Schattenblick →INFOPOOL →NATURWISSENSCHAFTEN → ASTRONOMIE

PLANET/370: Phoenix - Ergebnisse der Landemission zum Roten Planeten (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 8/09 - August 2009
Zeitschrift für Astronomie

Phoenix - Der Vogel aus der Asche
Ergebnisse der Landemission zum Roten Planeten

Von Walter Goetz


Die Marssonde Phoenix hat in der Umgebung ihres Landeplatzes in den nordpolaren Regionen unseres Nachbarplaneten vielfältige Untersuchungen durchgeführt. Nun verschafft uns die Auswertung der gesammelten Daten neue Einblicke in die Geologie, Meteorologie und Bodenchemie des Mars.


*




IN KÜRZE

Phoenix hat die unter der Oberfläche subpolarer Marsregionen vermuteten riesigen Wassereismassen eindeutig nachgewiesen.
Im Marsboden wurde ein basisches Milieu vorgefunden, in dem Kalziumkarbonat sowie Chlor als Perchlorationen vorliegen - eine wichtige Randbedingung für mögliche primitive Lebensformen auf dem Mars.
Die Frage nach der früheren Existenz solcher primitiven Lebensformen bleibt offen und muss in zukünftigen Missionen weiter verfolgt werden.

*


Ursprünglich sollte der Mars Polar Lander der NASA die Polgegenden des Mars vor Ort studieren. Doch er zerschellte am 3. Dezember 1999 in den südpolaren Regionen des Planeten. Daraufhin sollten Kopien einiger seiner Fluginstrumente mit der geplanten Landesonde Mars Surveyor 2001 zum Mars fliegen. Diese Landesonde fiel im Sommer 2000 einer tief greifenden Umstrukturierung des Marsprogramms der NASA zum Opfer. Zunächst gab es keine Aussicht auf eine polare Marslandemission in absehbarer Zeit. Seit Anfang 2002 umkreist die Sonde Mars Odyssey den Roten Planeten: Die von ihr aufgenommenen Neutronen- und Gammaspektren (siehe Bildunterschrift 2) legten die Präsenz großer Wassereismassen sowohl in den nord- als auch in den südpolaren Marsregionen nahe - weniger als einen Meter unter der Oberfläche.

Dieser Befund bot ein starkes Argument für eine polare Landemission. Wassereis könnte eine thermische Falle und ein schonendes Reservoir für organische Moleküle sein, deren Nachweis ein wesentlicher Schritt bei der Suche nach Lebensspuren auf dem Mars wäre. Nach Berechnungen auf der Grundlage des Neutronenflusses sollte das Eis, das mit dem Permafrost in der sibirischen Tundra vergleichbar ist, mit einer Schaufel an einem Greifarm erreichbar sein.

Mittlerweile hatten Peter H. Smith und seine Mitarbeiter an der Universität von Arizona in Tucson das Konzept der Phoenix-Mission entwickelt. Zur Kostenersparnis sollte die neue Mission die bereits voll entwickelte wissenschaftliche Nutzlast des Mars Polar Lander und das fertige Landedeck der Sonde Mars Surveyor 2001 übernehmen, was den Namen der Mission erklärt: Phoenix, der mythische, aus seiner eigenen Asche wiederauferstandene Vogel der Antike!

So erklärte die NASA im August 2003 das Projekt zur nächsten Mars Scout Mission. Der Start erfolgte am 4. August 2007, und am 25. Mai 2008 landete Phoenix an einem Fallschirm, zusätzlich gebremst von zwölf gepulsten Hydrazinbremsraketen, bei der Position 68,2 Grad Nord und 234,3 Grad Ost (siehe Bildunterschrift 3).

Die Landung erfolgte per Definition am Tag Sol 0 (Null) der Mission. Als Sol wird ein Marstag bezeichnet, er dauert 24h39m35s, geringfügig länger als eine Erdumdrehung. Die azimutale Orientierung der Sonde (siehe Bildunterschrift 1) wich nach der Landung nur 0,7 Grad von der gewünschten Orientierung ab, der Greifarm zeigte in nördliche Richtung. Damit lag das zugängliche Terrain während der täglichen Hauptarbeitsperiode von 9 bis 17 Uhr Ortszeit teilweise im Schatten der Sonde, was - im Einklang mit den wissenschaftlichen Zielen der Mission - die Suche nach flüchtigen Stoffen, wie beispielsweise Wasser, Kohlendioxid und Methan, erleichtern sollte.


Die wichtigsten Instrumente an Bord

Der wissenschaftliche Schwerpunkt der Phoenix-Mission - die Untersuchung des Austauschs flüchtiger Moleküle zwischen dem Marsboden und der Atmosphäre - hatte die Wahl der mitgeführten Instrumente bestimmt. Zunächst eine Reihe abbildender Systeme mit unterschiedlicher Auflösung: eine Panorama-Stereokamera, Stereo Surface Imager (SSI) genannt, eine Roboterarmkamera (RAC), ein optisches Mikroskop (OM) sowie ein Rasterkraftmikroskop (Atomic Force Microscope, AFM). Weiterhin gab es ein »Wet Chemistry Laboratory« (WCL) für »nasse Chemie«, in dem aufgesammelte Bodenproben in vier Analysezellen mit von der Erde mitgebrachtem Wasser versetzt wurden. Anschließend analysierten ionenselektive Elektroden die wässrige Lösung. Die Analysezellen gaben also Aufschluss über den wasserlöslichen Anteil des Marsbodens, vor allem über leicht lösliche Salze.

