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SCHLAGANFALL/182: Risikofaktoren für Schlaganfall ausschalten (DGK)


Deutsches Grünes Kreuz - 8. Juli 2010

Risikofaktoren für Schlaganfall ausschalten


Er ist so gefürchtet wie häufig: der Schlaganfall. Verschiedene Risikofaktoren kann man selbst beeinflussen, verringern und sogar beseitigen. Wenig bekannt ist, das hierzu auch die Kontrolle des Homocystein-Wertes gehört.


(Marburg, Juli 2010) In Deutschland erleiden circa 200.000 Menschen pro Jahr einen Schlaganfall; rund 65.000 sterben an den Folgen. Schlaganfall ist damit nach Krebs- und Herzerkrankungen die dritthäufigste Todesursache in Deutschland.

Oft bleiben nach einem Schlaganfall lebenslange Schäden (Lähmungen, Sprachstörungen etc.). Das Schlaganfallrisiko steigt mit zunehmendem Alter, doch auch junge Menschen und Kinder sind betroffen. Die Gründe sind vielfältig: Arterienverkalkung, Gefäßmissbildungen oder auch Herzfehler können zu einem Schlaganfall führen.

Um das Schlaganfallrisiko zu vermindern, sollte man ein normales Körpergewicht halten, für ausreichende Bewegung sorgen, nicht rauchen und sich mit viel frischem Obst und Gemüse sowie wenig Fett und Zucker ernähren. Der Blutdruck sollte im Normbereich gehalten werden. Empfehlenswert ist zudem eine regelmäßige Kontrolle der Blutfettwerte (Cholesterin).

Schlaganfall und Homocystein

Auch einen weiteren Wert gilt es zu beachten: den des Homocysteins. Es handelt sich dabei um eine Aminosäure, die bei jedem Menschen als normales Zwischenprodukt im Stoffwechsel entsteht, doch in hoher Konzentration als hochpotentes Zellgift wirkt. Wenn im Blut zu viel davon zirkuliert, steigt das Risiko für einen Schlaganfall.

Denn ein Übermaß an Homocystein kann bewirken, dass sich die Arterien (Schlagadern) verengen und ihre Gefäßwände verhärten. Die Folge: Der Blutfluss wird behindert. Zudem lässt zu viel Homocystein das Blut leichter verklumpen was die Blutversorgung in manchen Organen, und auch im Gehirn, ganz zum Erliegen bringen kann (Thrombose). Ein erhöhter Homocysteinspiegel fördert also auf lange Sicht eine Arteriosklerose (Arterienverkalkung) und erhöht das Schlaganfallrisiko.

Normalerweise wird Homocystein im Körper schnell ab- oder umgebaut und so unschädlich gemacht. Hierbei spielen drei B-Vitamine eine wichtige Rolle: Folsäure (Vitamin B9), Vitamin B12 und Vitamin B6. Funktioniert die Versorgung mit diesen Vitaminen nicht optimal, steigt der Homocystein-Spiegel im Blut.

Gegensteuern ist möglich

Bei erhöhten Homocysteinwerten feststellbar mittels einer Blutuntersuchung sollte also gegengesteuert werden. Ist der Spiegel erhöht, hilft die Einnahme von Folsäure, Vitamin B6 und B12, Homocystein abzubauen. So kann dieser Risikofaktor für einen Schlaganfall eingedämmt werden.

Wie Studien ergaben, ist die Kombination der drei Vitamine am wirksamsten. Ebenfalls ist ihre Dosierung und Zusammensetzung wichtig. Die Vitamingabe, ggf. in Form eines Arzneimittels, sollte deshalb einer ärztlichen Empfehlung folgen.


Quellen / Studien:

Der Zusammenhang zwischen einem Mangel an B-Vitaminen und einem Schlaganfallrisiko ist schon seit längerem bekannt. So zeigte beispielsweise 1999 eine niederländische Untersuchung bei Kindern, die einen Schlaganfall erlitten haben, dass diese deutlich häufiger eine Störung im Homocysteinstoffwechsel und erhöhte Werte aufwiesen als eine gesunde Kontrollgruppe.

2007 belegte eine Studie des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung, dass niedrige Vitamin-B-Plasmaspiegel in Kombination mit Folsäure-Mangel das Risiko für zerebrale Ischämie (Schlaganfall) erhöhen. Die Untersuchung an 967 Personen zeigte, dass die Probanden, die schlechter mit Folsäure und Vitamin B12 versorgt waren, ein mehr als doppelt so hohes Risiko für einen Schlaganfall hatten als diejenigen, bei denen man hohe Folsäure- und B12-Werte gemessen hatte. Eine Unterversorgung mit Vitamin B12 und Folsäure ist nach Ansicht der Forscher ein entscheidender Risikofaktor für Schlaganfälle und zerebrale Durchblutungsstörungen .

Ebenfalls 2007 untersuchten US-Wissenschaftler in einer Metaanalyse acht Behandlungsstudien mit B-Vitaminen (Folsäure und andere B-Vitamine) im Hinblick auf die Veränderung des Schlaganfallrisikos. Insgesamt umfasste die Analyse 16.841 Patienten. Ergebnis: Die Behandlung mit Folsäure senkte das Risiko für Schlaganfall signifikant, wobei sich eine deutliche Abnahme der Schlaganfälle erst bei einer Behandlungsdauer von über drei Jahren ergab (das Schlaganfallrisiko war dann sogar um 29 Prozent reduziert).

Wie wirksam eine entsprechende Vitamingabe in der Praxis sein kann, belegen Zahlen aus den USA und Kanada: Nachdem 1998 dort Getreideprodukte landesweit mit Folsäure als Vorbeugung vor Neuralrohrdefekten (Fehlbildungen in der frühembryonalen Entwicklung, die Gehirn und Rückenmarkt beeinträchtigen) angereichert wurden, trat quasi als erfreulicher Nebeneffekt eine deutlich Reduzierung von Schlaganfällen auf. Seitdem werden in den USA jährlich etwa 13.000 Schlaganfalltote weniger registriert. Experten sehen darin auch einen kausalen Zusammenhang zur Verminderung der Homocysteinspiegel.

van Beynum IM, Smeitink JA, den Heijer M, te Poele Pothoff MT, Blom HJ.
Hyperhomocysteinemia: a risk factor for ischemic stroke in children.
Circulation. 1999 Apr 27;99(16):2070-2.

Weikert C, Dierkes J, Hoffmann K, Berger K, Drogan D, Klipstein-Grobusch K, Spranger J, Möhlig M, Luley C, Boeing H (2007):
B vitamin plasma levels and the risk of ischemic stroke and transient ischemic attack in a German cohort.
Stroke 38(11):2912-8.

Wang, X., Qin, X., Demirtas, H., et al.:
Efficacy of folic acid supplementation in stroke prevention: a meta-analysis.
Lancet 369 (2007), 1876-1882.

W. Herrmann, R. Obeid, K. Faßbender,
Abnahme des Schlaganfallrisikos durch Folsäure - Neue Bewertung des Nutzens einer Homocysteinsenkung mit B-Vitaminen,
MMW-Fortschritte der Medizin Originalien Nr. IV/2008 (150. Jg.), S. 1-6.

Uwe Till, Homocystein-assoziierte Erkrankungen Prävention und Therapie,
1. Auflage, Bremen, UNI-MED, 2008.


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Quelle:
Deutsches Grünes Kreuz
Pressemitteilung vom 8.7.2010
im Kilian, Schuhmarkt 4, 35037 Marburg
Telefon: 06421/29 3-0, Fax: 06421/229 10
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juli 2010