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HERZ/426: Nachrichten vom Europäischen Kardiologenkongreß 2009 (1) (idw)


Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung - 31.08.2009

Pressemitteilungen des Europäischen Kardiologenkongresses 2009 in Barcelona


→  Deutsche Studie: Tele-Monitoring nach Defi-Implantation ist sicher
      und entlastet Klinikambulanzen
→ Neue Studie aus Leipzig: Medikamentenbeschichtete Stents gleich effektiv wie Bypass
      - bei weniger Komplikationen
→ Neuer Test verbessert die Frühdiagnose von Herzinfarkt
→ Ballonpumpen selten eingesetzt
→ Deutsche Studie: Große Gesundheitsgefahr für dicke Kinder

Raute

Deutsche Studie: Tele-Monitoring nach Defi-Implantation ist sicher und entlastet Klinikambulanzen

Europäischer Kardiologenkongress 2009 in Barcelona

Barcelona/Düsseldorf, 31. August 2009 - Regelmäßige Kontrollen über das Mobiltelefonnetz sind nach dem Einsetzen eines implantierten Defibrillators sicher und eine sinnvolle Alternative zu Kontrolluntersuchungen im Krankenhaus. Das ist das Ergebnis der ISMOS-Studie, die ein deutsches Forscherteam auf dem Europäischen Kardiologenkongress in Barcelona präsentiert hat. "Das entlastet die Klinikambulanzen erheblich", sagt ISMOS-Studienleiter Dr. Alexander Schirdewan von der Charité, Berlin.

Implantierbare Defibrillatoren haben sich in den vergangenen zwei Jahrzenten als primäre Therapie bei lebensbedrohlichen Herzrythmusstörungen etabliert. Durch die zunehmende Zahl von Implantationen ist auch der Betreuungsaufwand für Patienten enorm gestiegen. Ziel der ISMOS-Studie war es zu untersuchen, ob der Rhythmus für Kontrolluntersuchungen ohne Sicherheitsrisiko von drei auf sechs Monate ausgedehnt werden kann, wenn Patienten per Telemonitoring zusätzlich überwacht und begleitet werden.

An der ISMOS-Studie nahmen insgesamt 142 Defi-Patienten teil, die in fünf deutschen Kliniken betreut wurden. Etwa die Hälfte der Kontrolluntersuchungen in den Spezialambulanzen kann bei gleicher Sicherheit für die Betroffenen eingespart werden, zeigen die Studienergebnisse, wenn die persönliche Untersuchung durch eine telemedizinische Kontrolle via Telefon ersetzt wird. Die Analyse der per Telefon übermittelten Daten ermöglichen es dem Behandler, im Bedarfsfall sofort persönlich zu intervenieren. So können sich Ärzte auf jene Patienten konzentrieren, die besonderer Aufmerksamkeit bedürfen.

Die Ergebnisse der ISMOS-Studie bestätigen die Ergebnisse früherer Studien zum Thema Telemonitoring nach Defi-Implantation. So hat etwa die europäische REFORM-Studie gezeigt, dass bei Telemonitoring eine Reduktion der persönlichen Kontrolluntersuchungen um die Hälfte sicherer ist, die nordamerikanische TRUST-Studie geht von einer möglichen Reduktion um 43 Prozent aus.

Quelle:
Schirdewan et al.
Home Monitoring is a safe and reliable extension of ICD follow-up
ESC 2009 Abstract No 5218.


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Neue Studie aus Leipzig: Medikamentenbeschichtete Stents gleich effektiv wie Bypass - bei weniger Komplikationen

Barcelona/Düsseldorf, 31. August 2009 - Nach einem zwölfmonatigen Beobachtungszeitraum sind die Ergebnisse einer Implantation von medikamenten-beschichteten Stents und einer minimal-invasiven Bypass-Operation gleichwertig, was die Verbesserung der Symptome und das Auftreten von kardialen Zwischenfällen betrifft. Bei der Komplikationsrate schneiden die beschichteten Metallröhrchen besser ab. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie, die eine Forschergruppe vom Herzzentrum der Universität Leipzig beim Europäischen Kardiologenkongress in Barcelona präsentierte.

