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HERZ/456: Nachrichten vom Europäischen Kardiologenkongreß 2010 (2) (idw)


Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung - 8. und 9. April 2010

Pressemitteilungen von der 76. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie
vom 8.-10. April 2010 in Mannheim


→  250.000 Erwachsene mit angeborenem Herzfehler nicht länger Stiefkinder der Medizin
→  Neue Studie zu chronischer Herzschwäche
       Eisen-Präparate verbessern Leistungsfähigkeit und Lebensqualität
→  Bei älteren Herzpatienten kann Übergewicht bei Katheter-Eingriff günstig sein
→  Kardiologenkongress - Männliche Herzpatienten bekommen mehr Medikamente
→  Katheter und Stents jetzt auch bei Hauptstamm-Stenosen
→  Nervenblockade im Nierenbereich verbessert bei nicht behandelbaren Hochdruck-Patienten
       Blutdruck- und Blutzucker-Werte
→  Neue Ballonkatheter mit Medikamentenbeschichtung verhindern Wiederverengung
       von Herz- und Beingefäßen
→  Überlebensvorteil für Defi-Träger nach dem Herzinfarkt
       Sofortige Implantation bringt keinen Nutzen
→  Wie Hausärzte künftig Herzschwäche sicher erkennen können
       Erstdiagnostik verbessern heißt Leben verlängern
→  Nicht alle Herzinfarkt-Patienten müssen sofort ins Katheter-Labor

Raute

250.000 Erwachsene mit angeborenem Herzfehler nicht länger Stiefkinder der Medizin
Kardiologen schließen Versorgungslücke

Mannheim, Donnerstag, 8. April 2010 - Die Versorgung der schätzungsweise 250.000 Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler (EMAH) in Deutschland wird laufend verbessert, berichten Herz-Spezialisten auf der 76. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung (DGK) im Mannheim. "Schon 200 Kinderkardiologen und Kardiologen haben die "EMAH"-Zusatz-Qualifikation erworben, das Interesse in der Community ist sehr groß", bilanziert Prof. Dr. Dr. h.c. Günter Breithardt, Vorsitzender der Task-Force EMAH. "Bislang war es keine Seltenheit, wenn ein erwachsener Patient mit einem angeborenen Herzfehler weiter zu seinem Kinderarzt ging. Zu wenige qualifizierte Ärzte standen in Deutschland zur Verfügung, um diese chronisch kranken Patienten adäquat zu versorgen, und viele von ihnen fielen in ein Versorgungsloch." Von Donnerstag bis Samstag werden in Mannheim rund 7000 aktive Teilnehmer aus 25 Ländern erwartet.

Qualitätskriterien - Kliniken und Praxen können sich zertifizieren lassen

Derzeit erarbeitet die Task-Force EMAH spezielle Kriterien, die eine Klinik oder eine Praxis erfüllen muss. Prof. Breithardt: "Die Zertifizierung wird die nächste große Aufgabe, um die Versorgung der Patienten weiter zu verbessern. Die Initiative der Task-Force ist in Europa einmalig und erregt inzwischen international Aufmerksamkeit." Noch in diesem Jahr können Zentren einen Antrag auf Zertifizierung als überregionales oder regionales Zentrum beziehungsweise Praxen einen Antrag auf Zertifizierung als Schwerpunktpraxis stellen. Ein überregionales Zentrum muss strenge Auflagen erfüllen und beispielsweise neben der Erwachsenenkardiologie eine Kinderkardiologie und Chirurgie für angeborene Herzfehler haben. Eine Schwerpunktpraxis setzt neben der "EMAH"-Qualifikation des Leiters der Praxis eine strukturierte Zusammenarbeit mit einem Zentrum voraus.

