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HERZ/510: Meldungen von der 77. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (1) (idw)


Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung
Pressemitteilungen vom 28. April 2011

77. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, Mannheim, 27. - 30. April 2011


→ Kardiologen-Kongress
      Medikamenten-beschichtete Ballons halten verschlossene Blutgefäße offen
→ Neue Daten
      Versorgung Herzkranker mit Gefäßstützen in Deutschland auf sehr hohem Niveau
→ Obst und Gemüse schützen vor Herzschwäche
→ Sozialgericht
      Kardiologen mit Zusatzqualifikation haben Anspruch auf Vergütung von Kardio-MRT
→ Telemonitoring steigert Lebensqualität von Herzschwäche-Patienten
→ Aortenklappen-Ersatz
      Welche Patienten von welcher Operationsmethode profitieren
→ Einfache Operation verringert Bluthochdruck ohne Medikamente und verbessert Zuckerstoffwechsel
→ Neue Klappe in die Klappe - Innovativer Ersatz für kaputte Herzklappen

Raute

Donnerstag, 28. April 2011

Kardiologen-Kongress: Medikamenten-beschichtete Ballons halten verschlossene Blutgefäße offen

Mannheim, Donnerstag 28.04.2011 - Die neuartige Behandlungsmethode der Medikamenten-beschichtete Ballons ermöglicht künftig eine noch wirksamere Behandlung von verengten Blutgefäßen, berichtet Prof. Dr. Bruno Scheller (Klinik für Innere Medizin III, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar) bei einem Pressegespräch anlässlich der 77. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung (DGK). Bis Samstag werden im Congress Center Mannheim mindestens 7000 aktive Teilnehmer aus 25 Nationen erwartet.

Drug-Eluting Balloons (DEB) sind mit dem wachstumshemmenden Medikament Paclitaxel beschichtet, das am Ort der Gefäßverengung sofort freigesetzt wird. Es verhindert den neuerlichen Verschluss (Restenose) des zuvor gedehnten Gefäßes durch Überwuchern der erweiterten Stelle. Nach dem Eingriff bleibt, anders als bei Medikamente freisetzenden Gefäßstützen (Drug-eluting stents, DES), keine mechanisch wirkender Fremdkörper zurück.

"Medikamentenbeschichtete Ballonkatheter erscheinen in Herzkranzgefäßen vor allem für Situationen geeignet, bei denen die Einlage eines Stent ungünstig ist", bilanziert Prof. Scheller. "Außerdem konnte die Wirksamkeit des DEB bei Verengungen kleiner Herzkranzgefäße und in Aufzweigungen von Blutgefäßen (Bifurkationen) nachgewiesen werden. Auch bei Gefäßverengungen im Bein zeigte sich im Vergleich zur konventionellen Dehnung eine deutliche Verminderung der Wiederverengungs-Häufigkeit und erneuter Eingriffe. Der Einsatz möglichst kurzer Stents für Dissektionen (Aufspaltung der Gefäßwandschichten mit dem Eindringen von Blut zwischen die Wandschichten) in Kombination mit DEB für das gesamte erkrankte Areal könnte Vorteile gegenüber einer vollständigen Stent-Versorgung sehr langstreckigen Gefäßeinengungen (Koronarläsionen) haben."

Kurzfristige Arzneimittelfreisetzung reicht aus

Die Entwicklung des DEB beruht auf der Entdeckung, dass keine lang anhaltende Arzneimittelfreisetzung nötig ist, um eine Wiederverengung eines Gefäßes (Restenose) langfristig zu verhindern. Im Rahmen der Forschungsarbeiten wurde ein spezielles Verfahren entwickelt, um einen Ballonkatheter mit Paclitaxel in einer speziellen Matrix zu beschichten. Allerdings, so Prof. Scheller, müssen Möglichkeiten und Grenzen von DEB und deren unterschiedlichen Konzepten zukünftig in Studien weiter untersucht werden. In Deutschland sind derzeit fünf DEB für die Anwendung am Herzen sowie drei DEB für periphere Gefäße zugelassen.


