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FORSCHUNG/226: Massives Waldsterben vor 200 Millionen Jahren (Goethe Uni Frankfurt)


Goethe-Universität Frankfurt - 16. Juli 2009

Massives Waldsterben vor 200 Millionen Jahren

Heftige Vulkanausbrüche am Übergang von Trias zum Jura ließen Wälder auf der nördlichen Halbkugel vorübergehend kollabieren


FRANKFURT. Das Massensterben von Tieren und Pflanzen vor 200 Millionen Jahren an der Trias-Jura-Grenze, als die Zeit der Dinosaurier begann, ist eines der fünf großen Aussterbe-Ereignisse der Erdgeschichte. In den Ozeanen fielen ihm bis zu 80 Prozent aller Weichtiere zum Opfer. Paläontologen erklären dies durch den Ausstoß großer Mengen an Kohlendioxid (CO2) bei Vulkanausbrüchen, welche die Bildung des heutigen Atlantischen Ozeans (und damit die Trennung von Europa und Nordamerika) einleiteten. Rätselhaft war bis heute, warum gleichzeitig auch Ökosysteme auf den Kontinenten kollabierten. Forscher der Goethe- Universität haben nun mit Kollegen aus Schweden und den Vereinigten Staaten herausgefunden, dass durch den Vulkanismus zusätzlich große Mengen an Schwefeldioxid freigesetzt wurden, die als saurer Regen ausfielen und damit in Analogie zum heutigen Waldsterben für den vorübergehenden Zusammenbruch der Wälder sorgten.

Im Frühstadium der Atlantik-Öffnung bildete sich entlang der späteren Bruchzone zwischen Europa und Nordamerika eine Vulkanprovinz, die gewaltige Mengen an Basaltlava ausstieß. Die produzierte Lavamenge war so groß, dass sie die gesamte Fläche der heutigen USA unter einer 300 Meter dicken Schicht begraben würde. Das zeitgleiche Verschwinden von vielen Kalkskelette bildenden Organismen im Meer, wie zum Beispiel den Korallen, lässt sich durch den Ausstoß von vulkanischem CO2 erklären. Die massiven Änderungen in terrestrischen Ökosystemen - und hier besonders der Landpflanzengemeinschaften - an der Trias-Jura-Grenze sind dagegen nicht direkt mit erhöhter CO2-Konzentration in der Atmosphäre erklärbar. "Die Beobachtung, dass das kurzfristige Verschwinden der Wälder auf die Nordhemisphäre beschränkt ist, lässt sich durch eine Zunahme der atmosphärischen CO2-Konzentration nicht erklären", so Prof. Jörg Pross, Paläontologe und Paläoklimaforscher an der Goethe-Universität.

Um herauszufinden, wie sich die Landvegetation an der Trias-Jura-Grenze veränderte, untersuchten der Frankfurter Paläontologe Dr. Bas van de Schootbrugge und Kollegen fossile Pollen und Sporen in Bohrkernen aus Deutschland und Schweden. Wie sie in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature Geoscience" berichten, konnten sie so an der Trias-Jura-Grenze ein rasantes Wachstum von Farnen, Schachtelhalmen und Moosen identifizieren, welche die vorher existierenden Wälder kurzfristig ersetzten. Diese Pioniere besiedeln rasch offene Landschaften und können auch unter schwierigen Umweltbedingungen auf sauren Böden und mit wenig Licht überleben. "Eine derartige Vegetation ist typisch für schwer gestörte Ökosysteme", erklärt van de Schootbrugge.

Die Forscher erklären das Waldsterben als Folge massiven sauren Regens, der zu einer Versauerung der Böden auf der Nordhemisphäre führte - mit dramatischen Folgen für Nadelbäume und andere Baumarten. Zusätzlich sorgten große Mengen an Sulfat-Aerosolen in der Atmosphäre für eine Verringerung des auf dem Erdboden ankommenden Sonnenlichts. Farne sind unter derartigen Bedingungen im Vorteil - was die große Menge an gefundenen Farnsporen erklärt. Als weiteren Bestandteil der Atmosphäre an der Trias-Jura-Grenze identifizierten die Paläontologen um van de Schootbrugge erhöhte Konzentrationen organischer Moleküle, insbesondere Polyzyklischer Aromatischer Kohlenwasserstoffe (PAKs). Diese deuten auf einen direkten Zusammenhang zwischen Florenwechsel und Vulkanismus an der Trias-Jura-Grenze: Die für Tiere und Pflanzen hoch toxischen PAKs werden nämlich freigesetzt, wenn Lava durch die Erdkruste aufsteigt und dabei organisch reiche Sedimente wie etwa Kohleflöze aufheizt und verschwelt.


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Quelle:
Pressemitteilung 154 vom 16. Juli 2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juli 2009