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KOMMENTAR/107: Fukushima - Augenwischerei (SB)


Neue Cäsium-Sensor-Aufsprühreagenz macht Isotope sichtbar - und dann?

Analyseverfahren im Fokus



Wenige Tage vor dem zweiten Jahrestag der nuklearen Katastrophe im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi am 11. März 2011 wurde eine Pressemitteilung des japanischen MANA Instituts (International Center for Materials Nanoarchitectonics at NIMS, Tsukuba, Japan) verbreitet, in der auf eine gemeinsame neue Entwicklung dreier japanischer Forschungsinstitute aufmerksam gemacht werden sollte, radioaktives Cäsium mittels einer "nanomolekularen" Reagenzlösung durch bloßes Aufsprühen unter einer Fluoreszenz auslösenden, einfachen UV-Lampe sichtbar zu machen, und all das in einer höheren Auflösung als alle bisher bekannten Nachweismethoden. Die neue Reagenz bzw. das Sichtbarmachen von Radiocäsium - so heißt es in der Einleitung der wissenschaftlichen Publikation [2] - könne angesichts der Tatsache, daß radioaktives Cäsium-137 mit einer Halbwertszeit von 30 Jahren und 29 Tagen in dem nuklear-kontaminierten Gebiet um den havarierten Atommeiler Fukushima noch auf lange Sicht ein ernstzunehmendes Problem darstelle, bei den derzeitigen Aufräumarbeiten "helfen". Wie diese Hilfe allerdings im Detail zu verstehen oder in die Praxis umzusetzen ist, wenn konkret nichts weiter getan wird, als den brisanten Stoff zum himmel-bläulichen Aufleuchten zu bringen, und ob und wie dieser dann, wie angedeutet wird, manuell oder maschinell entfernt werden soll, läßt die Studie offen.

Japanischer Aufräumarbeiter in Sicherheitskleidung - Foto: by Steve Herman via Wikimedia als public domain

Neue Studie verspricht Detektion mit bloßem Auge. Nur das ist in kontaminierten Gebieten durchaus lebensgefährlich.
Foto: by Steve Herman via Wikimedia als public domain

Das mag auch ein Grund für die recht verhaltene Resonanz zumindest im deutschsprachigen Raum auf diese im übrigen frei verfügbaren Studienergebnisse (open access) sein, deren Kurzversion - so die Verfasser - über Twitter, Facebook oder andere Publikationsmöglichkeiten an Interessierte und Betroffene verbreitet werden sollte [1]. Möglicherweise haben sich die Erfinder des nanomolekularen Schnelltests über die unwesentlichen Details einer weiteren Entsorgung des brisanten Materials noch keine Gedanken gemacht.

Diesem Problem steht man in der gesperrten Zone um Fukushima tatsächlich immer noch hilflos gegenüber. Bis heute gibt es keine konkreten Pläne, wie eine durch drei Super-GAUs gleichzeitig hochgradig radioaktiv verseuchte Umwelt vollständig von ihrem radioaktivem Ballast befreit werden soll. Laut "Ärzte Zeitung online" vom 11. März 2013 [3] sind die bisher vorgeschlagenen und durchgeführten mehr oder weniger auf großräumiges Abtragen und kleinräumiges Waschen oder Wischen (d.h. Abstauben) hinauslaufende Reinigungsmaßnahmen beispiellos aber keineswegs perfekt. Eine Dekontaminierung solchen Ausmaßes habe 'es eben auch noch nie zuvor gegeben'. Allerdings bleiben über das tatsächliche Ausmaß noch viele Fragen offen.


Neu: hohe optische Auflösung ...

Dagegen hat die Entwicklung der Strahlungsmessung, Detektion und quantitativen Einordnung der radioaktiven Isotope, die bei einem AKW-Unfall, einem nuklearen Atombombentests oder während des Betriebs eines Kernkraftwerks freigesetzt werden, mittels physikalischer Methoden wie Gammaspektroskopie oder Röntgenfluoreszenzanalyse seit Hiroshima und Nagasaki inzwischen eigentlich einen durchaus hohen Standard erreicht.

Radioaktive Strahlung läßt sich physikalisch in Alpha-, Beta- und Gammastrahlung [4] unterscheiden, die jeweils für den Zerfall von radioaktiven Isotopen charakteristisch sind und meßbare individuelle Energiewerte (z.B. bereits im Gammabereich) für die unterschiedlichen Nuklide [5] aufweisen, die auf diese Weise qualitativ zugeordnet werden können.

Allein damit lassen sich ähnlich wie bei den für jedes Element typischen Spektrallinien in der Photometrie mit entsprechenden physikalischen Geräten Gammaspektrogramme abbilden, mit denen man die radioaktiven Substanzen einer Probe qualitativ unterscheiden kann. Entsprechend anderer physikalischer Methoden, die zur Stoffanalyse verwendet werden (Infrarotspektroskopie, Spektralphotometer, UV-Spektroskopie usw.), wurden diese physikalischen Meßgeräte inzwischen vereinfacht und auf einen kleineren Maßstab gebracht (man denke beispielsweise an Blutzuckermeßgeräte im Handyformat), so daß bereits mobile Versionen davon existieren, die vor Ort eingesetzt werden, um die ionisierende Strahlenexposition abzuschätzen. Laut Ärzte Zeitung vom 14. August 2013 haben Radiologen der Hochschule Hannover sogar schon Smartphone Apps "als unspezifische Geigerzähler" getestet und kamen zu dem für sie selbst überraschenden Ergebnis, "daß es prinzipiell möglich ist, mit Hilfe der Smartphones ionisierende Strahlung zu messen". [6]