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Donnerstag, 28.04.2011

Neue Daten: Versorgung Herzkranker mit Gefäßstützen in Deutschland auf sehr hohem Niveau

Die Versorgung herzkranker Patienten mit Medikamenten-freisetzenden Gefäßstützen (Drug-Eluting Stents, DES) hat in Deutschland ein sehr hohes Niveau, Implantation und Nachsorge haben auch im internationalen Vergleich einen hohen Standard. Das ist das Ergebnis einer Gesamtauswertung von DES.de, dem vor sechs Jahren ins Leben gerufenen Register zur Dokumentation der mit einem DES behandelten Patienten in 99 Kliniken. Diese Ergebnisse wurden von Prof. Dr. Christoph Nienaber (Universität Rostock, Heart Center) bei einem Pressegespräch anlässlich der 77. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) präsentiert. Die aktuellen Daten sind umso bedeutsamer, als die Einführung von DES in Deutschland von intensiven wissenschaftlichen Diskussionen begleitet war: DES, hieß es damals, hätten gegenüber nicht beschichteten Metall-Stents ein erhöhtes Risiko neuerlicher, sehr gefährlicher Gefäßverschlüsse ("akute Stentthrombosen").

DES.de ist mit 20.033 dokumentierten Fällen das weltweit größte Register seiner Art. Es erlaubt den Vergleich von Kurzzeit- und Langzeit-Follow-up-Daten bei vier verschiedenen Stents, die die Wirksubstanzen Sirolimus, Paclitaxel, Zotarolimus oder Everolimus freisetzen. DES.de ist ein "All-comers-Register", bei dem auch Patienten mit sehr schweren Krankheiten hinsichtlich ihres Verlaufs nach DES-Implantation analysiert werden.

Einige Ergebnisse im Detail:
- Bezüglich Sterblichkeit, Herzinfarkt- und Schlaganfall-Risiko sowie dem Risiko schwerer Blutungen innerhalb eines Jahres können vier DES-Generationen als gleich sicher bewertet werden.
- Bei Primärimplantationen wurde eine Erfolgsrate von 98,6 Prozent erfolgreicher Katheterinterventionen dokumentiert, womit ein hoher Standard an den beteiligten Kliniken belegt ist.
- Sehr hoch ist auch der Standard leitlinienkonformer Begleitmedikation mit 98,5 Prozent bei Aspirin und fast 100 Prozent bei dem Blutplättchenfunktionshemmer Clopidogrel für die empfohlene Dauer von einem Jahr.
- Die Komplikationsrate während der Implantation und insbesondere die geringe Sterblichkeit während der Operation betrug 0,2 bis 0,3 Prozent - trotz eines hohen Anteils von Patienten mit schweren Herzkrankheiten.
- Auch die Wiederverschluss- (Restenosen)-Rate entspricht mit 15 bis 17 Prozent innerhalb eines Jahres der erwarteten Häufigkeit und unterscheidet sich nicht zwischen den Stents der ersten und zweiten Generation. Das liegt deutlich über den Ergebnissen der ersten Studien, ist aber Ausdruck der Repräsentativität der erhobenen zahlen.
- Das Auftreten von Stentthrombosen innerhalb von zwölf Monaten ist mit 3,9 bis 5,3 Prozent zwischen den Stent-Generationen nicht signifikant unterschiedlich und liegt im erwarteten Rahmen.

Insgesamt ist der Anteil von Sterblichkeit, Infarkt oder Schlaganfall (MACCE) innerhalb von zwölf Monaten "mit fünf bis sechs Prozent äußerst niedrig, nicht signifikant unterschiedlich zwischen den vier Stents und damit Ausdruck einer hohen Behandlungsqualität", so Prof. 0Nienaber. "Die Nutzung der DES.de Registerplattform zur Dokumentation der eigenen Patientenverläufe führt offensichtlich zu einer hohen Qualität und zu sehr guter Verlaufsdokumentation bei Nutzung von intrakoronaren DES."


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Donnerstag, 28.04.2011

Obst und Gemüse schützen vor Herzschwäche

Mannheim, Donnerstag, 28. April 2011 - Eine Ernährung mit einem hohen Obst- und Gemüseanteil wirkt generell positiv auf Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen - jetzt konnten Forscher erstmals speziell für die Herzinsuffizienz einen solchen Zusammenhang nachweisen. Mit steigendem Vitamin-C-Plasmaspiegel, der auf eine Ernährung mit viel Obst und Gemüse hinweist, sinkt das Risiko, an Herzinsuffizienz zu erkranken, so die EPIC-Norfolk-Studie, die heute Wissenschaftler der Universitäten Köln und Cambridge [1] auf der 77. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung (DGK) präsentierten.

