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CD-TIP/055: Konstantin Weckers neue CD ist hochpolitisch und poetisch zugleich (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 20 vom 15. Mai 2015
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Konsequente Einmischung ohne Warum

von Markus Bernhardt


Er ist jemand, der sich unentwegt einmischt. Dem die Welt nicht gleichgültig ist. Der sich stets für Frieden, die Rechte sozial Deklassierter und gegen Nazis und Rassisten stark macht. Und dies in einer Zeit, in der Einmischung alles andere als alltäglich ist. Die Rede ist vom Liedermacher, Musiker, Komponisten, Autoren und Schauspieler Konstantin Wecker. Erst vor wenigen Tagen, anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung Deutschlands vom Faschismus, hat sich Wecker wieder einmal zu Wort gemeldet.

Wer am 8. Mai dieses Jahres nur rückwärts gerichtet die Unmenschlichkeiten des Dritten Reiches beklage, schwätze sich über alle Konsequenzen für heute hinweg, monierte er. "Auf der Tagesordnung stehen - als Faschismus-Prävention! - Entmachtung der Soziopathen in Wirtschaft und Politik, endlich wieder Sozialpolitik, die ihren Namen verdient, Schluss mit der brutalen Austeritätspolitik, die ganze Staaten in den Abgrund treibt, Reparationszahlungen, die wenigstens als Geste den Opfern von einst deren Würde zurückgibt, und wieder und wieder, Tag für Tag, auch in allen Erziehungsbereichen warmherzig praktizierte Humanität, die verhindert, dass erneut aus geschundenen Menschen Menschenschinder werden, wie sie das Dritte Reich kannte, wie sie die Weimarer Republik kannte und auch schon das Kaiserreich zuvor", fordert Wecker vielmehr.

"Wer das nicht begreift an einem 8. Mai, der hat gar nichts begriffen. Wer das an einem 8. Mai nicht ausspricht, der sollte gleich ganz den Mund halten." Wahres zu sagen habe der nicht, konstatiert der Liedermacher, dessen Statement mit den Forderungen "Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!" endet, weiter.

Erst im vergangenen März hat Wecker gemeinsam mit der Theologin Margot Käßmann das Buch "Entrüstet euch! Warum Pazifismus für uns das Gebot der Stunde bleibt. Texte zum Frieden" veröffentlicht. Im Juni erscheint außerdem seine neue CD mit dem Titel "Ohne Warum" bei Sturm & Klang.

In Zeiten, in denen eine übergroße Mehrheit der Menschen soziale Beziehungen bestenfalls noch mit ihrem Smartphone führt und ein "Miteinander" kaum mehr stattfindet, sind Weckers Lieder ein zutiefst humanistischer und zugleich hochpolitischer Genuss. Gleichgültigkeit und Ellenbogengesellschaft sind Weckers Sache jedenfalls nicht. Wortgewaltig, manchmal fast hilflos und verzweifelt wirkend und zugleich doch stets kämpferisch, prangert Wecker auf seiner neuen CD Kapitalismus, Neoliberalismus, Krieg, Massenüberwachung und den rassistischen Umgang mit Flüchtlingen an. Und dies wütender denn je. Wecker bleibt auch auf "Ohne Warum" keineswegs bei der Beschreibung der leidbringenden Verhältnisse stehen, sondern fordert nicht weniger als eine Revolution.

In einem eigenen Lied geißelt der Liedermacher auch die "Mordnacht von Kundus" und besingt damit das Massaker, welches sich 2009 im Kundus ereignete und für das der deutsche Oberst Georg Klein verantwortlich zeichnete, der für den Tod der bombardierten Zivilisten nicht einmal zur Rechenschaft gezogen wurde. Außerdem findet sich auf der CD eine neu getextete Fassung des alten Volksliedes "Die Gedanken sind frei".

Auch in die aktuellen Diskussionen bezüglich der politischen Ausrichtung der einst schlagkräftigen Friedensbewegung mischt sich Wecker ein. "Die Friedensbewegung muss eine klar antifaschistische und antikapitalistische Bewegung sein. Es gibt keine kapitalistische Friedensbewegung. Auch wenn manche Personenkreise aktuell versuchen, uns das einzureden. Eine wirkliche Friedensbewegung muss antikapitalistisch sein, weil Kapitalismus und Krieg zwei Seiten der gleichen Medaille sind", stellte er in einem jüngst veröffentlichten Interview mit der Musikzeitschrift "Melodie & Rhythmus" (M&R) klar.

Trotz aller politischer Statements finden sich auf "Ohne Warum" auch die gewohnt liebevollen und zärtlichen Lieder. Wecker spielt diese nicht gegen die Politischen aus. Vielmehr bringt er Politik und Emotionen zusammen. Seine Songs sind wie schon oft in der Vergangenheit hochpolitisch und poetisch zugleich. Sie sind ein Anruf an die Menschheit, endlich zur Besinnung zu kommen. Es bleibt zu hoffen, dass Wecker in Zeiten grenzenloser Vereinzelung und des Durchmarsches von Gewinnstreben und Neoliberalismus noch mehr Gehör bei den Menschen findet und diese mit seinem Wirken - zumindest ein Stück weit - zum Innehalten und infolgedessen auch zum Umdenken bewegen kann.

Konstantin Wecker: "Ohne Warum". Ab 19. Juni im Handel.
Weitere Informationen: www.wecker.de

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 47. Jahrgang, Nr. 20 vom 15. Mai 2015, Seite 11
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Mai 2015

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