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THERAPIE/299: Mit therapeutischer Hilfe zurück in den Beruf (Thieme)


Thieme Verlag / FZMedNews - Mittwoch, 28. Oktober 2009

Mit therapeutischer Hilfe zurück in den Beruf


fzm - In der Arbeitswelt Fuß zu fassen, ist selbst für Gesunde nicht immer einfach; für viele Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen ist der Sprung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt aus eigener Kraft gar nicht zu bewältigen. Ein berufliches Training in einem der fünfzehn in Deutschland ansässigen Beruflichen Trainingszentren (BTZ) kann den Betroffenen den (Wieder-) Einstieg in den Beruf erleichtern. Am Beispiel des BTZ in Köln schildert die Ergotherapeutin Annett Schellenberg in der Fachzeitschrift "ergopraxis" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2009), wie ein solches Training aufgebaut sein kann.

Die Teilnehmer durchlaufen am BTZ Köln mehrere sogenannte Module, in deren Verlauf sie schrittweise in den Berufsalltag zurückgeführt werden. "Wir bieten fünf Trainingsbereiche an", erläutert Annett Schellenberg, die am BTZ Köln als Arbeitspädagogin tätig ist. "Je nach seiner beruflichen Qualifikation ist jeder Rehabilitand für einen dieser Bereiche besonders geeignet." Während der ersten, als Modul A bezeichneten Trainingsphase kommen die Teilnehmer täglich ins BTZ und erleben anhand praxisnaher Abläufe und Aufträge wieder einen geregelten Arbeitsalltag. Je nach Trainingsbereich kann es sich bei den Aufträgen um Schreibarbeiten, Bestellungen für die Bibliothek oder Arbeiten in der Kantine handeln.

Das wichtigste Ziel hierbei ist nicht der Erwerb fachlicher Kompetenzen, sondern das Training der Grundarbeitsfähigkeit - denn gerade psychische Probleme machen sich oft durch eine geringe Belastbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten oder Unsicherheiten im sozialen Miteinander bemerkbar. "Die Teilnehmer trainieren im Modul A ihre sozio-emotionalen Kompetenzen ebenso wie ihre Konzentration und ihr Zeitmanagement", sagt Annett Schellenberg. In dieser Phase werden die Rehabilitanden eng von ihrem Arbeitspädagogen begleitet, der eine Doppelrolle als Vorgesetzter und Reflexionspartner einnimmt. In wöchentlichen Gesprächen wird der individuelle berufliche Werdegang beleuchtet, und die Arbeitspädagogen helfen, Entlastungs- und Kommunikationsstrategien zu entwickeln.

Wer etwa dazu neigt, sich zu viel vorzunehmen und einen inneren Leistungsdruck aufzubauen, kann lernen, sich gezielt zu entlasten. Dazu zählt es zunächst, sich realistische Ziele zu setzen, aber auch die Arbeit so zu organisieren, dass Pausenzeiten eingehalten werden können. Außerdem ist es hilfreich, Rücksicht auf eine eventuell schlechte Tagesform zu nehmen und an solchen Tagen nach Möglichkeit auf weniger anspruchsvolle Routinetätigkeiten zurückzugreifen.

Die wöchentlichen Gespräche im BTZ ziehen sich auch durch Modul B weiter, das für die Teilnehmer in externen Betrieben stattfindet. Unterstützt von den Mitarbeitern des BTZ suchen sich die Teilnehmer Praktika in fachlich geeigneten Betrieben und versuchen, die erarbeiteten Strategien unter reellen Arbeitsbedingungen anzuwenden. Wenn dieser Transfer gut gelingt, schließt sich Modul C an, die Bewerbungsphase. In dieser Zeit wird der Teilnehmer intensiv bei der Stellensuche begleitet. Dabei hat sich eine Kombination aus individueller Begleitung und betrieblichen Einsätzen bewährt. "Im Idealfall mündet das letzte Praktikum in eine Festanstellung", betont Annett Schellenberg.

Dass das BTZ erfolgreich arbeitet, untermauert die Arbeitspädagogin mit Zahlen: Im Jahr 2007 etwa haben 123 Teilnehmer alle drei Module des Trainings durchlaufen; von ihnen fanden 72,2 Prozent anschließend eine Festanstellung. Und dieser Erfolg ist offenbar nicht nur von kurzer Dauer. Wie Evaluationen zur Erwerbstätigkeit ehemaliger Teilnehmer ein Jahr nach Trainingsende zeigen, haben die meisten auch langfristig wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß gefasst.

A. Schellenberg:
In einen neuen Job begleiten.
ergopraxis 2009; 2 (9): S. 32-34


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Quelle:
FZMedNews - Mittwoch, 28. Oktober 2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. November 2009