Von Mittwoch bis Samstag diskutieren in Mannheim mehr als 7000 Teilnehmer aus rund 25 Ländern aktuelle Entwicklungen aus allen Bereichen der Kardiologie. Die Herzinsuffizienz, eine Erkrankung, die etwa 2,5 bis 3 Millionen Menschen in Deutschland betrifft, ist eines der Schwerpunktthemen der Tagung. "Mit jedem Anstieg der Vitamin-C- Konzentration um 20 Mikromol/Liter im Blutplasma geht eine relative Reduktion des Herzinsuffizienz-Risikos um neun Prozent einher", so die Studienautoren.

[1] Pfister et al.
Plasma vitamin C predicts incident heart failure in men and women in EPIC-Norfolk prospective study
Abstract No. 400, Res Cardiol 100, 2011


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Donnerstag, 28. April 2011

Sozialgericht: Kardiologen mit Zusatzqualifikation haben Anspruch auf Vergütung von Kardio-MRT

Gute Nachrichten für Herzspezialisten: Auch Kardiologen, nicht nur Radiologen, müssen unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen der Kernspintomographie und der MR-Angiographie von der Kassenärztlichen Vereinigung vergütet bekommen, berichtete heute am Rande der 77. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung (DGK) Prof. Dr. Eckart Fleck (Deutsches Herzzentrum Berlin). Von Mittwoch bis Samstag (27. bis 30. April) diskutieren in Mannheim mehr als 7000 Teilnehmer aus rund 25 Ländern aktuelle Entwicklungen aus allen Bereichen der Kardiologie. Der Experte berief sich dabei auf ein Urteil der 71. Kammer des Sozialgerichts Berlin von 6. April d.J., das in erster Instanz erging.

Erstmals hat damit ein Gericht anerkannt, dass kardiovaskuläre MR-Untersuchungen nicht nur von Radiologen, sondern auch von Kardiologen mit der fachgebundenen Zusatzqualifikation gegen Kostenersatz durchgeführt werden dürfen. Prof. Fleck: "Das Urteil hat eine wichtige Signalwirkung über den Anlassfall hinaus. Denn damit ist nun erstmals gerichtlich etabliert, dass Kardiologen besonders qualifiziert für die Durchführung und Beurteilung kardiovaskulärer MRT-Untersuchungen sind."

Wörtlich heißt es in der Urteilsbegründung: "Die Spezialisierung des medizinischen Fachwissens ist mittlerweile so weit fortgeschritten, dass die durch MRT-Untersuchungen gewonnenen Bilder, insbesondere Bewegungsbilder und Funktionsanalysen, fachgerecht nur noch durch den Facharzt mit dem entsprechenden Spezialwissen im Bezug auf das untersuchte Organ interpretiert werden können. Genau dieses Spezialwissen ist Gegenstand der Ausbildung zum Kardiologen, nicht aber Gegenstand der Ausbildung zum allgemeinen Radiologen. Die Kammer schließt sich den Darstellungen des Klägers an, nach denen eine Interpretation der MRT-Befunde des Herzens tiefgehende Kenntnisse in der Pathoanatomie, der Pathophysiologie von Herz-Kreislauferkrankungen und der klinischen Kardiologie erfordern. Der Kläger hat auch weiter überzeugend dargelegt, dass das besondere Fachwissen der Kardiologen ein wesentlicher Grund dafür ist, dass Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen für Kardio-MRT regelmäßig von Kardiologen für Radiologen abgehalten werden (...)."


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Donnerstag, 28. April 2011

Telemonitoring steigert Lebensqualität von Herzschwäche-Patienten

Eine telemedizinische Betreuung von Patienten mit Herzinsuffizienz wirkt sich positiv auf ihren Gesundheitszustand und ihre Lebensqualität aus, und verringert die Notwendigkeit von stationären Aufnahmen im Vergleich zu herkömmlicher Therapie. Positive Effekte von Telemonitoring demonstrieren eine Reihe von Studien, die auf der 77. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung (DGK) präsentiert wurden. Bis Samstag diskutieren in Mannheim mehr als 7000 Teilnehmer aus rund 25 Ländern aktuelle Entwicklungen aus allen Bereichen der Kardiologie.

