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RATGEBER/231: Warum Äpfel und Tomaten auf Zeitungspapier reifen (SB)


Von Apfelessig bis Zitrone - Bewährte und neue Hausmittel, einfach erklärt

Warum Äpfel und Tomaten besonders gut auf Zeitungspapier reifen


Bei grünen Tomaten oder Bananen, unreifen Äpfeln und Birnen empfiehlt man häufig, sie noch eine Weile auf Zeitungspapier reifen zu lassen.

Warum gerade auf Zeitungspapier, fragt man sich da wohl, denn Druckerschwärze ist bekanntermaßen nicht besonders gesund. Nun, es muß nicht gerade Zeitungspapier sein, wichtig ist nur, daß es sich um preiswertes Papier handelt, dem noch der wohlbekannte Geruch nach Frischgedrucktem anhaftet, der chemische "Duft" von Ethylen (früher: Äthylen). Letzteres ist auch in manchen Lösungsmitteln enthalten.

Ethylen ist für viele Obst- und Gemüsesorten ein natürliches Stimulanz, das den Reifungsprozeß fördert. Reifende Äpfel oder Tomaten sondern sogar selbst Ethylen ab. Wenn das noch vor der Ernte an Baum oder Staude geschieht, umströmt das abgegebene Ethylen die anderen Früchte, wobei deren Reifeprozesse ebenfalls beschleunigt werden. Das ist auch die Erklärung dafür, warum alle Früchte eines Baumes und oft auch aus einer Baumgruppe ziemlich zur gleichen Zeit verlockend goldgelb oder rot, reif und somit genießbar werden.

1864 hat man in der Nähe einer defekten Leuchtgasleitung beobachtet, daß die Bäume entlaubt waren. Man schrieb diese Wirkung dem im Leuchtgas enthaltenen Ethylen zu, das offensichtlich Einfluß auf den Sauerstoffwechsel der Pflanzen nahm. Im weitesten Sinne muß man den Beginn der Reife, die mit der Entlaubung der Bäume endet, als Beginn des Zerfalls verstehen. Die Früchte werden saftig, das heißt Zellstrukturen müssen aufbrechen, damit sich das Wasser in größeren Tropfen sammeln kann. Die Früchte werden dadurch weich und zart, verlieren aber auch ihren bisherigen Schutz. Stärke wird in Zucker umgewandelt, der einen willkommenen Nährboden für Hefen und Essigbakterien darstellt.

Heute nutzt man diese Kenntnisse bei der Vorratshaltung. Obstbauern in der ganzen Welt halten das Ethylen von ihren Früchten fern, indem sie sie noch im unreifen Zustand von den Bäumen pflücken. Kommen Bananen noch grün und unreif im Bestimmungland an, so kann man sie unter einer Stickstoffglocke recht lange in diesem Zustand halten. Will man sie verkaufen, so gibt man Ethylen hinzu, und je nach Konzentration werden die Bananen dann schnell gelb und reif. Das funktioniert in der Natur chemisch gesehen nicht anders. Doch kann man unschwer leugnen, daß Früchte, die an ihrem ursprünglichen Platz unter freiem Himmel reifen durften, einfach besser schmecken.

Das Einlagern von Äpfeln ist ebenfalls zu einer richtigen Wissenschaft geworden. (Über die hierfür entwickelte CA-Technik (CA = controlled atmosphere) berichteten wir schon in RATGEBER/209: Kinderfragen (15) Frisches Obst für den Laden? (SB)).

Eine künstlich verdichtete Stickstoffatmosphäre in einem gasdichten Lagerhaus unterdrückt die Ausbreitung des von den Äpfeln natürlich produzierten Ethylens. Außerdem wird durch Kühlung der gesamte Stoffwechsel reduziert. Will man die Äpfel auf den Markt bringen, pumpt man den Stickstoff ab, und die Äpfel beginnen zu reifen. Wird diese Methode übertrieben und auch der für das Leben der Äpfel notwendige Sauerstoff ferngehalten, so sehen die Äpfel von außen zwar schön reif aus - innen beginnen sie jedoch schon zu faulen.

25. Januar 2008