90 Prozent erreichen heute das Erwachsenenalter, früher waren es zehn Prozent

Erreichten früher gerade einmal zehn Prozent der Kinder mit schweren angeborenen Herzfehlern das Erwachsenenalter, sind es heute rund 90 Prozent. Deshalb ist in den letzten Jahrzehnten eine völlig neue Patientengruppe entstanden, die in Deutschland auf 250.000 erwachsene Patienten geschätzt wird. Die Versorgung dieser Patienten erfordert spezielles Know-how, über das normale niedergelassene internistische Kardiologen nicht verfügen, während der Kinderkardiologe, der die Patienten im Kindesalter versorgt, mit den Erkrankungen des Erwachsenenalters nicht ausreichend vertraut ist. Prof. Breithardt: "Die Weiterbildung zum EMAH-Arzt zeichnet die betreffenden Ärzte als Spezialisten für Erwachsene mit einem angeborenen Herzfehler aus. Die Zusatz-Qualifikation EMAH wird - in Anlehnung an die Verfahren zur Erlangung einer Facharztqualifikation - nach Prüfung des bisherigen beruflichen Werdeganges des Antragstellers und erfolgreicher Ablegung einer Prüfung vor einer fachlich gemischten Kommission von den Akademien für Kardiologie und Pädiatrische Kardiologie erteilt."

Die Task-Force wurde von den drei kardiologischen Fachgesellschaften (Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie, Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie) gemeinsam mit den Berufsverbänden der niedergelassenen (Kinder-)Kardiologen, dem Kompetenznetz Angeborene Herzfehler und den Dachorganisationen der Selbsthilfe gebildet.


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Neue Studie zu chronischer Herzschwäche
Eisen-Präparate verbessern Leistungsfähigkeit und Lebensqualität

Mannheim, Donnerstag 8. April 2010 - Die Korrektur eines Eisenmangels mit Infusionen eines Eisenpräparats führt bei Patienten mit Herzschwäche 1) bereits nach der vierten Woche der Eisenbehandlung zu einer hochsignifikanten Verbesserung der Leistungsfähigkeit, der Symptome und der Lebensqualität - und zwar unabhängig vom gleichzeitigen Vorliegen einer Anämie ("Blutarmut"). Das berichtet Prof. Dr. Piotr Ponikowski (Department für Herzkrankheiten, Medizinische Universität Wroclaw, PL) bei einem Pressegespräch anlässlich der 76. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung (DGK). Von Donnerstag bis Samstag werden in Mannheim rund 7000 aktive Teilnehmer aus 25 Ländern erwartet.

50 Prozent der Patienten, die Eisen erhalten hatten, wiesen in der 24. Studienwoche eine "große" oder "moderate Verbesserung" ihrer Lebensqualität auf, in der Plazebogruppe waren es nur 28 Prozent. Im Hinblick auf die NYHA-Klassifikation wurden 47 Prozent der mit Eisen behandelten Patienten in der 24. Woche in die NYHA-Klasse I oder II (keine oder nur leichte Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit) eingestuft, gegenüber nur 30 Prozent in der Plazebo-Gruppe.

Nach 24 Wochen verbesserten sich Patienten, denen Eisen verabreicht worden war, im Sechs-Minuten-Gehtest um 39 Meter im Vergleich zur Ausgangssituation ("Baseline"), in der Plazebogruppe waren es nur neun Meter. Die Differenz zwischen den beiden Gruppen betrug in der 24. Studienwoche bereits insgesamt 35 Meter. Die Sterblichkeitsrate und die Häufigkeit von unerwünschten Ereignissen waren in beiden Testgruppen ähnlich. Prof. Ponikowski: "Seit vielen Jahren ist dies die erste Studie mit einem Medikament, die eine so deutliche Verbesserung der Symptome in so kurzer Zeit bei CHI-Patienten gezeigt hat."