Dr. Georg Stamm vom Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der MHH zufolge, der in einer Mitteilung der Deutschen Röntgengesellschaft zitiert wird, lassen sich CMOS-Chips in Handykameras, die elektromagnetische Wellen messen, auf ionisierende Strahlen eichen bzw. einstellen, so daß man ein überzeugendes Ergebnis bekommt, solange die Linse der Handykamera direkt auf die Strahlungsquelle gerichtet ist. Darüber hinaus sind Toshiba wie auch JAXA dabei, bestimmte hochsensible Spezialkameras zu entwickeln, die Gammastrahlen in visuelle Signale umsetzen, um Radioaktivität sichtbar zu machen. [6]

Das alles sind Möglichkeiten, mit einfachen Mitteln radioaktiv kontaminierte Flächen zu erkennen. Darüber hinaus werden in Japan die mit Cäsium kontaminierten Gebiete per Fernerkundung vom Flugzeug aus kartiert und ausgewiesen. Diese Methoden reichten bisher vollkommen, um zu erkennen, daß das Gebiet um Fukushima, in dem einmal 315.000 Menschen zu Hause waren, nach wie vor radioaktiv verseucht und somit unbewohnbar ist.

Grafik: © 2007 by Philip Ronan, deutsche Version: Matthias M. und Cepheiden, freigegeben als CC-BY-SA 3.0 Unported via Wikimedia Commons

Das gesamte elektromagnetische Spektrum läßt sich mittels entsprechender Sensoren und Abbildungsgeräte für die Analyse von Stoffen nutzen. Für die Detektion von Gammastrahlen kann man bereits die Kamerasenoren von Smartphones umfunktionieren.
Grafik: © 2007 by Philip Ronan, deutsche Version: Matthias M. und Cepheiden, freigegeben als CC-BY-SA 3.0 Unported via Wikimedia Commons

Laut den an der japanischen Studie beteiligten Wissenschaftlern um Taizo Mori [2] kann mit den herkömmlichen Detektionsmethoden jedoch nur eine mit bloßem Auge erkennbare räumliche Auflösung von etwa 100 km (Fernerkundung) bis zu 5 cm (Gammastrahlen-Kamera) erreicht werden. Ihre Erfindung, der sogenannte Cäsium-Sensor 1 (wie sie die Reagenzlösung 1 nennen) schaffe dagegen eine räumliche Auflösung von 1 cm bis 10 µm.

Die augenblicklich im Grundwasser um die marode Anlage "explosionsartig ansteigenden" Cäsiumwerte lassen sich allerdings auch ohne neue Schnelldetektionsverfahren, radioaktive Verseuchung sichtbar zu machen, nicht mehr kleinreden oder beschönigen. [7]


... aber es ist nicht alles Cäsium!

Welche Vorteile also ein neuer optischer Qualitätsnachweis für Radiocäsium in unumstritten hoher Auflösung haben sollte, der zudem nur ein einziges Element abdeckt, ist für den Laien nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Es sei denn, man stellt sich künftige Kontaminationsarbeiten für radioaktive Elemente so ähnlich wie modernes Fensterputzen vor: aufsprühen (Leuchtpunkte sichtbar) - abwischen ... fertig!

Angesichts der Tatsache, daß das himmelblauste Aufleuchten nur bei einer Bestrahlung mit UV-Licht von 365 nm funktioniert, ist diese Methode bei normalem Tageslicht durchaus fraglich, da der Nachweis dann kaum noch zu erkennen oder bei bedecktem Himmel gar nicht mehr möglich wäre. Doch selbst wenn es so einfach ginge, hat ein kontaminierter Boden genau genommen mit einer Spiegelfläche sehr wenig gemeinsam. Hier ist die teilweise mit Niederschlägen eingesickerte oder unterirdisch über absorbiertes Grundwasser erreichte Cäsium-Verschmutzung in mindestens drei Dimensionen (vertikal, horizontal und diametral, kurz: überall) verbreitet.

Nun spricht jedoch bei genauerer Betrachtung des Reaktionsmechanismus der Cäsium-Sensor 1, ein bestimmtes langkettiges Phenol, verstärkt durch eine sogenannte elektronenakzeptierende "4-Nitrophenyl-ether (4-NPE) Gruppe" im gleichen Maße auf natürliches, nicht radioaktiv strahlendes Cäsium-133 an, und darüber hinaus auf alle 30 künstlichen Cäsium-Isotope sowie - wenn auch in dem Fall deutlich schwächer (siehe Bild) - auf alle anderen, einfach positiv geladenen Kationen der ersten Hauptgruppe des Periodensystems. Kurzum, der Sensor leuchtet auch bei Elementen blau, die nicht radioaktiv sind.

Unter definierten Laborbedingungen leuchten Cäsiumkationen unter UV-Bestrahlung fluoreszierend himmelblau auf, deutlich von anderen Alkali-Metallionen, die nur leicht blau leuchten oder Erdalkali-Metallionen, die gar zu Tage treten, zu unterscheiden. Schmutz und Tageslichtbedingungen (c,d) erschweren allerdings bereits die Detektion, die unter der offensichtlich sehr nötigen UV-Lampe (365 nm) überzeugend durchkommt. - Grafik: 2013 by International Center for Materials Nanoarchitectonics (MANA) CC-BY-NC-SA 3.0 Unported [2]