Die Leipziger Herzspezialisten führten bei insgesamt 130 Patienten mit einer starken Verengung der Koronararterien entweder eine Katheterintervention mit Implantation eines medikamentenbeschichteten Stents oder eine minimal-invasive Bypass-Operation durch. Die Behandlungsergebnisse wurden hinsichtlich der Häufigkeit von schwerwiegenden kardialen Zwischenfällen wie Herztod, Herzinfarkt oder der Notwendigkeit einer neuerlichen Gefäßdehnung innerhalb von zwölf Monaten nach dem Eingriff verglichen. Sie lag in beiden Patientengruppen bei 7,7 Prozent, waren also gleichwertig - bei weniger Komplikationen für Stent-Patienten. "Die Implantation medikamentenbeschichteter Stents sollte bei einem Großteil der Patienten die bevorzugte Reperfusionsmethode sein", so die Leipziger Forscher.

Quelle:
Thiele et al.
Randomized comparison of Minimally Invasive Direct Coronary Artery Bypass (MIDCAB) surgery versus sirolimus-eluting stenting in isolated proximal LAD-stenosis
ESC 2009 Abstract No 2068


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Neuer Test verbessert die Frühdiagnose von Herzinfarkt

Barcelona/Düsseldorf, 31. August 2009 - Ein neuer Bluttest zum Nachweis von Troponin T, einem im Herzmuskel vorkommendem Eiweiß, ermöglicht eine frühere und präzisere Herzinfarkt- und Risikodiagnostik als herkömmliche Testverfahren. Das ist das Ergebnis einer deutschen Studie, die von Dr. Michael Weber, Kerckhoff Klinik Bad Nauheim, beim Jahreskongress der Europäischen Kardiologenvereinigung (ESC) in Barcelona präsentiert wurde. "Die Verwendung dieses neuen Tests im klinischen Alltag bringt großen medizinischen, aber auch wirtschaftlichen Nutzen", so Dr. Weber.

Die Diagnose des akuten Herzinfarkts hat sich in den vergangenen Jahren durch die Einführung von Bluttests für den Nachweis von kardialem Troponin deutlich verbessert. Allerdings waren diese Tests bisher nicht in der Lage, einen akuten Herzinfarkt in einem sehr frühen Stadium nachzuweisen. Mit dem neuen sehr spezifischen und sensiblen Test ist jetzt eine frühere und präzisere Herzinfarkt-Diagnose möglich, darüber hinaus erlaubt das Verfahren auch genauere prognostische Aussagen.

Für die aktuelle Studie wurden über einen Zeitraum von zwei Jahren insgesamt 1023 Patienten, die mit Brustschmerzen stationär aufgenommen worden waren, untersucht. Die Ergebnisse des herkömmlichen Troponin-Tests wurden mit jenen der neuen Testmethode verglichen. Bei 68 Prozent der Patienten war der herkömmliche Test Tropinin-positiv, beim hochsensiblen neuen Test waren es 86 Prozent. Besonders auffällig war der Unterschied in der Präzision der Tests bei Patienten, die sehr früh - innerhalb von vier Stunden - nach dem akuten Infarkt eingeliefert wurden. Hier wurden mit dem herkömmlichen Test 49 Prozent, mit dem neuen Test hingegen 83 Prozent der Patienten korrekt diagnostiziert.

Quelle:
Weber et al.
Diagnostic and prognostic value of high sensitive troponin T in patients with acute coronary syndromes
ESC 2009 Abstract No 282


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Ballonpumpen selten eingesetzt

Europäischer Kardiologenkongress 2009 in Barcelona

Barcelona/Düsseldorf, 1. September 2009 - Obwohl medizinische Leitlinien bei Herzinfarktpatienten mit einem so genannten kardiogenen Schock empfehlen, bei der Katheterintervention eine intraaortale Ballonpumpe einzusetzen, wird dies europaweit nur bei einem Viertel der Betroffenen gemacht. Das zeigt der EuroHeart PCI Survey, der heute von Prof. Dr. Uwe Zeymer vom Herzzentrum Ludwigshafen beim Europäischen Kardiologenkongress in Barcelona präsentiert wurde. In der groß angelegten Studie wurden die Daten von 47407 Patienten aus 33 europäischen Ländern analysiert.

