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DIABETES/1185: Schlechte Noten für die Therapie des Typ-2-Diabetes mellitus in Deutschland (Thieme)


Thieme Verlag - FZMedNews - Mittwoch, 18. Februar 2009

Schlechte Noten für die Therapie des Typ-2-Diabetes mellitus in Deutschland


fzm - Die Versorgung von Menschen mit Typ-2-Diabetes mellitus ist in Deutschland noch immer nicht zufriedenstellend. Nur eine Minderheit der Patienten erreicht die geforderten Therapieziele. Dies zeigen die jüngsten Ergebnisse der "Diabetes in Germany"(DIG)-Studie, die jetzt in der Fachzeitschrift "DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2009) veröffentlicht wurden. Bei vielen Diabetikern sind nicht nur die Blutzuckerspiegel zu hoch. Auch anderen Risikofaktoren wird zu wenig Beachtung geschenkt.

Die DIG-Studie begleitete 4020 Typ-2-Diabetiker in den Jahren 2002 bis 2007. Während dieser Zeit wurden sie von Hausärzten, teilweise auch in Schwerpunktpraxen für Diabetiker betreut. Zwischenzeitig war eine einheitliche Diagnose- und Therapierichtlinie (Disease Management Programm) eingeführt worden. Dennoch haben sich die Blutzuckerwerte der Patienten weiter verschlechtert, beklagen Dr. med. Petra Ott von den Weißeritztal-Kliniken in Freital bei Dresden und ihre Kollegen, die die Ergebnisse ausgewertet haben. Hatten zu Beginn der Studie noch knapp 43 Prozent einen optimalen Blutzucker, so erreichten am Ende nur noch knapp 37 Prozent dieses Therapieziel. Es besteht in einem HbA1c-Wert von 6,5 Prozent oder weniger. Er ist nach Einschätzung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft erforderlich, um Spätkomplikationen der Zuckerkrankheit an Blutgefäßen, Augen, Nieren und Nervensystem zu vermeiden. Zwar ist aus früheren Studien bekannt, dass die Blutzuckerkontrolle mit zunehmender Dauer des Diabetes immer schwieriger wird, und die deutschen Diabetiker liegen laut Dr. Ott im internationalen Vergleich durchaus in einem akzeptablen Bereich. Dennoch sei das Ergebnis nicht zufriedenstellend. Nach Ansicht der Expertin werden viele Patienten zu lange mit Blutzuckertabletten (orale Antidiabetika) behandelt. Erfolge seien nur durch eine frühere Intensivierung der Therapie möglich einschließlich einer Einstellung auf Insulin.

Noch größere Defizite sieht Dr. Ott bei der Behandlung der Begleiterkrankungen. Nur bei einer Minderheit der Betroffenen liege der Diabetes isoliert vor, berichtet sie. Fast alle Typ-2-Diabetiker hätten neben einem erhöhten Blutzucker noch weitere Gesundheitsstörungen. Dazu gehören Übergewicht, ein erhöhter Blutdruck, erhöhte Blutfette und eine ungesunde Lebensweise mit Rauchen und Bewegungsmangel. Auch hier erreichten nur wenige Patienten die gesteckten Therapieziele. Dr. Ott: Die meisten Patienten haben im Verlauf der Studie weiter an Gewicht zugenommen. Auch der Anteil der Patienten mit normalem Blutdruck lag 2007 mit 27 Prozent zu niedrig. Einen normalen Cholesterinwert hatten nur 30 Prozent. Hier habe sich die Situation zwar gegenüber 2002 gebessert. Damals hatten nur 23 Prozent einen optimalen Cholesterinwert. Deutlich mehr Patienten erhalten heute Medikamente zur Senkung von Blutdruck und Cholesterin, lobt Dr. Ott. Erfreulich sei auch, dass immer mehr Diabetiker Acetylsalicylsäure oder andere Mittel einnehmen, die durch Hemmung der Blutplättchen das Risiko eines Herzinfarkts senken - eine häufige Todesursache von Diabetikern. Dennoch: Im internationalen Vergleich liege Deutschland hier deutlich zurück. Eine erfreuliche Entwicklung gab es beim Rauchen. Der Anteil der Raucher sei seit Studienbeginn um 20 Prozent gesunken.

Insgesamt kann man nach Ansicht der Expertin mit der Therapiequalität in Deutschland nicht zufrieden sein. Eine Verbesserung sei dringend notwendig, nicht nur weil die Zahl der Menschen mit Diabetes in Deutschland insgesamt zu hoch ist. Auch die Folgen der Erkrankung für das Gesundheitswesen seien enorm. Dr. Ott: Diabetes ist nicht nur die häufigste, sondern auch die teuerste Volkskrankheit.


P. Ott et al.:
"Diabetes in Germany" (DIG)-Studie.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2009; 134 (7): S. 291-297


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Quelle:
FZMedNews - Mittwoch, 18. Februar 2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Februar 2009