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THEORIE/104: Streifzüge durch das Hertzsprung-Russell-Diagramm - Teil 6 (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 12/13 - Dezember 2013
Zeitschrift für Astronomie

Doppelgänger gesucht
Streifzüge durch das Hertzsprung-Russell-Diagramm, Teil 6

Von Werner Pfau



Vor 100 Jahren entdeckten ein dänischer und ein US-amerikanischer Astronom einen fundamentalen Zusammenhang zwischen verschiedenen beobachtbaren Parametern der Sterne. Daraus ging das wichtigste Handwerkszeug der Astrophysik sowohl für den Beobachter wie auch den Theoretiker hervor. Das HR-Diagramm mag auch helfen, nach einer zweiten Sonne zu suchen. Das können Sie sogar selbst ausprobieren.



IN KÜRZE

  • Das Hertzsprung-Russell-Diagramm verknüpft Beobachtungsgrößen von Sternen beziehungsweise ihre physikalischen Zustandsgrößen miteinander.
  • Verschiedene Sterne, deren Position im HR-Diagramm identisch ist, besitzen weit gehend ähnliche physikalische Parameter.
  • So können Wissenschaftler auf Grundlage des HR-Diagramms in Kombination mit zusätzlichen Messdaten wie Sternaktivität oder Elementhäufigkeit nach einem Doppelgänger der Sonne suchen.


Die Sonne ist für uns einzigartig. Sie ist der »Stern, von dem wir leben«, und wir befinden uns in der bevorzugten Lage, sie aus nächster Nähe mit all ihren Details betrachten zu können. Doch aus der Statistik geht hervor, dass fünf Prozent aller Sterne unserer Umgebung im Milchstraßensystem, so wie die Sonne, der Spektralklasse G angehören. Das berechtigt zu der Frage, ob und gegebenenfalls wie viele dieser Sterne der Sonne in ihren Parametern weitestgehend gleichen. In der englischsprachigen Fachliteratur ist in solchem Fall der Begriff »solar twin« gebräuchlich. Da nach unserem Verständnis bei Zwillingspaaren eine genetische Gemeinsamkeit gegeben sein muss, wird im Folgenden statt dessen von Doppelgängern der Sonne gesprochen.

In der seit dem Jahr 1980 erschienenen Fachliteratur finden sich nahezu 70 Publikationen, die bereits im Titel den Bezug auf potenzielle Doppelgänger unserer heutigen Sonne erkennen lassen.

In der Astrophysik werden Sterne als physikalische Objekte jeweils durch eine ganze Reihe von Zahlenangaben, ihre Zustandsgrößen, charakterisiert. Von diesen steht die absolute Helligkeit für die Strahlungsleistung des Sterns, das heißt seine Leuchtkraft, und der Spektraltyp weist auf die Temperatur der sichtbaren Schicht, der Photosphäre, hin. Aufgetragen im so genannten Hertzsprung-Russell-Diagramm (HR-Diagramm) lassen diese beiden Größen ihre enge Korrelation erkennen (siehe Kasten 1 und 2 nach dem Artikel).

Diesen Zusammenhang hatten in den Jahren 1907 beziehungsweise 1913 unabhängig voneinander der dänische Astronom Ejnar Hertzsprung (1873-1967) und der US-amerikanische Astronom Henry Norris Russell (1877-1957) empirisch entdeckt. Hertzsprung hatte die Trennung in Leuchtkraft-Riesen und -Zwerge bei mittleren, sonnenähnlichen Spektraltypen bemerkt. Die Darstellung in Diagrammform geht auf Russell zurück (siehe Kasten 1).

Die Sonne als Eichstern

Doppelgänger der Sonne zeigen sich im HR-Diagramm durch Übereinstimmung ihrer Datenpunkte mit denen der Sonne. Die Suche nach solchen speziellen Objekten geschieht auch aus einem wichtigen praktischen Grund: Für die Sonne sind die grundlegenden physikalischen Parameter, darunter Masse, Radius, Temperatur und chemische Zusammensetzung, sehr gut bekannt. Daher liegt es nahe, unser Zentralgestirn als Bezugsobjekt zu nutzen, an dem sich die bei anderen Sternen gemessenen Größen kalibrieren, also eichen lassen.

So geht eine gebräuchliche Methode zur Ableitung von effektiver Temperatur und Schwerebeschleunigung von fotometrischen Daten aus. Es werden im optischen Spektralbereich so genannte Farbindizes gemessen, also Differenzen von Helligkeiten bei zwei unterschiedlichen Wellenlängenbereichen gebildet. Das geschieht mit Hilfe standardisierter Farbfilter, die jeweils nur die geforderten Wellenlängen erfassen. Diese Art von Fotometrie ist relativ einfach durchzuführen. Die Umwandlung der Messdaten in die eigentlichen, mit einer physikalischen Bedeutung behafteten Größen gestaltet sich jedoch sehr schwierig. Denn es bedarf zuverlässiger Transformationsbeziehungen, um von den gemessenen zu den gesuchten Werten zu gelangen.

Diese Zusammenhänge sollten sich eigentlich für die Sonne mit guter Genauigkeit ableiten lassen. Leider ist die fotometrische Bestimmung von Farbindizes bei der Sonne jedoch nur mit untragbar großen systematischen Fehlern möglich. Das liegt an dem gewaltigen Helligkeitsunterschied zwischen Sonne und Sternen sowie an dem allgemeinen Problem wechselnder Messbedingungen wie zum Beispiel an unterschiedlichen Temperaturen und Eigenschaften der Atmosphäre bei Tag und Nacht. Die Identifikation von Sternen, die sich mit der Sonne direkt vergleichen lassen und statt ihrer zu messen wären, könnte helfen, das wichtige Kalibrierungsproblem zu lösen.

Eine spannende neue Bedeutung erfuhr die Suche nach Doppelgängern der Sonne im Jahr 1995, als die ersten planetaren Begleiter bei anderen Sternen entdeckt wurden. Denn daraus ergab sich die nahe liegende Frage, ob und in welchem Maße auch Doppelgänger der Sonne planetare Begleiter aufweisen. Bei einem sehr sonnenähnlichen Stern ließe sich immerhin ein anderer Planet »Erde« denken, der unter ähnlichen Bedingungen entstanden ist, sich entsprechend entwickelt hat und seinen Zentralstern unter gleichen Einstrahlungsbedingungen umläuft, wie unser Heimatplanet.


