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STERN/214: Dieser Sternhaufen birgt ein Geheimnis (idw)


Max-Planck-Institut für Astronomie, ESO Science Outreach Network - 03.09.2012

Dieser Sternhaufen birgt ein Geheimnis

Bildveröffentlichung der Europäischen Südsternwarte (Garching): Ein neues Bild des La Silla-Observatoriums der ESO zeigt den spektakulären Kugelsternhaufen Messier 4. Diese Ansammlung von zehntausenden alter Sterne ist einer der erdnächsten und bestuntersuchten Kugelsternhaufen. Eine jüngst abgeschlossene Untersuchung hat gezeigt, dass einer der Sterne des Haufens sonderbare und unerwartete Eigenschaften hat - und anscheinend auch das Geheimnis ewiger Jugend kennt.

Rund um unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, finden sich mehr als 150 sogenannte Kugelsternhaufen, deren Ursprung in ferner kosmische Vergangenheit liegt (eso1141). Einer der erdnächsten solchen Sternhaufen ist Messier 4 (alternativ als NGC 6121 bezeichnet) im Sternbild Skorpion (lat. Scorpius). Schon mit einem Fernglas kann man dieses vergleichsweise helle Objekt in der Nähe des hellen, rötlichen Sterns Antares bewundern, und bereits kleinere Amateurteleskope zeigen einige der Sterne, aus denen es besteht.

Bild: © ESO

Der Kugelsternhaufen Messier 4
Bild: © ESO

Das hier gezeigte neue Bild des Sternhaufens wurde mit der astronomischen Kamera Wide Field Imager (WFI) am MPG-ESO-2,2 Meter-Teleskop am La Silla-Observatorium der ESO angefertigt. Es zeigt vor dem Hintergrund der Milchstraße eine Vielzahl der zehntausenden Sterne des Haufens.

Viele dieser Sterne waren bereits einzelne Beobachtungsziele des Very Large Telescope der ESO. Wenn Astronomen das Licht solcher Sterne in sein Farbspektrum zerlegen, können sie die chemische Zusammensetzung und das Alter der Sterne bestimmen.

Im Falle von Messier 4 haben solche Untersuchungen zu einem überraschenden Ergebnis geführt. Die Sterne in Kugelsternhaufen sind sehr alt, und man erwartet daher nicht, dass sie nennenswerte Mengen an schwereren chemischen Elementen enthalten [1]. Für die allermeisten Sterne bestätigt sich diese Erwartung, doch für einen Stern in einer neueren Durchmusterung ergab sich eine Überraschung: Der Stern enthält deutlich größere Mengen des seltenen leichten Elements Lithium als erwartet. Die Herkunft des Lithiums ist ein Rätsel. Üblicherweise wird dieses Element im Laufe der Milliarden von Jahren eines Sternenlebens nach und nach zerstört. Dieser Stern dagegen scheint das Geheimnis ewiger Jugend zu kennen: Er hat es entweder auf irgendeine Art und Weise bewerkstelligt, sein ursprüngliches Lithium zu behalten, oder aber einen Weg gefunden, sich Lithium-Nachschub zu besorgen.

Das WFI-Bild zeigt einen Himmelsausschnitt, indem sowohl der Kugelsternhaufen als auch die sternreiche Himmelsumgebung zu sehen sind. Ergänzt wird dieser Blick durch ein detaillierteres Bild des NASA/ESA-Weltraumteleskops Hubble, der den Zentralbereich des Sternhaufens zeigt. Diese Aufnahme wurde in dieser Woche als Teil der Serie "Hubble-Bild der Woche" veröffentlicht.


Endnoten

[1] Die meisten der chemischen Elemente schwerer als Helium werden im Inneren von Sternen gebildet und verbreiten sich am Ende des Sternenlebens ins umliegende interstellare Medium. Aus dem bereits mit schwereren Elementen angereicherten Material bildet sich dann die nächste Generation von Sternen. Sehr alte Sterne dagegen, die sich gebildet haben, bevor in dieser Weise signifikant angereichertes Ausgangsmaterial zur Verfügung stand, enthalten im Vergleich mit jüngeren Sternen wie unserer Sonne deutlich geringere Anteile an schwereren chemischen Elementen.


Weitere Informationen

Im Jahr 2012 feiert die Europäische Südsternwarte ESO (European Southern Observatory) das 50-jährige Jubiläum ihrer Gründung. Die ESO ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Getragen wird die Organisation durch ihre 15 Mitgliedsländer: Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz, die Tschechische Republik und das Vereinigte Königreich. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO betreibt drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Nordchile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts und zwei Teleskope für Himmelsdurchmusterungen: VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt, arbeitet im Infraroten, während das VLT Survey Telescope (VST) für Himmelsdurchmusterungen ausschließlich im sichtbaren Licht konzipiert ist. Die ESO ist der europäische Partner für den Aufbau des Antennenfelds ALMA, das größte astronomische Projekt überhaupt. Derzeit entwickelt die ESO ein Großteleskop der 40-Meter-Klasse für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren und Infrarotlichts, das einmal das größte optische Teleskop der Welt werden wird, das European Extremely Large Telescope (E-ELT).

Weitere Informationen unter:
http://www.eso.org/public/germany/news/eso1235/
- Webversion der Bildveröffentlichung mit hochaufgelösten Bildversionen und Videos.

http://www.eso.org/public/images/archive/search/?adv=&subject_name=mpg
- Bilder des MPG/ESO-2,2 Meter-Teleskops

http://www.eso.org/public/images/archive/search/?adv=&facility=15
- Weitere mit dem MPG/ESO-2,2-Meter-Teleskop gewonnene astronomische Aufnahmen

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1413

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Max-Planck-Institut für Astronomie, ESO Science Outreach Network
(Markus Pössel), 03.09.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. September 2012