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EPIDEMIE/112: Uganda - Sandflöhe infizieren viele Kinder, Epidemie lässt Schulabbrecherquote steigen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. Oktober 2010

Uganda: Sandflöhe infizieren viele Kinder - Epidemie lässt Schulabbrecherquote steigen

Von Wambi Michael


Kampala, 22. Oktober (IPS) - Jowaali Dhikusoka sitzt allein am Straßenrand und langweilt sich. Der Zwölfjährige spielt nicht oft mit den anderen Kindern in seinem Dorf in Uganda, weil er nur mit Mühe gehen kann. Seit seine Füße und Hände von Tungiasis befallen wurden, jucken und schmerzen sie stark.

Die Infektionskrankheit wird von Sandflöhen übertragen, die in dem afrikanischen Land unter dem Namen 'jiggers' bekannt sind. Die Parasiten hindern den Jungen auch daran, weiter die Grundschule in dem Ort Mafubira in der ostugandischen Region Busoga zu besuchen. Seine Hände sind so entzündet, dass Jowaali keinen Stift mehr halten kann.

In Busoga leiden Hunderte Kinder und Erwachsene an der Krankheit, die sich in der armen Region epidemieartig ausgebreitet hat. Die Flöhe vermehren sich in sandigen, schmutzigen Böden, vor allem dort, wo Menschen auf engem Raum mit Nutztieren zusammenleben. Die Parasiten attackieren insbesondere warmblütige Tiere, aber auch Menschen.

Wie viele Kinder in Uganda wegen Tungiasis nicht mehr zum Unterricht kommen können, ist nicht genau bekannt. Nach Statistiken des Bildungsministeriums schließen etwa 80 Prozent aller Grundschüler die Ausbildung nicht ab. In den ländlichen Gegenden gelten die durch Sandflöhe übertragenen Infektionen als Hauptgrund für die hohe Abbrecherquote.

Experten zufolge droht die Epidemie zu verhindern, dass das Land das von den Vereinten Nationen formulierte Ziel verfehlt, allen Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen. Dieser Punkt gehört zu den Millenniumsentwicklungszielen, die bis 2015 weltweit umgesetzt werden sollen.


Regierung reagierte erst spät

Obwohl das Flohproblem bereits seit längerem bekannt ist, ergriff das Gesundheitsministerium erst im Oktober Maßnahmen zur Bekämpfung der Epidemie. Verschiedene Ministerien verbreiten gemeinsam Informationen über Hygiene und Behandlungsmöglichkeiten für Erkrankte.

Der für die medizinische Grundversorgung zuständige Minister James Kakooza erklärte, dass die Regierung für die Informationskampagne und die Notfallversorgung von mehr als 600 Menschen in Busoga umgerechnet 177.000 US-Dollar bereitstellt. Danach würden zusätzliche Mittel für die Behandlung weiterer Infizierter freigegeben.

Die Behörden wurden erst nach Protesten der Bevölkerung in Busoga im Anschluss an die ersten Todesfälle im September aktiv. Tungiasis führt zu starken Entzündungen, Geschwürbildungen, Fibrose, Lymphangitis und Wundbrand.

Die Krankheit ist auch in anderen Landesteilen verbreitet. In dem ostugandischen Distrikt Bugiri starb ein dreimonatiges Baby, neun weitere Dorfbewohner kamen ins Krankenhaus. Nasitanzio Akisa, ein Ratsmitglied einer Gemeinde in Bugiri, machte die Gesundheitsbehörden für das Ausmaß der Epidemie verantwortlich. Niemand habe Präventionsmaßnahmen ergriffen, obwohl bekannt sei, dass die Krankheit in der heißen, trockenen Jahreszeit verstärkt auftrete, beschwerte er sich. Die Häuser hätten rechtzeitig mit Insektiziden besprüht werden müssen.

"Die Infektionen durch Flöhe treten unter der amtierenden Regierung gehäuft auf", sagte Salaamu Musumba von dem oppositionellen Forum für Demokratischen Wandel im Gespräch mit IPS. Selbst Regierungsbeamte räumen inzwischen ein, dass die Infektionen leicht einzudämmen und zu behandeln wären.

"Das Hauptproblem ist die Hygiene", erklärte die stellvertretende Parlamentssprecherin Rebecca Kadaga. "Wir sagen den Leuten immer, dass sie nicht auf dem Boden schlafen sollen und keine Hühner, Ziegen und Schweine in Wohnräumen halten sollen." Laut Kadaga hat das Parlament die lokalen Behörden aufgefordert, entsprechende Verordnungen zu erlassen.


Erhöhte Risiken beim Spielen auf dem Boden

Um die Epidemie unter Kontrolle zu bekommen, arbeitet die Regierung auch mit der Kinderhilfsorganisation 'Plan International' zusammen. Kinder erkranken besonders rasch an Tungiasis, weil auf staubigen Böden spielen und ihre zarte Haut verstärkt von den Parasiten befallen wird.

Die Organisation verteilt an die Haushalte Insektensprays und eine Kaliumpermanganat-Lösung, die die Flöhe abtötet. Außerdem versorgt sie die Wunden der Kranken. "Wir sind entschlossen, das Problem zu beseitigen", sagte der zuständige Programmkoordinator bei Plan, Sam Echodu.

Die erkrankten Schüler leiden nicht nur unter körperlichen Schmerzen. "Der Lehrer und die anderen Kinder lachen über mich", klagte der achtjährige Derick Ntalo aus dem Distrikt Mayuge im Osten des Landes. Seit acht Monaten bleibt der Drittklässler deshalb dem Unterricht fern.

Wie Echodu hervorhob, hat Plan einige Kinder aber schon mit Erfolg behandelt, so dass sie wieder in die Schule zurückkehren konnten.
(Ende/IPS/ck/2010)


Links:
http://plan-international.org/where-we-work/africa/uganda
http://www.un.org/millenniumgoals/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=53246

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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Oktober 2010