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HERZ/578: Europäischer Kardiologenkongress 2012 - Meldungen (2) (idw)


Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung
Pressemitteilungen vom 27. August 2012

Vom 25. bis 29. August 2012 findet in München der Europäische Kardiologenkongress (ESC) statt

→ Übergewicht:
      Starke Auswirkungen auf Herz-Risiko schon bei Kindern
→ Deutsche Studie:
      Frauen profitieren von Aortenklappen-Implantation mehr als Männer
→ Blutdruck: Reaktionen auf Kaffee sind genetisch bedingt
→ Deutsche Studie:
      Frauen bekommen seltener Medikamenten-beschichtete Stents
→ Personalisierte Anti-Plättchen-Therapie
      verbessert die Prognose nach koronarer Stent-Implanation
→ Herzstillstand: Bei Sportlern seltener tödlich
→ Neuer Bluttest zeigt,
      welche Herzschwäche-Patienten von implantierten Defis profitieren
→ Akute Herzinsuffizienz bei Frauen:
      Weniger Therapie, gleiches Sterblichkeitsrisiko



Übergewicht: Starke Auswirkungen auf Herz-Risiko schon bei Kindern

Übergewicht und Adipositas haben bereits bei Kindern und Jugendlichen starke Auswirkungen auf die Herz-Kreislauf-Risikofaktoren. "Während über 80 Prozent aller normalgewichtigen Studienteilnehmer keinen einzigen Risikofaktor hatten, war das bei nur 17 Prozent der übergewichtigen und bei nur zwei Prozent der adipösen der Fall", so Prof. Dr. Thomas Bertsch (Klinikum Nürnberg). "Im Durchschnitt hatten die Übergewichtigen neben dem Übergewicht noch zwei weitere und die Adipösen noch drei weitere Risikofaktoren."

Diese Ergebnisse wurden heute auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in München präsentiert. Von 25. bis 29. August treffen Herzspezialisten aus aller Welt zum international größten Kongress in der Herzmedizin zusammen. Im Rahmen des Nürnberger Präventions-Erziehungs-Programms (PEP) wurde bei insgesamt 11.249 Kindern und Jugendlichen überprüft, inwieweit sich die negativen Zusammenhänge bei Übergewicht bereits im Jugendalter manifestieren. Als Risikoparameter wurden der Taillenumfang, der Taillen/Größen-Quotient, das Körperfett, der systolische und diastolische Blutdruck, Triglyzeride, LDL- und HDL-Cholesterin ausgewählt. Den stärksten Anteil hatten die aus Größe, Gewicht und Taillenumfang abgeleiteten Risikofaktoren. Auch bei den Laborwerten nahmen die kardiovaskulären Risikofaktoren mit dem höheren Körpergewicht zu. Erhöhte Triglyzeride zum Beispiel waren bei den übergewichtigen Mädchen drei Mal so häufig, diese Tendenz zeigte sich auch bei den Jungen.

"Es sollte also bei Kindern und Jugendlichen nicht erst darauf gewartet werden, dass kardiovaskuläre Risiken im Erwachsenenalter auftreten werden", so Prof. Bertsch, "sondern es muss bereits bei Kindern auf das ihrem Alter entsprechende Gewicht geachtet werden."

Quelle:
ESC Abstract P3519: Bertsch et al, Prevalence of cardiovascular risk factors in 11249 overweight and obese youths: the PEP family heart study.

Raute

Deutsche Studie: Frauen profitieren von Aortenklappen-Implantation mehr als Männer

Bei Katheter-gestützten Aortenklappen-Implantationen (TAVI = transcatheter aortic valve implantation) haben Frauen einen größeren Überlebensvorteil als Männer. Drei Jahre nach dem Eingriff waren noch 83,1 Prozent der Frauen am Leben gegenüber 60,5 Prozent der Männer. Diese Ergebnisse wurden von OA Dr. Mohamed Abdel-Wahab (Herzzentrum Bad Segeberg) auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in München präsentiert. Von 25. bis 29. August treffen Herzspezialisten aus aller Welt zum international größten Kongress in der Herzmedizin zusammen.