Einfacher Test, aber nur unter definierten Laborbedingungen
Darstellung der Fluoreszenz-Unterschiede der Phenolreagenz 1 mit verschiedenen Alkali und Erdalkali-Carbonaten in Anwesenheit von Methanol.
(a) zeigt die Fluoreszenz, die in einer gemörserten Pulverprobe von Cs2CO3 (Cäsiumcarbonat) und Reagenz-Phenol 1 unter UV-Bestrahlung (365 nm) nach Zusatz eines Tropfens Methanol entsteht. (b) zeigt die photographierten Ergebnisse der gleichen Reagenz mit verschiedenen anderen Alkalicarbonaten (Lithium Li, Natrium Na, Kalium K, Cäsium Cs) und Erdalkalicarbonaten (Magnesium Mg, Calcium Ca) unter UV-Bestrahlung (365 nm) nach Zusatz von einem Tropfen Methanol. (c) Bilder der Reagenz mit Cäsium Kationen auf verunreinigtem Untergrund und normaler Beleuchtung (links) im Vergleich zu UV-Bestrahlung (365 nm, rechts) nach Besprühen mit Methanol. (d) Bilder der Reagenz mit Cäsiumkationen-haltigen Teilchen auf Filterpapier (Durchmesser 110 mm) unter UV Licht (365 nm) nach Besprühen mit Methanol.
Grafik: 2013 by International Center for Materials Nanoarchitectonics (MANA) CC-BY-NC-SA 3.0 Unported [2]

Die Forscher nutzen hier den Effekt aus, daß einfach positiv geladene Kationen an Stelle des Protons (H-Atoms) einer Phenolgruppe (R-O-H) treten können, was in diesem speziellen Fall dazu führt, daß sich das Reagenzmolekül gewissermaßen um das positiv geladene Kation wickelt. Im chemischen Terminus kommt es dabei zu einer räumlich-sterischen Umlagerung des u.a. aus mehreren kettenförmig aneinandergehängten Benzolringen zusammengesetzten Phenolmoleküls, was zu einer ringähnlichen Annäherung seiner beiden Molekülenden führt. Dadurch können sich die sogenannten π-Elektronen der konjugierten Doppelbindung [8] besser über das gesamte Molekül verteilen, was bei Farbstoffmolekülen gewöhnlich mit einer Farbintensivierung oder -änderung einhergeht. In diesem Fall soll es zu einem fluoreszierenden Effekt bei einer bestimmten Wellenlänge führen, die mit zunehmender Konzentration des Kations, was einer Zunahme an "Leuchtmolekülen" gleichkommt, immer stärker wird.

Das ist allerdings nur die im Labormaßstab nachgewiesene Theorie. Jeder, der einmal ähnliche Nachweise der analytischen Chemie im Schulunterricht nachvollziehen konnte, weiß jedoch, wie störanfällig solche Methoden in der Praxis sind, vor allem wenn Fremdionen zu einem falsch-positiven Eindruck verhelfen. Bei einer schwachen positiven Reaktion steht in der Praxis ein Dekontaminierer somit immer vor der Qual der richtigen Entscheidung.

Langkettiges Molekül, das bei Kalium leicht gebogen ist und sich bei Cäsium fast zu einem Kreis schließt - Grafik: 2013 by International Center for Materials Nanoarchitectonics (MANA) CC-BY-NC-SA 3.0 Unported [2]

Zeigt die strukturellen Umlagerungen bei der Anwesenheit von Kaliumionen (links) und Cäsiumionen (rechts) wie sie im Bild 9 der Studie vorgestellt werden. Darunter wird die Verringerung des Energieunterschieds zwischen HOMO und LUMO verdeutlicht, der für die Fluoreszenzwirkung verantwortlich ist. [9]
Grafik: 2013 by International Center for Materials Nanoarchitectonics (MANA) CC-BY-NC-SA 3.0 Unported [2]


Cäsium - Leitsubstanz oder Verharmlosungspotential

Warum aber überhaupt Cäsium?

Die harmlose Variante des Elements, Cäsium-133, kommt in der Natur tatsächlich nur in geringen Mengen als goldglänzendes Metall im Gestein vor. Cäsium (chemisch kurz: Cs) ist ein Leichtmetall und gehört im Periodensystem der Elemente neben Lithium, Natrium, Kalium und Rubidium zu den Alkalimetallen der 1. Hauptgruppe, in der es in der 6. Reihe (Periode) zu finden ist. Eine gewisse Bedeutung kommt dem Metall bei seiner Verwendung in Atomuhren und in Bohrflüssigkeiten bei Tiefenbohrungen zu, in denen die gesättigte Lösung wegen ihrer hohen Dichte und relativ geringen Toxizität geschätzt wird.

Radioaktives Cäsium, d.h. die geläufigsten radioaktiven Isotope, Cäsium-137 und Cäsium-134, fallen neben Jod-131 (Halbwertszeit 8 Tage) und radioaktiven Edelgasen (z.B. Xenon-133, Halbwertszeit 5 Tage) nur bei der Kernspaltung von Uran und Plutonium in Kernkraftwerken oder bei Atombombenexplosionen an.

Alle Cäsiumionen verhalten sich ähnlich wie Natrium und Kalium. D.h. sie bilden wasserlösliche Salze und können direkt über die Abluft und über das Abwasser aus Atomanlagen in lebende Organismen gelangen oder indirekt durch Niederschläge, Blattablagerung und über die Wurzeln aus dem Boden in pflanzlichen Nahrungs- und Futtermitteln aufgenommen werden. Auf diese Weise wird radioaktives Cäsium bereits seit Beginn des "Atomzeitalters" aus zahlreichen Kernkraftwerken sowie über die Nahrungskette verbreitet und reichert sich darüber hinaus immer mehr im Boden an. Diese unserer Zivilisation zuzurechnende, zunehmende Radiocäsium-Belastung, die teilweise auch von oberirdischen Kernwaffenexperimenten stammt, wird gemeinhin ignoriert bzw. sich selbst und ihrem "natürlichen" Zerfall und Abbau überlassen. Während die Öffentlichkeit bei dem besser bekannten, radioaktiven und zudem giftigen Schwermetallen Plutonium (natürliches Pu-244 hat eine Halbwertszeit von 80 Millionen Jahren) oder Uran sofort alarmiert reagiert, werden Verunreinigungen mit Cäsium offenbar nicht so ernst genommen. Wird also bei Berichten rund um Fukushima hauptsächlich von Cäsium gesprochen, dann birgt dies allein Potential für die Verharmlosung der Gefahr.

