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POLITIK/8394: Aus Parlament und Gesellschaft - 06.02.2020 (SB)


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Thüringens neuer Ministerpräsident Kemmerich plant Neuwahlen

Thüringens neuer Ministerpräsident Thomas Kemmerich hat einen Tag nach seiner überraschenden Wahl die Auflösung des Landtags angekündigt. Seine aus fünf Abgeordneten bestehende Fraktion hat dies beschlossen. Kemmerich hatte am Mittwoch bei der Ministerpräsidentenwahl in Erfurt den bisherigen Amtsinhaber Bodo Ramelow (Die Linke) im entscheidenden dritten Wahlgang ausgestochen, weil die Abgeordneten von CDU und AfD für ihn gestimmt hatten. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete von Südafrika aus das Vorgehen der Thüringer CDU als unverzeihlich und plädierte für eine Rücknahme der Wahl, welche mit ihrer eigenen Grundüberzeugung und die der CDU gebrochen hätte. Kemmerich besteht darauf, daß es die AfD gewesen ist, die mit einem perfiden Trick versucht hat der Demokratie zu schaden. Nichtsdestotrotz hatte Kemmerich die Wahl zum Landeschef angenommen. Er bestreitet vehement, was Ramelow ihm und der CDU im Nachrichtenmagazin Der Spiegel vorwirft, nämlich das Abstimmungsverhalten zusammen mit der AfD vorbereitet zu haben. Ramelow zeigte sich menschlich zutiefst enttäuscht von den Landesvorsitzenden Thomas Kemmerich und Mike Mohring, welche lieber mit Faschisten regieren wollten, als nicht zu regieren. Sollte Kemmerich von seinem neuen Posten nicht freiwillig zurücktreten, könnte der Landtag nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit vorzeitig aufgelöst werden. Das heißt, ohne Abgeordnete von CDU oder AfD ließen sich keine Neuwahlen in Thüringen herbeiführen. Im Fall, daß das Vorhaben scheitert, will Kemmerich im Landtag die Vertrauensfrage stellen.

Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Linder war am Donnerstag nach Erfurt gereist, um mit Kemmerich über die aktuellen Optionen zu sprechen. Lindner begrüßte die Entscheidung des Parteikollegen als richtig und einzig möglich, um sich von der AfD-Abhängigkeit zu befreien. Er selbst wäre bereit gewesen, den Bundesvorsitz aufzugeben, wenn es in Thüringen eine systematische Kooperation zwischen seiner Partei und der AfD gegeben hätte. Vor dem Hintergrund wollte Linder am Freitag auf einer Sondersitzung des FDP-Vorstands seinerseits die Vertrauensfrage stellen.

6. Februar 2020


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