Steckbrief der Sonne
scheinbare Helligkeit
absolute Helligkeit
Farbenindex
bolometrische Korrektur
absolute bolometrische Helligkeit
Leuchtkraft
Spektraltyp und Leuchtkraftklasse
effektive Temperatur
Radius (Photosphäre)
Masse
Schwerebeschleunigung an der
Oberfläche
chemische Zusammensetzung
(Masseanteil in der Photosphäre)*
Alter
 V = -26,75 mag
 Mv = 4,82 mag
 (B-V) = (0,642 ± 0,01) mag
 (Mbol - Mv) = -0,07 mag
 Mbol = 4,75 mag
 L = 3,842 x 1026 Watt
 G2 V
 Teff = 5778 Kelvin
 R = (6,95508 ± 0,00026) x 108 Meter
 M = 1,9891 x 1030 Kilogramm
 lg g = 4,438 (g in cm/s²)

 73,8 % Wasserstoff, 24,8 % Helium,
 1,3 % schwerere Elemente
 (4,572 ± 0,005) x 109 Jahre

* Aus: Asplund, M. et al.: In: Annual Review of Astronomy and Astrophysics, 47, 2009, S. 481-522



Die Suche in Katalogen

Zur Suche nach Doppelgängern der Sonne bietet es sich an, Sternkataloge zu durchmustern, in denen die Objekte jeweils mit fotometrischen beziehungsweise auch mit physikalischen Daten versehen sind. Stimmen die Angaben darin mit den entsprechend für die Sonne gültigen Werten überein, wäre dies ein Hinweis auf Doppelgänger-Kandidaten. So lassen sich beispielsweise durch Vergleichen von Spektraltyp und absoluter Helligkeit Sterne, deren Positionen im HR-Diagramm gleich sind, herausfiltern.

In der Praxis wird die Zuverlässigkeit der Auswahl allerdings immer durch die unvermeidlichen Mess- und Klassifizierungsfehler von Sterndaten eingeschränkt sein. Eine Katalogangabe als Ergebnis einer praktischen Messung ist stets mit einer Abweichung zum tatsächlichen, für den Stern gültigen Wert behaftet. Dabei sind zufällige Messabweichungen zu unterscheiden von systematischen. Bei häufiger Wiederholung einer Messung unter sonst völlig gleichen Bedingungen äußern sich die zufälligen Fehler als Streuung der numerischen Werte. Ihr Anteil lässt sich aus der Streubreite in den Einzelwerten recht zuverlässig bestimmen und dadurch reduzieren, indem man die Messergebnisse mittelt. Im Gegensatz dazu resultieren systematische Abweichungen aus grundsätzlichen Fehlstellen im Verfahren der Datenermittlung. Sie bewirken eine einseitig gerichtete Abweichung und heben sich durch Mittelbildung nicht auf. Ihre Ursache kann etwa im benutzten Empfängersystem am Teleskop liegen. Aber auch die Interpretation von gemessenen Daten mit Hilfe eines theoretischen Modells, zum Beispiel die Ableitung von effektiver Temperatur und Schwerebeschleunigung aus Profilen von Spektrallinien, ist anfällig gegenüber systematischen Fehlern.

Übertragen auf das HR-Diagramm ist um die als Standard angenommene Position der Sonne eine Fehlerbox zu denken, deren Abmessungen aus den kombinierten Fehlerangaben bei Sonne und Doppelgänger-Sternkandidaten resultieren (siehe Kasten 3). Hier Zahlenwerte festzulegen, gehört zu den kritischen Stellen des Verfahrens. Im Idealfall ist die Unsicherheit der in einer Datensammlung zusammengestellten Werte verlässlich ausgewiesen. Häufig fehlen entsprechende Angaben jedoch gänzlich oder man hat gelegentlich den Eindruck, dass manche Autoren die erreichte Messgenauigkeit ein bisschen zu optimistisch sehen. Jedenfalls lässt sich die Unsicherheit in Katalogdaten oft nur schwer einschätzen und als Größe einer Fehlerbox quantitativ festlegen.

Hiervon hängt jedoch die Zuverlässigkeit der ganzen Aussage ab. Eine zu eng angesetzte Fehlerbox birgt die Gefahr, dass tatsächliche Doppelgänger der Sonne wegen zufällig zu großer Messfehler ausgeschlossen werden. Dagegen lassen zu großzügig gewählte Fehlergrenzen zu viele falsche Kandidaten passieren. Solche Entscheidungen zu treffen, fällt in das Gebiet statistischer Testverfahren. Bei diesen geht es darum, welcher Fehlgriff nach der einen oder der anderen Seite als schlimmer einzuschätzen ist. Fazit: Ausgewählte Kandidaten lassen sich nur innerhalb gewisser Fehlergrenzen als gleich und somit Doppelgänger der Sonne betrachten.

Ein begründeter Ansatz für die Abmessungen der Fehlerbox im HR-Diagramm sind zwei Unterklassen im Spektraltyp und 0,6 Größenklassen in der absoluten Helligkeit. Letzteres hängt an der typischen Ungenauigkeit von ±10 bis 15 Prozent in den trigonometrischen Entfernungen naher Sterne. So gesehen ist es dann berechtigt, von einem Doppelgänger der Sonne zu sprechen, wenn der Kandidat den Spektraltyp G1V, G2V oder G3V hat und seine absolute Helligkeit Mv zwischen 4,52 und 5,12 mag liegt. Ein solcher Stern sollte zudem weder als auffällig veränderlicher Stern noch als Mitglied in einem Doppel- oder Mehrfachsystem bekannt sein. Es ist nahe liegend, eine solche Katalogsuche unter den helleren Sternen zu beginnen. Diese befinden sich in relativ geringer Entfernung zur Sonne, und ihre aktuellen Daten zeichnen sich demgemäß durch höhere Zuverlässigkeit aus.

Als Quellen bieten sich der Catalogue of Bright Stars sowie der Catalogue of Nearby Stars an. Beide Kataloge enthalten zusammengenommen 25 Sterne, die innerhalb der hier gewählten Fehlerbox im HR-Diagramm liegen. In diesem Zusammenhang relevant ist ferner der Katalog 100 Nearest Stars, herausgegeben von der internationalen Kollaboration RECONS (Research Consortium on Nearby Stars). Alle Objekte darin befinden sich in Sonnenentfernungen unterhalb von 6,7 Parsec, keines davon erfüllt jedoch die gesetzten Kriterien eines Doppelgängers der Sonne (siehe auch Tabelle).


Einige Kandidaten als Doppelgänger der Sonne
 Sternnummer
 Hipparcos-
 Katalog/
 WEBRA
scheinbare
visuelle
Helligkeit
V in mag
effektive
Temperatur
Teff in
Kelvin
Leuchtkraft
L/LO
in Sonnen-
leuchtkräften
Masse M/MO
in Sonnen-
massen

Logarithmus
der Schwerebe-
schleunigung
lg g (g in cm/s²)
Häufigkeit
Lithiumatome
zu Wasserstoff
N(Li)/N(H)*
 Alter in
 109 Jahren


Quelle



 HIP 55459
7,65
5831
1,10
1,03
4,420
3,6 x 10-11
4,4
a
 HIP 56948
8,67
5787
1,15
0,99
4,450
1,2 x 10-11
5,8
a
 HIP 73815
8,18
5784
1,21
1,00
4,340
8,9 x 10-12
6,3
a
 HIP 79672 =
 18 Scorpii
5,49

5807

1,04

1,03

4,450

4,3 x 10-11

4,0

a

 HIP 100963
7,07
5780
0,99
1,00
4,450
5,1 x 10-11
5,1
a
 M67-4063
14,63
5780
-
1,01
4,440
-
4,2
b

* für die Photosphäre der Sonne gilt N(Li)/N(H) = 1,1 x 10-11, im Vergleich dazu ist Kohlenstoff dort sehr viel häufiger vertreten: N(C)/N(H) = 2,7 x 10-4
a: do Nascimento, J.D. et al.: In: Astronomy & Astrophysics, 501, 2009, S. 687-694;
b: Önehag, A. et al.: In: Astronomy & Astrophysics 528, 2011, A85


Beim Durchsehen der gängigen Quellen (siehe Kasten 4), wie hier im Selbstversuch durchgeführt, treten fünf Einzelsterne hervor, die nach Spektraltyp und absoluter Helligkeit MV als Doppelgänger der Sonne gelten könnten. Einer davon muss später ausgeschlossen werden, weil er in der effektiven Temperatur aus der Fehlerbox herausfällt (siehe Kasten 3). Zwei der vier verbleibenden Kandidaten erweisen sich als veränderlich mit Lichtwechsel-Amplituden von jeweils nur wenigen hundertstel Größenklassen. Das spiegelt die bekannte Tatsache wider, dass geringe Helligkeitsschwankungen gerade unter Sternen der Spektralklassen G und K häufig auftreten.

