Universität Zürich - 05.09.2016
Erste Gravitationswellen bilden sich nach 10 Millionen Jahren
Kollidieren zwei Galaxien, löst die Verschmelzung der zentralen schwarzen Löcher Gravitationswellen aus, die sich wellenartig über das ganze Weltall verbreiten. Ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung der Universität Zürich hat errechnet, dass dies etwa 10 Millionen Jahre nach der Verschmelzung der Galaxien passiert - viel schneller als bisher angenommen.
Die Bilder zeigen das Verschmelzen von zwei Galaxien in einer
Simulation über etwa 15 Millionen Jahre. Die roten und blauen Punkte
bezeichnen die beiden schwarzen Löcher.
© Astrophysical Journal
In seiner Allgemeinen Relativitätstheorie hatte Albert Einstein vor
hundert Jahren die Gravitationswellen vorhergesagt, dieses Jahr wurden sie
erstmals direkt nachgewiesen: Das amerikanische
Gravitationswellen-Observatorium LIGO zeichnete von der Erde aus solche
Krümmungen im Weltall auf, die durch das Verschmelzen von zwei massereichen
schwarzen Löchern entstanden waren. Und die Erforschung
der Gravitationswellen - und damit auch des Ursprungs des Universums -
geht weiter: Ab 2034 sollen unter Leitung der Europäischen
Weltraumorganisation ESA drei Satelliten ins All geschossen werden, um vom
Weltall aus mit der Evolved Laser Interferometer
Space Antenna (eLISA) Gravitationswellen in noch tieferen
Frequenzbereichen messen zu können.
Bislang konnte jedoch nicht schlüssig vorausgesagt werden, zu welchem Zeitpunkt beim Verschmelzen von Galaxien Graviationswellen ausgelöst werden und sich über den gesamten Weltraum verbreiten. Zum ersten Mal hat dies nun ein internationales Team von Astrophysikern der Universität Zürich, vom Institute of Space Technology Islamabad, der Universität Heidelberg und der Chinesischen Akademie der Wissenschaften anhand einer umfangreichen Simulation berechnet.
Jede Galaxie besitzt in ihrem Zentrum ein supermassives schwarzes Loch, das eine Masse von Millionen oder gar Milliarden Sonnen aufweisen kann. In einer realistischen Nachbildung des Universums wurde das Verschmelzen zweier, etwa 3 Milliarden Jahre junger Galaxien simuliert, die relativ eng beieinander lagen. Mithilfe von Supercomputern berechneten die Forschenden die Zeit, die die zwei zentralen schwarzen Löcher mit etwa 100 Millionen Sonnenmassen brauchen, um nach der Kollision der Galaxien starke Gravitationswellen auszusenden.
«Das Ergebnis ist überraschend: Das Verschmelzen der beiden schwarzen Löcher löste bereits nach etwa 10 Millionen Jahren die ersten Gravitationswellen aus - etwa 100 mal schneller als bisher angenommen», erklärt Lucio Mayer, vom Institut für Computerwissenschaft der Universität Zürich.
Die über ein Jahr andauernden Computersimulationen wurden in China, Zürich und Heidelberg durchgeführt. Das Projekt erforderte einen innovativen Berechnungsansatz mit verschiedenen numerischen Codes auf unterschiedlichen Supercomputern. Jedem Supercomputer oblag dabei die Berechnung einer bestimmten Phase der orbitalen Annäherung der beiden massereichen schwarzen Löcher und ihrer Muttergalaxien.
Gegenüber bisherigen Modellen wurde in der vorliegenden Simulation die Beziehung zwischen den Umlaufbahnen der zentralen schwarzen Löcher und der Art der Muttergalaxien berücksichtigt. «Unsere Berechnungen erlauben daher eine robuste Prognose für die Verschmelzungsrate von supermassiven schwarzen Löchern in der Frühzeit des Universums. Sie können dazu beitragen, die Gravitationswellen, die eLISA in naher Zukunft wohl finden wird, besser einschätzen zu können», erklärt Lucio Mayer, vom Institut für Computerwissenschaft der Universität Zürich.
Literatur:
Fazeel Mahmood Khan, Davide Fiacconi, Lucio Mayer, Peter Berczik und
Andreas Just.
Swift Coalescence of Supermassive Black Holes in Cosmological Mergers
of Massive Galaxies.
Astrophysical Journal, 2. September 2016.
arXiv:1604.00015
Die Universität Zürich organisiert zusammen mit der ETH vom 5. bis 9.
September das 11. Internationale LISA-Symposium. Auf dem Campus Irchel
treffen sich die "Who is Who" der Gravitationswellen-Astrophysik, ranghohe
Experten der europäischen und amerikanischen Raumfahrtbehörden sowie
Spezialisten der Raumfahrtmission LISA. Sie berichten über die
vorliegenden ausführlichen Tests der Technologie der LISA
Pathfinder-Mission, die bisher alle Erwartungen bei weitem übertroffen
haben. Und sie geben einen Ausblick auf das künftige
Gravitationswellen-Observatorium eLISA, das voraussichtlich 2034 starten
soll. Drei Satelliten, deren Abstand jeweils 1 Million Kilometer beträgt,
werden dann auf eine Sonnenumlaufbahn gebracht, um Gravitationswellen in
einem sehr tiefen Frequenzbereich mithilfe von Laserstrahlen aufzuspüren.
http://www.physik.uzh.ch/events/lisa2016/
Weitere Informationen unter:
http://www.media.uzh.ch/de/medienmitteilungen/2016/Gravitationswellen-berechnen.html
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter: http://idw-online.de/de/institution94
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Zürich, Melanie Nyfeler, 05.09.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 7. September 2016
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