Der »Thermal and Evolved Gas Analyzer« (TEGA) erlaubte die Erwärmung von Bodenproben bis auf 1000 Grad Celsius und die massenspektroskopische Analyse der dabei freigesetzten, möglicherweise organischen Moleküle und ihrer thermisch zersetzten Bruchstücke. Die (exo-)biologische Dimension solcher Messungen machte Phoenix zur ersten marsbiologischen Mission seit den beiden Viking-Landungen im Jahr 1976.

Organische Moleküle fand Phoenix nicht, sondern nur geringe Mengen von Kohlendioxid und Wasser. Die Ofentemperaturen, bei denen TEGA diese Moleküle freisetzte, verraten deren mineralogische Herkunft, was gleichbedeutend ist mit dem Nachweis solcher Minerale. Wenn zum Beispiel die Temperatur - bei zeitlich konstanter Energiezufuhr - in einem bestimmten Zeitraum konstant bleibt, weist dies auf einen endothermen, also Energie verzehrenden Phasenübergang hin: Nicht nur die freigesetzten Gase, sondern auch die Temperaturkurven erlauben Rückschlüsse auf die mineralogische Zusammensetzung des Marsbodens.

Mit dem Greifarm ließ sich die mechanische Konsistenz, beispielsweise die Härte des Bodens, charakterisieren. Die Schaufel am Ende des 2,3 Meter langen Arms führte den einzelnen Instrumenten auf dem Deck der Landesonde ausgewählte Bodenproben zu. Auf der Rückseite der Schaufel waren ein Eisbohrer und dahinter die Roboterarmkamera montiert. Sie konnte das aufgesammelte Bodenmaterial mit hoher Auflösung abbilden. Ein neben der Schaufel angebrachter Bodensensor, die »Thermal and Electrical Conductivity Probe« (TECP), bestimmte die thermische und elektrische Leitfähigkeit des Bodens zwischen vier Probenadeln sowie mittels eines zusätzlichen Sensors den atmosphärischen Wasserdampfdruck und die relative Feuchtigkeit der Atmosphäre.

Schließlich lieferte die kanadische Wetterstation mit ihrem LIDAR-Gerät (Light Detection And Ranging) durch Messung der Rückstreuung von Laserlicht an suspendierten Teilchen wie Staub und Eis Informationen über die vertikale Struktur der Atmosphäre. Auf einem Mast maßen Sensoren täglich in 25,50 und 100 Zentimeter Höhe den Druck und die Temperatur sowie an seiner Spitze die Windstärke und die Windrichtung. Die schon erwähnte Stereokamera lieferte komplementäre Daten über atmosphärischen Staub (Messung der Sonneneinstrahlung durch Abbildung der Sonnenscheibe) und atmosphärischen Wassergehalt (Nah-Infrarot-Aufnahmen von Himmelssektoren außerhalb der Sonnenscheibe).

Die Computergrafik und das Selbstbildnis der Phoenix-Sonde (Bildunterschrift 1) zeigen die Platzierung der erwähnten und anderer nicht im Text beschriebener Instrumente auf der Sonde und die nähere Umgebung der Landestelle.

Erstmals auf einer Planetenmission deckten die vier abbildenden Systeme im Arbeitsbereich des Greifarms eine Auflösung pro Pixel im Bereich von Zentimetern bis zu Submikrometern ab (Bildunterschrift 4). Die Roboterkamera (RAC) und der Leitfähigkeitssensor (TECP) befinden sich am Ende des Auslegers (Bildunterschrift 5). Der deutsche, am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau geleistete Beitrag zur wissenschaftlichen Nutzlast des Phoenix-Landers liegt in der Entwicklung und im Bau der Roboterkamera sowie der Sensoreinheit des optischen Mikroskops.


Die Geologie des Landeplatzes

Dank der spektroskopischen Daten und hochauflösenden Bilder mehrerer Mars-Satelliten (Mars Global Surveyor, Odyssey, Mars Express, Mars Reconnaissance Orbiter) existierte über die Geologie des Landeplatzes bereits ein umfassendes Vorwissen. Er liegt wenige Grad nördlich des Polarkreises (Smith et al., 2009), auf halbem Weg zwischen den mächtigen Tharsis-Vulkanen und der nordpolaren Eiskappe mit ihren dunklen bis schwarzen Sanddünen, nur etwa 500 Kilometer vom nördlichen Rand der Tharsis-Provinz entfernt (siehe Bildunterschrift 6): Großflächig rechneten die Forscher also mit Asche von den Tharsis-Vulkanen und mit Sandkörnern der nordpolaren Dünen.

Der Landeplatz liegt etwa 20 Kilometer westlich des etwa elf Kilometer großen und einen Kilometer tiefen Kraters Heimdall - demnach war auch Auswurfmaterial aus solchen Tiefen zu erwarten. Maßgeblich für die Auswahl des Landeplatzes war, dass es dort keine Gesteinsbrocken größer als etwa 50 Zentimeter gibt. Das Terrain in der näheren Umgebung der Sonde ist uneben und in einzelne polygonale Segmente unterteilt.

Wenige Tage nach der Landung untersuchte die Roboterkamera, hauptsächlich um die Standsicherheit zu prüfen, das Terrain unter der Sonde. Vertiefungen, die dabei sichtbar wurden, waren durch die Gasstrahlen der Bremsraketen entstanden (Bildunterschrift 7). Die glatten Oberflächen der Vertiefungen erscheinen im Gegenlicht sehr hell - offenbar handelt es sich um oberflächennahes Wassereis, wie es die US-Marssonde Mars Odyssey im Jahr 2002 aufgespürte! Genau wie theoretisch vorhergesagt, lag es nur wenige Zentimeter tief unter einer dünnen Staub-Regolithschicht. Das untere Bild deutet an, dass es sich eher um einen eisreichen Regolith als um reines Eis handelt.