Im Herzzentrum der Segeberger Kliniken wurde vom September 2007 bis April 2012 bei 222 Patienten eine TAVI durchgeführt. Nach dem Eingriff erfolgte eine systematische Kontrolle der Patienten. Die Gesamtsterblichkeit nach 30 Tagen betrug bei Frauen 3,2 Prozent, bei Männern 5,2 Prozent. Nach sechs Monaten bei Frauen 6,6 Prozent gegenüber 15,5 Prozent bei Männern, nach einem Jahr 7,7 Prozent gegenüber 21,4 Prozent.

"Frauen sind bei interventionellen kardiovaskulären Eingriffen generell unterrepräsentiert und erleiden häufiger Komplikationen als Männer. Der Stellenwert einer interventionellen Therapie muss daher ausdrücklich auch für Frauen definiert werden", so Dr. Abdel-Wahab. "Es zeigte sich, dass die TAVI eine Prozedur ist, die bevorzugt bei Frauen angewandt wird, und bei der Frauen den größten Überlebensvorteil haben. Wenn sich unsere Ergebnisse in größeren Serien bestätigen lassen, wäre die TAVI die erste kardiale Intervention, von der Frauen in besonderem Maße profitieren."

Die Aortenklappe ist eine der vier Herzklappen und liegt in der Hauptschlagader (Aorta), direkt an deren Ursprung aus der linken Herzkammer. Neben der offen-herzchirurgischen Technik gibt es das Katheter-gestützte Verfahren TAVI, bei dem ein Zugangsweg über die Leistenarterie oder die Herzspitze gewählt wird. Die Aortenklappe ist dabei in einem Metallgerüst eingebracht und wird mittels Katheter in Position gebracht. Anschließend wird sie entfaltet und dadurch verankert. Die körpereigene Aortenklappe wird dabei nicht entfernt, sondern durch die Prothese verdrängt.

Quelle:
ESC Abstract P3439: Abdel-Wahab et al., Gender-related differences in baseline characteristics and clinical outcome of transcatheter aortic valve implantation: Is TAVI more suitable for women?

Raute

Blutdruck - Reaktionen auf Kaffee sind genetisch bedingt

Dass die Wirkung von Kaffee auf den Blutdruck individuell sehr unterschiedlich sein kann, ist möglicherweise genetisch bedingt. "Schwankungen der akuten Blutdruck-Reaktion auf Kaffee können zum Teil mit bestimmten Gen-Varianten (der Alpha2B-Adenorezeptoren) erklärt werden", sagte Studienleiterin Prof. Dr. Giulia Renda (Chieti, Italien) auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in München. Von 25. bis 29. August kommen Herzspezialisten aus aller Welt zum international größten Kongress in der Herzmedizin zusammen. "Ein höherer Blutdruckanstieg als Ergebnis nutrigenetischer Interaktionen bei genetisch vorbelasteten Menschen kann diese einem höheren Kaffee-bezogenen Herz-Kreislauf-Risiko aussetzen."

110 gesunde männliche Studienteilnehmer bekamen 40 Milliliter entweder eines koffeinfreien Kaffees plus drei Milligramm Koffein pro Kilogramm Körpergewicht oder die gleiche Menge ohne Koffein. Danach wurden sie Blutdrucktests in sechsminütigen Abständen über zwei Stunden sowie Bluttests unterzogen. Nach 24 Stunden wurde der Test wiederholt: Wer zuvor Koffein bekam, erhielt nun koffeinfreie Produkte und umgekehrt. Im Vergleich zu dem koffeinfreien Präparat war Koffein mit einem signifikanten Anstieg des systolischen und diastolischen Blutdrucks assoziiert. Die Unterschiede betrugen nach zwei Stunden durchschnittlich 4 mmHg beim systolischen und 3 mmHg beim diastolischen Blutdruck. Erhöhter Blutdruck trat bei Studienteilnehmern mit bestimmten Genvarianten signifikant höher auf als bei anderen.

