Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → KRANKHEIT

DIABETES/1313: Diabetes in der Schwangerschaft birgt Risiken für Mutter und Kind (DGE)


Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. - 09. März 2010

Diabetes in der Schwangerschaft birgt Risiken für Mutter und Kind

DGE schlägt Präventionsmaßnahmen vor


(dge) In Deutschland entwickeln bis zu 20 % der werdenden Mütter einen Schwangerschaftsdiabetes. Erkannt und behandelt wird nur jede zehnte Betroffene. Folgen sind nicht nur erhöhte Risiken für Mutter und Kind bei der Geburt, sondern auch erhöhte Langzeitrisiken: Bei der Mutter steigt das Risiko, im späteren Leben einen Diabetes mellitus Typ 2 zu entwickeln. Beim Kind kann eine "Zuckermast" im Mutterleib infolge eines Schwangerschaftsdiabetes das spätere Risiko für Übergewicht, Diabetes mellitus und demzufolge auch Herz-Kreislauf-Krankheiten etwa verdreifachen. Diese Erkenntnis stammt aus einem relativ jungen Forschungsgebiet, der "perinatalen Programmierung": Nach ersten Erkenntnissen werden Regelsysteme im Gehirn unter anderem für den Stoffwechsel und das Körpergewicht bereits während der Entwicklung im Mutterleib "eingestellt".

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) fordert in ihrem Ernährungsbericht 2008 daher die Aufnahme eines Sreenings auf Schwangerschaftsdiabetes in die Mutterschaftsrichtlinien. Denn die Behandlung des Schwangerschaftsdiabetes normalisiert das Übergewichts- und Diabetesrisiko des Kindes. Schwangere mit Diabetes sollten konsequent betreut und therapiert werden. Da auch das Körpergewicht der Frau entscheidenden Einfluss auf die pränatale Prägung hat, sollten Frauen bereits vor der Schwangerschaft eine Gewichtsnormalisierung anstreben und Übergewicht sowie eine übermäßige Energiezufuhr und Gewichtszunahme während der Schwangerschaft vermeiden.


Hintergrundinformation:

Perinatale Programmierung bezeichnet einen Prozess, bei dem während "kritischer Entwicklungsphasen" (pränatal, neonatal, frühkindlich) durch Einwirkung von Außenfaktoren wie Ernährung oder Hormonen die künftige Funktionsweise von Organen und Organsystemen dauerhaft festgelegt wird. Das heißt: Bereits vor der Geburt, in den ersten Wochen nach der Geburt und in den ersten Lebensjahren "lernt das Kind fürs Leben". Im Falle einer Störung dieser Programmierung können daraus im späteren Leben chronische Krankheiten wie Adipositas und Diabetes mellitus entstehen.

Ein Beispiel für eine ernährungsabhängige Programmierung sind die Folgen erhöhter Insulinkonzentrationen beim Fetus und Neugeborenen, die typischerweise bei Kindern übergewichtiger und diabetischer Mütter auftreten: Der Energiebedarf des ungeborenen Kindes wird nahezu ausschließlich durch Glucose gedeckt. Ist die Blutglucosekonzentration bei der werdenden Mutter zu hoch, spiegelt sich das in der Höhe der Glucosekonzentration des Feten wider. Wiederholte oder kontinuierlich auftretende zu hohe Blutglucosekonzentrationen bei der Schwangeren führen zu einer Überversorgung des Feten mit Glucose und damit zu einer "Zuckermast" des Fötus. Er reagiert darauf mit einer erhöhten Freisetzung von Insulin. Insulin ist das wichtigste Wachstumshormon während der Entwicklung im Mutterleib, das auch beim Fetus die Fettspeicherung stimuliert. So steigt mit der mütterlichen Blutglucosekonzentration auch der Körperfettgehalt des Neugeborenen. Und nach dem Konzept der perinatalen Programmierung erhöht die gesteigerte Insulinfreisetzung beim Fetus den Sollwert der Insulinsekretion: Die erhöhte Konzentration an Insulin wird im Zwischenhirn registriert und als "Norm" gespeichert. Diese Fehlprogrammierung wird beibehalten und führt dazu, dass auf den Stimulus "Glucose" mit einer erhöhten Insulinsekretion geantwortet wird, was im späteren Leben mit einem erhöhten Risiko für Adipositas und Diabetes verbunden ist.

Da das Risiko für einen Schwangerschaftsdiabetes mit Übergewicht und überproportionaler Gewichtszunahme der Schwangeren steigt, gilt es beides im Interesse der Gesundheit von Mutter und Kind zu vermeiden. Wichtige Hinweise zur Ernährung und Gewichtszunahme von Schwangeren im Kontext der Prägung für Übergewicht beim Kind gibt die aktuell erschienene DGE-Broschüre "Essen und Trinken 2008". Daneben fasst die 58-seitige Broschüre weitere Ergebnisse des Ernährungsberichts 2008 von "Ernährungstrends" über "Ernährungsverhalten von Jugendlichen" bis hin zu "Ernährungsfaktoren und Krebsentstehung" leicht verständlich zusammen. Damit Leser aus diesen Ergebnissen Nutzen ziehen können, sind die Informationen mit zahlreichen Tipps zur praktischen Umsetzung verknüpft. Die Broschüre ist auch zum Einsatz in der Verbraucher- und Ernährungsberatung sowie für den Unterricht geeignet und ist unter der Artikel-Nr. 208500 für 3,90 EUR zzgl. 3,00 EUR Versandkosten beim DGE-MedienService, Tel. 0228/9092626, Fax: 0228/9092610, E-Mail: info@dge-medienservice, Internet: www.dge-medienservice.de erhältlich.


*


Quelle:
DGE-aktuell 03/2010 vom 09.03.2010
Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE)
Godesberger Allee 18, 53175 Bonn
Telefon 0228/3776 - 600, Telefax 0228/3776 - 800
Internet: www.dge.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. März 2009