Die Eingrenzung wird verschärft

Der erste Schritt der hier durchgeführten Suche beschränkte sich auf den Vergleich von Spektraltyp und absoluter Helligkeit von Sternen mit der Sonne. Bezieht man weitere Zustandsgrößen ein, so lässt sich die Auswahl näher eingrenzen. Es geht dann um Fehlerboxen in mehr als zwei Dimensionen. Vor allem sollten, über die pauschale Spektralklassifikation hinausgehend, möglichst viele der in den Sternspektren enthaltenen Informationen ausgewertet werden.

Das theoretische Rüstzeug dafür ist inzwischen weit entwickelt und erlaubt umfassende Einblicke in die Natur einer Sternatmosphäre. Aus der detaillierten Untersuchung von Sternspektren lässt sich auf Leuchtkraft, effektive Temperatur, Schwerebeschleunigung an der Oberfläche sowie auf die chemische Zusammensetzung schließen (siehe Kasten 5). Darüber hinaus ist die Bestimmung von magnetischer Feldstärke und Sternrotation möglich, und selbst Indizien für das Sternalter lassen sich in speziellen Fällen finden. Allerdings setzt eine so umfassende Interpretation der Sternstrahlung in Abhängigkeit von der Wellenlänge sehr gut aufgelöste Spektren und einen großen Aufwand bei der Datengewinnung und -auswertung voraus. Aus rein praktischen Gründen konzentrieren sich derartige Untersuchungen deshalb meist auf Teilaspekte.

Zudem fehlt es bis heute an Datensammlungen, die alle wichtigen Sternparameter zugleich enthalten. Die Arbeit mit mehrdimensionalen Fehlerboxen ist derzeit nur eingeschränkt möglich und muss sich darauf beschränken, geeignete Einzelkataloge parallel zu durchsuchen und Kandidatenlisten anschließend zu überlagern. Über die bisher genutzten hinausgehend, können zahlreiche weitere Quellen im Fundus des Straßburger Datenzentrums hilfreich sein (siehe Kasten 4).

Professionelle Suche

Eine verbesserte Suche nach möglichen Doppelgängern lässt sich anhand einer »professionellen« Liste sonnenähnlicher Sterne von Jorge Meléndez von der Universität São Paulo und Kollegen durchführen. Die Arbeitsgruppe hat sich insgesamt um das Auffinden solcher Sterne verdient gemacht. Dabei griffen die Forscher auf die mit dem Satelliten Hipparcos gesammelten Daten zurück. Die von ihnen ausgewählten Sterne gleichen in den Farbindizes der Sonne und sollten aus Gründen der Zuverlässigkeit der Daten nicht weiter als 75 Parsec entfernt sein. Unter allen Objekten genügten schließlich nur etwa 100 den gesetzten Kriterien. Ergänzend zu den Hipparcos-Daten wurden Spektren ausgewertet und konsistente Werte von effektiver Temperatur und Schwerebeschleunigung an der Oberfläche sowie der chemischen Zusammensetzung der Sternatmosphäre ermittelt. Die eigentliche Zielsetzung dieser Untersuchungen war, die Zusammenhänge zwischen Farbindizes und fundamentalen Parametern von Sternen verbessert zu bestimmen.

Das Material ist von seiner Anlage her ausgezeichnet zur Suche nach Doppelgängern der Sonne geeignet. Allerdings überdecken die Sterne in der genannten Liste einen beträchtlichen Bereich unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung des atmosphärischen Gases. Es sind Objekte erfasst, die in der Häufigkeit von Elementen relativ zu Wasserstoff und Helium um mehr als einen Faktor zwei nach oben und nach unten von der Sonne abweichen. Ein solcher Spielraum lag in der Absicht der Originalarbeit, würde die Suche nach echten Doppelgängern der Sonne aber verfälschen. Es ist bekannt, dass die Sonne hinsichtlich der Elementhäufigkeiten einem durchschnittlichen G-Stern nahe der galaktischen Ebene gleicht. Als zusätzliches Auswahlkriterium wird deshalb hier die chemische Zusammensetzung eingeschränkt, und es werden nachfolgend nur Sterne mit maximal 25 Prozent Abweichung von den solaren Werten berücksichtigt. So verbleiben aus der zitierten Arbeit 34 Doppelgänger-Kandidaten (siehe Kasten 3).

Bei drei dieser Objekte sind derzeit planetare Begleiter bekannt, mehrere Sterne sind als BY Draconis-Veränderliche klassifiziert. Dieser Sterntyp umfasst junge G- bis M-Sterne nahe der Hauptreihe im HR-Diagramm. Ihre geringen Lichtwechselamplituden lassen deutlich periodische Anteile erkennen. Das hängt mit der Rotation der Sterne zusammen und geht auf große Oberflächenstrukturen unterschiedlicher Temperatur und Flächenhelligkeit, auf so genannte Sternflecken, zurück. Es zeigen sich Emissionslinien zum Beispiel von Wasserstoff und Kalzium in den Spektren, und häufig weisen die Helligkeitsvariationen auch eruptive Anteile auf. Auch die Sonnenatmosphäre zeigt Aktivitätserscheinungen. Diese äußern sich besonders auffällig in der unterschiedlichen Bedeckung der Photosphäre mit Sonnenflecken. Fleckenhäufigkeit und -verteilung wechseln mit der bekannten 11-jährigen Periode. Weitere Aktivitätsanzeiger sind Emissionslinien auch im optischen Teil des Sonnenspektrums; die stärkste von ihnen ist die H-alpha-Linie. Sie werden als so genanntes Flash-Spektrum bei Sonnenfinsternissen sichtbar, wenn der Mond unmittelbar vor der Totalität bereits die Photosphäre abdeckt und nur noch ganz am Rand Strahlung der Chromosphäre passieren lässt.

Die Überwachung der Gesamtausstrahlung der Sonne begann 1978 mit dem NASA-Satelliten Nimbus-7. Inzwischen ist bekannt, dass sich die Strahlungsleistung, ausgedrückt durch die Solarkonstante, mit dem 11-jährigen Sonnenzyklus um 0,1 Prozent ändert. Während der Sonnenfleckenmaxima ist die Ausstrahlung am größten. Das liegt an den gegenläufigen Beiträgen von reduzierter Strahlung aus Fleckengebieten einerseits und Aufhellungen in den damit verbundenen chromosphärischen Fackeln andererseits. Kurzzeitänderungen in den Jahren der aktiven Sonne zeigen im optischen Spektralbereich eine ähnliche Größe. Ferner sind Strahlungsexzesse im Infraroten und Ultravioletten bis hin zum Röntgenbereich nachweisbar. Gerade im Photonenfluss bei hohen Energien treten die Schwankungen besonders deutlich auf. So variiert die Röntgenemission der Sonne zwischen Aktivitätsminimum und -maximum typischerweise um einen Faktor zehn.