Höhere Lebensqualität, bessere Compliance

Positive Effekte des Telemonitorings bei Herzschwäche zeigte zum Beispiel eine Studie des Universitätsklinikums Heidelberg [1]. Ein Jahr lang wurden ausgewählte Patienten telemedizinisch betreut, nach einem weiteren Jahr wurden sie ebenso wie die herkömmlich behandelten Patienten in der Studie nochmals hinsichtlich der Medikamenteneinnahme und der Lebensqualität untersucht. In der Kontrollgruppe beobachteten die Studienautoren einen "deutlichen Abfall der gesundheitsbezogenen körperlichen Lebensqualität" und des psychischen Wohlbefindens, während sie bei den Telemedizin-Patienten eine Stabilisierung der diesbezüglichen Messwerte und einen Rückgang des Schweregrades der Erkrankung verzeichneten. Darüber hinaus setzten die telemedizinisch betreuten Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz konsequenter als die anderen die empfohlene medikamentöse Therapie um.

[1] Cebola et al
Perpetuierung telemedizinischer Betreuung: Ergebnisse 12 Monate nach Studienende
Abstract 402, Res Cardiol 200, 2011


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Donnerstag, 28. April 2011

Aortenklappen-Ersatz: Welche Patienten von welcher Operationsmethode profitieren

Die Möglichkeiten der modernen Herz-Medizin und steigende Lebenserwartung führen dazu, dass immer mehr Menschen einen Aortenklappen-Ersatz (Klappe der Halsschlagader) erhalten, auch deutlich ältere und kränkere Patienten. Nicht endgültig geklärt ist, welche Klappentechnik im Einzelfall die beste ist. "Es gilt herauszufinden, welche Technik für welche Patientengruppe am besten geeignet ist und welches die Qualitätsstandards der neuen Techniken sind", so Prof. Dr. Christian Hamm (Bad Nauheim) bei einem Pressegespräch anlässlich der 77. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK).

Diese Fragen sowie Fragen zur Qualität der neuen Techniken sollen anhand des 2010 gegründeten Deutschen Aortenklappen-Registers, dem weltweit größten Register seiner Art, beantwortet werden. Gegenwärtig sind bereits rund 90 Prozent der infrage kommenden Zentren beteiligt, bislang wurden 4131Patienten an 77 Zentren in das Register aufgenommen. Ziele des Registers sind die Darstellung von Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität der verschiedenen Techniken der Aortenklappen-Therapien, die Ermittlung von Kriterien für die Indikationsstellung, und die Erfassung von Qualität und Sicherheit von speziellen Verfahren und Produkten. Auch die Bewertung der Versorgungsqualität auf Ebene der teilnehmenden Zentren mit dem Ziel der Qualitätsverbesserung zählt zu den Aufgaben. Prof. Hamm: "Dazu werden den Zentren ihre Daten im Vergleich zu den übrigen Zentren im Sinne eines Benchmark regelmäßig zur Verfügung gestellt. Die Auswertung und Präsentation der Gesamtdaten erfolgt anonymisiert."

Eine Reihe von in Mannheim präsentierten Resultaten zeigt, dass eine Effektivität der Maßnahme trotz erhöhten Gefahren wegen eingeschränkter Herzfunktion und hohem Alter mit vertretbarem Risiko nicht nur möglich ist, sondern auch günstige funktionelle Ergebnisse geliefert werden.

Das Register wurde von der DGK und der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) gegründet und wird von einer gemeinnützigen Gesellschaft betrieben. Ziel ist, dass alle Zentren teilnehmen, die in Deutschland Aortenklappen-Eingriffe durchführen. Weil öffentliche Geldmittel nicht verfügbar waren, erfolgt die Finanzierung des Registers durch die Industrie. Prof. Hamm: "Diese Finanzierung ist an keine Bedingungen gebunden." Nicht zuletzt soll das Register auch die Basis für eine gesundheitsökonomische Evaluation der eingesetzten Behandlungsverfahren bieten.