Die 459 Patienten waren in der Studie (Anker S et al., FAIR-HF-Studie, N Engl J Med 2009;361: 2436-2448) in zwei Gruppen aufgeteilt worden, die entweder intravenös ein Eisenpräparat (200 mg Eisencarboxymaltose) oder ein Plazebo (Kochsalzlösung) erhielten. Die Therapie erfolgte wöchentlich bis zur Auffüllung der Eisenspeicher und danach bis zur 24. Woche monatlich. Die primären Endpunkte waren die Beurteilung der Lebensqualität der Patienten anhand des "Self-Reported Patient Global Assessment" (PGA) und die Beurteilung der Symptome anhand einer Änderung der NYHA-Klasse nach 24 Wochen.

Umdenken gefordert - Bedeutung von Eisenmangel lange unterschätzt

Etwa 1,4 Millionen Menschen in Deutschland haben eine chronische Herzinsuffizienz (CHI) und jährlich werden ca. 160.000 Neuerkrankungen dokumentiert. Die Bedeutung von Eisenmangel und Anämie bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz wurde lange unterschätzt, so Prof. Ponikowski. Aktuelle Studiendaten führen nun zu einem Umdenken: Eisenmangel kann nicht nur zu einer Anämie, sondern auch zu einer Verminderung der Leistungsfähigkeit und zu neurologischen Komplikationen führen. Vor allem bei chronisch Kranken stellen solche "Eisenmangel-assoziierten Komorbiditäten" ein interdisziplinäres Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko dar und können sich erheblich auf die Lebensqualität auswirken.

"Weitere Subanalysen der Studiendaten sind derzeit in Vorbereitung", so Prof. Ponikowski. "Interessante Trends zeichnen sich im Bereich der Lebensqualität und der Nierenfunkton ab. Dazu werden noch im Laufe des Jahres umfangreiche Daten an wissenschaftlichen Kongressen vorgestellt."

1) Klassifikation der New York Heart Association
NYHA: systolische chronischer Herzinsuffizienz, NYHA-Klasse II und III, also zumindest höhergradige Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit bei gewohnter Tätigkeit


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Neue Studie
Bei älteren Herzpatienten kann Übergewicht bei Katheter-Eingriff günstig sein

Mannheim, Freitag, 9. April 2010 - Übergewicht ist ungesund - doch in einer ganz speziellen Konstellation könnte es für Herzpatienten günstig sein und die Lebenszeit verlängern. Das zeigt eine aktuelle Studie des Universitätsklinikums Halle-Wittenberg und der Universität Stanford, die heute auf der 76. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung (DGK) in Mannheim präsentiert wurde. "Patienten mit einem Body-Mass-Index von mehr als 25 hatten nach einer Katheter-Intervention mit Stent-Implantation eine bessere Überlebensprognose als Patienten mit einem niedrigeren BMI", berichtet Studienautor Dr. A. Vogt. "Dies allerdings nur dann, wenn sie über 65 Jahre alt waren, bei jüngeren Patienten gab es diesen Effekt nicht."

Für die Studie wurden die Daten von mehr als 1.800 Patienten ausgewertet, wobei ein Verlauf von durchschnittlich 137 Wochen nach Stent-Implantation beobachtet wurde. Insgesamt hatten die übergewichtigen Patienten mit einem BMI von mehr als 25 mit 18,2 Prozent Todesfällen im Beobachtungszeitraum ein günstigeres Sterblichkeitsrisiko als die normalgewichtigen Patienten (24,1 Prozent Mortalität). Eine Auswertung nach Alter zeigte allerdings, dass dieser Effekt nur für die über 65-Jährigen gilt. Bei den Patienten zwischen 55 und 65 Jahren war die Sterblichkeit bei Normal- und Übergewichtigen gleich hoch.

"Auch wenn es in dieser spezifischen Konstellation - Alter über 65 und PCI - ein gewisses Maß an Übergewicht günstiger zu sein scheint, bleibt das wichtige Prinzip der Herzgesundheit aufrecht: Übergewicht und damit häufig verbundene Faktoren wie hohe Blutzuckerspiegel, hoher Blutdruck oder ungünstige Blutfettwerte stellen, besonders in Kombination mit dem auchen, zentrale Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen dar", warnt DGK-Sprecher Prof. Dr. Eckart Fleck (Berlin) vor einer falschen Interpretation der Studienergebnisse.