Alle beobachteten Aktivitätserscheinungen gehen auf ein regelmäßig wechselndes und kompliziert strukturiertes Magnetfeld zurück. Die Veränderungen verlaufen dabei jedoch nicht völlig periodisch, sondern Zyklenlänge wie auch -amplitude unterliegen ihrerseits Schwankungen. Solche Erscheinungen sind auch bei den sonnenähnlichen Sternen bekannt. Dabei ist deren Ausmaß deutlich mit der Rotationsdauer der Sterne und der Stärke ihrer Magnetfelder verknüpft. Mit wachsendem Sternalter werden die Magnetfelder und die atmosphärischen Aktivitäten schwächer, die Sternrotation verlangsamt sich. Zu den aktiven Sternen gehören auch die genannten BY-Draconis-Veränderlichen, darunter IX Eridani. Für diesen Stern lässt sich aus der periodischen Helligkeitsvariation auf eine Rotationsdauer von etwa elf Tagen schließen. Im Vergleich dazu benötigt die Sonne mehr als 25 Tage für eine Umdrehung.

Im Sinn der Entwicklungssequenz ist die Sonne also älter als der Kandidat. Das äußert sich auch in der Fleckenbedeckung. Während die Lichtkurve der BY-Draconis-Veränderlichen durch den Umlauf nur weniger großer Flecke moduliert ist, sind die Sonnenflecken sehr viel kleiner und zahlreicher und die Fleckenbedeckung ist insgesamt viel geringer als bei jüngeren aktiven Sternen. Das unterschiedliche Entwicklungsalter spiegelt sich in den beiden HR-Diagrammen im Kasten 3 wider. Dort sind die BY-Draconis-Sterne sowie zwei Vorhauptreihensterne hervorgehoben. Als junge Sterne befinden sie sich im Diagramm bereits nahe der Hauptreihe für das Alter Null, aber die typische Entwicklung mit steigender Leuchtkraft und wachsendem Radius liegt noch vor ihnen. Da die Masse der Sterne in der Nach-Hauptreihen-Phase konstant bleibt, wird sich die Radiuszunahme in einer Verkleinerung des Wertes der Schwerebeschleunigung äußern.

Die in der reduzierten Liste von Meléndez und Mitarbeitern verbliebenen Kandidaten fallen bis auf ein rundes Dutzend in die angesetzten Fehlerboxen und kommen somit als Doppelgänger der Sonne in Frage (siehe Kasten 3). Die Auswahl lässt sich noch einmal reduzieren, wenn zudem die Kriterien Sternmasse und -alter einbezogen werden.

Über die Masse von Einzelsternen lässt sich eigentlich nur auf indirektem Wege etwas aussagen, nämlich über die Anpassung theoretischer Modelle des Sternaufbaus an beobachtete Daten (siehe Kasten 5). Ein Stern geht, nach turbulenter und vergleichsweise schneller Entwicklung während seiner Frühphase, in einen für lange Zeit stabilen Zustand über. Die Fusion von Wasserstoff zu Helium im stellaren Kernbereich ist dabei für den Energiehaushalt bestimmend.

Bei einem sonnenähnlichen Stern dauert dieses Stadium etwa zehn Milliarden Jahre, gerechnet von der Position auf der Alter-Null-Hauptreihe des HR-Diagramms. Trotzdem ändern sich mit dem allmählichen Verbrauch des zentralen Wasserstoffvorrats wichtige Zustandsgrößen und markieren im Diagramm eine Entwicklungslinie. Deren Lage und Verlauf ist vor allem durch Masse und chemische Zusammensetzung des Sterns festgelegt und heute aus der Berechnung physikalischer Modelle von Sternen zuverlässig bekannt. Die Experten bieten für den inneren Aufbau der Sterne inzwischen ganze Sätze solcher Entwicklungslinien für die verschiedensten Parameterkombinationen von Masse und chemischer Zusammensetzung an.

Die Masse eines Sterns ergibt sich also aus derjenigen Entwicklungslinie, die bei gegebener chemischer Zusammensetzung den Ort des Sterns im HR-Diagramm erfasst. Die Methode ist mit einer Unsicherheit von ±5 Prozent behaftet, das heißt, Sterne mit Massewerten zwischen 0,95 und 1,05 Sonnenmassen wären als solare Doppelgänger zu akzeptieren. Die auf der Entwicklungslinie erreichte Position ist zugleich mit einer Aussage zum Alter des Sterns verbunden, gerechnet je nach Ansatz der Autoren etwa vom Erreichen der Alter-Null-Hauptreihe an.

Der Entwicklungsweg der Sonne ist bis zu einem Alter von 7,8 Milliarden Jahren in den Diagrammen in Kasten 3 dargestellt. Bis dahin wächst der Sonnenradius an, es erhöhen sich Leuchtkraft und effektive Temperatur, die Schwerebeschleunigung wird geringer.

Doppelgänger der Sonne in Gesellschaft anderer Sterne

Hier sind zunächst zwei recht sonnenähnliche Sterne zu nennen, die wegen ihrer Mitgliedschaft in Mehrfachsystemen allerdings nicht als wirkliche Doppelgänger der Sonne betrachtet werden können. Beim visuellen Doppelstern 16 Cygni AB sind beide Komponenten des Systems in den wichtigen Parametern untereinander und jeweils der Sonne sehr ähnlich. Die Komponente 16 Cygni B erfüllt in ihren Eigenschaften die Bedingungen eines Doppelgängers der Sonne besser als der Begleiter, ihre Werte für die entsprechenden Parameter fallen in die Fehlerboxen in unserem Beispiel. Das Sternalter von nahezu 8 Milliarden Jahren ist dagegen deutlich höher als das der Sonne sowie der schließlich herausgestellten Doppelgänger-Kandidaten (siehe Tabelle unten). Die B-Komponente wird von einem Planeten mit etwa 1,7 Jupitermassen in 800 Tagen umlaufen. Dieser Begleiter wurde bei Radialgeschwindigkeitsmessungen bereits 1996 als einer der ersten Exoplaneten überhaupt entdeckt. Seine Bahn verläuft stark exzentrisch mit einer großen Halbachse von 1,7 Erdbahnradien. Im Vergleich zu dem an der Himmelssphäre gemessenen Abstand zwischen den Sternkomponenten A und B von etwa 850 Erdbahnradien, beschreibt der planetare Begleiter eine sehr enge Bahn um seinen Zentralstern. Tatsächlich könnte 16 Cygni ein hierarchisch aufgebautes Mehrfachsystem sein, bei dem die Komponente A noch einen nahen Stern C als Begleiter hat und dieses enge Paar mit der entfernten Komponente B und ihrem Exoplaneten dynamisch verbunden ist.