Quelle:
ESC Abstract P 3528: Renda et al, Nutrigenetics of blood pressure responses to coffee drinking

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Deutsche Studie: Frauen bekommen seltener Medikamenten-beschichtete Stents

Der Anteil von Medikamenten-beschichteten Stents zur Dehnung verengter Gefäße bei Herzpatienten hat sich im Verhältnis zu unbeschichteten Metall-Stents in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. Doch Frauen erhalten seltener die neuere Stent-Generation als Männer. Das zeigt eine deutsche Studie, die heute auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in München vorgestellt wurde. Vom 25. bis 29. August treffen Herzspezialisten aus aller Welt zum international größten Kongress in der Herzmedizin zusammen.

Das Forscherteam analysierte die Daten von insgesamt 100.704 Stent-Implantationen, die zwischen dem ersten Quartal 2005 und dem vierten Quartal 2009 durchgeführt wurden. Insgesamt stieg in diesem Zeitraum der Anteil der neueren Generation Medikamenten-beschichteter Stents an den insgesamt implantierten gefäßerweiternden Metallröhrchen von 16 auf 43,9 Prozent, berichtet Studienautor Dr. Martin Russ von den Amper-Kliniken in Dachau. "Interessanterweise war der Anteil an Medikamenten-beschichteten Stents bei Frauen zu jedem Zeitpunkt des Untersuchungszeitraums deutlich niedriger als bei Männern, auch wenn man die Entscheidung beeinflussende Faktoren wie Grunderkrankung, Alter oder benötigter Stent-Durchmesser in der Kalkulation berücksichtigt", so der Experte. "Weil Medikamenten-beschichtete Stents bei Gefäßen mit einem geringeren Durchmesser von weniger als drei Millimetern spezielle Vorteile haben, hätten wir schon deshalb einen häufigeren Einsatz bei Frauen vermutet, was aber nicht der Fall ist. Dieses Untersuchungsergebnis ist ein weiterer möglicher Hinweis darauf, dass Frauen mit koronarer Herzkrankheit nicht immer die optimale Therapie erhalten."

Quelle:
ESC Abstract 90: Russ et al, Do women receive inferior treatment for coronary artery disease? Gender based differences in the German ALKK-PCI registry

Raute

Personalisierte Anti-Plättchen-Therapie verbessert die Prognose nach koronarer Stent-Implanation

Eine individuell abgestimmte Blutplättchen-hemmende Behandlung nach einer Stent-Implantation verbessert die Prognose von Patienten, die auf den Blutplättchenhemmer Clopidogrel nicht ausreichend ansprechen. Wird bei Nicht-Ansprechern die Clopidogrel-Dosis bis zu vier Mal verabreicht oder werden Patienten auf den Blutplättchenhemmer Prasugrel umgestellt, so reduziert sich das Risiko von Verschlüssen in den Gefäßstützen (Stent-Thrombosen) um das 7,9fache. In der Gruppe der individualisierten Therapie erlitten nur 0,2 Prozent der Patienten eine Stent-Thrombose, in der Gruppe der nicht individualisierten Therapie 1,9 Prozent. Darüber hinaus konnte das Risiko eines akuten Koronarsyndroms (Instabile Angina pectoris, Herzinfarkt) mit individualisierter Anti-Plättchen-Therapie gesenkt werden: 0 Prozent gegenüber 2,5 Prozent. Das berichtet ein Wiener Forscherteam auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in München. Von 25. bis 29. August treffen Herzspezialisten aus aller Welt zum international größten Kongress in der Herzmedizin zusammen.

"Die MADONNA-Studie unterstreicht die Bedeutung der Thrombozyten-Aggregationsmessung bei Patienten mit Stent-Implantation unter Clopidogrel-Therapie und deutet darauf hin, dass die Überwachung der Wirksamkeit von Plättchenhemmern mit anschließender Therapieoptimierung in der gleichen Weise eingesetzt werden konnte wie die Kontrolle der Wirkung von blutdrucksenkenden Medikamenten, blutfettsenkenden Medikamenten und sogar Antidiabetika", so Erstautorin Priv-.Doz. Dr. Joalanta Siller-Matula (Medizinische Universität Wien).

Vorangegangene Messungen haben ergeben, dass bis zu 30 Prozent aller mit Clopidrogel behandelten Patienten nicht die erwünschte Hemmung der Blutplättchenaggregation erreichen. Durch diese Hemmung wird das Risiko für die Entstehung eines Blutgerinnsels reduziert. Zahlreiche Studien haben einen eindeutigen Zusammenhang zwischen unzureichender Plättchenhemmung mit Clopidrogel und der Prognose des Patienten gezeigt, der stärkste Zusammenhang ergab sich für kurzfristige Ereignisse wie Stent-Thrombosen.