Im Laufe der Mission hob der Greifarm zwölf bis zu 18 Zentimeter tiefe Gräben aus. Die dabei freigelegten Eisflächen sind sehr unterschiedlich: Die mit der Stereokamera im sichtbaren und nah-infraroten Bereich aufgenommenen Reflexionsspektren weisen teilweise auf relativ reines Wassereis, teilweise auf eisreichen Regolith hin. Die Annahme, dass das helle Material in den oberflächennahen Schichten tatsächlich Wassereis ist, wurde durch die beobachtete Sublimation zentimetergroßer heller Klumpen über einen Zeitraum von vier Marstagen gestützt (siehe Bildunterschrift 8).

Die auf den Bildern von Phoenix erkennbaren Frostpolygone - leicht aufgewölbte mehreckige Flächen, die von flachen Gräben umgeben sind - bilden sich nach dem Modell von Sletten et al. (2003) als Folge eines langsamen zyklischen Transports von Bodenmaterial (siehe Bildunterschrift 9). Dieser Erosionsprozess kommt auch auf der Erde in arktischen und periglazialen Gegenden vor und wird als Kryoturbation bezeichnet. Eine aktive oberste Bodenschicht mit Auftauphasen gibt es auf dem Mars nicht. Aufgrund des geothermischen Wärmeflusses - in der Marskruste beträgt der Gradient rund zehn Grad Celsius pro Kilometer Tiefe (Hoffman et al., 2001) - erstreckt sich die Permafrostzone je nach Breitengrad mindestens fünf Kilometer tief. Das noch tiefer liegende Grundgestein mag flüssiges Wasser enthalten, obgleich seine Porosität in diesen Tiefen sehr klein ist.

Nahe der Landestelle liegt der schon erwähnte Heimdall-Krater, der nach der Altersbestimmung mit Hilfe von Kraterzählungen vor etwa 500 Millionen Jahren entstand. Wahrscheinlich prägte Auswurfmaterial von diesem Krater den Phoenix-Landeplatz mit. Demnach ist der Phoenix-Landeplatz geomorphologisch nicht älter als diese 500 Millionen Jahre. Die oben beschriebenen Prozesse zur Bildung von Polygonen laufen in wesentlich kürzeren Zeiträumen ab und sorgen deshalb für eine ständige Erneuerung der Landschaft. Somit landete Phoenix in der jüngsten aller bisher von Marssonden besuchten Gegenden.

Können wir für das Fehlen größerer Gesteinsbrocken am Phoenix-Landeplatz eine schlüssige Erklärung finden? Die obigen Bilder belegen das reichhaltige Vorkommen von Wassereis nahe der Oberfläche in Übereinstimmung mit den Daten der Sonde Mars Odyssey aus dem Jahr 2002. Vielleicht lässt sich die Abwesenheit der Gesteinsbocken mit der hohen Konzentration von Wassereis in den oberflächennahen Schichten erklären, die während des Heimdall-Einschlags erfasst wurden: Eine gewaltige Druckwelle mag die ursprünglich hier deponierten Gesteinsbrocken weggesprengt und zertrümmert haben.


Die Eigenschaften des Bodenmaterials

Einige Instrumente der Phoenix-Mission verschafften uns neue Einblicke in die mikroskopische Struktur und die chemischmineralogische Zusammensetzung des Bodenmaterials. So erlauben die vielen mit der Roboterkamera gewonnenen Bilder des Schaufelinneren (Bildunterschrift 10) eine erste, visuelle Charakterisierung des Bodenmaterials. Anschließend wurde das Material einer der vier WCL-Analysezellen zugeführt. Nach dem Hinzufügen von 25 Kubikzentimetern einer verdünnten wässrigen Lösung genau bekannter Zusammensetzung zu einem Kubikzentimeter Marsboden-Material entstand eine schwach basische Lösung mit einem pH-Wert von rund 8,3, die - völlig unerwartet - beträchtliche Mengen an Perchlorationen (ClO4)- enthielt.

Überraschenderweise war dieses Perchloration das dominierende Anion. Daneben fanden sich vor allem Magnesium- und Natriumionen sowie auch Kalium- und Kalziumionen. Einer angenommenen Gesamtmasse von einem Gramm analysierten Bodenmaterials entspräche etwa ein Gewichtsprozent Perchlorat im Marsboden. Diese Konzentration übersteigt die in manchen terrestrischen Wüstengebieten vorliegenden Gehalte an Perchlorationen um mehrere Größenordnungen (Hecht et al., 2009a,b). Das Element Chlor hatten schon in den 1970er Jahren die beiden Viking-Sonden im Marsboden nachgewiesen. Jetzt deutet sich an der Phoenix-Landestelle an, dass ein beträchtlicher Teil des im Marsboden vorhandenen Chlors möglicherweise als Perchlorat vorliegt, also in der höchsten Oxidationsstufe, die das Element Chlor erreichen kann.

Dieses bemerkenswerte Ergebnis kam von einer ionenselektiven Elektrode, die nur durch glückliche Umstände in die Analysezellen integriert wurde. Denn vor der Phoenix-Mission hatte niemand mit dem Vorhandensein beträchtlicher Mengen Perchlorat gerechnet. Es gab daher vor dieser Mission keine starken Argumente, eine perchloratempfindliche Elektrode einzusetzen. Jedoch eignet sich diese Elektrode nicht nur zum Nachweis von Perchlorat, sondern auch von Nitraten: Ihren Einbau in die Analysezellen verdankt sie letztlich genau dieser Anwendungsmöglichkeit.