Auch den Stern Alpha Centauri (α Cen) sehen einige Wissenschaftler als sehr sonnenähnlich an. Er ist Teil eines wahrscheinlichen Tripelsystems, das mit Proxima Centauri möglicherweise auch den sonnennächsten Stern einschließt. Tatsächlich betrifft die Sonnenähnlichkeit der A-Komponente vor allem deren Aktivitätserscheinungen, die Röntgenleuchtkraft sowie die Rotationsperiode von 29 Tagen. Auch das Alter ist mit fünf bis sieben Milliarden Jahren dem der Sonne gut vergleichbar. Der Stern ist vom Spektraltyp G2V, die Werte von Leuchtkraft, Masse und Radius passen dagegen nicht in die gesetzten Fehlerboxen. Zudem ist die Atmosphäre von Alpha Centauri A in ihrer chemischen Zusammensetzung stärker mit schwereren Elementen angereichert als die Sonnenhülle.

Es kann nicht überraschen, dass die Suche nach Doppelgängern der Sonne auch auf die Mitglieder von Sternhaufen ausgedehnt worden ist. Unter den etwa 1500 im Milchstraßensystem katalogisierten offenen Sternhaufen gibt es solche ganz unterschiedlichen Alters, und hauptreihennahe Sterne der in Betracht kommenden Spektraltypen um G2 finden sich darin immer. Entsprechende Untersuchungen im offenen Sternhaufen Messier 67 erbrachten tatsächlich mehrere sehr gute Kandidaten. Hinsichtlich ihres Alters von rund vier Milliarden Jahren sowie ihrer chemischen Zusammensetzung sind die Sterne in Messier 67 unserem Zentralgestirn vergleichbar. Der darunter anscheinend beste Doppelgänger der Sonne trägt in der großen Datenbank offener Sternhaufen, WEBDA, die Nummer M67-4063.

18 Scorpii - ein Spitzenkandidat?

Eigentlich gibt es keinen Stern, der von allen Autoren übereinstimmend als bester Doppelgänger unserer Sonne anerkannt ist. Die meisten Befürworter findet immer noch 18 Scorpii, der sich seit mehr als 15 Jahren auf den Kandidatenlisten findet (siehe Tabelle weiter oben). Es ist ein Stern der 5. Größenklasse nahe der nördlichen Grenze des Sternbildes Skorpion und prägt sich schon allein wegen seiner Bezeichnung in der klassischen Nomenklatur von Sternen gegenüber den lichtschwächeren Kandidaten subjektiv eher ein. Masse und Radius des Sterns konnten in jüngster Zeit durch Verfahren der Asteroseismologie und Interferometrie mit hoher Genauigkeit bestimmt werden. Diese Daten sind besonders wichtig, weil sie die Ergebnisse von Spektrenanalyse und Modellrechnungen in völlig unabhängiger Weise bestätigen und ergänzen. Auch in seinen chromosphärischen Aktivitätsprozessen ist 18 Scorpii kaum von der Sonne zu unterscheiden. Aktivitätsanzeiger sind wieder die Röntgenemission aus dem heißen Koronagas sowie Variationen in der Stärke chromosphärischer Emissionen. Im optischen Bereich sind die zeitlich wechselnden Emissionsbeiträge in den Fraunhofer-Linien H und K des Kalziums gut messbar, wenn sie während aktiver Phasen die aus tieferen Atmosphärenschichten kommenden Absorptionslinien verstärkt auffüllen. Über den Zeitraum von mehr als zehn Jahren zeigte sich das gleiche Verhalten wie bei der Sonne, und auch die Helligkeitsänderungen im Gesamtlicht verhielten sich bei Sonne und Stern übereinstimmend. Die Dauer des Aktivitätszyklus schwankt bei der Sonne um ein langjähriges Mittel von 11,2 Jahren, bei 18 Scorpii deutet sich ein Zeitraum zwischen sieben und elf Jahren an. Die Rotationsdauer des Kandidaten kommt mit 23 Tagen derjenigen der Sonne ebenfalls recht nahe.

Die Lithiumfrage

Die leichten Elemente Lithium, Beryllium und Bor fallen unter den in kosmischen Objekten vorkommenden Atomarten durch besonders geringe Häufigkeit auf. Das gilt nicht nur gegenüber den ohnehin häufigsten Elementen Wasserstoff und Helium, sondern auch im Vergleich zu den Nachbarn mit größerem Atomgewicht, Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff. Neben Helium entstand Lithium in sehr geringer Menge während der im Frühstadium des Kosmos ablaufenden Ur-Kernsynthese. Es existiert überwiegend als Isotop der Massenzahl 7. Später bildeten sich Lithium, Beryllium und Bor im Wesentlichen nur noch in der Wechselwirkung zwischen energiereichen Teilchen der kosmischen Strahlung und Atomen der interstellaren Materie. Durch Teilchenstöße werden insbesondere Kohlenstoff- und Sauerstoffatome in masse- und ladungsärmere Bruchstücke zerlegt. Dieser an sich schon uneffektiven Produktion steht gegenüber, dass die genannten Atomarten in Sternen bei Temperaturen oberhalb von wenigen Millionen Kelvin durch den Einbau von Protonen instabil werden und zu Helium zerfallen.

Für die Sonne ist bekannt, dass Lithium gegenüber einer als allgemein angenommenen kosmischen Häufigkeit um einen Faktor 150 zu wenig beobachtet wird. Die Erklärung für die Unterhäufigkeit könnte in Konvektionsprozessen liegen, durch welche die bei der Sternentstehung aus der protostellaren Wolke eingebrachten Lithiumatome in das Innere gemischt und dort in Schichten genügend hoher Temperatur allmählich in Helium überführt worden sind. Möglicherweise erfasst die unterhalb der Photosphäre sonnenähnlicher Sterne existierende Wasserstoff-Konvektionszone jedoch nicht hinreichend tiefe Schichten, als dass sich der Elementabbau so verstehen ließe.

Bisher scheint noch nicht völlig geklärt, welche physikalischen Prozesse hier zusammenwirken. Eine Unterhäufigkeit von Lithium tritt oft bei sonnenähnlichen Sternen auf, und selbst wenn ganz enge Grenzen von Masse und chemischer Zusammensetzung gezogen werden, verbleiben von Objekt zu Objekt Streuungen im Lithiumgehalt um einen Faktor 100. Anscheinend reagiert der Abbau des Elements empfindlich und bisher unverstanden auf Feinheiten im individuellen Zustand eines Sterns und seiner vorangegangenen Entwicklung. Jedenfalls scheint die Lithiumhäufigkeit in Sternatmosphären ein empfindlicher Ausdruck der Verhältnisse im Sterninneren zu sein und wird so zu einem besonders wichtigen Kriterium bei der Auswahl solarer Doppelgänger. (Die physikalischen Charakteristika von fünf ziemlich gut geeigneten Doppelgänger-Kandidaten sind in obiger Tabelle zusammengestellt.)