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Kardiologenkongress
Männliche Herzpatienten bekommen mehr Medikamente

Mannheim, Freitag 9. April 2010 - Männliche Patienten, die wegen ihrer Koronaren Herzkrankheit (KHK) in Behandlung sind, bekommen mehr Medikamente verschrieben und erreichen häufiger die Zielwerte für Blutdruck und Cholesterin als ihre weiblichen Leidensgenossinnen. Das berichteten heute Experten auf der 76. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung (DGK) in Mannheim. Das Geschlecht der Behandler spielte dabei keine Rolle.

Eine Forschergruppe aus Hamm und Köln analysierte anhand der Behandlungsdaten aus dem "Disease Management Programm Nordrhein", ob das Geschlecht von Arzt oder Patient in der KHK-Therapie die Erreichung von Zielwerten oder die Muster der Medikamentenverschreibung beeinflusst. Mehr männliche als weibliche Patienten erreichten den vorgegebenen Blutdruckwert von 140/90 mm/Hg und den Zielwert beim LDL-Cholesterin von weniger als 100 mmol/dl - dies unabhängig davon, ob sie bei einer Ärztin oder einem Arzt in Behandlung waren.

Eine Kombinationstherapie aus Beta-Blockern und ACE-Hemmern gegen Herzinsuffizienz bekamen fast 62 Prozent der Männer verschrieben, bei den Frauen waren es 56,2 (von Ärztinnen behandelt) beziehungsweise 52,5 Prozent (von Ärzten behandelt). Thrombozytenaggregationshemmer zur Behandlung der Blutverklumpung wurden 83,8 (Ärzte) und 85,6 (Ärztinnen) Prozent der behandelten Männer verschrieben, bei den Frauen waren es 76,3 und 78,7 Prozent.


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Katheter und Stents jetzt auch bei Hauptstamm-Stenosen

Mannheim, Freitag 9. April 2010 - Neueste Behandlungsempfehlungen sehen vor, dass auch ausgewählte Patienten mit einer Verengung des Abgangs der linken Koronararterie (Hauptstamm-Stenose) mittels Katheter-Eingriff und Stent (PCI) behandelt werden können, berichteten heute Experten auf der 76. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung (DGK) in Mannheim. An diesem Kongress nehmen von Donnerstag bis Samstag 7000 Experten aus 25 Ländern teil. Bei Hauptstamm-Stenosen, einer besonders lebensbedrohlichen Form der Koronaren Herzkrankheit (KHK), galt bisher die PCI als weniger geeignet, es wurde der Bypass-Operation der Vorzug gegeben.

Individuelle Entscheidung im Team

"Fazit der derzeitigen Datenlage ist, dass Stenosen des Hauptstammes heute auch interventionell behandelt werden dürfen", fasste Prof. Dr. Christian Hamm (Bad Nauheim) beim Kardiologenkongress in Mannheim die aktuellen Erkenntnisse zusammen. "Die Entscheidung, welches Verfahren im Einzelfall für Patienten am besten geeignet ist, sollte im Team zwischen Kardiologen und Herzchirurgen gemeinsam fallen."

Syntax Studie liefert erstmals Daten zum Spezialproblem

Eine wichtige Grundlage für die neuen Empfehlungen zur anhaltenden Diskussion, welches Verfahren bei der Koronaren Herzkrankheit sicherer und effektiver ist, lieferte die SYNTAX-Studie. Insgesamt wurde in dieser Studie an mehr als 3.000 KHK-Patienten in Europa und den USA untersucht, ob PCI oder Bypass-Operation bessere Ergebnisse liefern - erstmals befanden sich darunter auch Patienten mit Hauptstammstenosen. Die Daten zeigen einige wichtige Trends für die Behandlung von Hauptstamm-Stenosen, berichtet Prof. Hamm: "Insbesondere bei isolierten Hauptstamm-Stenosen oder Hauptstamm-Stenosen mit Ein- oder Zweigefäß-Erkrankungen war die Koronarintervention mit Medikamenten-beschichteten Stents einer Bypass-Operation mindestens gleichwertig. Nur bei sehr komplexer Koronaranatomie war eine Bypass-Operation von Vorteil. Wir müssen als Hauptstamm-Stenosen nicht mehr als Kontraindikation einer interventionellen Therapie betrachten."


