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HERZ/792: EAST Studie - Kann frühe rhythmuserhaltende Behandlung bei Vorhofflimmern Komplikationen verhindern? (idw)


Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET) - 19.06.2015

EAST Studie: Kann frühe rhythmuserhaltende Behandlung bei Vorhofflimmern Komplikationen verhindern?


Heute wurde der 2.000. Patient in die EAST - AFNET 4 Studie eingeschlossen. Die europaweite klinische Studie "Early treatment of atrial fibrillation for stroke prevention trial (EAST)", die das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET) in Kooperation mit der European Heart Rhythm Association (EHRA) durchführt, untersucht zurzeit, ob Patienten mit Vorhofflimmern von einer frühen rhythmuserhaltenden Behandlung profitieren.

Mehrere Millionen Menschen in Europa, ein bis zwei Prozent der Bevölkerung, leiden an Vorhofflimmern. Diese häufigste Herzrhythmusstörung kann zu Schlaganfällen und anderen schweren Komplikationen führen. Obwohl die Behandlungsmöglichkeiten in den vergangenen Jahren durch neue Medikamente und verbesserte nicht-medikamentösen Behandlungsverfahren wesentlich erweitert wurden, müssen Patienten mit Vorhofflimmern weiterhin häufig wegen kardiovaskulärer Komplikationen im Krankenhaus behandelt werden, erleiden schwere Schlaganfälle und haben ein erhöhtes Risiko, früher zu sterben.

Vor diesem Hintergrund führt das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. die EAST - AFNET 4 Studie durch. Die Durchführung der Studie wird seit dem 01.01.2015 auch vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) unterstützt. Die Studie untersucht, ob bei Patienten mit Vorhofflimmern eine frühzeitige rhythmuserhaltende Behandlung zusätzlich zur Gerinnungshemmung im Vergleich zur üblichen Behandlung schwere Komplikationen verhindert [1, 2]. Über 100 Kliniken und Praxen in elf europäischen Ländern sind an der EAST Studie beteiligt. Seit dem Studienstart im Sommer 2011 wurden bis jetzt 2.000 der insgesamt geplanten 2.745 Patienten in die Studie eingeschlossen.

Die Studienteilnehmer werden nach dem Zufallsprinzip einer von zwei Behandlungsgruppen zugeordnet: entweder "frühe rhythmuserhaltende Therapie" oder "übliche Behandlung". Die übliche Behandlung entspricht den in den aktuellen Leitlinien der europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) empfohlenen Maßnahmen, bestehend aus einer gerinnungshemmenden Therapie (Antikoagulation) zur Senkung des Schlaganfallrisikos und einer Frequenzregulierung zum Schutz des Herzmuskels. Das Vorhofflimmern selbst wird durch diese Maßnahmen nicht beseitigt.

In der frühen rhythmuserhaltenden Therapie werden zusätzlich zur Gerinnungshemmung und Frequenzregulierung sämtliche zur Verfügung stehenden Mittel eingesetzt, um das Vorhofflimmern schnell zu beenden und den normalen Sinusrhythmus wiederherzustellen und möglichst dauerhaft zu erhalten. Bei den Patienten dieser Studiengruppe wird das Vorhofflimmern zunächst durch eine elektrische Kardioversion oder durch ein Rhythmusmedikament (Antiarrhythmikum) beendet. Falls Vorhofflimmern erneut auftritt, werden weitere Maßnahmen eingeleitet, um den Sinusrhythmus wieder herzustellen, entweder durch wirksamere Antiarrhythmika oder durch eine frühe Katheterablation oder durch eine Kombination beider Verfahren.

