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UMWELTLABOR/296: Fortschrittskontaminiert - was ich nicht seh, tut keinem weh ... (SB)


Ein ganz gewöhnlicher Wocheneinkauf einer amerikanischen Durchschnittsfamilie im Einkaufswagen. - Foto: 2015 by Peteruetz als CC-BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0), via Wikimedia Commons Eine Plastiktüte treibt in der Wassersäule über einem Korallenriff im Golf von Aqaba, Rotes Meer - Foto: by Ben Mierement, NOAA NOS (ret.)

Links: Weltweit werden eine Million Plastiktüten pro Minute verbraucht - Tendenz steigend.
Foto: 2015 by Peteruetz als CC-BY-SA 4.0
(https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0), via Wikimedia Commons
Rechts: Und wenn sie nicht zerfallen sind, dann treiben sie noch heute ...
Die unendliche Geschichte einer Plastiktüte im Meer: über 400 Jahre kann es dauern, bis sie zerfällt.
Foto: by Ben Mierement, NOAA NOS (ret.)


Ende August 2018 machten einige umweltinteressierte Medien begeistert für ein chilenisches Unternehmen Werbung, weil es eine geniale Lösung verspricht, mit der sich die viel zu spät erkannte Gefahr, die Weltmeere mit Plastikmüll zuzuschütten, noch stoppen ließe. Die Firma "Solubag" will ab Oktober dieses Jahres Plastiktüten, Tragetaschen oder Einwegbeutel aus Polyvinylalkohol auf den Markt bringen. Das ist ein Kunststoff, der unter Wasserausschluß die gleichen Eigenschaften wie konventionelle Plastikprodukte aufweist und sich auch so verarbeiten läßt, aber nachweislich in wenigen Minuten zerfällt, wenn er mit Wasser in Berührung kommt. Wer sich dabei an eine Schildbürger-Konstruktion erinnert fühlt und Zweifel hegt, wie man in definierten Gut-Wetter-Tragetaschen seinen Einkauf heil und trocken durch den Regen bringen will, sollte sich gleichzeitig fragen, ob die Hersteller nicht auch in puncto Umweltfreundlichkeit und Unschädlichkeit des Produkts zuviel versprechen. Angesichts von 12.000 Tonnen Plastikmüll, die jährlich im Meer landen, wirft dieser zusätzliche Umwelteintrag von spontanaufgelösten Kunststoffen mit ihren unberechenbaren Lösungsprodukten ("Monomeren"), Abbau- und Folgeprodukten sowie Wechselwirkungen einige ungeklärte Fragen für die Meeresumwelt auf, denen hier nachgegangen werden soll.

Plastiktüten sind ungemein praktisch. Lange Zeit mußte ein potentieller Kunde seinen Einkauf nicht lange im voraus planen. Spontan konnte er sich vom Warenangebot verführen lassen, für den komfortablen Abtransport seines Einkaufs sorgten die vom Supermarkt oder Warenhaus kostenlos zur Verfügung gestellten Beutel und Taschen aus Polyethylen, Polyvinyl oder ähnlichem, die anschließend im Mülleimer landeten. Einkaufstaschen, -netze oder -körbe wurden obsolet. Beispielhaft für den Einwegtütenkonsum sind die auch heute vielerorts noch kostenlosen Plastikbeutel, mit denen im Supermarkt Gemüse oder Obst sauber vom restlichen Einkauf getrennt wird. Inzwischen weiß man, daß die gebrauchten Tüten ein weltweites Problem darstellen. [1] Doch die globale Kunststoffproduktion steigt laut eines Gutachtens des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) weiter an, jährlich um mindestens 9%. Davon wird immer noch etwa die Hälfte nur ein einziges Mal verwendet und dann weggeworfen. Seit den 1950er Jahren (1.5 Millionen Tonnen pro Jahr) hat sich die weltweite Erzeugung von Plastikprodukten mehr als verhundertfacht und liegt heute bei über 311 Millionen Tonnen jährlich, wovon etwa 20% in der EU produziert werden. [2] Plastiktüten stellen dabei einen besonderen Posten dar. Einer Hochrechnung des Weltwirtschaftsforums zufolge werden auf diesem Planeten jedes Jahr etwa 500.000.000.000 Einwegplastiktüten verbraucht [3], das sind weltweit eine Million Plastiktüten pro Minute. Und weil fast alle synthetischen Kunststoffe den meisten Mikroorganismen keine Angriffsfläche bieten und daher nicht verrotten, wachsen auf dem Planeten Erde von Minute zu Minute die Müllberge aus Plastik. Solange sie in der Umwelt verweilen, Schätzungen zufolge etwa 150 bis 400 Jahre, stellen sie jedoch eine Gefahr für Mensch und Tier dar, vor allem, wenn sie nicht auf einer Mülldeponie, sondern im Meer landen. Über die Kunststofflast, die derzeit bereits auf den Weltmeeren treibt und sich in fünf großen Müllstrudeln sammelt, gibt es nur widersprüchliche Angaben:

Laut Reset [4], einem Onlineforum, das sich nach eigener Aussage ausschließlich mit nachhaltigen Projekten und Innovationen befaßt, werden derzeit allein über 7 Millionen Tonnen Müll ins Meer entsorgt, ohne daß sich in absehbarer Zukunft eine Änderung abzeichnen würde. Drei Viertel dieses Abfalls sei Plastikmüll. Das WBGU schätzt die augenblickliche Menge an Plastikmüll im Meer auf 100 Millionen Tonnen. Der jüngste UNEP Bericht spricht dagegen von jährlichen Einträgen in die marine Umwelt seit Beginn der Wegwerfkultur von 5 bis aktuell 12,4 Millionen Tonnen Plastikmüll.

An die Auswirkung auf die betroffenen Meeresbewohner soll hier nur kurz erinnert werden. Sie reichen von inneren und äußeren Verletzungen durch die harten Teile, Strangulationen, Bewegungseinschränkung durch Verheddern bis zu qualvollem Sterben nach Verschlingen der scharfkantigen Stücke, Verhungern und Ersticken an Plastikteilen und Beuteln, die mit Nahrung verwechselt werden. [1] Nicht nur größeres Plastik ist gefährlich. Auch die kleinsten sandkorngroßen Plastikteilchen können für manche Tiere lebensgefährlich werden. Jedes Kunststoffteil wird im Verlauf seines "natürlichen" Zerfalls im Meer in diese Größenordnung zerrieben. Nach jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnissen von Forschern der University of Plymouth entsteht es sogar durch den Fraß bestimmter Flohkrebse [5]. Diese ernähren sich bevorzugt von allen organischen Stoffen, derer sie habhaft werden. Kunststoffteile werden von ihren Kauwerkzeugen nicht verschont, auch wenn sie diese als nährstofflosen "Beifang" unfreiwillig mit "futtern" und anschließend ausscheiden. Das sind etwa 8 bis 10 Teilchen von nur 0,5 Millimeter Größe am Tag. Eine komplette Plastiktüte haben die Flohkrebse der Forscher in exakt 1,75 Millionen Mikroplastikteilchen zerlegt. Daneben bildet aber auch das industriell erzeugte Mikroplastik, das seinen Weg über Kosmetika und Reinigungsmittel ins Abwasser findet, einen großen Anteil an dieser Meeresverschmutzung. In einem Beitrag zu "Müll im Meer" über Abfälle in der Nordsee und ihre Auswirkungen auf das Ökosystem (von Till Henning & Friedi Herrmann, Schutzstation Wattenmeer, März 2007) schreiben die Autoren beispielsweise, daß allein in den Spülsäumen der deutschen Nordseeküste zwischen 1992 und 2003 der Anteil des Sandes durch etwa 67% nicht abbaubaren Kunststoffs, Styropors oder Schaumgummis ersetzt worden ist.

Nicht nur Flohkrebse, auch andere Tiere nehmen dieses Plastik unfreiwillig zu sich. Dies führt dazu, daß ihre Mägen mit nährstofflosem Müll verstopfen, und sie qualvoll verhungern.


Aufnahme einer Plastikfolie, die sehr an die Textur von Wasser erinnert. - Foto: gemeinfrei (CC-0) via PXHERE

Wieviel Meer ist noch in der Folie enthalten, die 70 Prozent unseres Planeten bedeckt?
Plastikmeer - ein dystopischer Blick in eine Zukunft mit absehbaren Konsequenzen!
Foto: gemeinfrei (CC-0) via PXHERE


Plastikteilchen auf dem Rücken einer kleinen Garnele - Foto: by NOAA Photo Library - Collection of Allen Shimada, NOAA/NMFS/OST als CC-BY 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0), via Wikimedia Commons

Auch kleine Meeresbewohner entkommen dem Plastikzeitalter nicht.
Foto: by NOAA Photo Library - Collection of Allen Shimada, NOAA/NMFS/OST
als CC-BY 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0), via Wikimedia Commons