Das Lithium-Argument spricht allerdings gegen 18 Scorpii als einen besonders überzeugenden Doppelgänger der Sonne. Im Vergleich der chemischen Zusammensetzungen in den Atmosphären der Kandidaten verhalten sich diese untereinander und gegenüber der Sonne ganz ähnlich, Abweichungen bleiben bei den einzelnen Elementen jeweils unterhalb 25 Prozent. Signifikant anders sieht das jedoch bei der relativen Häufigkeit von Lithium aus. Das Element ist in der Atmosphäre von 18 Scorpii nahezu vier Mal häufiger als in der Sonne vertreten. Der spektroskopische Nachweis von Lithium und die quantitative Analyse beruhen auf einer Absorptionslinie des neutralen Atoms bei einer Wellenlänge von 670,8 Nanometern. Der glatte Verlauf im Sonnenspektrum an dieser Stelle unterscheidet sich deutlich von der auffälligen Einsenkung der Lithiumlinie der beiden Doppelgänger-Kandidaten 18 Scorpii und HIP 100963. Während es der Sonne offensichtlich an diesem Element mangelt, ist es in den Atmosphären der beiden Sterne relativ reichlich vorhanden. Deutlich sonnenähnlicher als 18 Scorpii verhalten sich in dieser Hinsicht die Sterne HIP 73815 und vor allem HIP 56948.

Die Suche geht weiter

Im wissenschaftlichen Programm des im Jahr 2012 am Observatorio del Teide, Teneriffa, eingeweihten deutschen 1,5-Meter-Sonnenteleskops GREGOR sind auch Nachtbeobachtungen vorgesehen (siehe SuW 7/2012, S. 46). Mit einer solchen Erweiterung im Einsatz soll die Beobachtungszeit an dem Spitzengerät der Sonnenforschung bestmöglich ausgeschöpft werden. Passend zur Sonne als dem primären Ziel, sollen im Nachtbetrieb potenzielle Doppelgänger-Kandidaten spektroskopisch mit hoher Auflösung untersucht werden. Dafür ist ein speziell entwickelter Spektrograf für zwei Wellenlängenbereiche vorgesehen. Die Abarbeitung der Programmsterne wird voraussichtlich im robotischen Betrieb erfolgen. Das Vorhaben ist wissenschaftlich sehr zu begrüßen, denn die Gewinnung eines homogenen Materials dieser Art wäre hervorragend geeignet, unser Bild von den sonnenähnlichen Sternen beträchtlich zu erweitern.

Echte Doppelgänger der Sonne sind selten. Das HR-Diagramm mit den Parametern Spektraltyp oder auch effektive Temperatur einerseits sowie absolute Helligkeit beziehungsweise Leuchtkraft andererseits spiegelt die globale Erscheinung eines Sterns wider. Diese Zustandsgrößen werden aus der von der gesamten Sternoberfläche ausgehenden Strahlung ermittelt. Sie sind vor allem Ausdruck der langzeitlichen Stabilität einer gewaltigen Gasmasse im Gleichgewicht zwischen dem Druck des heißen Gases im Inneren und seiner Schwerkraft. Darauf beruht die Erfolgsgeschichte der klassischen Theorie des inneren Aufbaus und der Entwicklung der Sterne. Das ist ein wunderbares und in sich geschlossenes Teilgebiet der theoretischen Astrophysik.

Auf dieser Basis wäre das Auftreten stellarer Doppelgänger etwas ganz Selbstverständliches. Tatsächlich ist die Physik eines Sternes vor dem Hintergrund von Thermodynamik und Gravitation im Detail durch eine Fülle höchst komplexer Prozesse bestimmt. Die Sternrotation und dadurch ausgelöste Strömungen im Sterninneren wirken sich modifizierend auf den Sternaufbau aus. Auf kleiner räumlicher Skala bilden sich turbulente Bewegungen im Gas, und es entstehen Magnetfelder, die ihrerseits die Gasdynamik beeinflussen sowie auch nach außen höchst beeindruckende Erscheinungen hervorbringen. In der Realität treten verschiedenartige Instabilitäten, energetische Ausbrüche und lokale Strukturen auf den Sternoberflächen auf, die sich im Bild des globalen Sterns nicht bemerkbar machen können. Während das integrale Licht die Position eines Sterns im HR-Diagramm bestimmt, zeigen sich bei Beschränkung auf schmalere und besonders aussagekräftige Spektralbereiche neue Aspekte. Sie machen die Individualität eines Sterns aus und heben ihn hervor gegenüber dem mittleren Typus seiner Art. Es ist Ausdruck dieser Tatsache, dass sich wohl grundsätzlich nur wenige »echte« Doppelgänger unserer Sonne identifizieren lassen werden, die selbst einem strengen Vergleich aller ihrer Eigenschaften standhalten.

*

KASTEN 1

100 Jahre HR-Diagramm - ein tragender Pfeiler der Astrophysik

Der als Hertzsprung-Russell-Diagramm (HR-Diagramm) bekannte Zusammenhang zwischen dem Spektraltyp (Temperatur) und der absoluten Helligkeit (Strahlungsleistung) eines Sterns wurde der wissenschaftlichen Öffentlichkeit erstmals am 13. Juni 1913 in grafischer Form vorgestellt. Das geschah in einem Vortrag, den Henry Norris Russell vor der Royal Astronomical Society in London hielt. Ohne Abbildungen findet sich der Text abgedruckt in der Zeitschrift Observatory 36 (1913) S. 324-329. Am 30. Dezember 1913 diskutierte Russell umfassend und in wissenschaftlich vorbildlicher Art und Weise den bei der Erfassung aussagekräftiger Sterndaten erreichten Stand der Forschung und zeigte das Zustandsdiagramm erneut, nun vor der Astronomical and Astrophysical Society of America.

Wie schon im ersten Vortrag, nahm Russell ausdrücklich Bezug auf Ejnar Hertzsprung, der 1905 in seiner Potsdamer Zeit auf eine markante Zweiteilung unter den Sternen, die röter als die Sonne sind, in Leuchtkraft-Riesen einerseits und Leuchtkraft-Zwergen andererseits, hingewiesen hatte. Seitdem waren für eine große Zahl von Sternen insbesondere Entfernungen und damit absolute Helligkeiten bekannt geworden. Das ermöglichte die Aufstellung eines ersten aussagekräftigen HR-Diagramms. In genialer Weise schlug Russell in seinem Vortrag den Bogen von den Sterndaten und dem Diagramm zur Astrophysik der Sterne und deren zeitlicher Entwicklung.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

In dem originalen Zustandsdiagramm von Henry N. Russell ist die absolute visuelle Helligkeit über den Spektraltypen der Sterne aufgetragen. Diese in der Zeitschrift »Popular Astronomy« abgedruckte Darstellung beruht auf den im Frühjahr 1913 bekannten Entfernungen von Sternen. Bei den größeren Punkten ist der wahrscheinliche Fehler der absoluten Helligkeiten geringer als ±1 Größenklasse. Die offenen Kreise stehen für die Mittelwerte jeweils mehrerer Riesensterne mit nur sehr unsicheren Entfernungsangaben.