Eine entscheidende Stärke des Registers, so Prof. Hamm, liegt darin "dass nicht nur kurzfristige Behandlungsergebnisse erhoben werden, sondern auch durch eine telefonische Befragung der behandelten Patienten langfristige Daten über fünf Jahre im Sinne von Überleben und Lebensqualität erhoben werden."


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Donnerstag, 28. April 2011

Einfache Operation verringert Bluthochdruck ohne Medikamente und verbessert Zuckerstoffwechsel

Mannheim, Donnerstag 28. April 2011 - Gute Nachrichten für Bluthochdruck-Patienten, die auf Medikamente nicht gut ansprechen: Überaktiven Nierennerven, die Bluthochdruck verursachen, können mit einem einfachen Eingriff mittels Hochfrequenzstrom verödet und ausgeschaltet werden. "Es kann mit einer schnellen Normalisierung des Blutdrucks gerechnet werden", berichtet DGK-Präsident Prof. Michael Böhm. (Klinik für Innere Medizin III, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar) "Im Durchschnitt senken wir den Blutdruck um 30 bis 40 mmHg (Milligramm Quecksilbersäule)."

Das als "interventionelle renale Sympathikusdenervation" bezeichnete, per Katheter ausgeführte Verfahren kann bei Patienten, bei denen auch unterschiedliche blutdrucksenkende Medikamente nicht helfen, "Methode möglicherweise Therapie der Wahl sein. Die Ergebnisse sind beeindruckend, wir sind sehr optimistisch." Die neue Behandlungsmethode, so Prof Böhm, "führt nicht nur in Ruhe, sondern auch unter körperlicher Belastung und in der Erholungsphase zu einer deutlichen und signifikanten Blutdruckreduktion."

Auch Zuckerstoffwechsel-Situation verbessert sich nach Eingriff

Prof. Böhm: "Erstmals konnte jetzt gezeigt werden, dass sich auch die Zuckerstoffwechsel-Situation nach dem Eingriff deutlich verbessert." Das ist besonders angesichts des hohen Herz-Kreislauf-Risikos von Patienten mit nicht einstellbarem Bluthochdruck interessant und eröffnet neue therapeutische Ansätze mit dem Ziel der Reduzierung von Risikofaktoren.

Diese Studienergebnisse stellte Prof. Böhm bei einem Pressegespräch anlässlich der 77. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung (DGK) vor. Von Mittwoch bis Samstag (27. - 30. April 2011) werden im Congress Center Mannheim (CCM) rund 7.000 aktive Teilnehmer aus 25 Nationen erwartet.

Vermehrte Stresshormone verursachen Bluthochdruck - Kleiner Eingriff beseitigt Ursache

Bei Bluthochdruck ist die Regulation des sympathischen Nervensystems (Stressnervensystem) häufig gestört und die Niere schüttet vermehrt Stresshormone wie Adrenalin aus. Die überaktiven Nervenenden, die den Bluthochdruck vermitteln, werden per Katheter mittels Hochfrequenzstrom verödet und somit ausgeschaltet. Der Eingriff erfolgt an beiden Nieren minimal-invasiv jeweils über die Nierenarterie und dauert etwa 30 bis 60 Minuten. Die Patienten sind während des Eingriffs ansprechbar, werden lokal betäubt und erhalten ein Schmerzmittel. "Ziel ist es, den Blutdruck dauerhaft zu senken und die Medikamenteneinnahme langfristig zu reduzieren, da viele der Betroffenen bis zu neun verschiedene Präparate täglich einnehmen müssen, jedoch ohne deutlichen Erfolg", so Prof. Böhm.

"Wir haben mittlerweile fast 50 Patienten mit der renalen Hochfrequenzablation behandelt."

Fallen die laufenden Studien positiv aus, wird sich das neue Verfahren in der regulären Therapie von Bluthochdruckerkrankungen etablieren. Dies würde eine entscheidende Verbesserung in der Behandlung von schweren Bluthochdruckerkrankungen und deren Folgen bedeuten. Auch Folgeerkrankungen wie Schlaganfall, Herzschädigungen, Diabetes mellitus und durch Bluthochdruck bedingte Demenz könnte so wahrscheinlich vorgebeugt werden.