Strahlenbiologisch gesehen gilt Cs-137 als das bedeutendste Cäsium-Isotop. Es zerfällt mit einer Wahrscheinlichkeit von 6,5% direkt und mit einer Wahrscheinlichkeit von 93,5% indirekt über das metastabile Barium-137m in stabiles Ba-137. Bei beiden Zerfallswegen werden Beta-Strahlen frei, beim indirekten Zerfallsweg kommen noch ionisierende Gamma-Strahlen hinzu. Beide Strahlungsarten können Zellen und Organismen schädigen.

Cäsium kommt normalerweise nicht im menschlichen Körper vor. Mit der Nahrung aufgenommenes Cäsium wird aber aufgrund der chemischen Ähnlichkeit mit Kalium verwechselt, daher im Magen-Darm-Trakt resorbiert und im Muskel- und Nierengewebe gespeichert, wo es unter Umständen sehr große Strahlenschäden verursachen, vor allem aber auch die Entstehung von Krebserkrankungen auslösen kann. Wie bei Kochsalz, das leicht vom Körper aufgenommen aber ebenso leicht auch wieder ausgeschieden werden kann, geht man nun bei Cäsium theoretisch davon aus, daß es 100prozentig wieder aus dem Körper entfernt werden kann, was dazu führt, daß das schädigende Potential von Cäsium-134 und 137 oft unterschätzt wird.

Anders als die physikalische Halbwertszeit (in der die Hälfte des vorhandenen Materials durch den radioaktiven Zerfall umgewandelt wird) beträgt die biologische Halbwertszeit von Cäsium-137, also die Zeitspanne, bis sich die Menge eines aufgenommenen radioaktiven Stoffes durch Ausscheidung und Zerfall auf die Hälfte reduziert hat, zwar tatsächlich nur 110 bis 140 Tage (andere Quellen sprechen sogar von nur 70 Tagen). Da anschließend aber immer noch die Hälfte des gefährlichen Stoffes im Körper verbleibt, kann es bei entsprechenden Ausgangsmengen dennoch unter Umständen Jahre dauern, bis das Gewebe eines Organismus wirklich kein Cäsium mehr enthält. Dazu kommt, daß Cäsium nur dann vollständig ausgeschieden werden kann, wenn gleichzeitig kein weiteres radioaktives Cäsium vom Körper aufgenommen wird. Dies ist in den betroffenen Gebieten allerdings kaum auszuschließen, die zunehmende Verbreitung des Stoffes (s.o. Luft, Wasser, Lebensmittel) weltweit sorgt außerdem dafür, daß es in naher Zukunft kaum noch einen Ort geben wird, an dem eine vollkommene Dekontamination durch reine Ausscheidung noch möglich ist.

Nun gehen die Autoren der Studie offensichtlich davon aus, daß zum Beispiel durch Sichtbarmachen der kontaminierten Stellen der brisante Stoff entfernt werden kann, bevor er mit Nahrung oder Wasser aufgenommen wird. Man kann sich das so vorstellen, als würde man die mit Schimmel befallenen Stellen aus einer Scheibe Brot schneiden. Ob sich allerdings allein durch die Kenntlichmachung die Qualität von Nahrungsmitteln tatsächlich verbessern läßt, ohne daß diese anschließend von ebenfalls gesundheitsgefährdenden und möglicherweise cancerogenen Chemikalien (manchen Phenolen stehen im Verdacht, krebserregend zu sein [10]) verunreinigt sind, bleibt wohl ebenso fraglich, wie die quantitative Entfernung des radioaktiven Elements durch diese Methode. Denn ähnlich wie bei Schimmel kann ein Pünktchen auf der Oberfläche nur die Spitze des Eisbergs darstellen. Dagegen kann nur ein einziges, unter der Nachweisgrenze liegendes und somit vergessenes Cäsium-Teilchen, dem es gewissermaßen "einfällt", sich an einem neuralgischen Punkt im menschlichen oder tierischen Organismus zu spalten, theoretisch zum Tode führen.

Die Organisation Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) veröffentlichte im Juli 2012 eine Studie über die Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit durch das Kernschmelzunglück in Fukushima, in der die Cäsium-137 an dritter Stelle der für die Gesundheit relevantesten, gefährlichen Stoffe genannt wird, die in Fukushima freigesetzt wurden [11]: Cäsium zerfällt mit einer Halbwertszeit von 30,17 Jahren über einen Betaminuszerfall in das metastabile Zerfallsprodukt Barium-137m, das jedoch nach 2,55 Minuten über die Abstrahlung von Gammastrahlen, die energetisch tiefer eindringen können, in seinen stabilen Zustand übergeht. Die Betaenergien betragen bei diesem Zerfall aber bereits 0,5 MeV und 1,2 MeV (zusammen über 1,7), die Gammastrahlung produziert weitere Energie von 0,662 MeV:

Es [gemeint ist radioaktives Cäsium] kann in praktisch jedem Organ solide Tumore verursachen. Cäsium-137 hat eine biologische Halbwertszeit von 70 Tagen und wird, ähnlich wie Kalium, über den Urin ausgeschieden. Folglich akkumuliert es in der Harnblase, wo es zur Verstrahlung der angrenzenden Gebärmutter und, im Falle einer Schwangerschaft, auch des Föten führen kann. In einem ausführlichen Bericht vom Mai 2011 stellt das französische Institut für Strahlenschutz und nukleare Sicherheit (IRSN) fest, daß ca. 874 km² außerhalb der 20-km-Evakuierungszone mit radioaktivem Cäsium kontaminiert wurden. Das IRSN schätzt die Konzentration auf mehr als 600.000 Bq/m², ähnlich wie in der Evakuierungszone um das Atomkraftwerk von Tschernobyl. In Japan erreichten Bodenproben Cäsiumwerte von bis zu 30.000.000 Bq/m² in der radioaktiven Schneise nordwestlich des havarierten Kraftwerks und bis zu 10.000.000 Bq/m² in den benachbarten Präfekturen. Im April 2011 wurden von den MEXT-Wissenschaftlern in den Gemeinden Iitate, Kawamata, Name, Katsurao und Nihonmatsu 30 Bodenproben zwischen 30.000 und 220.000 Bq/kg Cäsium-137gefunden. Sogar noch höhere Werte mit bis zu 420.000 Bq/kg wurden im August 2011 gemessen. Gemäß IAEO erreichten Cäsium-137-Ablagerungen am 22. und 23. März in Tokyo 340 Bq/m². [11]

Die hohen Zerfallswerte pro Sekunde [12] sagen allerdings noch nichts über die Gefährdung für Lebewesen aus, die von den dabei emittierten, aber nicht weiter genannten Energien (s.o.) ausgeht. Becquerelzahlen lassen sich nicht generell in eine entsprechende Strahlendosis umrechnen, da die verschiedenen, radioaktiven Isotope unterschiedliche Zerfallswege mit entsprechenden Strahlungsenergien aufweisen. Von daher ist die qualitative Unterscheidung der strahlenden Elemente durchaus wichtig. Außerdem ist die Strahleneinwirkung von außen anders zu bewerten, als wenn radioaktive Isotope inkorporiert wurden [13]. Ein Beispiel: Laut Bundesamt für Strahlenschutz gilt als Faustregel, daß die Aufnahme von etwa 80.000 Bq Cs-137 bei Erwachsenen einer Ganzkörperexposition, also einer effektiven Äquivalenzdosis von etwa einem Millisievert (1 mSv) entspricht. Dieser Wert entspricht dem Grenzwert, der, über den Zeitraum von einem Jahr aufgenommen, zusätzlich zur natürlich vorkommenden Hintergrundstrahlung in Deutschland als unbedenkliche Strahlendosis gilt. Eine Pilzmahlzeit mit 200 g höher kontaminierten Maronenröhrlingen aus Südbayern mit etwa 4.000 Bq/kg Cs-137 (das wären bei 4 Bq pro Gramm, d.h. 800 Bq) hätte beispielsweise eine Exposition von 0,01 mSv zur Folge. Eine Exposition von 0,01 mSv entspricht weniger als einem Hundertstel der jährlichen natürlichen Strahlenexposition, die in Deutschland im Mittel bei 2,4 mSv und je nach örtlichen Gegebenheiten zwischen 1 und 10 mSv liegen soll. [12]

Da bei den Angaben über radioaktives Material in Fukushima und Umgebung hauptsächlich von Cäsium die Rede ist, könnte man dies bereits als Versuch der Verharmlosung werten. Eine derartige Strahlenbelastung wird als vernachlässigbar klein angesehen, obwohl man genau genommen nur jede Woche ein Kilo dieser Pilze essen müßte, um bereits den gesundheitlich vertretbaren Grenzwert erreicht zu haben. Weitere möglicherweise kontaminierte Mahlzeiten oder Röntgenuntersuchungen wären dabei tabu. [13]

Alarmiert ist man erst dann, wenn, wie im vergangenen Jahr, plötzlich Werte im Trinkwasser oder in Fischen erreicht werden, die sämtliche Dimensionen sprengen. Damals wurde in einem Kilo Fisch 25.800 Bq nachgewiesen (aus Cs-137 16.000 Bq/kg und Cs-134 9.800 Bq/kg), was bei dem japanischen Grenzwert für Fisch von 500 Bq/kg [14] ein 51,6faches Überschreiten des Grenzwerts bedeutet, der tatsächlich bei Nahrungsmitteln in Becquerel und nicht in Sievert festgelegt ist. Nach der von Modellrechnungen abgeleiteten Faustregel hätte man also bereits mit nur drei Kilo Fisch den Grenzwert für die Ganzkörperexposition von 1 mSv erreicht, obwohl es sich nur um das ohnehin unterschätzte Cäsium handelt.


Es ist nicht alles Cäsium und Cäsium ist nicht alles

Die Präferenz für den Cäsium-Nachweis im allgemeinen sowie den Cäsium-Sensor 1-Schnelltest im besonderen mag auch an der Erfahrung liegen, daß infolge des Reaktorunfalls von Tschernobyl für die Strahlenexposition der dort betroffenen Menschen insbesondere die radioaktiven Isotope Cs-137, Cs-135 und Cs-134 neben Strontium-90 (Sr-90) und Jod-131 (J-131) von Bedeutung gewesen sein sollen. Allein auf das radioaktive Cäsium führt man in den ersten zehn Jahren nach dem Tschernobyl-Unfall 95% der mittlere Strahlenexposition zurück. [12] Während von Jod-131 nach etwa 8 Tagen die Hälfte bereits zerfallen ist, verseucht radioaktives Cäsium noch Jahrzehnte danach (Halbwertszeiten: Cs-137 - 30,17 Jahre, Cs-134 - 2,07 Jahre) Boden, Wasser und Umwelt. Doch abgesehen davon, daß der Test nicht spezifisch ist, verbergen sich neben den damit erfaßbaren 30 Cäsiumisotopen eine ganze Vielzahl von durch die Katastrophe gleichfalls freigesetzten radioaktiven Elementen, die wesentlich seltener erfaßt und mit diesem Test überhaupt nicht identifiziert werden.