Die Entdeckung des Perchlorats hat großen Einfluss auf unser Verständnis der chemischen Prozesse, die an der Oberfläche und in der Atmosphäre des Roten Planeten stattfinden. Es stellt sich die Frage nach seiner globalen Verbreitung: Ist seine hohe Konzentration ein exotisches Phänomen der Phoenix-Landeregion, oder tritt Chlor überall auf der Marsoberfläche so häufig auf? Lag das Chlor, das bisher an den Landeplätzen in Chryse Planitia, Utopia Planitia, dem Krater Gusev und in Meridiani Planum nachgewiesen wurde, hauptsächlich als Perchlorat vor? Sogar die alte Frage nach Leben auf dem Mars muss aufgrund dieses Befunds neu formuliert werden: Welche Formen primitiven Lebens könnten angesichts der hohen Perchloratkonzentration auf dem Mars gedeihen?

Die Daten der Analysezellen sind allerdings mehrdeutig, denn es sind mit ihnen unterschiedliche Zusammensetzungen des Marsbodens verträglich. Daher müssen die Ergebnisse mit Resultaten anderer Instrumente an Bord von Phoenix verglichen werden. Hier spielen vor allem die Daten des Thermal and Evolved Gas Analyzer (TEGA) eine bedeutende Rolle.

Der Nachweis von Perchlorat in allen in den WCL-Zellen untersuchten Bodenproben war so eindeutig, dass es keiner Bestätigung durch TEGA bedurfte. Andererseits sollten thermische Zersetzungsprodukte von Perchloraten in allen mit TEGA gewonnenen Massenspektren zu finden sein, was jedoch mitnichten der Fall war.

Ein wichtiger Fund des TEGA-Instruments ist die Freisetzung von Kohlendioxid im Temperaturbereich von 800 bis 900 Grad Celsius, woraus sich auf die Gegenwart von drei bis fünf Gewichtsprozent Kalziumkarbonat im Marsboden schließen lässt (Boynton et al., 2009). Immerhin suchten die Planetologen im vergangenen Jahrzehnt, insbesondere durch Fernerkundung aus der Umlaufbahn, gezielt nach diesem Mineral an der Oberfläche des Planeten (Ehlmann et al., 2008): TEGA fand es nun in einer nicht vernachlässigbaren Konzentration! Das gefundene Karbonat stimmt auch mit den Daten der WCL-Analysezellen überein (Kounaves et al., 2009) und erklärt zum Teil den gemessenen basischen pH-Wert der wässrigen Lösungen.

Auch die Abwesenheit bestimmter Gase kann kritische Informationen über die Mineralogie des Marsbodens liefern. So wurde im gesamten Temperaturbereich von Minusgraden bis hin zu 1000 Grad Celsius kein Schwefeldioxid freigesetzt: Die Abwesenheit dieses Gases ist überraschend, denn immerhin stießen bisher alle erfolgreichen Marslandesonden auf beachtliche Mengen Schwefel im Bereich von fünf bis zehn Gewichtsprozent SO3 im Marsboden. Magnesiumsulfat würde sich bei Temperaturen unterhalb von 1000 Grad Celsius zersetzen und dabei Schwefeldioxid freigeben. Offenbar gibt es in den Phoenix-Bodenproben kein Magnesiumsulfat. Kalziumsulfate wie Gips und Anhydrit würden sich unter den Bedingungen an der Marsoberfläche - einem atmosphärischen Druck von weniger als zehn Millibar - bei etwa 1400 Grad Celsius zersetzen, aber solche Temperaturen wurden in den Probenöfen von TEGA nicht erreicht. Die Vermutung liegt daher nahe, dass Kalziumsulfat in Phoenix-Bodenproben vorhanden ist (Golden et al., 2009). Immerhin fanden sich durch Fernerkundung schon größere Lagerstätten auf dem Mars, eine davon zum Beispiel am Nordpol des Planeten (Langevin et al., 2005).

Im Kasten links (siehe Bildunterschrift 11) sind mikroskopische Bilder und eine dreidimensionale Darstellung eines durch das Rastermikroskop abgetasteten Staubteilchens zu sehen. Die unvermeidliche Schwäche dieser Daten liegt darin, dass wegen des geringen Sichtfelds des Geräts nicht beurteilt werden kann, ob bestimmte morphologische Erscheinungsformen als repräsentativ gelten können. Die mikroskopischen Farbbilder belegen eine große Teilchenvielfalt. Über den möglichen Ursprung beider Teilchentypen wird noch gerätselt. Nur wenn man die Marsproben mit zahlreichen terrestrischen Proben, zum Beispiel verwitterten Proben aus vulkanischen Regionen, vergleicht, lassen sich die Szenarien eingrenzen, die zur Bildung der einzelnen Typen geführt haben können. Hierbei muss der geologische Kontext des Phoenix-Landeplatzes in die Abwägung der einzelnen Entstehungsszenarien mit einfließen.


Wind und Wetter

Phoenix konnte besonders wertvolle meteorologische Beobachtungen und Messungen durchführen, weil die Wetterphänomene, insbesondere die Wolkenbildung, in den polaren Regionen besonders stark ausgeprägt sind. Weiterhin schloss die mitgeführte, gut durchdachte meteorologische Messstation ein LIDAR-Instrument zum Studium der Wolkenformationen ein. Auch der Wetterhahn leistete trotz seiner Einfachheit gute Dienste. Schließlich ließen sich die Phoenix-Wettermessungen mit denen der hervorragenden Instrumente an Bord verschiedener Mars-Satelliten räumlich und zeitlich gut koordinieren und damit Einblicke in das polare Wettergeschehen erhalten.