Ein kardiogener Schock tritt bei bis zu zehn Prozent der Patienten mit akutem Herzinfarkt auf. Die Prognose ist in dieser Gruppe schlecht, die Akutsterblichkeit mit mehr als 50 Prozent hoch. Die frühe Anwendung einer intraaortalen Ballonpumpe wird nach den Leitlinien der Europäischen Kardiologengesellschaft (ESC) empfohlen, um die schockbedingte Sterblichkeit zu senken. Die aktuelle Untersuchung zeigte nicht nur, dass die Empfehlung nur selten umgesetzt wird, sie zeigte auch einen anderen Trend, wie Prof. Zeymer betont: "Es zeigt sich keine Verbesserung der Sterblichkeit durch den Einsatz der intraaortalen Ballonpumpe, sondern eine Tendenz zu einer Übersterblichkeit. Daher ist dringend die Durchführung einer randomisierten Studie mit klinischem Endpunkt notwendig, um den Stellenwert der Therapieoption in dieser Hochrisikogruppe zu definieren. Unter der Leitung von Dr. Holger Thiele vom Herzzentrum Leipzig wurde mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie eine solche Studie gestartet und wird mit 600 geplanten Patienten die bislang größte randomisierte Studie zur Therapie des kardiogenen Schocks werden."

Quelle:
Zeymer et al.
Use and impact of intra aortic balloon pump on outcome in patients with PCI for myocardial infarction complicated by cardiogenic shock. Results of the Euro Heart PCI survey.
ESC 2009 Abstract No 5151


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Deutsche Studie: Große Gesundheitsgefahr für dicke Kinder

Europäischer Kardiologenkongress 2009 in Barcelona

Barcelona/Düsseldorf, 1. September 2009 - Dicke Kinder werden nicht nur kranke Erwachsene - sie sind in jungen Jahren schon gesundheitsgefährdet. Übergewicht und Adipositas führen bereits im frühen Kindesalter zu ausgeprägten pathologischen Veränderungen, die zur Entwicklung generalisierter Gefäßschäden als Frühform einer Atherosklerose (Arterienverkalkung) beitragen. Das zeigt eine aktuelle Studie des Herzzentrums der Universität Leipzig, die heute beim Europäischen Kardiologenkongress in Barcelona präsentiert wurde. "Das erklärte Ziel muss sein, bereits im frühen Kindesalter effiziente Strategien der Primär- und Sekundärprävention zu etablieren, um die Häufigkeit von Adipositas bei Kindern zu reduzieren", betonte Studienleiterin Priv.-Doz. Dr. Sandra Erbs. "Neben einer engen Zusammenarbeit mit Kindergärten, Schulen und Eltern sollte hier nicht nur das Ernährungsverhalten geschult, sondern insbesondere die körperliche Aktivität erhöht und das Freizeitverhalten der Kinder beeinflusst werden."

Im Rahmen der derzeit noch laufenden Leipziger Studie wurden bisher 80 übergewichtige oder adipöse Kinder und 60 normalgewichtige Kinder mit durchschnittlich zwölf Jahren untersucht. Erstmals hat sich dabei gezeigt, dass der mittlere systolische Blutdruck bei stark übergewichtigen Kindern durchschnittlich um acht mmHg höher ist als bei normalgewichtigen Kindern. Bei einem Glukosetoleranz-Test ergaben sich bei den adipösen Kindern Hinweise für einen Glukosestoffwechsel als Vorstufe eines Diabetes mellitus. Auch bei verschiedenen Messparametern, die den Zustand der Gefäße darstellen, schnitten die dicken Kinder wesentlich schlechter ab als ihre normalgewichtigen Altersgenossen.

Quelle:
Erbs et al.
Generalized vascular damage and impaired endogenous regenerative capacity in children with obesity
ESC 2009 Abstract No 3528


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Kontakt:
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK)
Pressestelle
Prof. Dr. Eckart Fleck / Christiane Limberg
Achenbachstr. 43, 40237 Düsseldorf
E-Mail: limberg@dgk.org

Roland Bettschart, Dr. Birgit Kofler
B&K Medienberatung

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit heute mehr als 7000 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nauheim gegründet, ist die DGK die älteste kardiologische Gesellschaft in Europa.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.dgk.org

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution737


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Christiane Limberg, 31.08.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. September 2009