In ihrem Bericht an die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) stellt die japanische Regierung fest, daß die Gesamtmenge an radioaktiven Isotopen, welche durch Fukushima in die Atmosphäre gelangten, 840 PBq [sprich: Petabecquerel, 1 PBq = 10 hoch 15 Bq, Anm. d. SB-Red.] betrug. Die Berechnungen der japanischen Regierung zeigten ähnliche Zahlen bezüglich des Ausstoßes von Jod-131, Cäsium-137 und Xenon-133 wie die des ZAMG und des NILU. Zusätzlich zu den in Tabelle 1 aufgelisteten Stoffen Jod-131, Cäsium-137, Strontium [89 und 90], Plutonium [238, 239, 240 und 241 Anm. d. SB-Red.] und Xenon-133, wurde eine große Anzahl weiterer radioaktiver Isotope ausgestoßen: Cäsium-134, Barium-140, Tellur-127m, Tellur-129m, Tellur-131m, Tellur-132, Ruthenium-103, Ruthenium-106, Zirkonium-95, Cer-141, Cer-144, Neptunium-239, Yttrium-91, Präseodynium-143, Neodymium-147, Curium-242, Jod-132, Jod-133, Jod-135, Antimony-129 und Molybdan-99. [11]

Praxis und Realität?

Das wären bereits 30 radioaktive Stoffe, die bei der Anwendung des Cäsium-Sensor-1-Wisch-und-Weg-Schnelltests den Dekontaminierern gewissermaßen wortwörtlich durch die Lappen gehen würden, wenn sie bei einer negativen Probe von weiteren Maßnahmen absehen würden. Allein das wesentlich gefährlichere Strontium-90 [15], das nur nicht so einfach nachzuweisen ist, sich aber ähnlich wie Calcium verhält und somit vom Knochengewebe aufgenommen wird, wo es in der Regel bis zum Lebensende verbleibt (50 Jahre biologische Halbwertszeit), zumal es dort an einer äußerst sensiblen Stelle sitzt, um Leukämien und andere maligne Erkrankungen in Blut, Knochen und umliegenden Geweben zu verursachen. Die von MEXT durchgeführten Untersuchungen fanden Strontium-90 in Konzentrationen zwischen 1,8 und 32 Bq/kg an Orten außerhalb der 30-km-Evakuierungszone, wie zum Beispiel in Nishigou, Motomiya, Ootama oder Ono. [11]

Tatsächlich haben die staatlichen Behörden zwei Jahre nach dem GAU den ehemaligen Einwohnern am Rande der Evakuierungszone, im Umkreis von 20 Kilometern um die Atomruine Fukushima Daiichi, wieder in ihre verlassenen Häuser zurückzukehren. Denn die Strahlung liegt hier unter dem für Evakuierungen geltenden Grenzwert von 20 Millisievert im Jahr. Um sie weiter auf unter einen Millisievert zu senken, müssen die Menschen in dieser Gegend nahe der Stadt Tamura allerdings nun selbst dafür sorgen, die Häuser und Gärten zu dekontaminieren. Der unermüdliche Einsatz der Menschen vor Ort gleicht einer Sisyphus-Arbeit. Wo gerade kein schweres Gerät wie Bagger eingesetzt werden, tragen die Menschen die obersten fünf Zentimeter des Erdbodens ab, mit Handschaufeln und ähnlich provisorischem Gerät, sammeln Gräser und Blätter oder wischen die Häuser mit Papiertüchern, waschen die Blätter der Bäume und bringen sich dabei vor allem selbst in Gefahr. Der schwer kontaminierte, hochverstrahlte "Abfall" wandert in große schwarze Säcke, die sich seither zu Tausenden als immer größer werdende Anzahl von Miniatur-Atommüllhalden aufstapeln, auf Feldern, Höfen und an Straßenrändern. Denn ein Zwischenlager für diesen strahlenden Abfall gibt es noch immer nicht. In Plastiksäcke verpackte "Radioaktivität" ist jedoch lange noch nicht aus der Welt und gefährdet die Menschen vor Ort und alle mit seiner "Dekontamination" beschäftigten Helfer weiter. [3]


Verantwortungsloses Mogeln nicht ausgeschlossen

Hinzu kommt, daß laut Ärztezeitung die Dekontaminierungsarbeiten nicht immer nach Vorschrift verlaufen. Danach soll es deutliche Hinweise von einem von einer staatlich beauftragten Baufirma angeheuerten Arbeiter geben, daß bereits verstrahlte Erde aus einem bewaldeten Ort innerhalb der 20-Kilometer-Zone um das AKW in einen Fluß entsorgt worden ist. Doch wer will schon über einzelne Aufräumfirmen richten, wenn die japanische Regierung selbst die tägliche Verklappung von kontaminiertem Grundwasser in den Pazifik toleriert?