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Nervenblockade im Nierenbereich verbessert bei nicht behandelbaren Hochdruck-Patienten Blutdruck- und Blutzucker-Werte

Mannheim, Freitag 9. April 2010 - "Bei Patienten mit nicht ausreichend behandelbarem arteriellem Bluthochdruck kann durch eine Ausschaltung der Sympathikus-Nervenversorgung im Nieren-Bereich ("renale sympathische Denervation") nicht nur eine Blutdruckkontrolle, sondern auch die Zuckerstoffwechsel-Lage deutlich verbessert werden", berichtet Prof. Dr. Michael Böhm (Universitätsklinikum des Saarlandes) auf der 76. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Mannheim. Diese Erkenntnisse eröffnen neue, die Risikofaktoren verringernde therapeutische Ansätze für eine örtliche Blockade des sympathischen Nervensystems mittels "Radiofrequenz-Ablation".

Arterieller Bluthochdruck ist einer der führenden Risikofaktoren für Herz-Kreislauf bedingte Erkrankungen und Sterblichkeit. Eine nicht ausreichend behandelbare ("therapierefraktäre") arterielle Hypertonie liegt vor, wenn sich unter einer Therapie mit drei Blutdruck-senkenden Substanzklassen keine ausreichende Blutdrucksenkung (Blutdruck unter 140/90 mmHg sowie unter 130/90 mmHg bei Diabetikern) erzielen lässt.

21 Patienten wurden im Universitätsklinikum des Saarlandes von einem Team um Dr. Felix Mahfoud einer Blockade des Sympathikus-Nervs im Nierenbereich unterzogen und vor sowie drei und sechs Monate nach der Intervention untersucht. Vor dem Eingriff lag der Blutdruck im Mittel bei 181/96. Drei Monate nach der Intervention konnte eine deutliche Reduktion des systolischen um durchschnittlich minus 40 mmHg (Millimeter Quecksilbersäule) und des diastolischen Blutdruckes um minus 12 mmHg bei gleichbleibender medikamentöser Therapie erzielt werden. Der blutdrucksenkende Effekt blieb auch nach sechs Monaten erhalten. Ebenso konnte eine Abnahme der Nüchternzuckerwerte von durchschnittlich 121 mg/dl auf 99 mg/dl nach sechs Monaten gezeigt werden, auch die Insulinkonzentration verminderte sich.


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Neue Ballonkatheter mit Medikamentenbeschichtung verhindern Wiederverengung von Herz- und Beingefäßen

Mannheim, Freitag 9. April 2010 - Die in Deutschland entwickelte neuartige Behandlungsmethode der Medikamenten-beschichteten Ballonkatheter ("Drug Eluting Balloon" - DEB) verhindert wirkungsvoll die Wiederverengung von gedehnten Gefäßen. Das berichtete heute einer der Entwickler des neuen Therapiekonzepts, Prof. Dr. Bruno Scheller, auf der 76. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung (DGK) in Mannheim, an der von Donnerstag bis Samstag 7000 Experten aus 25 Ländern teilnehmen.

