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PFLEGE/793: Telemedizinisches Pilotprojekt in Dithmarscher Seniorenheimen gestartet (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 10/2019

Telemedizin
Seniorenheime setzen auf Fernvisite

von Dirk Schnack


Telemedizinisches Pilotprojekt startet in Dithmarschen. Eingeschränkt mobile Bewohner von Pflegeheimen können Wege sparen. Ziel ist Ausdehnung auf das ganze Bundesland.


Bewohner von Pflegeheimen in Dithmarschen können seit vergangenen Monat telemedizinisch betreut werden und damit Wege in die Praxen oder in die Klinik vermeiden. Beim Projekt Telemed.Netz SH sind drei Pflegeheime telemedizinisch mit niedergelassenen Ärzten des Medizinischen Qualitätsnetzes Westküste (MQW), der Notaufnahme des Westküstenklinikums (WKK) in Heide und dem ife Telearztzentrum im Kreis Plön verbunden.

Finanziert wird das Projekt durch das Land mit 500.000 Euro aus dem von der Landesregierung eingerichteten Versorgungssicherungsfonds. Landesgesundheitsminister Dr. rer. pol. Heiner Garg bescheinigte dem Projekt bei der Vorstellung im DRK Seniorenheim in Burg in Dithmarschen auch wegen des sektorenübergreifenden Ansatzes Vorbildcharakter. "Wir setzen damit um, was in Fachkreisen häufig nur diskutiert wird", sagte Garg. Er sieht durch das Projekt Menschen "entlastet, ohne sie zu ersetzen".

Initiator des Projektes ist Dr. Thomas Schang. Der Chirurg ist neben seinen Aufgaben als Vorsitzender der Agentur Deutscher Arztnetze (ADA) und als Vorstandsmitglied der Ärztekammer Schleswig-Holstein hauptberuflich medizinischer Leiter des Telearztzentrums der ife Gesundheits GmbH, das zusammen mit der Notaufnahme des WKK in Heide rund um die Uhr für die Patienten in Seniorenheimen in den Orten Burg, Brunsbüttel und Büsum zur Verfügung steht. Die drei Einrichtungen haben jeweils rund 100 Betten. "Unser Ziel ist es, diese Vernetzung in die Regelversorgung zu bekommen", sagte Schang zum Projektstart.

Die eingeschränkt mobilen Patienten können über ihre Pflegekräfte auch zu niedergelassenen Ärzten telemedizinischen Kontakt aufnehmen. Auf hausärztlicher Seite sind jeweils eine Gemeinschaftspraxis in Burg und Brunsbüttel sowie das Ärztezentrum Büsum beteiligt, auf fachärztlicher Seite eine pneumologische ortsübergreifende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) mit Standorten in Schleswig, Rendsburg und Heide sowie eine internistische BAG in Brunsbüttel. Der MQW-Vorsitzende Burkhard Sawade kann sich vorstellen, dass weitere Praxen hinzukommen. "Jeder kann mit jedem kommunizieren und Daten austauschen. Das erspart Patienten und Ärzten Wege", sagte Sawade in Burg.

Mit dem vom Kieler Institut für Allgemeinmedizin evaluierten Projekt zielen die Beteiligten auf zwei Bereiche:

• Die Notaufnahmen der Kliniken. Bevor ein Heimpatient dort auf Verdacht eingeliefert wird, weil das Personal bei Beschwerden von Patienten unsicher ist, kann nun eine Vorabeinschätzung eines Telearztes einholt werden. WKK-Geschäftsführer Dr. Martin Blümke erwartet, dass über diesen Weg Klinikeinweisungen vermieden werden.

• Die ambulante Versorgung. Hier können Personal und Patienten Wege in die Praxis oder der Hausarzt den Weg in die Einrichtung vermeiden, wenn per Videoschaltung Beschwerden abgeklärt werden.

Die dafür erforderliche Technik ist nicht neu, sondern wird seit Jahren von Schiffsärzten genutzt, um medizinische Expertise von Kollegen an Land zu nutzen. "Neu ist nur, dass wir sie nach der Berufsrechtsänderung auch an Land einsetzen dürfen", sagte Schang. Möglich sind neben Videobild und Textchat u. a. Blutdruck- und Pulsmessung, EKG, Spirometrie und Otoskopie. Alle Mitarbeiter der beteiligten Heime werden ärztlich geschult, die Technik zu bedienen. Die mobilen Geräte können für die Verbindung mit den Ärzten in die Patientenzimmer gebracht werden. Auf dem Laptop oder dem Praxisrechner des Arztes erscheinen neben den Bildern die Telemetriebefunde und -daten und die in der Sitzung erstellten Dateien. Alle beteiligten Ärzte stellen sicher, dass die Kontaktaufnahme durch die Heime zeitnah erfolgreich ist. Neben der EBM-Vergütung erhalten sie für die Teilnahme eine Pauschale. Die EBM-Vergütung bezeichnete Sawade als nicht ausreichend.

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Info

5 Haus- und Facharztpraxen, die Notaufnahme des Westküstenklinikums Heide und das Telearztzentrum ife im Kreis Plön stellen die ärztlichen Ansprechpartner beim Telemedizinprojekt Telemed.Netz SH. Es ermöglicht drei Pflegeheimen in Dithmarschen eine ärztliche Abklärung von gesundheitlichen Beschwerden ihrer Bewohner, ohne dass diese eingeschränkt mobilen Patienten den Weg in Klinik oder Praxis antreten müssen und ohne dass ein Arzt in die Einrichtungen kommen muss.
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Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 10/2019 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2019/201910/h19104a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
72. Jahrgang, Oktober 2019, Seite 14
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. November 2019

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