"Himmelblau"-äugig in den Krebstod

Die Anwendung einer neuen Testmethode, die bei einem positiven, "caesius"-gleichen (caesius heißt himmelblau) Aufleuchten Radioaktivität anzeigt, oder aber auch nicht, bei negativem Nachweis aber möglicherweise 30 Substanzen nicht berücksichtigt, sollte allerdings vielleicht doch gründlich überdacht werden, ehe sie in einer Region zum Einsatz kommt, in der die Menschen unter den falschen Versprechungen der japanischen Regierung gemeinsam mit den Betreibern ohnehin schon und immer noch einer unverantwortlich hohen Strahlenbelastung und somit dem Krebstod ausgesetzt werden. Angefangen von einfachen Maßnahmen, die zum Zwecke der Verschleierung unterlassen wurden (wie die Verteilung von Jodtabletten) und inzwischen bei den unter 18jährigen zu einer signifikanten Zunahme an Schilddrüsenkrebsfällen geführt haben [16], über die Rekrutierung von freiwilligen Helfern für die Dekontamination, den Aufruf der Regierung, zur Unterstützung Produkte aus der betroffenen Region zu kaufen, der vermeintlichen chemischen Barriere, die verhindern sollte, daß kontaminiertes Grundwasser ins Meer strömt und erst zum Stau der radioaktiven Brühe geführt hatte [17] bis dahin, daß mit der vermeintlichen Dekontamination bestenfalls himmelblaue Augenwischerei betrieben wird, wäre die Cäsium-Sensor-1-Wisch-und-Weg-Methode nur ein weiteres Beispiel dafür, wie Menschen in Fukushima mit vorgehaltenen Placebos und der Behauptung, alles Menschenmögliche zu tun, immer weiter verstrahlt werden.

Zeichen für radioaktive Strahler mit Totenschädel und laufendem Menschen unter einer 'radioaktiven Sonne' - Grafik: public domain

Kein Entkommen!
Grafik: public domain

Anmerkungen:

[1] Die englischsprachige Pressemitteilung wurde von Science Daily übernommen und original veröffentlicht:
http://www.sciencedaily.com/releases/2013/03/130311090852.htm

[2] Taizo Mori (1,2), Masaaki Akamatsu (3), Ken Okamoto (1), Masato Sumita (1), Yoshitaka Tateyama (1), Hideki Sakai (3), Jonathan P Hill (1,2), Masahiko Abe (3) and Katsuhiko Ariga (1,2), "Micrometer-level naked-eye detection of caesium particulates in the solid state", 2013 Sci. Technol. Adv. Mater .14 015002
1 WPI-International Center for Materials Nanoarchitectonics, National Institute for Materials Science, 1-1 Namiki, Tsukuba, Ibaraki 305-0044, Japan
2 JST, CREST, Sanbancho, Chiyoda-ku, Tokyo 102-0075, Japan
3 Department of Pure and Applied Chemistry, Tokyo University of Science, 2641 Yamazaki, Noda, Chiba 278-8510, Japan
http://iopscience.iop.org/1468-6996/14/1/015002/article

Zugänge zum Abstract oder der PDF-Datei siehe auch:
http://www.nims.go.jp/mana/research/topics/2012/t363dl0000000id6.html
http://iopscience.iop.org/1468-6996/14/1/015002
http://iopscience.iop.org/1468-6996/14/1/015002/pdf/1468-6996_14_1_015002.pdf

[3] http://www.aerztezeitung.de/panorama/k_specials/japan/article/835010/fukushima-japan-kaempft-strahlung.html

[4] Radioaktivität ist die Eigenschaft instabiler Atomkerne [5], sich spontan in andere umzuwandeln und die dabei freiwerdende, hochenergetische ionisierende (positiv oder negativ polarisierende) Strahlung auszusenden, von der in der Regel der schädigende Effekt ausgeht. Man unterscheidet grob in die direkt ionisierenden Alphastrahlen (Teilchenstrahlung aus doppelt positiv geladenen Heliumkernen) 5 MeV bis 8 MeV und Betastrahlen (Teilchenstrahlung aus Positronen oder Elektronen), 0,6 MeV bis 3 MeV, sowie die indirekt ionisierenden Gammastrahlen (elektromagnetische Strahlung kurzer Wellenlänge) 0,2 bis 2,5 MeV und Neutronenstrahlen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Ionisierende_Strahlung (noch für biologische Wirkung)

[5] Im Zusammenhang mit radioaktiven Stoffen kommen Begriffe wie Nuklide [Atomkern], Radionuklide oder radioaktive Isotope häufig vor, die scheinbar synonym verwendet werden. Genau genommen ist Nuklid der Oberbegriff, der für die verschiedenen Atomkerne eines Elements steht. Atomkerne bestehen aus Neutronen und Protonen. Die Anzahl der Protonen ergibt die Kernladungszahl bzw. die Ordnungszahl, mit der ein Element charakterisiert und in das Periodensystem der Elemente eingeordnet wird. Isotope sind Nuklide des gleichen Elements, die sich in der Anzahl der Neutronen unterscheiden, also im Atomgewicht (bzw. in der Massenzahl). Diese wird bei radioaktiven Elementen meistens angegeben z.B. bei den bereits erwähnten Isotopen Cäsium-133, 134 und 137 oder kurz: Cs-133, Cs-134, Cs-137.

[6] Ärzte Zeitung 14. August 2013, (eb), "Strahlung messen - Handy als Geiger-Zähler funktioniert"

[7] Die gesetzlichen Sicherheitswerte für Cs-134 und Cs-137 wurden dabei überschritten. Im Fall von Cäsium-134 betrug die Grenzwertüberschreitung das 150-fache und beim Cäsium-137 sogar das 200-fache des zulässigen Maximalwerts. Die Gesamtbelastung von 27.000 Becquerel an radioaktivem Cäsium ist der bislang höchste gemessene Wert seit der Katastrophe, schrieb Spreadnews.
http://www.spreadnews.de/japan-aktuell-explosionsartiger-anstieg-der-casiumwerte-am-akw-fukushima/1133350/

[8] Konjugierte Doppelbindungen wird eine chemische Strukturbesonderheit genannt, die vor allem bei Strukturen mit einem Grundgerüst aus Kohlenstoff vorkommen und so dargestellt werden, daß sich einfache Bindungen mit Doppelbindungen abwechseln. Die bei der Doppelbindung definierten sogenannten π-Elektronen lassen sich in dieser Vorstellung jedoch nicht auf einem bestimmten Ort fixieren, sondern verteilen sich gewissermaßen über das ganze System. Dadurch vergrößert sich die Möglichkeit des Moleküls, Lichtwellen zu absorbieren, was als Farbe oder Farbänderung wahrnehmbar wird. Da solche Strukturen bei allen Farbstoffen zu finden sind, macht man Strukturänderungen, die so etwas bewirken, gerne für Farbreaktionen zunutze.

