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GALAXIS/219: Zwei Galaxien wirken auf ungewöhnliche Weise als Linsensystem zusammen (idw)


Ruhr-Universität Bochum - 03.07.2014

Zwei Galaxien wirken auf ungewöhnliche Weise als Linsensystem zusammen



Ein internationales Astronomenteam hat zwei Galaxien entdeckt, die auf ungewöhnliche Weise als Linsensystem zusammenwirken. Eine sechs Milliarden Lichtjahre entfernte Galaxie mit starker Gravitationskraft lenkt die Strahlung einer zweiten noch weiter entfernten Galaxie ab und verstärkt die Strahlung dabei. Das zweite Himmelsobjekt ist so dunkel, dass es ohne den Linseneffekt überhaupt nicht sichtbar wäre.

Ein internationales Astronomenteam hat zwei Galaxien entdeckt, die auf ungewöhnliche Weise als Linsensystem zusammenwirken. Eine sechs Milliarden Lichtjahre entfernte Galaxie mit starker Gravitationskraft lenkt die Strahlung einer zweiten noch weiter entfernten Galaxie ab und verstärkt die Strahlung dabei. Das zweite Himmelsobjekt ist so dunkel, dass es ohne den Linseneffekt überhaupt nicht sichtbar wäre. "Unser Team war auf ein echtes astronomisches Puzzle gestoßen", sagt Dr. Martin Haas vom Astronomischen Institut der Ruhr-Universität Bochum, Leiter des Projekts. "Die Analysen bestätigten, dass wir es mit einem sehr exotischen Gravitationslinsensystem zu tun haben." Die Ergebnisse sind im "Astrophysical Journal" publiziert.

© University of California, Bild: Fastnacht

Die Galaxie 3C220.3 (weiße Struktur in der Bildmitte) verstärkt die Strahlung einer anderen Galaxie, die als ringförmige Struktur um 3C220.3 sichtbar ist. Ohne diesen Linseneffekt könnte man die Hintergrundgalaxie auf der Erde nicht detektieren. Eine weitere Galaxie (kleinere weiße Struktur unten) trägt ebenfalls zum Linseneffekt bei. Die Aufnahme entstand mit dem Keck-Teleskop auf Hawaii, das einen Spiegeldurchmesser von zehn Metern besitzt.
© University of California, Bild: Fastnacht


Himmelsobjekt sandte mehr Infrarotstrahlung aus als vorhergesagt

Die schwache Hintergrundgalaxie erscheint als ringförmige Struktur um die als Linse wirkende Vordergrundgalaxie. Die Forscher stießen auf das Phänomen, als sie die Galaxie 3C220.3 mit dem Herschel-Satelliten beobachteten. Sie sandte sehr viel mehr langwellige Infrarotstrahlung aus als vorhergesagt. Der Verdacht: Ein Teil der Strahlung kommt nicht von 3C220.3 selbst, sondern aus dem Hintergrund. Um das zu überprüfen, organisierten Martin Haas und seine Kollegen der Universitäten Groningen und Harvard weitere Messungen an den besten Teleskopen der Welt, unter anderem mit dem Keck-Observatorium auf Hawaii. "Ein großartiges Beispiel für spontane internationale Teamarbeit", so der Bochumer Astronom.


Galaxie mit Linsenwirkung enthält schwarzes Loch

Anhand der Messungen fanden die Wissenschaftler heraus, dass die als Linse wirkende Galaxie eine sogenannte Radiogalaxie mit einem gigantischen schwarzen Loch im Zentrum ist. Das schwarze Loch ist für die Radiostrahlung verantwortlich.


Radiogalaxie mit überraschend geringem Anteil an dunkler Materie

Die Astronomen modellierten die Geometrie des Linsensystems auch am Computer. Dabei stellten sie fest, dass die Radiogalaxie einen überraschend geringen Anteil an dunkler Materie enthalten muss - also nicht sichtbarer Materie, die sich nur durch ihre zusätzliche Schwerkraft bemerkbar macht. Eigentlich erwartete man einen hohen Anteil an dunkler Materie in Radiogalaxien. Allerdings liegen die bekannten Radiogalaxien mit Linsenwirkung in Galaxienhaufen, und bislang war nicht zu sagen, wie viel dunkle Materie mit der Radiogalaxie und wie viel mit dem Haufen assoziiert ist.


Gravitationslinsen sind seit 1979 bekannt

Seit 1979 wissen Astronomen, dass Galaxien als Gravitationslinsen wirken können. Schon 1919 wurde beobachtet, dass die Sonne mit ihrem Gravitationsfeld das Licht anderer Sterne ablenkt. Heute können Astronomen anhand der Gravitationseffekte Rückschlüsse auf die Eigenschaften der beteiligten Himmelskörper schließen.

Titelaufnahme
M. Haas et al. (2014):
3C220.3: a radio galaxy gravitationally lensing a submillimetre galaxy, The Astrophysical Journal,
DOI: 10.1088/0004-637X/790/1/46

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution2

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Ruhr-Universität Bochum, Dr. Julia Weiler, 03.07.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juli 2014