Weniger Wiederverengungen - weniger neuerliche Eingriffe

Verengte Herzkranzgefäße, wie sie die Koronare Herzkrankheit (KHK) charakterisieren, werden mit Ballonkathetern erweitert, dann werden flexible Metallröhrchen (Stens) eingesetzt. Diese können mit Medikamenten beschichtet sein, um einen Wiederverschluss zu verhindern. Durch die kontinuierliche Wirkstoff-Freisetzung verzögert sich allerdings auch die Heilung der Gefäße. "Die Entwicklung des DEB beruht auf der überraschenden Entdeckung, dass keine lang anhaltende Arzneimittelfreisetzung nötig ist, um eine Wiederverengung eines Gefäßes langfristig zu verhindern", so Prof. Scheller.

Wirksam auch an den Beinarterien

Die Wirksamkeit des neuartigen beschichteten Ballonkatheters habe sich in mehreren Studien gezeigt: "DEB haben einen Vorteil bei der Behandlung von wiederverengten Stents am Herzen im Vergleich zu konventionellen Ballonkathetern und zu beschichteten Stents. Aber auch für Patienten mit Gefäßverengungen am Bein zeigte sich im Vergleich zur konventionellen Ballondilatation eine deutliche Verminderung der Wiederverengungshäufigkeit und erneuter Eingriffe." Bei Verengungen der Beingefäße haben sich Medikamenten-beschichtete Stents ("Drug Eluting Stents", DES) bislang als nicht wirksam erwiesen.

DEB verhindert zusätzliche Stents, noch kein Ersatz für Medikamenten-Stents

"Einer der Vorteile des DEB-Konzepts liegt darin, dass für die Medikamentenabgabe im Gefäß kein Stent erforderlich ist. So konnte in den bisherigen Studien durch den Einsatz des DEB die Implantation eines zusätzlichen Stens auch meist verhindert werden", so Prof. Scheller. Jetzt hat die europaweit durchgeführte PEPCAD-III-Studie erstmals ein DEB-System, kombiniert mit einem unbeschichteten Stent, direkt mit einem Medikamenten-beschichteten Stent untersucht. Dabei erreichte das System aus unbeschichtetem Stent und DEB "nicht die hervorragenden Ergebnisse des Sirolismus-beschichteten DES", wie Prof. Scheller berichtet. "Allerdings liegen die Ergebnisse dieser ersten DEB-Stentkombination in der Größenordnung von Paclitaxel und Zotarolimus beschichteten Stents." Der Ansatz sei nach wie vor vielversprechend, aber es bestehen noch Verbesserungsmöglichkeiten. Prof. Scheller: "Bis dahin liegt der Schwerpunkt der klinischen Anwendung des DEB weiter in der Vermeidung von Stents, sie stellen aber derzeit keinen direkten Ersatz für DES dar."


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Überlebensvorteil für Defi-Träger nach dem Herzinfarkt - Sofortige Implantation bringt keinen Nutzen

Mannheim, Freitag 9. April 2010 - Herzinfarkt-Patienten, die elf Monate oder später nach dem Infarkt einen implantierbaren Defibrillator eingesetzt bekommen, haben einen deutlichen Überlebensvorteil gegenüber ihren Leidensgenossen ohne Defi. Das gilt nicht für eine Implantation zwischen ein und drei Monaten nach dem Infarkt. Das berichtete heute Prof. Dr. Michael Block (Klinikum Augustinum, München) auf der 76. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung (DGK). Von Donnerstag bis Samstag diskutieren 7.000 Experten aus 25 Ländern in Mannheim aktuelle Trends aus allen Bereichen der Kardiologie.

80.000 Todesfälle gehen auf gefährliches Herzrasen zurück

Rund 23.000 Patienten werden jährlich in Deutschland mit einem implantierbaren Cardioverter Defibrillator (ICD) versorgt, der ähnlich wie ein Schrittmacher subkutan unterhalb des linken Schlüsselbeins implantiert wird. Das Gerät erkennt automatisch lebensbedrohliches Herzrasen und reagiert darauf mit rettenden Stromstößen. Fast 80.000 Menschen sterben in Deutschland jährlich an lebensbedrohlichem Herzrasen, besonders gefährdet sind Patienten im akuten Herzinfarkt und solche, die den Infarkt überleben, aber deren Herzmuskel deutlich geschädigt bleibt.