Angesichts schockierender Bilder von verendeten Walen oder strangulierten Meeresbewohnern, sind die politischen Maßnahmen, die von Entscheidungsträgern eingeführt werden, halbherzig und wenig effektiv. So stimmte das Europäische Parlament erst Ende Mai 2018 einem Gesetzentwurf zu, der vorsieht, daß jeder Bürger bis 2019 durchschnittlich 90 oder weniger Tüten pro Jahr verbrauchen darf. Erst in 6 Jahren soll der jährliche Verbrauch auf diese Weise auf weniger als 40 Plastiktüten pro Bürger reduziert werden. Da die EU ihren Mitgliedsstaaten die Durchsetzung überläßt und nur wenige Länder generelle Verbote über die Nutzung von fraglichen Plastikprodukten verhängen, ist ein Rückgang des Verbrauchs an Plastiktüten kaum zu erwarten. Der mitteleuropäische Durchschnittskonsument scheint auf den Gebrauch von Plastikbeuteln zumindest nicht mehr verzichten zu wollen und setzt dies auch durch.

Nur in ganz wenigen Ländern wurde ein komplettes Plastiktütenverbot eingeführt - in Ruanda beispielsweise schon seit 2008. Bei einem Verstoß sind hier verhältnismäßig hohe Strafen zu zahlen. Generelle Verbote bestehen außerdem in Uganda, Marokko, Eritrea - und seit Anfang August dieses Jahres hat auch Chile als das erste südamerikanische Land ein Verbot für Polyethylenbeutel eingeführt. Supermarktketten bekommen ein halbes Jahr, um die Vorschriften umzusetzen, kleinere Unternehmen haben mit einer Frist von zwei Jahren etwas länger Zeit. Eine Ausnahme wird zudem bei verderblichen und frischen Lebensmitteln wie Fleisch, Meeresfrüchten etc. gemacht. Vielen in diesen Ländern, die nicht das Geld haben, um ihre Strände zweimal am Tag für Touristen zu reinigen, sticht ihr Müllproblem täglich in die Nasen.

In Deutschland ist der Einzelhandel nur eine Selbstverpflichtung eingegangen, keine kostenlosen Plastiktüten mehr herauszugeben. Selbstverpflichtungen haben den Charakter, nicht rechtlich bindend zu sein. Das heißt, es gibt keinen Rechtsanspruch der Betroffenen, niemand muß sich tatsächlich daran halten und bei einer veränderten Sachlage kann die Verpflichtung wieder zurückgenommen werden. Kooperative Maßnahmen in der Umweltpolitik waren bislang mit wenigen Ausnahmen wenig effektiv, wenn sie auf freiwilligen Selbstverpflichtungen gegründet wurden. Jüngstes Beispiel bilden die freiwilligen Selbstverpflichtungen, die die Unterzeichner des Pariser Klimavertrags eingingen, ohne daß es einer davon schaffen wird, die vorgegebenen Ziele einzuhalten, einschließlich Deutschland.

Was die Vermüllung des Meeres angeht, scheinen Selbstverpflichtungen ebenso leicht aufzuweichen wie die Solubag-Produkte in Wasser. So suchten die Gründer von Solubag, Roberto Astetete Boettcher und Alejandro Castro Riquelme, zunächst eine auflösbare Verpackungsidee für einfach und intuitiv zu dosierende Waschmittel, wobei sie mit dem seit den 1960er Jahren vernachlässigten Kunststoff Polyvinylalkohol experimentierten. Dieser fristete u.a. deshalb ein Nischendasein, weil seinerzeit vor allem solche Kunstmaterialien geschätzt wurden, die im Gegensatz zu Holz und Cellulose besonders widerstandsfähig gegenüber dem Zerfall in Luft und Wasser waren. Auf die Idee, Plastiktüten zu entwickeln, die in kaltem Wasser sofort in klebrige Fetzen zerfallen und mit heißem Wasser übergossen wie Schnee zusammenschmelzen, kamen die Unternehmer erst, als auch in Chile das Plastikmüllproblem und die Verbannung der Plastiktüte diskutiert wurde. Solubag könnte neue Voraussetzungen schaffen, unter denen dies nicht mehr nötig wäre. Angestrebte Umdenkprozesse können ausgebremst werden und Industrie und Handel an herkömmlichen Praktiken festhalten.