Der vom Luftfeuchtigkeitssensor gemessene Wasserdampfgehalt der bodennahen Atmosphäre betrug zwischen 10 Uhr und 17 Uhr Ortszeit nahezu konstant etwa 1,8 Pascal (Bildunterschrift 12). Eigentlich sollte dieser Druck parallel zur atmosphärischen Temperatur bis etwa 14 Uhr Ortszeit stetig steigen. Offensichtlich kommt es aber zu einem dynamischen Gleichgewicht der bodennahen Wasserdampfkonzentration, wobei der Wasserdampf im Takt mit der Entstehungsrate nach oben abtransportiert und in der atmosphärischen Grenzschicht verteilt wird. In täglichen Zyklen wird der Wasserdampf zwischen der Atmosphäre und der festen Oberfläche ausgetauscht. Als Quellen des Wasserdampfs kommen das bodennahe Wassereis, an Regolithkörnern adsorbiertes Wasser oder Kristallwasser in Perchloraten in Frage.

Auf der nächsten Seite oben sind verschiedene Auslenkungen des Wetterhahns aus seiner Ruheposition abgebildet, die einer Windgeschwindigkeit von etwa zehn Metern pro Sekunde entsprechen. Mit ähnlicher Geschwindigkeit fegte der darunter gezeigte Staubtornado am Sol 104 in west-nordwestlicher Richtung an der Sonde vorbei. Nach systematischen Studien der von der Wetterstation gemessenen Drücke sind solche Staubtornados mit kurzzeitigen Druckabsenkungen von ein bis drei Pascal korreliert. Der Wind machte sich auch dadurch bemerkbar, dass er die Solarmodule der Phoenix-Sonde in Schwingungen versetzte.

Besonders wertvoll sind die gesammelten LIDAR-Daten (Whiteway et al. 2009). Aus der Rückstreuung des grünen Laserlichts am nächtlichen Himmel ließen sich die Staubverteilung in der atmosphärischen Grenzschicht und Wolkenstrukturen an deren oberem Rand bis zu einer Höhe von etwa zehn Kilometern charakterisieren (Bilderunterschrift 15). Etwa nach Sol 80 bildeten sich jede Nacht Bodennebel sowie Eiswolken am oberen Rand der atmosphärischen Grenzschicht in etwa vier Kilometer Höhe. Die Eiswolken bildeten häufig Fallschleppen durch anfänglich wachsende, dann ausfallende und schließlich sublimierende Eiskristalle. Vergleichbare Fallschleppen kommen auch bei terrestrischen Wolken vor. Allerdings sind die LIDAR-Daten räumlich punktuelle Zeitdiagramme, die sich nicht bedenkenlos mit räumlich ausgedehnten Momentaufnahmen (Bildunterschrift 15) vergleichen lassen. Die am Tag gewonnenen LIDAR-Daten waren geprägt durch den Staub in der atmosphärischen Grenzschicht. Jedoch gelang es, sublimierende Tagwolken und deren Fallstreifen mit der Panoramakamera zu dokumentieren.


Stand und Perspektiven der Phoenix-Mission

Zwar sind Erde und Mars im Hinblick auf die Oberflächentemperaturen sowie auf das Vorkommen von flüssigem Wasser und Leben sehr verschieden, aber eines haben sie gemeinsam - den Lauf der Jahreszeiten, wenn sie auch auf dem Mars etwa doppelt so lang wie auf der Erde dauern. Die Neigung der Rotationsachsen beider Planeten zur Ekliptik ist ebenfalls etwa die gleiche.

Zum Zeitpunkt, als der Autor an diesem Artikel arbeitete (April 2009) herrschte bei Phoenix Polarnacht, aber sie dauerte nur knapp dreieinhalb Monate an, da die Sonde nur wenige Grad nördlich des Polarkreises gelandet war. Phoenix war »eingeschneit«: Durch direktes Ausfrieren des atmosphärischen Kohlendioxids bei etwa -123 Grad Celsius - ein einzigartiges Phänomen des Wettergeschehens auf dem Mars - hatte sich eine 10 bis 20 Zentimeter dicke Schicht Trockeneis auf den Solarmodulen niedergeschlagen. Seit dem 10. Juli 2009 steigt die Sonne wieder über den Horizont: Es dämmert am Phoenix-Landeplatz. Allmählich verdampft nun das Trockeneis. Wenn dieses Heft den Leser erreicht, gibt es für Phoenix wieder einige Stunden Tageslicht. Und am 26. Oktober sind Tag und Nacht gleich lang, der Frühling beginnt.

Die Sonde verfügt über einen so genannten Lazarusmodus: Falls sie nach dem Überwintern immer noch funktionsfähig ist, wird sie sich durch die zunehmende Sonneneinstrahlung und die daraus an den Solarmodulen resultierende elektrische Spannung selbst wiederbeleben. Aus Kostengründen wie auch aus technologischen Gründen war Phoenix jedoch nicht darauf ausgelegt, den arktischen Marswinter zu überstehen. Die fast zwei Meter ausladenden Solarmodule haben möglicherweise der beträchtlichen Eislast nicht standgehalten, und elektronische Bauteile, einschließlich der Solarmodule und Lithiumbatterien, wurden möglicherweise durch thermische Spannungen zerstört. Dennoch wird der Satellit Mars Odyssey ab Oktober 2009 nach Signalen von Phoenix suchen.


