Max-Planck-Institut für Biochemie - 16.03.2017
Struktur einer altertümlichen biologischen Uhr enthüllt
Ein Team aus deutschen und niederländischen Forschern hat unter der Leitung von Friedrich Förster und Albert Heck die Funktionsweise von einer der ältesten biologischen Uhren der Erdgeschichte in Cyanobakterien enthüllt. Cyanobakterien, auch "Blaualgen" genannt, gehören zu den ältesten Organismen der Erde die durch Photosynthese Sauerstoff produzierten. Sie bilden damit die Basis für irdisches Leben. Mit Hilfe modernster Methoden der molekularen Strukturanalyse gelang es den Forschern vom Max-Planck-Institut für Biochemie und der Universität Utrecht drei "Uhr"-Proteine im Detail zu analysieren und ihr Zusammenspiel zu verstehen. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal Science publiziert.
Die molekularen Strukturen der "eingefrorenen" biologischen Uhr von
Cyanobakterien konnten Forscher mit Hilfe der
Kryo-Elektronenmikroskopie im Detail entschlüsseln.
Illustration: © P. Lössl
Bereits seit zehn Jahren wissen wir, dass die biologische Uhr der
Cyanobakterien aus nur drei Proteinbestandteilen KaiA, KaiB und KaiC
aufgebaut ist. Diese Proteine bilden die Grundbausteine eines präzisen
Uhrwerks und entsprechen damit den Zahnrädern, den Federn und dem
Schwungrad einer mechanischen Uhr. Wird diesem System Energie zugeführt -
ähnlich dem Aufziehen einer Uhr - bilden diese drei Proteine, ohne weitere
äußere Einwirkung, den Tag-Nacht-Rhythmus nach. Im Reagenzglas ist ein
solch isoliertes System über Wochen stabil. Bereits 2005 beschrieben
japanische Wissenschaftler dieses Phänomen, jedoch war bis heute unklar
wie diese drei "Uhr"-Proteine dies zusammen tatsächlich bewerkstelligen.
In der aktuellen Studie nahmen sich nun die Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Biochemie und der Universität Utrecht der Aufklärung dieser Aufgabe an. Dafür setzten sie modernste Methoden der molekularen Strukturanalyse ein, wie die der nativen Massenspektrometrie und der Kryo-Elektronenmikroskopie.
Doch wie konnten die Wissenschaftler jetzt die Funktion der einzelnen Teile aufklären? "Um das ticken der biologischen Uhr in Cyanobakterien zu verstehen, haben wir im übertragenen Sinne die Zeit gestoppt", erklärt der Forschungsleiter Heck aus Utrecht. "Oder wie William Faulkner, Nobelpreisträger für Literatur einst sagte: 'Nur wenn die Uhr anhält, kommt die Zeit ins Leben.' Faulkner sprach vom Innehalten in der ständigen Hast des Lebens. Das war auch bei uns der Trick. Wir haben die biologische Uhr gestoppt indem wir sie eine Woche lang in den Kühlschrank gelegt haben. Im sprichwörtlichen Sinne haben wir die Zeit eingefroren."
Die molekularen Strukturen dieser "eingefrorenen" Uhr konnten die Forscher mit Hilfe der Kryo-Elektronenmikroskopie im Detail untersuchen. So gelang es die Position dieser "Uhr"-Proteine im Uhrwerk zu bestimmen und zu verstehen, wie die einzelnen Komponenten - der Antrieb, die Feder und das Schwungrad - dieser biologischen Uhr zusammenarbeiten. Die native Massenspektrometrie ermöglichte es dahingegen, die Häufigkeit des komplexen Ab- und Aufbaus dieser drei Proteine KaiA, KaiB und KaiC während eines 24-Stunden Zyklus aufzuklären und die rhythmusgebenden Proteinkomponenten zu bestimmen.
"Obwohl die biologische Uhr der Cyanobakterien erdgeschichtlich sehr alt ist können wir auch heute aus diesem System viel lernen", so Heck. Vor wenigen Jahren entdeckten Forscher einen ähnlichen Mechanismus in unseren roten Blutzellen. "Cyanobakterien waren die ersten Sauerstoff produzierenden Organismen und haben damit die Grundlage für unser heutiges Leben geschaffen. Die Erkenntnisse dieser Studie bieten neue Einblicke in die biologischen "U(h)r"-Mechanismen des Lebens und bestimmte Aspekte können wir direkt in der klinischen Forschung weiter verfolgen", fasst Heck zusammen.
Originalpublikation:
J. Snijder, J.M. Schuller, A. Wiegard, P. Lössl, N. Schmelling,
I.M.Axmann, J.M. Plitzko, F. Förster and A.J.R. Heck:
Structures of the cyanobacterial circadian oscillator frozen in a fully
assembled state,
Science, März 2017
Weitere Informationen unter:
http://www.biochem.mpg.de
- Webseite des Max-Planck-Institutes für Biochemie
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution25
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Max-Planck-Institut für Biochemie, Dr. Christiane Menzfeld, 16.03.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2017
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