eine innovative Idee - Parasiten in der Sackgasse (idw)


Universität Basel - 10.05.2012

Eine Million für eine innovative Idee - Parasiten in der Sackgasse



Schweizer Forschende haben eine bahnbrechende Hypothese entwickelt, die neue Strategien gegen Parasitenerkrankungen verspricht: Die krankmachenden Parasiten könnten eliminiert werden, indem sie in eine Sackgasse ihres Lebenszyklus geführt werden. Für ihr Projekt erhalten der Parasitologe Prof. Reto Brun vom mit der Universität Basel assoziierten Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH) und die Molekularbiologin Prof. Isabel Roditi vom Institut für Zellbiologie der Universität Bern von der Bill & Melinda Gates Foundation 1 Million Dollar. Das Projekt hat die erste Förderungsphase bereits erfolgreich durchlaufen.

Das Grand Challenges Explorations Program der Bill & Melinda Gates Foundation (BMGF) sucht seit 2008 unorthodoxe und kreative Ideen zur Lösung von grossen globalen Gesundheitsproblemen. Tausende von Ideen sind eingereicht worden, und weltweit wurden bisher rund 600 Projekte mit je 100'000 Dollar unterstützt. Als eines von 32 Vorhaben erhalten die Schweizer Forschenden nun eine weiterführende Unterstützung von 1 Million Dollar, um ihre Idee weiterzuverfolgen. Ihr Ziel ist es, Wirkstoffe für neue Medikamenten zu identifizieren, die dringend gegen verschiedene Tropenkrankheiten gebraucht werden.

Als Modell dienen afrikanische Trypanosomen, die parasitären Erreger der Schlafkrankheit, einer schweren, ohne Behandlung tödlich verlaufenden Erkrankung, deren Therapie mit vielen Nebenwirkungen behaftet ist. Diese Parasiten durchlaufen während ihres Lebenszyklus verschiedene Entwicklungsformen. Im Menschen sind sie im Blut angesiedelt, wo sie eine dichte Hülle von Glykoproteinen vor dessen Immunsystem schützt. Trypanosomen sind zudem in der Lage, ihren Schutzmantel zu verändern, um so der Immunantwort zu entgehen. Erst wenn die Parasiten durch eine «Blutmahlzeit» in den Überträger, die Tsetsefliege, gelangen, werfen sie den schützenden Mantel ab, da sie ihn im Insekt nicht mehr benötigen.

100'000 Stoffe auf dem Prüfstand

Ein eleganter Wirkmechanismus eines Medikaments wäre nun, die Blutformen des Parasiten bereits im Menschen dazu zu bringen, sich in die schutzlosen Insektenformen umzuwandeln. Das Projekt der Schweizer Forschenden zielt genau darauf ab: Sie statten die Parasiten mit einem genetischen Marker aus, der anzeigt, wenn sie ihre Weiterentwicklung einleiten - was sie unter natürlichen Umständen erst dann tun, wenn sie von einer Tsetsefliege aufgenommen wurden. Mithilfe dieses Markers ist es nun möglich, zu testen, welche Substanzen die für den Parasiten todbringende Metamorphose einleiten. Rund 100'000 sehr unterschiedliche Stoffe stehen dafür als Kandidaten in der neuen Projektförderphase auf dem Prüfstand.

Sollten sich bestimmte Substanzen gegen den Parasiten als wirksam erweisen, sollen weitere Untersuchungen folgen, an deren Ende - so die Hoffnung der Forschenden - der Beweis erbracht werden kann, dass der neue Ansatz funktioniert: nämlich indem Mäuse geheilt werden können, die an der Schlafkrankheit erkrankt sind. Doch geht es in dem Projekt nicht allein um diese Krankheit - die eigentlich grossartige Dimension dieses Ansatzes ist es, dass er sich potenziell auch auf viele andere Parasitenerkrankungen anwenden lässt.


Weitere Auskünfte

- Prof. Dr. Reto Brun
Schweizerisches Tropen- und Public Health-Institut
Medizinische Parasitologie und Infektionsbiologie
E-Mail: reto.brun@unibas.ch

- Dr. Joachim Pelikan
Schweizerisches Tropen- und Public Health-Institut
Presseverantwortlichert
E-Mail: joachim.pelikan@unibas.ch

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.swisstph.ch
Schweizerisches Tropen- und Public Health-Institut

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution74

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universität Basel , lic. phil. Christoph Dieffenbacher, 10.05.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Mai 2012