Bisher ist es nicht gelungen, in kontrollierten Studien zu beweisen, dass eine rhythmuserhaltende Behandlung den Krankheitsverlauf des einzelnen Patienten tatsächlich positiv beeinflusst. Trotzdem sind viele Kardiologen davon überzeugt, dass die Patienten vom Erhalt des Sinusrhythmus profitieren könnten. Priv.-Doz. Dr. Laurent Haegeli, Zürich, Schweiz, ein Mitglied des wissenschaftlichen Leitungsgremiums der EAST Studie, erläutert, wodurch sich EAST von früheren Studien zur rhythmuserhaltenden Behandlung unterscheidet: "In bisherigen Studien kamen rhythmuserhaltende Maßnahmen meist sehr spät zum Einsatz, das heißt bei Patienten, deren Vorhofflimmern schon lange bestand. Wenn Rhythmusmedikamente oder Katheterablationen dagegen in einem frühen Stadium angewandt werden, solange das Vorhofflimmern noch keine irreversiblen Schäden angerichtet hat, erwarten wir einen wesentlich größeren Erfolg. Deshalb werden in die EAST Studie ausschließlich Patienten mit neu aufgetretenem Vorhofflimmern (weniger als ein Jahr) eingeschlossen." [3]

EAST ist eine wissenschaftsinitiierte klinische Studie (investigator initiated trial (IIT)). Das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET), das die Studie in Kooperation mit der European Heart Rhythm Association (EHRA) ins Leben gerufen hat, trägt die Gesamtverantwortung für die Studie. Die wissenschaftliche Leitung liegt bei den vier Kardiologen Prof. Paulus Kirchhof, Birmingham und Münster, Prof. Günter Breithardt, Münster, Prof. Harry Crijns, Maastricht, und Prof. John Camm, London. Finanzielle Unterstützung für die Durchführung der Studie wird vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) und von der Deutschen Herzstiftung sowie von den Firmen Sanofi und St. Jude Medical zur Verfügung gestellt.

"Wenn die Ergebnisse der EAST - AFNET 4 Studie unsere Hypothese, dass eine frühe rhythmuserhaltende Behandlung Komplikationen verhindern kann, bestätigen, dann wird dies die Therapie von neu diagnostiziertem Vorhofflimmern entscheidend verändern", prognostiziert der wissenschaftliche Studienleiter Prof. Kirchhof.

Für die EAST Studie werden noch weitere Zentren zur Teilnahme gesucht. Interessierte Ärzte mit entsprechender Studienerfahrung wenden sich bitte an das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V.:
info@kompetenznetz-vorhofflimmern.de


Literatur zur EAST Studie

[1] Kirchhof P et al. Improving outcomes in patients with atrial fibrillation: Rationale and design of the Early treatment of Atrial fibrillation for Stroke prevention Trial. Am Heart J 2013; 166:442-8. doi:10.1016/j.ahj.2013.05.015

[2] Van Gelder I et al. Rationale and current perspective for early rhythm control therapy in atrial fibrillation. Europace 2011; 13:1517-25. doi:10.1093/europace/eur192.

[3] Haegeli L et al. The EAST study: redefining the role of rhythm control therapy in atrial fibrillation: EAST, the Early treatment of Atrial fibrillation for Stroke prevention Trial. Eur Heart J 2015; 36:255-6. doi: 10.1093/eurheartj/ehu476.


Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET)
Das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET) ist ein interdisziplinäres Forschungsnetz, in dem Wissenschaftler und Ärzte aus Kliniken und Praxen deutschlandweit zusammenarbeiten. Ziel des Netzwerks ist es, die Behandlung und Versorgung von Patienten mit Vorhofflimmern in Deutschland und Europa durch koordinierte Forschung zu verbessern. Dazu führt das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. wissenschaftsinitiierte klinische Studien (investigator initiated trials = IIT) und Register auf nationaler und internationaler Ebene durch. Der Verein ist aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Kompetenznetz Vorhofflimmern hervorgegangen. Seit Januar 2015 werden einzelne Projekte und Infrastrukturen des AFNET vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) gefördert.


Weitere Informationen finden Sie unter

http://www.kompetenznetz-vorhofflimmern.de

http://www.kompetenznetz-vorhofflimmern.de/de/east-afnet-4-studie

http://www.easttrial.org

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution892

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET), Dr. Angelika Leute, 19.06.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juni 2015

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