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BERICHT/113: Forscher, die sich einen Namen machten (TU Dresden)


Dresdner UniversitätsJournal Nr. 5 vom 17. März 2009

Forscher, die sich einen Namen machten
Wissenschaftler als Namensgeber in der Geschichte der TU Dresden
(32, Schluss)

Von Klaus Mauersberger, Kustodie


Mit der 32. Folge soll die UJ-Serie "Namensgeber" nunmehr beendet werden. Dabei hat die Beschäftigung mit diesem Thema eine Menge Namensgebungen hervorgespült, die bislang kaum bekannt oder beachtet waren. Eine eigene Broschüre könnte damit gefüllt werden. Allerdings wären hierfür weitere Recherchen und wissenschaftshistorische Untersuchungen erforderlich. Vor allem hat es den beteiligten Autoren Freude bereitet, den Umständen diverser Namensgebungen sowie der Vita entsprechender Namensgeber nachzugehen. Erfreulich ist auch die Tatsache, dass sich neben Historikern eine ganze Reihe von Fachwissenschaftlern auf historische Spurensuche begeben haben - und fündig geworden sind. Nicht immer sind jene Leistungen, die zur Namensgebung führten, an der TU Dresden selbst bzw. ihren Vorgängereinrichtungen erbracht worden, aber stets ging es um Wissenschaftler, die eng mit unserer Alma Mater verbunden waren. Ein wenig konnte auch die Frage beantwortet werden, unter welchen Bedingungen, in welchem wissenschaftlichen und kulturellen Klima herausragende Leistungen entstehen, die dann durch die namentliche Würdigung ihrer Urheber in die "Geschichte" eingehen. Überhaupt scheinen die Themen Wissenschaft in der Öffentlichkeit und Möglichkeiten der Wissenschaftskommunikation, die hier angerissen wurden, aktueller denn je zu sein.

Von einigen Namensgebungen, die per Zufall aus der Fachliteratur oder aus Selbstzeugnissen herausgefunden werden konnten bzw. von bekannten Benennungen, die in der Serie keinen Autor gefunden haben oder aus anderen Gründen nicht untergebracht werden konnten, soll abschließend und zusammenfass+end die Rede sein. Jüngst waren in der Ausstellung "Good Vibrations. Geometrie und Kunst" in den Universitätssammlungen Kunst+Technik im Görges-Bau zahlreiche geometrische Modelle zu bewundern, die wie kleine Kunstwerke anmuteten. Dazu zählten unter anderen kunstvolle Rohnsche Fadenmodelle zur Visualisierung von Raumkurven. Karl Rohn war von 1888 bis 1905 als Professor für Darstellende Geometrie und Vorsteher der zugehörigen Modellsammlung an der TH Dresden tätig. Für die enge Praxisbeziehung der Geometrie und Mathematik in der Geschichte der TU Dresden sprechen zwei weitere Namensgebungen. Ludwig Burmester, der Vorgänger von Rohn, befasste sich vor allem mit geometrischer Kinematik und leistete wichtige Beiträge zur Getriebesynthese. Mit den Burmester-Kurven legte er ein praktikables Mittel zur grafischen Darstellung kinematischer Zusammenhänge vor. Die Kustodie bewahrt ein Tableau mit entsprechenden Burmester-Schablonen aus den 1960er Jahren, als diese in der Ausbildung von Getriebetechnikern genutzt wurden. Eine enge Verbindung zur technischen Praxis, vor allem im Maschinenwesen und in der Flugtechnik, pflegte auch der Mathematiker Erich Trefftz, auf den ein Verfahren zur Lösung von Differentialgleichungen (Folge 5) zurückgeht. Sein Name ist ferner mit den sogenannten Kármán-Trefftz-Profilen in der Aerodynamik verbunden. Sein Kollege auf dem Lehrstuhl für Technische Mechanik, Karl Wieghardt, trat mit innovativen Verfahren über die Spannungsverteilung in elastischen Körpern hervor, die nach ihm benannt wurden. Auf einen weiteren Mathematiker, den Computerpionier Nikolaus Joachim Lehmann, geht eine bekannte Methode zur numerischen Berechnung optimaler Schranken für allgemeine lineare Eigenwertaufgaben, das Lehmann-Maehly-Verfahren, zurück.

Wilhelm Fränkel, der Nachfolger von Johann Andreas Schubert im Fach Brückenbau, der auf dem Gebiet der Deformationsenergie forschte, war an der Entwicklung des Fränkel-Leunertschen Dehnungsmessers beteiligt, der zusammen mit seinem Durchbiegungsanzeiger lange Zeit in der Brückenmesstechnik eingesetzt worden ist. Vom Rotationsdynamometer nach Hartig ist bereits die Rede gewesen (Folge 2). Auch Heinrich Görges befasste sich als Elektrotechniker mit der Leistungsmessung an Elektromaschinen. 1913 stellte er in der Elektrotechnischen Zeitschrift ein Torsionsmesser zur Bestimmung des Drehmomentes rotierender Wellen vor. Der Kustodie liegt eine Originalfotografie dieses Spiegeltorsionsmessers nach Görges und Weidig vor. Auf einen Nachfolger von Görges, den Hochspannungstechniker Ludwig Binder, geht die Binder-Schleife genannte Versuchsanordnung zur Untersuchung von Wanderwellen zurück.

Kehren wir zum Schluss noch einmal zur Physik zurück. Neben dem Dember-Effekt und dem Hallwachs-Effekt in der Photophysik (Folge 14 und 15) sollen auch der Pockels-Effekt und die Pockels-Zelle Erwähnung finden - ihr Namensgeber Friedrich Pockels war um 1900 einer der ersten Kristallphysiker an der TH Dresden. Auf den theoretischen Physiker Hans Falkenhagen, der hier von 1936 bis 1945 lehrte, geht die Falkenhagen-Theorie zu Leitungsvorgängen in Elektrolyten zurück. Zu dem vielseitigen August Toepler (Folge 6) wäre noch seine Beteiligung an der Entwicklung der Toepler-Kohlrausch-Drucklibelle zur Messung feinster Druckschwankungen nachzutragen. Schließlich sei auf die vermutlich jüngste Namensgebung nach einem Wissenschaftler unserer Universität verwiesen, die einem Strukturphysiker gilt: das Pauflerit. Peter Paufler, Inhaber der Professur für Kristallographie und Mitautor in unserer UJ-Serie, wurde diese Würdigung zuteil, als im Jahr 2005 russische Wissenschaftler ein auf Kamtschatka gefundenes Mineral mit seinem Namen belegten.

Vielleicht stößt der geneigte Leser ja auf weitere unbekannte oder vergessene Benennungen in der Geschichte der TU Dresden; Kustodie und Redaktion Unijournal sind für jede diesbezügliche Information dankbar.


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Quelle:
Dresdner UniversitätsJournal, 20. Jg., Nr. 5 vom 17.03.2009, S. 10
Herausgeber: Der Rektor der Technischen Universität Dresden
Nöthnitzer Str. 43, 01187 Dresden
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. April 2009