In der MADONNA-Studie (Multiple electrode Aggregometry in patients receiving Dual antiplatelet therapy tO guide treatmeNt with Novel platelet Antagonists) wurden 798 Patienten untersucht und je nach ihrem Ansprechen auf die Behandlung zwei Gruppen zugeordnet: individualisierte Therapie oder nicht-individualisierte Therapie. In der Gruppe der nicht-individualisierten Therapie wurde die bisherige Behandlung nicht verändert, in der Gruppe der individualisierten Therapie erhielten die Nicht-Ansprecher bis zu vier Aufsättigungsdosen von Clopidrogel oder Prasugel.

Quelle:
ESC-Abstract 457: Siller-Matula et al., Personalized antiplatelet treatment after percutaneous coronary intervention: the MADONNA study

Raute

Herzstillstand - Bei Sportlern seltener tödlich

Menschen, die während oder kurz nach sportlichen Aktivitäten einen Herzstillstand erleiden, haben eine dreimal so hohe Überlebenschance wie Personen, die außerhalb eines sportlichen Zusammenhangs Herzstillstand-Opfer werden. Das zeigt die niederländische ARREST-Studie, die heute auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in München präsentiert wurde. Vom 25. bis 29. August treffen Herzspezialisten aus aller Welt zum international größten Kongress in der Herzmedizin zusammen.

"Körperliche Betätigung ist zweifellos ein besonders guter Beitrag zur Herzgesundheit", so Dr. Arend Mosterd von der Universitätsklinik Utrecht. "Training kann aber in manchen Fällen auch zum Auslöser für einen tödlichen Herzstillstand werden. Diese Fälle, zum Beispiel bei Fußball-Spielern, führen dann zu großer Aufmerksamkeit und zu Bedenken über den gesundheitlichen Nutzen von Sport."

Das ARREST-Studienteam erfasst in einer Datenbank alle Reanimations-Einsätze in der Region Amsterdam und Umgebung (Nordholland) mit rund 2,4 Millionen Einwohnern. Für die aktuelle Studie wurden alle außerhalb eines Krankenhauses aufgetretenen Fälle von Herzstillstand im Zeitraum 2006 bis 2009 analysiert. Ein zentrales Ergebnis: Jährlich gab es durchschnittlich knapp 50 Fälle von Herzstillstand in einem sportlichen Zusammenhang, das sind nur 5,8 Prozent aller erfassten Herzstillstand-Fälle. Insgesamt wurden im Studienzeitraum 145 Fälle von Herzstillstand verzeichnet, die mit sportlichen Aktivitäten in Zusammenhang standen, vorwiegend beim Radfahren (49), Tennis (22), Training im Fitnessstudio (16) oder beim Schwimmen (13). Nur 10 Fälle betrafen Frauen, nur 7 Betroffene waren jünger als 35 Jahre.

Die sportlichen Personen haben laut Studie eine deutlich bessere Prognose: Bei ihnen lag die Überlebensrate bei 45 Prozent und war somit dreimal höher als bei den Menschen, die den Herzstillstand in einem anderen Zusammenhang erlitten (15 Prozent). Keiner der Sportler hatte, im Gegensatz zur anderen Patienten-Gruppe, einen schwerwiegenden neurologischen Schaden. Ein möglicher Hintergrund für diesen Vorteil, so die Forscher: Die sportlichen Herzstillstand-Opfer sind nicht nur jünger (58,8 vs. 65,5 Jahre), das Ereignis findet bei ihnen auch viel häufiger in der Öffentlichkeit statt (99,3 Prozent vs. 25,3 Prozent), wird öfter von Zeugen beobachtet (89 vs. 75,7 Prozent), und bei ihnen wird öfter noch vor dem Eintreffen des Rettungsteams von zufällig Anwesenden Erste Hilfe geleistet, mittels Mund-zu-Mund-Beatmung (86,2 vs. 64,4 Prozent) oder mit einem öffentlich zugänglichen Defibrillator (35,2 vs. 22,2 Prozent).