Datenanalyse in Rehabkliniken

Im Rahmen des PreSCD-II-Registers analysierten Experten jetzt die Daten von mehr als 10.000 Patienten in 19 kardiovaskulären Rehabilitationskliniken hinsichtlich der Therapie und ihres Überlebens nach Herzinfarkt. "Während die medikamentöse Versorgung in weit über 90 Prozent entsprechend den Leitlinien erfolgte, erhielten nur 22 Prozent der Patienten mit hochgradig eingeschränkter Pumpfunktion innerhalb von vier Monaten einen ICD, und weitere zehn Prozent im weiteren Verlauf", referiert Prof. Block wichtige Ergebnisse. "Dies resultiert wohl auch aus dem Problem, dass der optimale Zeitpunkt für die ICD-Implantation nach dem Herzinfarkt nicht geklärt war." Jetzt liefert die Analyse der Registerdaten den wichtigen Anhaltspunkt, dass eine frühe ICD-Implantation nicht günstig ist, eine spätere aber deutlichen Überlebens-Nutzen bringt. Prof. Block: "Somit sollte die Entscheidung zur Implantation eines ICD nach Herzinfarkt in der Regel deutlich später als vier Wochen nach Herzinfarkt erfolgen, aber spätestens nach drei und zwölf Monaten sollte neuerlich evaluiert werden, ob im individuellen Fall eine Defi-Implantation erforderlich ist."


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Deutsche Studie
- Wie Hausärzte künftig Herzschwäche sicher erkennen können
- Erstdiagnostik verbessern heißt Leben verlängern

Mannheim, Freitag 9. April 2010 - Eine einfache Untersuchung von Patienten mit Verdacht auf Herzschwäche (Herzinsuffizienz, HI) in der Hausarztpraxis kann wichtige Hinweise darauf geben, wie weiter vorgegangen werden soll. Die Bestimmung des Biomarkers BNP (B-Typ-natriuretisches Peptid) mittels Schnelltest und eine Herz-Ultraschall-Untersuchung ("Echokardiografie") mit einem etwa Laptop-großen Gerät bereits durch den Hausarzt "erscheinen geeignet, unter nicht-diagnostizierten Patienten diejenigen zu identifizieren, bei denen eine weitere Diagnostik erforderlich ist." Dieses Ergebnis einer Studie (Handheld-BNP Screening Studie) mit 922 eingeschlossenen Patienten berichtet Prof. Dr. Christiane Angermann (Universitätsklinikum Würzburg, Medizinische Klinik und Poliklinik I) auf der 76. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK). Prof. Angemann: "Die Untersuchung von BNP und Echo in der Hausarzt-Praxis verbessern die Genauigkeit ("Spezifität") der HI-Diagnostik und sind prognostisch höchst aussagekräftig. Das ist auch deshalb bedeutsam, weil Hausärzte oft der erste Kontakt von Patienten sind."

Von Donnerstag, 8. April 2010, bis Samstag, 10. April 2010, werden in Mannheim rund 7000 aktive Teilnehmer aus 25 Ländern erwartet.

Der Hintergrund: Typisch für eine HI können geschwollene Beine, Atemnot, Herzklopfen und schnelle Erschöpfung bei körperlicher Belastung und dazu häufiger nächtlicher Harndrang sein. In Deutschland leiden etwa drei Millionen Menschen an Herzinsuffizienz, etwa ebenso viele haben eine Pumpstörung des Herzmuskels, sind aber beschwerdefrei und wissen oft nicht einmal, dass sie herzkrank sind. Außerdem können Atemnot und geschwollene Beine auch andere Ursachen wie Lungenleiden oder Krampfadern haben. Prof. Angermann: "Je eher eine Herzschwäche oder Pumpstörung entdeckt und nach Leitlinien behandelt wird, umso wirkungsvoller lässt sich verhindern, dass sich das Krankheitsbild verschlechtert und die Lebenserwartung verkürzt."

