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FORSCHUNG/1009: Pilze aus dem Meer enthalten vielversprechende Wirkstoffe gegen Krebs (Uni Kiel)


Christian-Albrechts-Universität zu Kiel - 28. Oktober 2015

Pilze aus dem Meer enthalten vielversprechende Wirkstoffe gegen Krebs

Kieler Forschungsteam identifiziert Pilz-Gene, die krebshemmende Wirkstoffe ausbilden können


Der Ozean ist bis heute einer der am wenigsten erforschten Lebensräume unseres Planeten. Forschende vermuten ein riesiges Erkenntnispotenzial in den Meeren und suchen dort deshalb auch nach neuartigen Wirkstoffen zur Krankheitsbekämpfung. Im EU-Projekt "Marine Fungi" haben internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter Beteiligung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel nun systematisch nach solchen Stoffen speziell in Pilzen aus dem Meer gesucht. Ein besonders vielversprechendes Ergebnis ist die Identifizierung der Gene eines solchen Pilzes, die für die Bildung von zwei krebshemmenden Stoffen, sogenannten zyklischen Peptiden, verantwortlich sind. Ein Forschungsteam um Professor Frank Kempken, Leiter der Abteilung für Botanische Genetik und Molekularbiologie an der CAU, veröffentlichte die neuartigen Erkenntnisse nun in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins PLOS Biology.

Bei dem untersuchten Pilz handelt es sich um einen Stamm von Scopulariopsis brevicaulis, der aus einem im Mittelmeer vorkommenden Schwamm isoliert wurde. Frühere Forschungsarbeiten zeigten, dass der Pilz die zyklischen Peptide Scopularides A und B bilden kann, die das Wachstum von Bauchspeicheldrüsen- und Darmkrebszellen hemmen können. Zyklische Peptide stehen schon seit Langem im Mittelpunkt der Suche nach medizinischen Wirkstoffen. Eine ganze Reihe dieser unter anderem von Bakterien und Pilzen gebildeten Proteine haben sich bereits in verschiedenen Rollen in der Humantherapie bewährt. So gehören auch bestimmte Antibiotika wie zum Beispiel Penicilline zu dieser Gruppe. Unbekannt war bislang, welche Gene des Pilzes für die Bildung der krebshemmenden Wirkstoffe verantwortlich sind. Den Kieler Forschenden gelang es nun mittels Genomanalysen unter den rund 16.000 infrage kommenden Genen des Pilzes NRPS 1 und PKS 2 zu identifizieren: Dieses Gen-Paar bildet Scopularides A und B aus. Damit wird es nun möglich, die Peptide synthetisch herzustellen und im Hinblick auf eine optimale Wirksamkeit zu verändern. "Pilze sind je nach äußeren Bedingungen in der Lage eine große Bandbreite verschiedener Stoffe zu produzieren. Die Herausforderung für uns besteht darin, die passenden Umstände zur Bildung eines möglichen Wirkstoffes und die daran beteiligten Gene zu erkennen. Mit der Identifizierung des genetischen Ursprungs der potenziell gegen Krebs wirksamen Peptide ist uns das in diesem Fall gelungen", beurteilt Kempken den Stellenwert der nun vorliegenden Forschungsergebnisse.

Die untersuchten Pilzkulturen erhielten die Forscherinnen und Forscher aus dem Bestand des ehemaligen Kieler Wirkstoff-Zentrums am GEOMAR (KiWiZ, jetzt GEOMAR-Biotech), das sich ebenfalls mit der Suche nach marinen Wirkstoffen befasst. Professor Johannes F. Imhoff stieß dort bei einer Mikrobiomanalyse des Schwammes Tethya aurantium auf den Pilz. Der Schwamm scheint dabei in seinem Innern eine Umgebung bereit zu stellen, die dem Pilz das Überleben im marinen Milieu ermöglicht.

Das Forschungsteam um Kempken sequenzierte daraufhin das Genom von Scopulariopsis brevicaulis mit Hilfe von drei verschiedenen Methoden. "Bei der Identifizierung der Gene kam uns zur Hilfe, dass Pilze sogenannte Gen-Cluster bilden. Gene, die eine gemeinsame Funktion haben, liegen bei diesen Organismen auch räumlich nebeneinander" sagt Dr. Abhishek Kumar, ehemaliger Postdoktorand in der Abteilung für Botanische Genetik und Molekularbiologie der CAU und aktuell Wissenschaftler am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. Die aus dem marinen Pilz gewonnenen Wirkstoffe konnten in einer Zellkultur das Wachstum bestimmter Bauchspeicheldrüsen- und Darmkrebszellen hemmen. Weitere intensive Forschungsarbeiten sind jedoch noch notwendig, um herauszufinden, ob sich die Substanzen für die Humantherapie eignen.

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Quelle:
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Presseinformation Nr. 287/2015 vom 28.10.2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Oktober 2015

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