Mehr noch versprechen die Hersteller von Solubag, einen Werkstoff entwickelt zu haben, der bei Kontakt mit Wasser zerfällt, sich vollständig biologisch abbaut, 100prozentig umweltfreundlich ist und keine kontaminierenden Elemente hinterläßt. Grundlage dieser Behauptung ist aber nur die Prüfung der Rohstoffe durch den SGS (Société Générale de Surveillance), der keine Überschreitung von Grenzwerten bei 19 Schwermetallen und 17 gebräuchlichen Weichmachern, die in der Europäischen Union verboten sind, feststellen konnte. Das schließt Mengen unterhalb der Nachweisgrenze nicht aus, zumal für die Herstellung des Stoffes Schwermetalle benötigt werden.

Die chilenische Zusage wurde allerdings hierzulande dahingehend übersetzt, daß die Folien und Vliesstoffe von Solubag nach spätestens 5 Minuten komplett in Wasser und CO2 mineralisiert wären und somit die Voraussetzungen von Bioplastics erfüllen würden, [6] die ausschließlich in natürliche Bestandteile zerfallen müssen, um als solche zu gelten. Ein Video des chilenischen Frühstücksfernsehens zeigt dem kritischen Betrachter eine trübe, milchige Flüssigkeit, welche die Solubag aus einer Schale mit klarem Wasser gemacht hat. Nur reines Wasser und ausgasende Kohlensäure (CO2) ist das nicht. [7] Das hat der Hersteller auch nicht behauptet, der nur eine 90prozentige Kompostierung seiner Basismasse (Polyvinylalkohol) innerhalb von 180 Tagen garantiert, was mit entsprechenden standardisierten Meßmethoden nach DIN EN 13432 überprüft worden sei. Über die Zerfallsprodukte, aus der die trübe Brühe tatsächlich besteht, und inwieweit sie sich tatsächlich umweltneutral verhalten, läßt sich auf der Webseite des Herstellers nichts finden. Auch weitere Recherchen lassen letztlich nur Vermutungen zu und viele Fragen offen.

Über den Baustein, aus dem sich die wasserlösliche Basis zusammensetzt und wahrscheinlich auch wieder zerfällt, Vinylalkohol, liegt keine harmonisierte (genormte) Einstufung vor, was die gesundheitliche Gefährdung betrifft. Es läßt sich aber eine Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer von Vinylalkohol im "Classification and Labelling Inventory" der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abrufen [8]. Darin wird Vinylalkohol als eine in höheren Konzentrationen leicht entflammbare, Augen und Lungen reizende, möglicherweise kanzerogene, also ernstzunehmende Chemikalie ausgewiesen. Ihr Eintrag wäre demnach durchaus als Kontamination mit einem Schadstoff (s.o.) zu betrachten.

Dazu kommt, daß der Hersteller auf seiner Homepage in einem Fenster andeutet, daß der leichtlösliche Polyvinylalkohol nur die Basis für weitere Bestandteile darstellt, aus denen sich die verschiedenen Qualitäten der Solubagprodukte von leichten Einwegtüten bis zu festen Vliesstoffen zusammensetzen. Sie können also durchaus auch Anteile an nicht verrottenden Kunststoffen enthalten, die dem Endprodukt Stabilität oder andere unverzichtbare Eigenschaften verleihen.

Damit wäre Solubag in guter Gesellschaft mit anderen Versuchen, biodegradierbare Kunststoffe bis zur Marktreife zu entwickeln. Auch frühere Bioplastics erwiesen sich als Mogelpackungen, weil sie neben dem biologisch abbaubaren Anteil von Celluloseacetaten oder Stärke auch Polyethylen, Polyethylenterephtalat u.a. enthalten. In allen Fällen löst sich immer nur ein Teil des Materials, das dann abgebaut wird, so daß die Struktur des fraglichen Produkts zerfällt, die ganzen restlichen Plaste jedoch unverändert bleiben. [9] Solche Biomaterialien erhöhen im nebenherein die Menge an Mikroplastikteilchen in der Umwelt, die derzeit gerade wieder in den Fokus des öffentlichen Interesses gerückt sind. [10]

Nebenbei lassen Funktionalität, Qualität und breite Anwendbarkeit der Folien aus Biomaterial im Vergleich zu konventionellen Einwegkunststoffen sehr zu wünschen übrig. Der Anteil an Zellulose oder Stärke macht sie in der Regel wasser- und luftdurchlässiger. Zudem weichen sie schneller auf. Sie eignen sich nicht für die Aufnahme von feuchten, nassen oder flüssigen Materialien. Solubag-Produkte bilden hier keine Ausnahme. Gefrierbeutel oder Lebensmittelverpackungen für Fleisch und Wurstwaren aus Polyethylen lassen sich mit Polyvinylalkoholen nicht ersetzen.

