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MELDUNG/009: Forschung - Warum verursachen Pneumokokken Krankheiten? (idw)


Technische Universität Kaiserslautern - 17.05.2010

Warum verursachen Pneumokokken Krankheiten?


Die Arbeitsgruppe Mikrobiologie im Fachbereich Biologie der TU Kaiserslautern hat jetzt das erste Genom eines harmlosen, nächsten Verwandten von Pneumokokken, Streptococcus mitis, entschlüsselt, und somit eine ausführliche Beschreibung geben können, was einen Krankheitserreger von einem harmlosen Bakterium unterscheidet.

Streptococcus pneumoniae, kurz Pneumokokkus, ist das Haustier der Abteilung Mikrobiologie der TU Kaiserslautern. Dieses Bakterium gehört zu den bedeutendsten menschlichen Krankheitserregern. Es kommt in jedem gesunden Menschen vor und besiedelt den Nasen-Rachenraum. Allerdings ist es vor allem bei Kindern gefürchtet als Erreger der Mittelohrentzündung, kann Lungenentzündung vor allem in älteren und kranken Menschen verursachen, und führt auch zu einer oft tödlich verlaufenden Hirnhautentzündung. Im Zeitalter der Genomforschung gelingt es zunehmend einzelne Gene zu identifizieren, die ausschlaggebend sind für solche Krankheiten. Hilfreich sind dabei Vergleiche mit nahe verwandten Bakterien, die keine Krankheiten verursachen, um die Unterschiede herauszufiltern.

Die Arbeitsgruppe Mikrobiologie hat jetzt das erste Genom eines harmlosen, nächsten Verwandten von Pneumokokken, Streptococcus mitis, entschlüsselt, und somit eine ausführliche Beschreibung geben können, was einen Krankheitserreger von einem harmlosen Bakterium unterscheidet. Überraschend war zunächst, dass viele Gene, die man als wichtig für die Virulenz erachtet hat, auch bei den harmlosen Streptokokken vorkommen. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um Komponenten, die wichtig sind überhaupt in dem Wirt zu überleben. Nur wenige Proteine, meist solche, die an der Bakterienoberfläche sitzen, und eine schützende Polysaccharidkapsel, die dem Pneumokokkus den Namen 'Zuckerbeschichtetes Bakterium' gegeben haben, scheinen für die Gefährlichkeit von Pneumokokken wesentlich zu sein. Die Identifizierung von Komponenten, die mit Krankheiten zusammenhängen, ist eine wichtige Voraussetzung um gezielt gegen Krankheitserreger vorgehen zu können, ohne die normale Bakterienflora des Menschen zu beeinträchtigen.

Das Genom von S. mitis liefert vielfache Hinweise für die Bedeutung von Gentransfer zwischen den Bakterien, und somit wer mit wem auf genetischer Ebene 'kommuniziert'. Die Eigenschaften Gene aufzunehmen und in das eigene Genom einzubauen sind besonders wichtig, um die Evolution und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen zu verstehen und verfolgen zu können.

Wichtige Ergebnisse lieferten die Arbeiten auch bezüglich der Evolution dieser Bakterienarten. Von vielen Krankheitserregern wird angenommen, dass sie ursprünglich von harmlosen Verwandten abstammen, und durch die Aufnahme bestimmter Virulengene erst ihr Aktionspotential erweitert haben. Genau das scheint für Pneumokokken auch zuzutreffen.

Die Arbeiten der AG Mikrobiologie wurden im Rahmen von überregionalen Forschungsverbünden des BMBF 'Pathogenomics und PathoGenoMik-Plus', und internationalen EU Netzwerken 'PREVIS, GRACE, Network of Excellence EPG' realisiert. Ausschlaggebend für den Beginn dieser Arbeiten war die Etablierung des Nano+Bio Centers an der TU Kaiserslautern, durch die die notwendige Microarraytechnologie ('DNA Chips') und bioinformatische Verarbeitung der Datenmengen vor Ort garantiert werden konnten.


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uni-kl.de/FB-Biologie/AG-Hakenbeck/

Denapaite, D, Brückner, R., Nuhn, M., Reichmann, P., Henrich, B., Maurer, P., Schähle, Y., Zimmermann, W., Wambutt, R. and R. Hakenbeck. 2010.
The Genome of Streptococcus mitis B6 - What is a Commensal?
PLoS ONE, 5: e9426

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution124


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Technische Universität Kaiserslautern
Dipl.-Volkswirt Thomas Jung, 17.05.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Mai 2010