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JUSTIZ/8468: Kriminalität und Rechtsprechung - 23.04.2020 (SB)


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Strafverfahren gegen zwei Syrer nach Weltrechtsprinzip

Vor dem Oberlandesgericht in Koblenz haben am Donnerstag Strafverfahren gegen zwei Syrer begonnen, denen die Generalbundesanwaltschaft Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorwirft. Der 57jährige Hauptangeklagte Anwar R. steht wegen 58fachen Mordes, Vergewaltigung und schwerer sexuelle Nötigung vor Gericht. An den Taten soll er nicht direkt beteiligt gewesen sein, aber er wird von der Anklage wegen seiner leitenden Funktion in einem Gefängnis von Damaskus in den Jahren 2011/12 als mitverantwortlich angesehen. Der frühere Ermittlungschef der syrischen Staatssicherheit hatte sich zu Beginn des Syrienkonflikts aus seinem Land abgesetzt und war mit seiner Familie 2014 nach Deutschland gekommen. Hier berichtete er dem Bundesnachrichtendienst ausführlich über den syrischen Geheimdienst. Das Berliner Außenamt hob seine aktive und sichtbare Rolle innerhalb der syrischen Opposition hervor. Im folgenden Jahr fühlte sich R. von syrischen Agenten observiert und bedroht. Er erstattete Anzeige gegen Unbekannt, wobei er die Polizei über seine frühere Tätigkeit informierte. Aufgrund dieser Angaben leitete die Bundesanwaltschaft ein Verfahren gegen R. ein, der im Februar 2019 an seinem Wohnsitz festgenommen wurde.

Dem 43jährigen zweiten angeklagten ehemaligen syrischen
Staatsbediensteten Eyad A. wird Beihilfe vorgeworfen.

Die beiden Syrer müssen sich nach dem Weltrechtsprinzip vor Gericht verantworten. Wegen Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit können überall Klagen erhoben werden. In Deutschland ist dies seit 2002 möglich.

23. April 2020


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