Europäisches Exzellenzzentrum für Bluthochdruck

Die von Professor Böhm geleitete Klinik wurde vor zwei Jahren zum Europäischen Exzellenzzentrum für Bluthochdruck gewählt und ist aktuell an mehreren internationalen Studien zur Erforschung des neuen Verfahrens beteiligt und hat bislang die meisten Patienten in ganz Europa behandelt. In Deutschland nehmen neben Homburg noch einige weitere universitäre Zentren teil. Prof. Böhm ist Leiter der Studie in Deutschland.


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Donnerstag, 28. April 2011

Neue Klappe in die Klappe: Innovativer Ersatz für kaputte Herzklappen

Die neue Technik der "Valve-in-valve"-Implantation ("Klappe in Klappe") macht es jetzt möglich, mittels eines schonenden Eingriffs eine neue Herzklappe in die defekte künstliche biologische Prothese (Aortenklappe) einzubringen und damit deren Fehlfunktion zu korrigieren. Die defekte Bioprothese verbleibt dabei im Körper. Dieses Verfahren wurde bislang bei etwa 30 Patienten angewendet, berichtet Prof. Dr. Ralf Zahn (Ludwigshafen) bei einem Pressegespräch anlässlich der 77. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK). Es ist eine Weiterentwicklung der Einführung der ersten perkutan (durch die Haut) implantierbaren Aortenklappen vor wenigen Jahren. Prof. Zahn: "Diese hatten die Situation wesentlich vereinfacht, weil man alten oder multimorbiden Patienten eine Operation am offenen Herzen mit der Herz-Lungen-Maschine ersparen kann."

Biologische Klappen sind begrenzt haltbar und erfordern neuerliche Implantation

In der Klappenchirurgie kommen heute einerseits mechanische, andererseits immer mehr biologische Herzklappen aus Gewebe von Schweinen oder Rindern zum Einsatz. Diese haben neben zahlreichen Vorteilen den Nachteil der begrenzten Haltbarkeit. Prof. Zahn: "Rund 50 Prozent der biologischen Klappen sind nach zehn bis 15 Jahren eingeengt oder undicht. Auch beim biologischen Klappenersatz handelt es sich um totes Material, das nicht durchblutet wird und nicht die Möglichkeit zur Regeneration besitzt. Rund 100.000 Herzschläge am Tag bedeuten eine erhebliche mechanische Belastung, der eine Herzklappe ausgesetzt ist, und die über Jahre zum Verschleiß führt." Für Patienten bedeutet das, dass sie sich einer erneuten Implantation einer Herzklappe unterziehen müssen. Die meisten Betroffenen sind zehn Jahre nach ihrer ersten Klappenoperation bereits relativ betagt und verkraften daher eine Operation schlechter. Die "Valve-in-valve"-Technik steht derzeit nur für den Ersatz der Aortenklappe zur Verfügung, befindet sich für andere Klappen jedoch bereits in Entwicklung.

Mehr Erfahrung nötig - Aortenklappen-Register soll Evidenz liefern

"Ein theoretischer Nachteil dieser Methode liegt in der Gefahr, dass sich Teile der alten Klappe lösen und einen Schlaganfall verursachen. Allerdings besteht dieses Risiko mit einer Wahrscheinlichkeit von rund drei Prozent bei jedem perkutanen Klappenersatz", so Prof. Zahn. "Derzeit lässt sich noch nicht mit Sicherheit sagen, ob das Risiko erhöht ist, wenn eine schadhafte biologische Klappe im Körper verbleibt. Die derzeit verfügbaren Daten lassen allenfalls eine leichte Risikoerhöhung erkennen. Generell sind die Ergebnisse bei den ersten mit "Valve-in-valve"-Technik versorgten Patienten gut, definitive Aussagen werden jedoch erst mit größeren Patientenzahlen und längeren Beobachtungszeiträumen möglich sein." Ein wertvolles Instrument dazu stelle das Deutsche Aortenklappen Register dar, das 2010 von den Gesellschaften für Kardiologie und Herzchirurgie ins Leben gerufen wurde, so Prof. Zahn.

Raute

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit heute rund 7500 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nauheim gegründet, ist die DGK die älteste kardiologische Gesellschaft in Europa.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.dgk.org


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Christiane Limberg, 28. April 2011
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. April 2011