Die Produktion von Kunststoffen soll sich in den nächsten 20 Jahren von 300 Millionen Tonnen auf 600 Millionen Tonnen verdoppeln. Bis 2050 wären es Hochrechnungen zufolge sogar 900 Millionen Tonnen. Davon wird schon heute jede Minute eine Müllwagenladung ins Meer entsorgt. Die Rechtfertigung der "Inverkehrbringer" von weiteren, neuen Kunststoffen besteht darin, einen umweltschonenden Beitrag zu leisten, indem sie einen kleinen Teil dieses noch hypothetischen Plastikbergs mit Materialien ersetzen, die man zumindest nicht mehr sieht, auch wenn sie ihre Einzelmoleküle im Wasser mit noch unbekannten Folgen und Problemen für die marine Umwelt über alle Weltmeere verteilen. Tatsächlich könnte allein das Angebot noch eine weitere Bedarfs- und Produktionssteigerung für spezielle Kunststoffmaterialien nach sich ziehen, ohne daß sich an der Ausgangssituation etwas ändert. Fraglich bleibt, ob nicht ein konkreter Müllberg, der sich zusehends vergrößert und an dem keiner mehr vorbei kommt, nicht eher zu einem gesamtgesellschaftlichen Umdenken führen könnte, als industriegestützte Pseudolösungen. Sie scheinen den derzeitigen Trend der Umweltpolitik vielmehr noch zu fördern, ambitionierte Ziele vorzugeben, hinter denen letztlich Industrie und Handel so weitermachen werden wie bisher.


Die Karte zeigt den Stand der weltweiten Vorschriften zur Begrenzung der Verwendung von Plastiktüten. In mehreren afrikanischen Ländern sowie in Frankreich, Indien und der Mongolei gibt es vollständige oder partielle nationale Verbote. Andere Länder haben wirtschaftliche Maßnahmen wie die Besteuerung von Plastiktüten eingeführt, und diese Liste umfasst auch Irland und Portugal. - Grafik: 2018 by StatisticaCharts als CC-BY-SA,Quelle: UN.

Davon, daß Aktionen gegen Plastikmüll weltweit zunehmen sollen, merkt das Meer nichts.
Grafik: 2018 by StatisticaCharts als CC-BY-SA,Quelle: UN


Anmerkungen:


[1] siehe auch:
http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umrb0066.html
http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0114.html
http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umrb0137.html

[2] http://www.ready-for-the-resource-revolution.com/en/marine-plastic-debris-and-microplastics-a-new-unep-report-on-plastic-pollution-in-our-oceans/

[3] https://www.weforum.org/agenda/2018/04/visualizing-the-prolific-plastic-problem-in-our-oceans

[4] https://reset.org/blog/solubag-die-loesung-plastiktueten-im-meer-08212018
und
https://solubag.cl/

[5] https://www.n-tv.de/wissen/Krebse-zerstueckeln-Plastiktueten-article20180085.html und
D.J. Hodgson, R.C. Thompson, A.L. Bréchon, "Ingestion and fragmentation of plastic carrier bags by the amphipod Orchestia gammarellus: Effects of plastic type and fouling load", Marine Pollution Bulletin, Volume 127, Febr. 2018, (Seite 154-159)
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0025326X17310147

[6] Nach Definition des DIN-Arbeitskreis "Bioabbaubare Kunststoffe" von 1992 ist biologische Abbaubarkeit ein durch biologische Aktivität, chemische oder technische Synthese verursachter Vorgang, der unter Veränderung der chemischen Struktur des Kunststoffes zu natürlich vorkommenden Stoffwechsel-Endprodukten führt. Ein Kunststoff soll demnach nur dann als bioabbaubar bezeichnet werden können, "wenn alle organischen Bestandteile einem vollständigen Bioabbau unterliegen", das Material letztendlich also mineralisiert bzw. in CO2 und Wasser zerlegt wird. Siehe auch:
https://biobagworld.com/de/umwelt/biologisch-abbaubar-und-kompostierbar/

[7] https://solubag.cl/prensa/

[8] https://echa.europa.eu/de/information-on-chemicals/cl-inventory-database/-/discli/details/68785

[9] http://www.schattenblick.de/infopool/natur/chemie/chula208.html

[10] https://www.lahrer-zeitung.de/inhalt.neue-studie-nicht-nur-kosmetik-mikroplastik-hat-viele-verursacher.d979ba9a-7c3b-42dd-b180-7e1e3d7c636b.html



4. September 2018


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