"Der Nutzen sportlicher Betätigung für die Herzgesundheit überwiegt mögliche Risiken. Fälle von Sport-bezogenem Herzstillstand sind sehr selten, wie die aktuelle Studie zeigt", so Prof. Dr. Eckart Fleck (Deutsches Herzzentrum Berlin), Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK). "Dass darüber hinaus die Überlebenschancen im sportlichen Kontext besser sind, hat vermutlich auch damit zu tun, dass in diesen Fällen rascher Erste Hilfe geleistet wird. Das ist in jedem Fall von Herzstillstand ein Vorteil, egal, wo er sich ereignet. Es ist immer wieder wichtig, das in der Öffentlichkeit in Erinnerung zu rufen."

Quelle:
ESC Abstract 3977: Mosterd et al., Exercise related out-of-hospital cardiac arrest: incidence, prognosis and prevention of sudden death

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Neuer Bluttest zeigt, welche Herzschwäche-Patienten von implantierten Defis profitieren

Ein neuer Bluttest, der das Risiko von Herzinsuffizienz-Patienten für einen plötzlichen Herztod vorhersagt, könnte in Zukunft dabei helfen, besser als bisher jene Patienten zu identifizieren, die von einem implantierbaren Defibrillator profitieren. Das zeigt eine neue Studie aus den USA, die heute auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in München präsentiert wurde. Vom 25. bis 29. August treffen Herzspezialisten aus aller Welt zum international größten Kongress in der Herzmedizin zusammen.

Die Herzinsuffizienz ist eine der häufigsten internistischen Erkrankungen mit geschätzten zehn Millionen Betroffenen in Europa. In Deutschland ist die Herzschwäche einer der häufigsten Beratungsanlässe in einer allgemeinmedizinischen Praxis und der häufigste Grund für eine stationäre Krankenhausaufnahme. Bei der Herzinsuffizienz ist das Herz nicht mehr in der Lage, den Organismus mit ausreichend Blut und damit mit genügend Sauerstoff zu versorgen.

Eine Therapieoption bei schwerer Herzinsuffizienz sind implantierbare Kardioverter-Defibrillatoren (ICD), die eingreifen, wenn das Herz zu langsam arbeitet und die bei ausgewählten Patienten einem plötzlichen Herztod wirksam vorbeugen können. "Das Problem ist, im Voraus die richtigen Patienten für diese Therapie zu identifizieren", so Studienleiter Prof. Dr. Samuel Dudley von der University of Illinois, Chicago, beim ESC-Kongress. "Die Hälfte der Patienten, denen ein ICD eingesetzt wird, braucht ihn eigentlich nicht, und fast die Hälfte der Patienten, die ein solches Gerät brauchen würden, bekommt es nicht."

Die in München vorgestellte Studie zeigt, dass der neue Bluttest einen klaren Hinweis darauf geben kann, welche Herzschwäche-Patienten ein Risiko haben, im Verlauf eines Jahres einen tödlichen Herzstillstand zu erleiden und deshalb vom Defibrillator profitieren. Der Labor-Test identifiziert Veränderungen in der Genexpression des SCN5A-Gens, das bei der Entstehung des plötzlichen Herztods eine Rolle spielt. In der aktuellen Studie, in der das US-Forscherteam den Test an insgesamt 180 Personen einsetzte (135 Herzschwäche-Patienten, 45 Personen ohne Herzinsuffizienz), erwies sich die Prognose des Tests als sehr präzise.

Quelle:
ESC Abstract 503A: Dudley et al., Blood test for sudden death risk

Raute

Akute Herzinsuffizienz bei Frauen - Weniger Therapie, gleiches Sterblichkeitsrisiko

Frauen, die mit akuter Herzinsuffizienz in ein Krankenhaus aufgenommen werden, haben ein ähnliches Sterblichkeitsrisiko wie Männer, werden aber weniger intensiv therapiert. Das ist das Ergebnis einer Analyse der Daten eines großen internationalen Registers, das heute auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in München präsentiert wurde. Von 25. bis 29. August treffen Herzspezialisten aus aller Welt zum international größten Kongress in der Herzmedizin zusammen.