KASTEN 2

Sternenleben im HR-Diagramm

In der ursprünglichen Form sind in dem Hertzsprung-Russell-Diagramm die absoluten visuellen Helligkeiten der Sterne gegen ihren Spektraltyp aufgetragen. Gängig ist aber auch der Farbindex entlang der Abszisse. Zeichnet man die Positionen der Sterne in Sonnennähe nach diesen Kriterien in das Diagramm ein, tummeln die meisten sich entlang der so genannten Hauptreihe. Sie spiegelt die physikalischen Gegebenheiten wider, wie sie bei Sternen während des zentralen Wasserstoffbrennens, der längsten Phase des Sternenlebens, vorkommen. Ausgehend von der Hauptreihe zieht sich nach rechts oben ein Zweig, der von Roten Riesen während ihrer Spätphase besiedelt wird. In der linken unteren Ecke befinden sich die Weißen Zwerge, die Endstadien sonnenähnlicher Sterne.

Grafik der Originalpublikation im Schattenblick nicht veröffentlicht.



KASTEN 3

Mögliche Doppelgänger eingegrenzt

In diese beiden HR-Diagramme sind Einzelsterne als Punkte aus der Arbeit von Jorge Meléndez und Kollegen eingezeichnet, die sich in der chemischen Zusammensetzung um nicht mehr als 25 Prozent von der Sonne unterscheiden und relative Fehler in den Leuchtkräften von weniger als 15 Prozent haben. Dazu kommen die fünf Sterne aus dem »Selbstversuch«. Offene Kreise kennzeichnen die Positionen der erfassten BY-Draconis-Sterne. Die auf die Sonne (⨀) zentrierte Fehlerbox markiert einen Unsicherheitsbereich von ±80 Kelvin in der Temperatur- und ±0,27 in der Leuchtkraftskala (entsprechend ±0,3 Größenklassen in absoluter Helligkeit). Auf der Alter-Null-Hauptreihe liegen die Ausgangspositionen stabiler Sterne nach Durchlaufen des Vorhauptreihenstadiums. Die Sonne hat sich während der vergangenen 4,6 Milliarden Jahre entlang einer Entwicklungslinie (rot gestrichelt) von dieser ursprünglichen Hauptreihe entfernt. Als Koordinaten sind Leuchtkraft (links) beziehungsweise der Logrithmus der Schwerebeschleunigung (rechts, Fehlertoleranz lg g ±0,2) gegen die effektive Temperatur aufgetragen.

Grafiken der Originalpublikation im Schattenblick nicht veröffentlicht.



KASTEN 4

Datenkataloge

Die Fülle der Datensammlungen im Astronomischen Datenzentrum Straßburg (Centre de Données astronomiques de Strasbourg, CDS) ist im Internet frei zugänglich unter: https://vizier.u-strasbg.fr. Zum eigenen Recherchieren bieten sich die Datensammlungen Simbad und VizieR an. Die darin bereit gestellten Suchmasken lassen sich an die jeweilige Fragestellung anpassen und helfen, Objekte der gewünschten Parameterkombinationen auszuwählen. Es kann richtig Spaß machen, auf diese Weise selbst mit den Daten zu experimentieren!

Catalogue of Bright Stars: Dieser Katalog listet für rund 9100 Sterne, die heller als 6,5 mag sind, alle wesentlichen astronomischen und fotometrischen Daten sowie Spektraltypen auf; Doppel- und Mehrfachsterne sowie Veränderliche sind markiert. Absolute Helligkeiten sind in diesem Katalog zwar nicht direkt angegeben, lassen sich aber aus den scheinbaren Helligkeiten zusammen mit den Werten der Parallaxen berechnen. (Der Einfluss der interstellaren Extinktion ist für die meisten dieser scheinbar hellen Sterne zu vernachlässigen.)

Catalogue of Nearby Stars: Diese Quelle stellt alle zum Zeitpunkt der Veröffentlichung (1991) bekannten Sterne näher als 25 Parsec (81 Lichtjahre) zur Sonne zusammen. Für insgesamt 3803 Objekte finden sich darin die Spektraltypen sowie fotometrische und kinematische Daten.

Hipparcos Main Catalog: Der ESA-Satellit Hipparcos war Anfang der 1990er Jahre in einer astrometrischen Mission unterwegs und bestimmte für nahezu 120.000 vorher ausgewählte Sterne die Positionen, Eigenbewegungen und trigonometrische Parallaxen, das heißt Entfernungen, mit bis dahin nicht erreichter Genauigkeit. Darüber hinaus bringt der Katalog fotometrische Daten und Angaben zu Variabilität und eventuellen stellaren Begleitern der Objekte. Gleichzeitig wurden an Bord des Satelliten 2,5 Millionen Sterne mit visuellen Helligkeiten bis etwa V = 12 mag astrometrisch und fotometrisch untersucht (Tycho Catalogue).

PASTEL Catalogue of Stellar Parameters: Für nahezu 6000 Sterne lassen sich dem Katalog zuverlässige Angaben von effektiver Temperatur, Schwerebeschleunigung und relativer Häufigkeit schwererer chemischer Elemente in der jeweiligen Sternatmosphäre entnehmen. Darüber hinaus umfasst der Katalog für eine noch größere Anzahl an Objekten unvollständige Sätze der genannten Parameter.

100 Nearest Stars: Die Untersuchungen des internationalen Konsortiums RECONS zielen auf eine möglichst vollständige Erfassung und Beschreibung der Sternpopulation innerhalb von 10 Parsec um die Sonne. Das häufig aktualisierte Material ist im Internet einzusehen, darunter auch das HR-Diagramm aller in diesem Raumbereich bekannten Sterne: www.chara.gsu.edu/RECONS.



KASTEN 5

Bestimmung fundamentaler Parameter

Die Kenntnis von Leuchtkraft, effektiver Temperatur, Radius und Masse ist eine wichtige Voraussetzung, um das Erscheinungsbild von Sternen und ihren inneren Aufbau zu verstehen. Nach dem planckschen Strahlungsgesetz der Physik ist die effektive Temperatur über Leuchtkraft und Radius eines Sterns definiert. Ihre Bestimmung setzt demnach die Kenntnis von Entfernung und Winkelradius des Sterns sowie seine an der Erde ankommende Strahlungsleistung, summiert über alle Wellenlängen, voraus. Insbesondere wegen der Schwierigkeit, Sternradien zu messen, ist der direkte Weg zur Sterntemperatur nur in ganz wenigen Fällen gangbar.

Der Wert der Schwerebeschleunigung eines Sterns hängt vom Verhältnis seiner Masse zum Quadrat des Radius ab. Auf direktem Weg lassen sich die Sternmassen nur aus der Bahnbewegung in Doppelsystemen oder über eventuell bekannte planetare Begleiter bestimmen. Im allgemeinen Fall ist es jedoch auch hier praktisch außerordentlich schwierig, die erforderlichen Eingangsdaten zu gewinnen.

