Schattenblick →INFOPOOL →NATURWISSENSCHAFTEN → ASTRONOMIE

PLANET/408: Wassereis am Mondnordpol (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 7/10 - Juli 2010
Zeitschrift für Astronomie

Blick in die Forschung: Nachrichten

Wassereis am Mondnordpol


Die Nachrichten über Wasserfunde auf dem Mond reißen nicht ab. Nach dem beim Aufschlag der US-Mondsonde LCROSS im Oktober 2009 am Mondsüdpol (etwas) Wasser in Form von Eis gefunden wurde, melden nun NASA-Wissenschaftler um Paul Spudis am Lunar and Planetary Institute in Houston, Texas, Wassereis in 40 Kratern am Mondnordpol.

Die Forscher arbeiteten mit der indischen Weltraumbehörde ISRO zusammen, da diese das NASA-Instrument Mini-SAR an Bord ihrer ersten Mondsonde Chandrayaan-1 kostenlos zum Erdtrabanten beförderte. Dafür erhielten indische Wissenschaftler den vollen Zugriff auf die mit Mini-SAR gewonnenen Messdaten. Sie zeigen, dass sich in den zwischen 2 bis 15 Kilometer großen Einschlagkratern größere Mengen an Wassereis im Bodenmaterial befinden. Die Forscher gehen davon aus, dass es mindestens rund 600 Millionen Tonnen sind.

Die Messdaten wurden im letzten Jahr aufgezeichnet, als Mini-SAR die permanent im Schatten liegenden Kraterböden am Nordpol kartierte. Das Radarsystem maß dabei die Polarisationseigenschaften der reflektierten Radarwellen. Mini-SAR sendete linksdrehend zirkular polarisierte Radarwellenpulse aus und verglich die zurückgestrahlten Radarechos mit den ausgesandten Wellen. Üblicherweise kehren planetare Oberflächen bei der Reflexion von Radiowellen die Polarisationsrichtung um, so dass die zurückkehrenden Radarpulse rechtsdrehend polarisiert sind. Das Verhältnis zwischen den links- und rechtsdrehenden Radarwellen wird als zirkulares Polarisationsverhältnis (englisch: circular polarization ratio, CPR) bezeichnet.

Im Allgemeinen zeigt der Mond eine niedrige CPR, das heißt, der größte Teil der Mondoberfläche dreht die Polarisationsrichtung. Aber manche eng begrenzten Gebiete weisen eine hohe CPR auf. Darunter befinden sich sehr raue Oberflächen wie frisch entstandene Einschlagkrater oder eben Eislager, die für die Radarwellen recht transparent sind und die Pulse mehrfach streuen. Sie zeichnen sich durch eine Verstärkung der ursprünglich polarisierten Wellen aus und besitzen eine hohe CPR.

Allerdings ist die CPR kein eindeutiger Nachweis für Eis oder eine hohe Oberflächenrauigkeit. Daher müssen die Forscher die geologischen Bedingungen an den Orten mit hoher CPR bei der Interpretation berücksichtigen. Ein Eislager im prallen Sonnenschein an der Mondoberfläche ist nicht möglich, hier muss es sich dann um eine sehr raue Oberfläche handeln.

Aber bei 40 Kratern nahe des Mondnordpols, deren Böden permanent im Schatten liegen und in die seit ihrer Entstehung vor vielen hundert Millionen Jahren kein Licht hineinfiel, spricht vieles für Eislager.


*


w i s - wissenschaft in die schulen!

Damit Schüler aktiv mit den Inhalten dieses Beitrags arbeiten können, stehen auf unserer Internetseite www.wissenschaft-schulen.de didaktische Materialien zur freien Verfügung. Darin wird gezeigt, wie das Thema des Beitrags im Rahmen des Physikunterrichts in der gymnasialen Mittelstufe behandelt werden kann. Unser Projekt »Wissenschaft in die Schulen!« führen wir in Zusammenarbeit mit der Landesakademie für Lehrerfortbildung in Bad Wildbad und dem Haus der Astronomie in Heidelberg durch.


*


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Diese Radarkarte der Region um den Mondnordpol entstand mit dem NASA-Instrument Mini-SAR an Bord der indischen Mondsonde Chandrayaan-1. In den grün umrandeten Kratern werden größere Ansammlungen von Wassereis vermutet.


*


Quelle:
Sterne und Weltraum 7/10 - Juli 2010, Seite 14
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
Dr. Jakob Staude
Redaktion Sterne und Weltraum:
Max-Planck-Institut für Astronomie
Königstuhl 17, 69117 Heidelberg
Telefon: 06221/52 80, Fax: 06221/52 82 46
Verlag: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
Slevogtstraße 3-5, 69126 Heidelberg
Tel.: 06221/912 66 00, Fax: 06221/912 67 51
Internet: www.astronomie-heute.de

Sterne und Weltraum erscheint monatlich (12 Hefte pro Jahr).
Das Einzelheft kostet 7,90 Euro, das Abonnement 85,20 Euro pro Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. September 2010