[9] In der Molekülorbitaltheorie bezeichnet man das am höchsten besetzte Orbital eines Moleküls mit dem Acronym: HOMO (Highest Occupied Molecular Orbital). Dazu muß man wissen, daß in einem Molekül verschiedene Molekülorbitale zur Verfügung stehen, die von den vorhandenen Elektronen (z.B. π-Elektronen das π-Orbital) besetzt werden. Diese Orbitale sind verschieden energiereich. Das HOMO ist das energiereichste besetzte Orbital. Entsprechend ist das LUMO (Lowest Unoccupied Molecular Orbital) das energieniedrigste Orbital eines Moleküls. In der Grafik wird der Energieunterschied zwischen dem HOMO und dem LUMO der Reagenz dargestellt. Von dem Betrag des Energieunterschiedes hängt es ab, wie leicht die Elektronen den angeregten Zustand erreichen, was sich hier schließlich anhand der Fluoreszenz erkennen läßt.

[10] http://dgk.de/gesundheit/umwelt-gesundheit/informationen/wohnen/giftiger-monitor-die-gefaehrliche-chemikalie-phenol.html

[11] http://www.fukushima-disaster.de/fileadmin/user_upload/pdf/deutsch/ippnw_gesundheitliche_auswirkungen_Fukushima.pdf

[12] http://fukushima.grs.de/content/Caesium
Literatur [BFS 09] Bundesamt für Strahlenschutz: Tschernobyl - 20 Jahre Danach, Salzgitter 2009, 2. Auflage
http://www.bfs.de/de/bfs/publikationen/broschueren/ionisierende_strahlung/tschernobyl/tschernobyl.pdf

Becquerel (Bq) ist die Einheit der Radioaktivität. Sie gibt an, wie viel Atomkerne eines Stoffes (z.B. Jod-131) pro Sekunde zerfallen. Ein Beispiel: 100 Becquerel = 100 Bq bedeuten, daß in jeder Sekunde 100 radioaktive Zerfälle stattfinden. 100 Mal pro Sekunde wird demnach radioaktive Strahlung freigesetzt. Erst nach Ablauf der physikalischen Halbwertszeit ist die Radioaktivität auf die Hälfte des ursprünglichen Wertes gesunken, in diesem Beispiel also auf 50 radioaktive Zerfälle pro Sekunde.

Um die biologischen und gesundheitlichen Auswirkungen von Radioaktivität auf Lebewesen auszudrücken, wird gewöhnlich die Einheit Sievert (Sv) verwendet, die nach dem schwedischen Mediziner und Physiker Rolf Sievert benannt wurde und die Einheit der Strahlendosis ("effektive Dosis") darstellt. Sie gibt an, wie viel Energie aus radioaktiver Strahlung vom Körper aufgenommen wurde. Die Strahlendosis ist der Quotient aus aufgenommener Strahlungsenergie (gemessen in der Einheit Joule (J)) und Masse (gemessen in Kilogramm (kg)). Diesem Quotienten hat man den Namen "Sievert" gegeben. Es gilt:

1 Sievert = 1 Joule pro Kilogramm oder in Kurzschreibweise 1 Sv = 1 J/kg

Ein Beispiel: bei Bestrahlung mit Gamma-Strahlung von außen bedeutet eine Strahlendosis von 1Sv, daß pro Kilogramm Körpermasse Gamma- Strahlung mit einer Gesamtenergie von 1 Joule aufgenommen (absorbiert) wurde. 1 Joule entspricht z.B. der Energie der Gamma-Strahlung aus ca. 20.000 Milliarden = 20 Billionen radioaktiven Zerfällen von Jod-131 (J-131). Im Einzelfall kann es aber wichtiger sein, zu beziffern, wie viel Strahlung von bestimmten Organen aufgenommen wurde. Dann spricht man von der Organdosis, deren Einheit ebenfalls das Sievert ist. Weitere Gedanken zu diesem Thema finden Sie auch hier:
http://www.schattenblick.de/infopool/natur/chemie/cheko099.html

[13] Eine kurzzeitig aufgenommene Dosis von 500 mSv (bei Kindern die Hälfte) reicht, um die akute Strahlenkrankheit mit Kopfschmerz, Übelkeit und Erbrechen auszulösen. 1 bis 2 Sv verringern die Lebenserwartung bereits um ein Prozent, bei 3 bis 6 Sv kommt es nach einer Woche zu Haarausfall, Fieber, Hämorrhagien und Auszehrung in der 3. Woche. Bei 5 Sv sterben 50% nach 2 bis 6 Wochen. Ab über 6 Sv sterben alle Betroffenen innerhalb weniger Wochen.

[14] http://www.j-schoenen.de/abc-manual/a/Einheiten.html
und
http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/redakt/umat-418.html

[15] http://www.welt.de/politik/ausland/article118824984/Gefaehrliches-Strontium-fliesst-taeglich-ins-Meer.html

[16] http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/redakt/umat-425.html

[17] http://www.schattenblick.de/infopool/natur/chemie/cheko106.html

6. September 2013