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PLANET/311: Mars und Venus, unsere Nachbarn (FTE info)


FTE info - Sonderausgabe EIROforum - Februar 2007
Magazin über europäische Forschung

Mars und Venus, unsere Nachbarn


Europa ist gerade bei den beiden Planeten im Sonnensystem zu Besuch, die der Erde am nächsten sind. Neue wissenschaftliche Perspektiven hinsichtlich der Entstehung und des Schicksals der Planeten sowie des Lebens, das es dort vielleicht gibt, könnten sich bei der Intensivierung dieser Besuche ergeben.


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Bei klarem Himmel kann man sie täglich mit bloßem Auge sehen: Mars mit seinem typischen rötlichen Licht; Venus leuchtend am Tage wie in der Nacht. Kopernikus, Kepler, Galilei und viele andere haben diese Schwesterplaneten der Erde bereits untersucht. Jedoch waren sie weit von ihnen entfernt. Heute umkreisen zwei europäische Satellitenzwillinge, Mars Express und Venus Express, ausgestattet mit einem erstaunlichen Instrumentenarsenal diese beiden Planeten. Der erste wurde 2003 und der zweite im Jahre 2006 ins All befördert. Die von den beiden gesammelte Datenmenge ist äußerst beeindruckend.


Die Geschichte umschreiben

Im Sommer 2006 hat Mars Express beispielsweise zum ersten Mal Wolken beobachtet, die sich in beispielloser Höhe in der Atmosphäre des Planeten gebildet haben: und zwar zwischen 80 und 100 km! In dieser Umgebung herrscht eine Temperatur von -193 °C. Bei dieser Temperatur kondensiert Kohlendioxyd, was die Forscher vermuten lässt, dass es sich um Gaswolken, wahrscheinlich mit Staubpartikeln gemischt, handelt.

Die Mars-Spezialisten fasziniert insbesondere die Frage nach dem Wasser. Laut Gerhard Neukum von der Freien Universität Berlin kann man anhand der von den verschiedenen Instrumenten gesammelten Daten, die "Entstehungsgeschichte des Planeten neu schreiben". Es stellt sich nämlich heraus, dass der warme und feuchte Zeitabschnitt, sollte es ihn denn je gegeben haben, nur wenige Hunderte Millionen Jahre gedauert hat und spätestens vor 4 Milliarden Jahren zuende ging." Jedenfalls gibt es noch sehr viel Wasser in Form von Eis auf dem Mars, das wurde mit Hilfe des Radarinstruments Marsis festgestellt, sowie relativ junge geologische Strukturen, die durch die Erosion entstanden sind. Für den deutschen Forscher sind die jungen Spuren von flüssigem Wasser jedoch auf vulkanische Aktivitäten zurückzuführen, wobei vermutet wird, das Wasser kurz hochschießt und dann schnell wieder verdunstet.


Venus: die weiße Hölle

Während der Mars ein kalter Planet mit dünner Atmosphäre ist, fasziniert die Venus im Gegenteil durch höllische Bedingungen, die auf ihrer Oberfläche herrschen: Ein 90 Mal höherer Atmosphärendruck als auf der Erde, eine Durchschnittstemperatur von 465 °C, eine giftige Atmosphäre, die fast ausschließlich aus Kohlendioxid besteht und so dicht ist, dass die Sonne vom steinigen und trockenen Boden aus nie sichtbar ist.

Der ESA-Satellit hat wunderbare Bilder von dem gigantischen atmosphärischen Doppelwirbel gesendet, der am Südpol entdeckt wurde und von dessen Dynamik die Astronomen fasziniert sind. Hier wurde im November 2006 ein Hurrikan beobachtet. Die vertikale Stratifikation der Atmosphäre sorgte ebenfalls für einige Überraschungen, z. B. eigenartige Atmosphärenhalos, die auf 90 km Höhe sehr dicht und dadurch opak und auf 105 km eine geringere Dichte aufweisen. "Auf der Erde lassen sich gelegentlich ähnliche Phänomene in etwa 20 km Höhe beobachten. Sie bestehen aus feinen Schwefelsäuretröpfchen, die aus Vulkantätigkeit stammen", erläutert Jean-Louis Bertaux, vom französischen CNRS, das für das Spektrometer SpicaV-SOIR zuständig ist. Die Forscher fragen sich folglich, ob der Vulkanismus auf Venus Ursache für diese eigenartigen Formationen ist.

Diese Bedingungen sind umso beeindruckender, wenn man bedenkt, dass sich Venus und Erde zu Beginn ihrer Entwicklungsgeschichte wahrscheinlich sehr ähnlich waren (Durchmesser, Masse, vergleichbare chemische Bestandteile). Diese Reisen zu Planeten, die letztlich der Erde nahe stehen und dennoch so unterschiedlich sind, veranschaulichen die Entstehung einer neuen Disziplin: der Planetenevolution.


Der Stern, der uns am meisten interessiert...

Der von der ESA am intensivsten untersuchte Himmelskörper bleibt die Sonne, ohne die es das System Erde so nicht geben würde. Der Satellit Soho, der im Rahmen eines Gemeinschaftsprojekts zwischen ESA und NASA 1995 ins Weltall gebracht wurde, hat von ihr die schönsten "Nahaufnahmen" gemacht. Nach ihm starteten Cluster (vier Satelliten) im Jahr 2000) und Double Star (zwei Satelliten mit europäischen Geräten, die 2003 mit einer chines ischen Trägerrakete in den Orbit geschossen wurden). Wenn sie auch in erster Linie wissenschaftlicher Art sind, so haben die Satellitenbeobachtungen der Sonne dennoch auch alltägliche Gründe. Die "jähzornigen" Aktivitäten dieses Sterns Sonnenwinde, Ausstoß von Koronarmasse usw. können schwere Schäden an Strom- und Telekommunikationsnetzen sowie Satelliten anrichten. Die nächste große Sonnenmission der ESA ist für das nächste Jahrzehnt vorgesehen.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:
> Der doppelte Wirbel am Südpol der Venus.
> Der Mars Express bevor er auf der Rückseite des Mars verschwindet (künstliche Darstellung).


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Quelle:
FTE info - Sonderausgabe EIROforum, Februar 2007, Seite 38
Magazin über europäische Forschung
Copyright: Europäische Gemeinschaften, 2006
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GD Forschung der Europäischen Kommission
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. August 2007