Auf indirektem Wege werden die fundamentalen Sternparameter heute durch Anpassung theoretischer Modelle an die beobachtete, wellenlängenabhängige Sternstrahlung ermittelt. Die Nutzung eines mathematisch-numerischen Modells um Aussagen über Zustand und Entwicklung von Sternen zu erhalten, ist ein gängiges Verfahren der heutigen Astrophysik. Es treten in einem solchen Modell etwa die für seine mechanische Stabilität und Strahlungseigenschaften bestimmenden physikalischen Gesetze, das Absorptionsverhalten von Atomen und Ionen in der Sternatmosphäre sowie andere Materialeigenschaften miteinander verknüpft auf. Die Modelle sind inzwischen so weit entwickelt, dass ein Modellstern bei vorgegebener Masse und chemischer Zusammensetzung das Verhalten des realen Vorbilds in der globalen Erscheinung wie den Strahlungseigenschaften zuverlässig widerspiegelt. Mit Hilfe der Variation der Modell bestimmenden Parameter lässt sich zwischen einer theoretisch abgeleiteten spektralen Energieverteilung und einem realen Sternspektrum weitestgehende Übereinstimmung herstellen. Dafür muss zum Vergleich ein möglichst umfangreicher Satz von Spektrallinien nach Linientiefe und -form vermessen worden sein. So lassen sich konsistente Werte für die gesuchten Parameter effektive Temperatur, Leuchtkraft und Schwerebeschleunigung finden. Das funktioniert, weil die Einsenkung einer Spektrallinie von den Eigenschaften und der Zahl der verursachenden atomaren Teilchen entlang des Lichtweges durch die Sternatmosphäre abhängt, zudem jedoch jede Linie individuell durch Temperatur und Schwerebeschleunigung beeinflusst ist. Aus den drei auf diesem Wege gewonnenen Parametern ergeben sich dann schließlich auch der Radius des Sterns und seine Masse.


Werner Pfau war bis zu seiner Emeritierung Direktor des Astrophysikalischen Instituts der Friedrich-Schiller-Universität Jena und von 1996 bis 1999 Vorsitzender der Astronomischen Gesellschaft.



Streifzüge durch das HR-Diagramm

Teil 1: Von der Beobachtung zur Theorie der Sterne - Juni 2006
Teil 2: Das Diagramm als Abbild von innerem Aufbau und Entwicklung der Sterne - November 2006
Teil 3: Die Sternbevölkerungen der Galaxien - April 2007
Teil 4: Sterne - noch nicht auf der Hauptreihe - September 2007
Teil 5: Sterne in Symbiose - Dezember 2008
Teil 6: Doppelgänger gesucht - Dezember 2013



Literaturhinweise

Asplund, M. et al.: The chemical composition of the Sun. Annual Review of Astronomy and Astrophysics 47, S. 481-522, 2009
Basri, G. et al.: Photometric variability in Kepler target stars: The Sun among stars - a first look. In: Astrophysical Journal Letters, 713 (2), S. 155-159, 2010
Castro, M. et al.: Solar twins in M67: Evolutionary status and lithium abundance. In: Astronomy & Astrophysics 526, A17, 2011
Denker, C. et al.: Das Sonnenteleskop GREGOR. In: Sterne und Weltraum 7/2012, S. 46-53
Emden, R.: Gaskugeln, B. G. Teubner, 1907
Kippenhahn, R., Weigert, A.: Stellar Structure and Evolution. Springer, Heidelberg, 2012
Meléndez, J. et al.: uvby-b photometry of solar twins - The solar colors, model atmospheres, and the Teff and metallicity scales. In: Astronomy & Astrophysics 522, A98, 2010
Takeda, Y. et al.: Behavior of Lithium abundances in solar-analog stars. Evidence for line-width dependence. In: Astronomy & Astrophysics, 468, S. 663-677, 2007
Schwarzschild, M.: Structure and Evolution of Stars. Wiley, 1957

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w i s - wissenschaft in die schulen

Didaktische Materialien zu diesem Beitrag

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Zum Artikel »Doppelgänger gesucht» schlagen wir Ihnen zwei WIS-Materialen vor:

»Die Erforschung der Sonne» unternimmt einen Streifzug durch die Geschichte der Erforschung der Sonne. Dabei wird die Entwicklung der Sonnenforschung an ausgewählten Beispielen in Form einer komplexen Lernaufgabe für die Schüler zugänglich gemacht. So werden verschiedene Kompetenzen entwickelt, der Schwerpunkt liegt im Bereich der Erkenntnisgewinnung. Die Methoden der Sonnenforschung sind der Schwerpunkt des Materials.
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»Tatort Schule - Spektroskopie selbst erleben»: Im Idealfall sollte der Unterrichtsraum ein »Tatort» sein, der eine aktive Auseinandersetzung mit den zu vermittelnden Inhalten ermöglicht. Für diese Gelegenheit werden verschiedene Materialien und Ideen zusammengetragen und vorgestellt, die den praktischen Einstieg in dieses für die Astrophysik wesentliche Gebiet erlauben.
(ID-Nummer: 1114198)


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Abb. S. 37:
Die Sonne aus der Nähe betrachten zu können, macht sie für uns einzigartig. So gibt sie uns eindrucksvolle Details wie Sonnenflecken und Protuberanzen, hier im Ultravioletten aufgenommen, preis. In das Hertzsprung-Russell-Diagramm eingetragen, reiht sie sich jedoch als gewöhnlicher Stern in die Hauptreihe ein.

Abb. S. 43:
Die Kurzzeitvariabilität der stellaren Aktivität spielt eine wichtige Rolle bei der Suche nach einem solaren Doppelgänger. Die rote Kurve zeigt die Aktivitätsschwankung der Sonne, gemessen 2001 mit dem Satelliten SOHO, die braunen Kurven geben die Schwankungen von Sternen vergleichbarer Aktivität wieder, 2009 gemessen mit dem Satelliten Kepler. Zur besseren Übersicht sind die Kurven entlang der vertikalen Skala gegeneinander verschoben.

Abb. S. 44:
Messier 67 (NGC 2682) gehört zu den offenen Sternhaufen, die bereits mit dem Feldstecher zu beobachten sind. Zu finden ist er im Sternbild Krebs, dicht beim Stern Alpha Cancri (α Cnc). Der Winkeldurchmesser des Haufens beträgt etwa 1/2 Grad, seine Entfernung 900 Parsec. In der früher üblichen Klassifikation von Sternhaufen ist M 67 als II3r bezeichnet, was für eine sternreiche und deutlich konzentrierte Gruppe von Einzelsternen steht, die einen breiten Bereich an scheinbaren Helligkeiten überdecken. Ob sich darunter ein Doppelgänger der Sonne befindet? Der Stern M67-4063 ist ein interessanter Kanditat.

Abb. S. 45:
Dieses während einer völlig fleckenfreien Phase im Aktivitätsminimum 2007 im Roten aufgenommene Bild der Sonne steht für den globalen Typus eines Sterns. Wie viele dieser Art gibt es wohl, die der Sonne wie Geschwister gleichen?

Abb. S. 46:
Die spektrale Region um die Lithiumlinie bei einer Wellenlänge von 670,8 Nanometern zeigt das Profil der Sonne im Vergleich zu zwei Sternen, die bisher als gute solare Doppelgänger galten. Die bei diesen deutlicher ausgeprägtere Spektrallinie lässt einen gegenüber der Sonne erhöhten Lithiumanteil erkennen. Die starken Linien an den Bildrändern gehen auf neutrale Atome von Eisen zurück, spektrale Intensitäten sind auf 1 normiert und beide Spektren zur besseren Übersicht in der Höhe versetzt gezeichnet.


© 2013 Werner Pfau, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg

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Quelle:
Sterne und Weltraum 12/13 - Dezember 2013, Seite 36 - 46
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie)
Redaktion Sterne und Weltraum:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juni 2014