Mehrere internationale Studien zeigen, dass die Diagnose HI erhebliche Probleme bereiten kann. In diesen Untersuchungen gelang es Hausärzten jeweils nur in der Hälfte aller Fälle, eine Pumpschwäche des Herzens korrekt zu erkennen oder auszuschließen. Dies gelingt ausreichend sicher nur mit speziellen Untersuchungsmethoden wie der Echokardiographie oder speziellen Blutuntersuchungen. In den vergangenen Jahren wurden relativ preiswert kleine Echokardiografie-Geräte von der Größe eines Laptops, sowie tragbare "Point-of-Care"-Schnelltests für den Biomarker BNP entwickelt.


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Neue Studie
Nicht alle Herzinfarkt-Patienten müssen sofort ins Katheter-Labor

Mannheim, Freitag 9. April 2010 - Bei Patienten mit einem Nicht-ST-Streckenhebungsinfarkt (NSTEMI) - also einem nicht im EKG erkennbaren Herzinfarkt - bietet ein sofortiges invasives Vorgehen mit Herzkatheter-Untersuchung keinen Vorteil im Vergleich zu einer Untersuchung innerhalb von Zwölf bis 48 Stunden oder einer selektiven Entscheidung für das invasive Verfahren. Das berichteten heute Experten auf der 76. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung (DGK) in Mannheim, an der von Donnerstag bis Samstag 7.000 Experten aus 25 Ländern teilnehmen. "Für den klinischen Alltag hat das wichtige Konsequenzen, da es basierend auf diesen Daten möglich ist, Patienten mit NSTEMI während des Tages, im Rahmen der klinischen Routine, zu untersuchen", sagt Prof. Dr. Holger Thiele (Herzzentrum, Universität Leipzig).

Deutsche Studie untersucht optimalen Zeitpunkt für Herzkatheter-Untersuchung

Im Gegensatz zu Patienten mit einem ST-Streckenhebungs-Infarkt (STEMI), bei denen möglichst schnell eine Wiedereröffnung des Herzkranzgefäßes mittels Ballonaufdehnung anzustreben ist, ist der optimale Zeitpunkt für eine Herzkatheter-Untersuchung mit nachfolgender Ballonaufdehnung für Patienten mit NSTEMI, die zum Zeitpunkt der Krankenhausaufnahme keine Beschwerden mehr haben, nicht klar.

Im Rahmen einer groß angelegten Studie an sechs deutschen Kliniken (LIPSIA-NSTEMI-Studie) sollte für diese Patientengruppe der optimale Zeitpunkt für eine invasiver Herzkatheter-Untersuchung ermittelt werden. In einer Behandlungsgruppe wurden die Teilnehmer durchschnittlich innerhalb von 66 Minuten im Katheterlabor untersucht, in den beiden anderen Gruppen waren es durchschnittlich 17 Stunden 55 Minuten beziehungsweise 18 Stunden 10 Minuten. "Hinsichtlich der Häufigkeit von Todesfällen, neuerlichem Infarkt oder neuerlicher Aufnahme ins Krankenhaus gab es innerhalb von sechs Monaten keine Unterschiede zwischen den drei Behandlungsgruppen", fasst Prof. Thiele das zentrale Ergebnis zusammen.

Raute

Kontakt:
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK)
Prof. Dr. Eckart Fleck, Berlin (Pressesprecher der DGK)
Christiane Limberg, Düsseldorf (Pressereferentin der DGK)
Tel.: 0211/600 692 - 61; Fax: 0211/600 692 - 67
E-Mail: limberg@dgk.org

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit heute mehr als 7000 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nauheim gegründet, ist die DGK die älteste kardiologische Gesellschaft in Europa.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.dgk.org


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Christiane Limberg
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. April 2010