Ausblick

Phoenix war als geologische, geochemische und meteorologische Mission in hohem Maße erfolgreich. Anzeichen früherer oder gegenwärtiger biologischer Aktivität wurden nicht gefunden. Die folgenden Missionen werden nach organischen Molekülen suchen, die auf primitive Lebensformen in der Gegenwart oder Vergangenheit hinweisen würden. Allerdings sind an der Oberfläche des Planeten auch ohne jegliche Art von Lebensformen organische Mole Moleküle zu erwarten, und zwar aufgrund des kontinuierlichen Zustroms von Meteoriten des so genannten CC-Typs, die beträchtliche Mengen organischen Materials enthalten. Die Tatsache, dass auf dem Mars bisher keines gefunden wurde, lässt das Wirken schneller chemischer Abbauprozesse vermuten, welche die Gleichgewichtskonzentration stets sehr klein halten. Die ständige Umwälzung von oberflächennahem Bodenmaterial durch die Kryoturbation am Phoenix-Landeplatz mag solche Abbauprozesse begünstigen.

Auch wenn die Oberfläche sich weiterhin als steriler Ort erweisen sollte, ist die weitere Suche nach Indizien biologischer Aktivität auf dem Mars sinnvoll und muss konsequenterweise in besser geschützten Umgebungen, wie etwa im Inneren sedimentärer Gesteine oder in tieferen Bodenschichten, fortgesetzt werden.

Die nächsten Missionen, die für diese Aufgabe zur Verfügung stehen, sind »Curiosity« (von der NASA bislang Mars Science Laboratory genannt, Landung 2012), und die europäische Sonde »Exo-Mars« (Landung 2016). Beide Sonden sind Rover und enthalten komplexe Instrumente, welche die TEGA-Herausforderung wieder aufnehmen werden: Die Instrumente SAM (Sample Analysis at Mars) auf »Curiosity« und MOMA (Mars Organic Molecule Analyzer) auf »Exo-Mars« sollen im nächsten Jahrzehnt in spezifischen, äquatorialen Regionen nach organischen Molekülen suchen.

Das Instrument MOMA wird gegenwärtig unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung entwickelt. SAM wurde am Goddard Space Flight Center der NASA gebaut, ist flugbereit und wird besonders niedrige Konzentrationen organischen Materials nachweisen können. Besondere Aufmerksamkeit gilt hierbei dem Methan (CH4), das auf dem Mars unlängst nachgewiesen wurde, und dessen Isotopenverhältnis 13C/12C noch bei minimaler Konzentration von weniger als einem Atom auf eine Milliarde Atome (1 part per billion = 1 ppb) gemessen werden kann.


Walter Goetz erforscht am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Katlenburg-Lindau die Geologie und Mineralogie des Planeten Mars. Er war an Mars Exploration Rover, Phoenix und anderen Marsmissionen aktiv beteiligt.


WIS - Wissenschaft in den Schulen

Zu diesem Beitrag stehen jedem Interessierten auf unserer Internetseite www. wissenschaft-schulen.de didaktische Materialien zur freien Verfügung. Darin wird gezeigt, wie das Thema im Rahmen des Physikunterrichts in der gymnasialen Oberstufe behandelt werden kann. Unser Projekt »Wissenschaft in die Schulen!« führen wir in Zusammenarbeit mit der Landesakademie für Lehrerfortbildung in Bad Wildbad durch. Es wird von der Klaus Tschira Stiftung gGmbH großzügig gefördert.


Literaturhinweise

Althaus, T.: Neue Bilder vom Roten Planeten. In: Sterne und Weltraum 3/2007, S. 24 - 32.

Horneck, G.: Leben auf dem Mars? In: Sterne und Weltraum 10/2008, S. 36 - 44.

Faszinierendes Sonnensystem: Sterne und Weltraum Dossier 1/2008.

Die im Text erwähnte weiterführende Literatur findet sich unter:
www.astronomie-heute.de/artikel/ 1000136


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Bildunterschrift 1:
So sah die Raumsonde Phoenix nach ihrem Aufsetzen auf der Marsoberfläche sich selbst und ihre Umgebung. Das Panorama wurde mit der Stereokamera aufgenommen; die Bildmitte zeigt etwa nach Nordwesten. In der Computergrafik links sind die wichtigsten Baugruppen und Instrumente bezeichnet.

Bildunterschrift 2:
Neutronen vom Mars
So stellt sich der mäßig energiereiche Neutronenfluss im Bereich von einem Elektronvolt bis 100 Kiloelektronvolt von der Oberfläche des Planeten Mars dar. Die kosmische Strahlung setzt im Marsboden hochenergetische Neutronen frei, die je nach Präsenz ähnlich schwerer Teilchen, wie im Idealfall Wasserstoffkerne, mehr oder weniger effizient gebremst werden. Ein niedriger Neutronenfluss entspricht einer hohen Konzentration an Wasserstoffatomen in den bis zu einem Meter tiefen Bodenschichten. Die blau gefärbten arktischen Regionen mit den Landeplätzen von Phoenix und dem gescheiterten Mars Polar Lander sind also angereichert mit Wasserstoff, was als Vorkommen von Wassereis gedeutet wird.

Bildunterschrift 3:
Der Abstieg der Phoenix-Sonde am Fallschirm durch die Marsatmosphäre wurde von einer hochauflösenden Kamera an Bord des Mars Reconnaissance Orbiter aufgenommen (oben). Rechts ist die Landung in einer Computergrafik dargestellt.

Bildunterschrift 4:
Die bildgebenden Systeme der Phoenix-Sonde decken einen großen Auflösungsbereich ab. Die roten Leuchtdioden der Robot Arm Camera (RAC) sind hier eingeschaltet. Das 15 Zentimeter große, um 45 Grad gekippte Probenrad für optisches Mikroskop (OM) und Rasterkraftmikroskop (AFM) wird von oben mit Bodenmaterial aus der Schaufel beladen, dann werden die Proben durch Rotation des Probenrads um 180 Grad in die Beobachtungsebene des Mikroskops gebracht.

