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FORSCHUNG/447: Die Philippinen, ein Hotspot der Evolution (idw)


Universität Bayreuth - 18.07.2017

Die Philippinen, ein Hotspot der Evolution


Die Philippinen sind ein Hotspot pflanzlicher Biodiversität - warum das so ist, zeigen Bayreuther Botaniker jetzt in der Zeitschrift "BMC Evolutionary Biology". Gemeinsam mit philippinischen, belgischen und schwedischen Arbeitsgruppen ist ihnen der Nachweis gelungen, dass die Philippinen in der Vergangenheit mindestens fünfmal unabhängig voneinander von Pflanzen der Gattung Ixora, der drittgrößten Gattung der Kaffeegewächse, besiedelt wurden. Genetische Analysen ergaben, dass diese Pflanzen aus ganz verschiedenen geografischen Regionen eingewandert sind. Das Zusammentreffen ihrer Abstammungslinien wurde dann zum Ausgangspunkt für die Evolution neuer, rein philippinischer Arten.


Foto: © Grecebio Jonathan D. Alejandro

Ixora javanica ist eine tropische Zierpflanze und wird auf den Philippinen auch als Heilpflanze verwendet.
Foto: © Grecebio Jonathan D. Alejandro

Die vor allem in den Tropen verbreitete Gattung Ixora ist mit weltweit fast 550 Arten die drittgrößte Gattung der Familie der Kaffeegewächse (Rubiaceae). Sie ist eine der wenigen Pflanzengattungen, die nicht nur auf den Philippinen, sondern weltweit verbreitet ist. Damit eignen sich diese Sträucher besonders gut, um Erkenntnisse über die Evolution der Pflanzen zu gewinnen, denn die Philippinen sind mit ihren rund 7000 Inseln ein Hotspot der biologischen Vielfalt. Von den gut 14.000 einheimischen Pflanzenarten sind mehr als 6.000 endemisch, kommen also nur dort vor. Für die Untersuchung evolutionärer Prozesse sind im Meer isolierte Inseln grundsätzlich ein hervorragendes Modell. Aber um herauszufinden, welche Verbindungen zum asiatischen Festland und zum ozeanischen Inselreich bestanden, bedarf es einer Gattung wie Ixora mit ihren vielen, weltweit verstreuten Arten.

Abstammungslinien auf der Basis von Genanalysen

Für die Aufklärung der Evolution von Ixora im pazifischen Raum analysierte Dr. Cecilia Banag im Rahmen ihrer Dissertation (betreut von Prof. Dr. Sigrid Liede-Schumann, Lehrstuhl für Pflanzensystematik) das Erbgut dieser Pflanzen. Die mit DNA-Sequenzanalysen gewonnenen Datensätze hat sie mit Hilfe von Computerprogrammen ausgewertet, wie sie heute vielfach in der Pflanzensystematik eingesetzt werden, um Stammbäume und Verwandtschaftsnetze zu berechnen. "Dabei sind wir bei Ixora-Arten, die heute auf den Philippinen heimisch sind, auf unerwartet komplexe Abstammungsverhältnisse gestoßen. Sowohl der Chloroplastendatensatz als auch der Kern-DNA-Datensatz belegen, dass die von uns untersuchten Arten keineswegs eng miteinander verwandt sind, sondern fünf unterschiedlichen Abstammungslinien angehören", berichtet Dr. Banag und ergänzt: "Wir schließen daraus, dass es im Verlauf der Evolution mindestens fünf Ereignisse gab, in denen die Philippinen von jeweils verschiedenen Ixora-Arten besiedelt wurden. Die Beeren von Ixora sind ein beliebtes Futter für Vogelarten im gesamten pazifischen Raum. Vögel können große Distanzen überwinden und haben vermutlich entscheidend zur Ausbreitung von Ixora beigetragen."

Wie die genetischen Analysen zeigen, ereignete sich die Besiedlung der Philippinen sowohl von Westen als auch von Osten her. Vier Ixora-Abstammungslinien lassen sich nach Südostasien zurückverfolgen, eine weitere hat dagegen in Ozeanien ihren Ursprung und kann auf eine lange und selbständige Entstehungsgeschichte zurückblicken. "Die Philippinen stellen also für Ixora zunächst einen Treffpunkt und dann einen Ausgangspunkt für besonders intensive Artbildung dar", resümiert Prof. Liede-Schumann.


Foto: © Grecebio Jonathan D. Alejandro

Ixora macrophylla gehört zu den weitverbreiteten philippinischen Pflanzensippen. Von ihr stammen vermutlich einige der regional-endemischen Arten des Inselreichs ab.
Foto: © Grecebio Jonathan D. Alejandro

Weiterer Forschungsbedarf

Infolge der Besiedlung von außerhalb und nachfolgender Entstehung endemischer Arten hat sich auf den Philippinen ein Genpool gebildet, der die Grundlage für eine weitere genetische Differenzierung der Ixora-Pflanzen darstellt. "Hierfür haben wir interessante Indizien gefunden, denen wir weiter nachgehen wollen. Zugleich gibt es einander außerordentlich ähnliche Ixora-Arten, die sich aber trotzdem nicht auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückführen lassen. Die genauere Untersuchung solcher sogenannten "kryptischer Arten" ist ein wichtiger nächster Schritt für das Verständnis der Evolution und geografischen Ausbreitung der Gattung Ixora", so Prof. Liede-Schumann.


Veröffentlichung:
Cecilia I. Banag, Arnaud Mouly, Grecebio Jonathan D. Alejandro, Birgitta Bremer, Ulrich Meve, Guido W. Grimm and Sigrid Liede-Schumann: Ixora (Rubiaceae) on the Philippines - crossroad or cradle? BMC Evolutionary Biology 2017, 17: 131.
DOI: 10.1186/s12862-017-0974-3 (open access).

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution4

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Bayreuth, Christian Wißler, 18.07.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Juli 2017

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