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INFEKTION/1170: Waldorfschulen als Zentren von Masernausbrüchen (Thieme)


Thieme Verlag / FZMedNews - Dienstag, 15. November 2011

Experte kritisiert "missionarische Blindheit": Waldorfschulen als Zentren von Masernausbrüchen


fzm - In Deutschland sind die Erkrankungen an Masern deutlich angestiegen. Im letzten Jahr erkrankten in Deutschland 406 Menschen, in diesem Jahr wurden dem Robert-Koch-Institut (RKI) bis 2. November 2011 bereits 1573 Erkrankungen gemeldet, darunter auch viele ungeimpfte Erwachsene. Waldorfschulen waren dabei in den letzten Jahren mehrfach Ausgangspunkt von Masern-Ausbrüchen. Ein renommierter Alternativmediziner kritisiert in der Fachzeitschrift "DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2011) die weltanschaulich begründete Impfverweigerung der Eltern. Den Anhängern der anthroposophischen Medizin wirft er "missionarische Blindheit gegenüber den Fakten" vor.

Seit 2003 ist es im deutschsprachigen Raum zu sieben Masern-Ausbrüchen an Waldorfschulen gekommen, berichtet Professor Edzard Ernst vom Peninsula College of Medicine and Dentistry in Exeter. Zuletzt waren im April 2011 Kinder an den Waldorfschulen in Freiburg und Offenburg erkrankt. Im letzten Jahr hatte es Ausbrüche in Essen und Berlin gegeben. Bei dem größten Ausbruch 2003 in Coburg erkrankten insgesamt 1191 Personen, am häufigsten Kinder.

Den Grund für die Ausbrüche sieht Professor Ernst in der niedrigen Impfrate der Kinder. Anhänger der von Rudolf Steiner begründeten anthroposophischen Medizin betrachten Kinderkrankheiten als wichtige Meilensteine in der Entwicklung einer Persönlichkeit. Professor Ernst: Sie glauben, dass die Kinder physische und mentale Stärke gewinnen, wenn sie sich mit Masern infizieren. Dies beuge späteren Krankheiten, inklusive Krebs vor. Diese Behauptung ist aus Sicht des Experten weder plausibel noch durch Studien schlüssig belegt. "Anthroposophen sind ähnlich wie andere Impfgegner häufig durch eine missionarische Blindheit gegenüber den Fakten gekennzeichnet", wirft Professor Ernst den Eltern der Waldorfschüler vor. Die ablehnende Haltung zur Impfung müsse kritisch hinterfragt werden, da Masern zu sehr ernsten Komplikationen führen können. Außerdem könnte es zum Verlust der Herdenimmunität der Gesamtbevölkerung kommen. Damit meint Professor Ernst, dass Ausbrüche an Waldorfschulen auf ältere Menschen mit nicht ausreichendem Impfschutz übergreifen könnten. Den Ärzten rät der Experte, durch intensives Aufklären der Eltern Schäden zu vermeiden.

Edzard Ernst wurde 1948 in Wiesbaden geboren. Nach Lehrtätigkeiten in Hannover und Wien, wurde er an das Peninsula College of Medicine and Dentistry in Exeter berufen, wo er ab 1993 den weltweit ersten Lehrstuhl für Komplementärmedizin innehatte.


E. Ernst:
Anthroposophische Medizin verursacht Masern-Ausbrüche.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2011; 136 (44): S. 2271-2272.
DOI 10.1055/s-0031-1292041


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FZMedNews - Dienstag, 15. November 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. November 2011