Bildunterschrift 5:
Hier nahm die Stereokamera das Ende des Auslegers mit der etwa acht Zentimeter breiten Schaufel und den Geräten RAC und TECP auf. An der Rückseite der Schaufel befindet sich ein Eisbohrer.

Bildunterschrift 6:
Vom Planeten zur Landesonde
Das oben und auch auf unserem Titelbild gezeigte globale Echtfarbenmosaik des Mars wurde aus Aufnahmen der beiden Viking-Orbiter zusammengesetzt. Die weißen Pfeile bezeichnen die großen Marsvulkane, das weiße Kreuz den Landeplatz von Phoenix. Davon ist Alba Patera etwa 1800 Kilometer entfernt. Norden ist oben, hellgrüne Pfeile markieren die dunklen Sanddünen nahe der Polkappe.

In der oberen Bildzeile auf der rechten Seite zeigt ein etwa 100 Kilometer breites Satellitenbild die nähere Umgebung der Phoenix-Sonde (weißes Kreuz). Auswurfmaterial von dem 20 Kilometer östlich gelegenen Krater Heimdall wurde auch am Landeplatz erwartet. Rechts daneben ein hochauflösendes, etwa 280 Meter breites Bild, aufgenommen vom Mars Reconnaissance Orbiter. Es entstand 22 Stunden nach der Landung und zeigt Phoenix (oben), den Hitzeschild (rechts der Mitte) und den hinteren Hitzeschild an seinem Fallschirm (unten). Die weißen Pfeile markieren einen Riss im Terrain. Auf dem vergrößerten Ausschnitt ganz rechts treten die polygonalen Unebenheiten des Terrains bereits deutlich hervor. Die Bremsraketen brachten in einem Umkreis von etwa 20 Metern um die Sonde grobkörnigeres und dunkleres Material zum Vorschein. Die noch stärkere Vergrößerung ganz oben rechts zeigt den gelandeten Phoenix. Das hellblaue Instrumentendeck wird von den beiden kreisförmigen blauen Solarmodulen flankiert. Im Nordosten ist der Nachmittagsschatten der Sonde zu erkennen. Das Bild wurde aus etwa 300 Kilometer Höhe aufgenommen. Jedem Pixel entsprechen 33 Zentimeter.

Die beiden Bilder der mittleren Zeile zeigen die Umgebung des Landeplatzes. Sie ist von so genannten Frostpolygonen charakterisiert, die auch in irdischen Permafrostregionen vorkommen. Die Blickrichtung geht nach Nordosten. Die Bilder entstanden am späten Nachmittag (links) und am frühen Morgen (rechts). Im rechten Bild erschwert das Gegenlicht die farbgetreue Wiedergabe, hebt aber die dreidimensionale Form der Polygone besser hervor.

Unten ist ein nicht ganz vollständiges Rundumpanorama der Umgebung des Phoenix-Landeplatzes zu sehen. Es wurde von der Stereokamera aufgenommen, Norden liegt in der Bildmitte. In das Mosaik wurden nachträglich Bilder der Sonnenscheibe eingefügt, die während der Marstage Sol 46 bis Sol 56 zu verschiedenen Tageszeiten entstanden. Die Mitternachtssonne ist ein unverkennbares Merkmal des nördlichen Polarsommers.

Bildunterschrift 7:
Bei der Landung fegten die Bremsraketen eine Eisfläche frei, die hier in zwei Aufnahmen der am Ende des Greifarms platzierten Roboterkamera zu sehen ist (Pfeile). Das obere Bild entstand an Sol 5, etwa gegen 15 Uhr Ortszeit: Das sonnenbeschienene Eis leuchtet im Gegenlicht hell. Dieses frühe Bild war eine vorläufige Bestätigung des vorhergesagten Eisvorkommens in geringer Tiefe. Das untere Bild entstand am Tag Sol 97, etwa um 2 Uhr Ortszeit: Im roten Zwielicht ist die Eisfläche kaum heller als das umgebende Bodenmaterial; es handelt sich also nicht um reines Eis. An der Verstrebung oben links hat sich Eis abgelagert.

Bildunterschrift 8:
Der Roboterarm schuf mit seiner Schaufel diesen etwa 20 Zentimeter breiten Graben. Hier wurde anscheinend im oberen Teil des Grabens mehr oder weniger reines Eis freigelegt. Die am Marstag Sol 20 (links) noch sichtbaren, mit Pfeilen gekennzeichneten, etwa zwei Zentimeter großen Klumpen sind vier Marstage später (rechts) verschwunden, woraus sich eine Sublimationsrate von etwa 200 Mikrometern pro Marstag ergibt.

Bildunterschrift 9:
Zur Entstehung der Frostpolygone
Diese Grafik erklärt schematisch die Bildung der Frostpolygone auf dem Mars durch Kryoturbation: Bei der Kontraktion des Bodens im Winter entstehen keilförmige Hohlräume, die sich mit lockerem Material füllen. Im darauf folgenden Frühjahr und Sommer können sich die Sandkeile nicht mehr vollständig schließen: Es kommt zu Spannungen, und die zentralen Regionen des Polygons wölben sich auf. Die gestrichelten Pfeile veranschaulichen den Langzeittransport von Bodenmaterial. Die durchgezogenen Pfeile stellen lokale Geschwindigkeitsvektoren dar. Unterhalb einer gewissen Tiefe - der Tiefe der Sandkeile - ist die Bodentemperatur nicht mehr den täglichen und jahreszeitlichen Temperaturschwankungen unterworfen, da die obere Bodenschicht thermisch isolierend wirkt. In dem mit der Panorama-Kamera aufgenommenen rechten Bild treten Relief und Konturen der Polygone im Gegenlicht besonders deutlich hervor. Sie sind etwa sieben Meter von der Sonde entfernt.