Die Analyse basiert auf dem Acute Heart Failure Global Registry of Standard Treatment (ALARM-HF), untersucht wurden die Daten von insgesamt knapp 5000 Patienten mit akuter Herzinsuffizienz in neun Ländern. 37 Prozent der Patienten waren Frauen.

Bei vielen der untersuchten Parameter fanden die Forscher deutliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen, berichtete in München Studienautor Dr. John T. Parissis von der Universität Athen: Geschlechterdifferenzen fanden die Forscher bei Symptomen, Begleiterkrankungen, auslösenden Faktoren für die akute Herzschwäche und Behandlungsmustern. Keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen gab es bei der Dauer des Klinikaufenthalts sowie der Sterblichkeit.

Einige der signifikanten Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Frauen mit akuter Herzinsuffizienz waren bei der Aufnahme in das Krankenhaus durchschnittlich älter als ihre männlichen Leidensgenossen und öfter als diese erstmals mit der Diagnose Herzschwäche konfrontiert. Frauen hatten halb so oft wie Männer einen kardiogenen Schock, aber doppelt so oft eine Rechtsherzschwäche. Frauen wiesen auch einen höheren systolischen Blutdruck und eine höhere Herzfrequenz auf. Die Mehrheit der Frauen hatte eine erhaltene Ejektionsfraktion. Die Ejektionsfraktion beschreibt den Prozentsatz des Blutvolumens, der von einer Herzkammer während einer Herzfraktion ausgeworfen wird; je besser sie erhalten ist, desto günstiger ist es.

Was die beobachteten Begleiterkrankungen angeht, so hatten Frauen häufiger Vorhofflimmern, Herzklappenerkrankungen, Diabetes, Adipositas, Anämie und Depression. Weniger oft als Männer hatten sie geraucht oder litten an Herzmuskelerkrankungen, einer koronaren Herzerkrankung, ungünstigen Blutfettwerten, Asthma oder einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD).

Deutlich unterschieden sich die Geschlechter laut ALARM-HF-Register bei der Behandlung: Zum Zeitpunkt der Krankenhaus-Aufnahme nahmen Frauen weniger häufig als Männer Angiotensin-Rezeptoren-Blocker, Beta-Blocker, Aspirin oder Clopidogrel. Aufgrund des bei Frauen häufiger vorhandenen Vorhofflimmerns nahmen Frauen öfter als Männer Digitalis oder Vitamin-K-Antagonisten. Beatmungs-Behandlungen erhielten Frauen und Männer gleich oft, Eingriffe wie Katheter-Interventionen, Bypass-Operationen oder intraaortale Ballonpumpen wurden an Männern deutlich öfter als an Frauen vorgenommen.

"Die Tatsache, dass Frauen eine bessere Ejektionsfraktion haben und seltener unter einer koronaren Herzkrankheit leiden, dürfte ihre Lebenserwartung positiv beeinflussen", so Studienautor Dr. Parissis. "Andererseits scheint das Vorhandensein anderer schwerwiegender Begleiterkrankungen und die Tatsache, dass wichtige Medikamente wie Betablocker Frauen weniger häufig verschrieben werden, diesen Vorteil wiederum in negativer Weise auszugleichen. Das dürfte erklären, warum letztlich das Sterblichkeitsrisiko bei beiden Geschlechtern gleich hoch ist."

"Die Registerdaten und ihre geschlechtsspezifische Auswertung könnten auch einen Hinweis darauf geben, dass es bei der akuten Herzinsuffizienz deutliche pathophysiologische Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt, die in der Behandlung berücksichtigt werden müssen", kommentiert Prof. Dr. Eckart Fleck (Deutsches Herzzentrum Berlin), Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, die aktuelle Studie. "In jedem Fall ist es wichtig, dass die bestehenden Behandlungsrichtlinien, die es zur Herzinsuffizienz gibt, konsequent umgesetzt werden, unabhängig vom Geschlecht."

Quelle:
ESC Abstract P1949: Parissis et al., Gender-related treatments and co-morbidities in patients with acute heart failure

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Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.escardio.org

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution737

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Christiane Limberg, 26.08.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. August 2012