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JUSTIZ/8266: Kriminalität und Rechtsprechung - 04.10.2019 (SB)


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Vermummungsverbot in Hongkong unter Notstandsgesetzgebung

Die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong hat unter Berufung auf ein Notstandsgesetz aus der britischen Kolonialzeit ein umgehend in Kraft getretenes Vermummungsverbot erlassen. Die gesetzgebende Kammer mußte dazu nicht befragt werden. Der auch in Deutschland bekannte Aktivist Joshua Wong äußerte über Twitter die Befürchtung, Hongkong könne sich zum Polizeistaat entwickeln. Bei den bereits über Monate gehenden Protestaktionen in der ehemaligen Kronkolonie gegen die aus Peking kontrollierte Verwaltung von Regierungschefin Carrie Lam tragen Demonstranten und Demonstrantinnen häufig Atemmasken, Gasmasken und andere Masken, um sich vor dem Tränengas der Ordnungskräfte sowie der Identifikation durch automatische Gesichtserkennungssysteme zu schützen. Ab diesem Samstag soll das nicht mehr zulässig sein. Das Vermummungsverbot gilt für Ansammlungen von fünf und mehr Personen. Bei Verstößen dagegen drohen Haftstrafen bis maximal ein Jahr. Lam erklärte der Presse am Freitag, das Notstandsgesetz ermögliche es den Behörden, Anordnungen im öffentlichen Interesse zu erlassen. Der nicht formell ausgerufene Notstand soll sich nicht auf die ganze Stadt erstrecken. Während des Notstands können allerdings Medien zensiert und Kommunikationsnetze abgeschaltet werden. Verhaftungen und Bestrafung, Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen wurden erleichtert. Das Parlament soll am 16. Oktober die Regierungsanordnung in ein Gesetz umsetzen.

Großbritannien hatte für seine Kolonie 1922 ein Gesetz für Notfälle und bei öffentlicher Gefahr erlassen, welches alsbald bei der Niederschlagung eines Streiks von Seeleuten zur Anwendung kam. 1967 wurde das Notstandsgesetz erneut aktiviert, um den Protest kommunistischer Kräfte gegen die Kolonialherrschaft zu unterdrücken.

4. Oktober 2019


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