Bildunterschrift 10:
Eine Marsbodenprobe in der Schaufel des Greifarms ist für die Analyse bereit (rechts). Dieses Farbbild entstand durch Überlagerung von drei jeweils im roten, grünen und blauen Licht der Leuchtdioden der Roboterkamera aufgenommenen Bildern. Die schwarzen Bereiche sind direkt von der Sonne beschienen und enthalten keine Farbinformation, da das direkte Sonnenlicht wesentlich heller ist als die Leuchtdioden. Die Bodenprobe wurde in einer der Zellen des WCL analysiert (ganz rechts). Zum Vergleich: Die schwarzen Balken sind zehn Millimeter lang.

Bildunterschrift 11:
Mikroskopische Aufnahmen von Marsbodenmaterial
Das linke Farbbild zeigt etwa 60 Mikrometer große mineralische Körner unterschiedlicher Farbe auf einem blauvioletten magnetischen Substrat. Im rechten Bild sind Körner des gleichen Typs in einer Grundmasse aus orangefarbenem klebrigen Marsstaub verteilt. Die Staubteilchen mit Durchmessern kleiner als zehn Mikrometer lassen sich in den Mikroskopbildern nicht einzeln erkennen. Die weißlichen bis bräunlichen Körner (durchgezogene Pfeile) sind wahrscheinlich durch einen anderen Prozess als die fast schwarzen Körner (gestrichelte Pfeile) entstanden. Die farbig abgebildeten Flächen sind jeweils einen Millimeter breit (Goetz et al., 2009). Das Schwarz-Weiß-Bild entstand mit dem Rasterkraftmikroskop von Phoenix und zeigt Details eines etwa 20 Mikrometer breiten Staubteilchens. Das kleine schwarze Rechteck im linken Farbbild deutet die relative Größe der gezeigten Fläche an.

Im rechten Bild dominiert der orangefarbene Staub. Die einzelnen Teilchen lassen sich durch das optische Mikroskop mit einer Auflösung von vier Mikrometern pro Pixel nicht im Detail auflösen und müssen daher kleiner als etwa zehn Mikrometer sein. Eine vorläufige Klassifizierung der mineralischen Körner unterscheidet zwischen rötlichbraunen bis farblosen Teilchen (durchgezogene Pfeile) und sehr dunklen, bisweilen schwarzen Teilchen (gestrichelte Pfeile).

Bildunterschrift 12:
Diese Messungen des atmosphärischen Wasserdampfdrucks wurden etwa fünf Zentimeter (schwarz) und einen Meter (rot) über dem Marsboden gewonnen. Jedem Druckwert (linke Ordinate) entspricht ein Taupunkt (rechte Ordinate), bei dem der Wasserdampf mit einem Wassereisreservoir gleicher Temperatur im Gleichgewicht steht. Der Wasserdampfdruck steigt am frühen Morgen bis auf einen Plateauwert an, der danach - trotz des weiteren Anstiegs der atmosphärischen Temperatur auf mindestens 230 Kelvin - konstant bleibt. Der konstante Wasserdampfdruck ist vermutlich eine Folge der raschen Vermischung des zu Tagesbeginn neu gebildeten Wasserdampfs in der gesamten atmosphärischen Grenzschicht.

Bildunterschrift 13:
Der Wetterhahn an zwei verschiedenen Tagen bei unterschiedlicher Windstärke. Über den um 45 Grad gekippten Spiegel unter dem Pendel kann die Panoramakamera dessen Auslenkungen in alle Richtungen quantitativ erfassen. Daraus wiederum können sowohl die Windrichtung als auch die Windstärke abgeleitet werden.

Bildunterschrift 14:
Am Marstag Sol 104 fegte ein Staubtornado am Landeplatz vorbei. Der Blick ging nach Westen. Die Bilder in der kleinen Serie oben entstanden in Abständen von rund einer Minute. Der Tornado ist im ersten Bild etwa einen Kilometer von Phoenix entfernt, etwa fünf Meter breit, und bewegt sich von der Sonde weg.

Bildunterschrift 15:
Mit dem LIDAR ließen sich Nachtwolken charakterisieren. Die Farben in den beiden oberen Bildern repräsentieren die LIDAR-Rückstreuintensität in relativen Einheiten. Die Fallschleppen entstehen durch Sublimation ausfallender Eiskristalle und sind aufgrund unterschiedlicher Windgeschwindigkeiten in verschiedenen atmosphärischen Höhen gekrümmt. Die Wolke sinkt im Zeitraum von einer Stunde um etwa einen Kilometer ab. Aus dieser Fallgeschwindigkeit lässt sich die durchschnittliche Größe der ausfallenden Eispartikel auf etwa 120 Mikrometer schätzen. Im unteren Bild sind analoge terrestrische Fallschleppen zu sehen.


© 2009 Walter Goetz, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg


*


Quelle:
Sterne und Weltraum 8/09 - August 2009, Seite 40 - 51
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
Dr. Jakob Staude
Redaktion Sterne und Weltraum:
Max-Planck-Institut für Astronomie
Königstuhl 17, 69117 Heidelberg
Telefon: 06221/528-0, Fax: 06221/528-246
Verlag: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
Slevogtstraße 3-5, 69126 Heidelberg
Tel.: 06221/912 66 00, Fax: 06221/912 67 51
Internet: www.astronomie-heute.de

Sterne und Weltraum erscheint monatlich (12 Hefte pro Jahr).
Das Einzelheft kostet 7,90 Euro, das Abonnement 85,20 Euro pro Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. September 2009