Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → SOZIALES

INITIATIVE/040: Medizinische Friedensarbeit (2) - Internetkursprojekt "Medical Peace Work" (IPPNWforum)


IPPNWforum | 119 | 09
Mitteilungen der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.

Internetkursprojekt "Medical Peace Work" geht in die 2. Phase

Von Dr. Klaus Melf


Medizinische Friedensarbeit steht für eine Konzeptualisierung und Akademisierung von gesundheitsberuflichem Friedensengagement. Konkret bedeutet das, dass Ärzte (oft IPPNW-Mitglieder) und andere Fachkräfte im Gesundheitswesen in verschiedenen Ländern daran arbeiten, medizinisches Friedensengagement zu definieren, die Methoden zu erforschen und zu hinterfragen, Erfahrungen und Wissen für alle zugänglich zu machen, und diese an Studenten weiterzugeben.


Namen, die im Grunde das Gleiche meinen und entsprechende Themen aufgreifen, sind unter anderem "Gesundheit und Menschenrechte", Friedensmedizin und schließlich ‹"Peace through Health" - ein Begriff, der an der McMaster Universität seinen Ursprung hat und im englischen Sprachraum weit verbreitet ist. Auch hinter dem Begriff "IPPNW Akademie" steckt eine ähnliche Idee: IPPNW-Themen wissenschaftlich aufzuarbeiten und sie an die Universitäten zu bringen. Dies ist nicht nur eine Frage von Nachwuchsarbeit, sondern auch von Effektivisierung und Professionalisierung.


Medical Peace Work (MPW) - ein europäisches Pilotprojekt

Im Zeitraum 2005-2008 hat ein Zusammenschluss europäischer Friedensorganisationen und Ausbildungsinstitutionen am MPW-Pilotprojekt gearbeitet. Dabei war die IPPNW Deutschland einer der elf Partner.

Das Projekt wurde mit Hilfe des europäischen Leonardo da Vinci Programms für berufliche Weiterbildung finanziert. Ergebnis ist ein frei zugänglicher Internetkurs für alle, die im Gesundheitswesen tätig sind, und eine Homepage mit vielfältigem Unterrichtsmaterial über medizinische Friedensarbeit.

Der MPW-Internetkurs stellt eine breite Einführung in verschiedenste Bereiche der medizinischen Friedensarbeit dar. Er deckt nicht nur klassische IPPNW-Themen ab, wie Abrüstungsarbeit und (Atom-) Kriegsvorbeugung, sondern auch Menschenrechte, strukturelle Gewalt, friedensfördernde Arbeit während und nach Kriegssituationen sowie Gewaltvorbeugung auf zwischenmenschlichem und persönlichem Niveau.

Folgende sieben Module wurden in der Pilotphase entwickelt:

1. Peace, conflict and health professionals
2. Medicine, health and human rights
3. War, weapons and strategies of violent conflict
4. Structural violence and the underlying causes of violent conflict
5. Peace-health interventions in armed conflict
6. Refugee and migration challenges
7. Inter-personal and self-directed violence

Der MPW-Internetkurs besteht aus einem ca. 500 Seiten umfassenden Textbuch mit 21 Kapiteln, ca. 300 Multiple-Choice Fragen und 19 Übungen mit Fallbeispielen, in denen schwierige Situationen mit Hilfe von Bildern und Filmen beschrieben werden. Für den gesamten Kurs sollte man mit einem Zeitaufwand von 60 Stunden rechnen. Wer alle Kapitel bearbeitet und in den Tests genügend Punkte gesammelt hat, wird dafür am Ende mit einem Zertifikat belohnt.

Seit der Kurs im letzten Jahr ins Netz ging, haben bereits hunderte Studenten und Gesundheitsfachkräfte in den Kurs reingeschnuppert. Einige halten ihr Zertifikat schon in den Händen. Im Herbstsemester 2009 ist der Internetkurs außerdem Teil eines Wahlfaches für Studierende der Medizin (8. Semester) und der Gesundheits- und Sozialwissenschaften an der nördlichsten Universität der Welt, der Universität Tromsoe, Norwegen. Ergänzt wird der Internetkurs durch weitere Literatur, einer Woche Intensivunterricht und einem schriftlichen Examen. Für den kompletten Präsenzkurs werden 10 ECTS-Punkte auf Masterniveau vergeben.


Weiterentwicklung im neuen EU-Projekt MPW-2

Im Juli hat die EU im Rahmen des Leonardo da Vinci Programmes wieder Gelder für MPW genehmigt. In den nächsten zwei Jahren kann daher der Internetkurs und die Homepage weiterentwickelt werden. Insgesamt soll der Kurs an neue Zielgruppen angepasst, international bekannt gemacht, und in berufliche Weiterbildungssystemen für Ärzte und andere Gesundheitsberufler implementiert werden. Auch das MPW-2 Projekt wird wieder von Tromsoe aus koordiniert werden, und wird sowohl auf dem Kopenhagen-Kongress im Januar 2010, als auch auf dem IPPNW-Weltkongress in Basel im August 2010 präsent sein.


Der Online-Kurs und mehr Informationen auf der Homepage:
www.medicalpeacework.org
Der Präsenz-Kurs: http://phmw.wikidot.com


Dr. Klaus Melf war von 2005-2008 Projektleiter des MPW-Pilotprojektes. Er ist Kursleiter des Präsenz-Kurses 'Peace, Health and Medical Work' an der Universität Tromsoe, und arbeitet als stellvertretender Amtsarzt an der staatlichen Gesundheitsaufsicht in der Region Troms in Nord-Norwegen.
klaus.melf@fmtr.no


*


Quelle:
IPPNWforum | 119 | 09, Oktober 2009, S. 18
Herausgeber:
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland
Anschrift der Redaktion:
IPPNWforum
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Tel. 030/69 80 74-0, Fax: 030/69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de

IPPNWforum erscheint jeden zweiten Monat.
Preis 3,50 Euro je Exemplar. Der Bezugspreis für
Mitglieder ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Dezember 2009