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ELEKTROTECHNIK/096: Wenn die Elektrik unter den zündenden Funken leidet (idw)


Universität des Saarlandes - 22.10.2009

Wenn die Elektrik unter den zündenden Funken leidet


Elektrische Schaltungen leiden darunter, dass bei jedem Ein- und Ausschalten ein kleiner, aber extrem heißer Funke überspringt - ähnlich wie der Blitz bei einem Gewitter. Was diese winzigen Funken im Inneren des Kontaktes anrichten, wusste man lange Zeit nicht genau, denn ihre enorme Energie entlädt sich auf wenigen tausendstel Millimetern. Erst die so genannte "Nano-Tomographie" ermöglicht einen extrem präzisen Einblick in das Innere von Werkstoffen. Für seine Forschungen auf diesem Gebiet hat Frank Mücklich, Professor für Funktionswerkstoffe der Universität des Saarlandes, jetzt den Morton Antler Award erhalten.

Diese wissenschaftliche Auszeichnung wurde ihm nach seinem Festvortrag - der "Morton Antler Memorial Lecture" - auf der weltweit führenden Konferenz für elektrische Kontakte, der IEEE Holm Conference on Electrical Contacts in Vancouver, verliehen. Erstmals ging diese Auszeichnung an einen deutschen Forscher.

Elektrische Schaltsysteme, die heute in jedem Gebäude, jedem Haushaltsgerät und jedem Auto zu finden sind, leiden nicht nur unter dem mehrere tausend Grad heißen, blitzartigen Funkenschlag beim Ein- und Ausschalten. Auch Korrosion, mechanischer Verschleiß und Temperaturschwankungen schaden ihnen. Viele Geräteausfälle haben mit diesen Problemen an den elektrischen Kontakten zu tun. Diese Störanfälligkeit bekommen auch die Autohersteller zu spüren, die bereits heute mehrere tausend kleinster Schalt- und Steckkontakte in jedes Fahrzeug montieren. In künftigen Elektromobilen werden die Unternehmen sogar noch sehr viel höhere elektrische Ströme und Spannungen handhaben müssen.

In einem Forschungsprojekt mit Bosch, Siemens, der deutschen Edelmetallindustrie und weiteren Instituten untersuchten Professor Mücklich und sein Team mit Hilfe der Nano-Tomographie erstmals, wie die Schädigung elektrischer Schaltkontakte genau vonstatten geht. Man wollte verstehen, wie der beim Ein- und Ausschalten auftreffende Energieschock auf einen wenige tausendstel Millimeter kleinen Krater des Kontaktwerkstoffes einwirkt. Die Saarbrücker Wissenschaftler konnten zeigen, wie dieser Mikroblitz in Nanodimensionen das Innenleben des so genannten "Kontaktwerkstoffs" verändert und - je nach Belastung - schließlich die Lebensdauer des Bauelementes beendet. Mit diesen Erkenntnissen sollen nun neue Materialien entwickelt werden, denen die kurzzeitige extreme Hitze des Funkens von bis zu 6000 Grad Celsius nichts ausmacht. "Mit robusteren Materialien und einem maßgeschneiderten Innenleben der Werkstoffe wird man die Haltbarkeit von elektrischen Schaltsystemen wesentlich erhöhen können und möglicherweise auch mit weniger kostbaren Edelmetallen auskommen als heute", erläutert Frank Mücklich das Forschungsziel.

Die Nano-Tomographie funktioniert ähnlich wie die Computer-Tomographie in der medizinischen Untersuchung: Im Unterschied dazu wird der Körper aber nicht scheibchenweise durchleuchtet, sondern durch einen sehr präzisen Ionenstrahl systematisch in Scheiben von wenigen Nanometern Dicke zerlegt. Die dabei erfassten Bildserien werden anschließend im Computer wieder zum exakten räumlichen Abbild zusammengefügt. Durch die extrem hohe Auflösung der Nano-Tomographie und der unterschiedlichen Kontrastverfahren können die Materialforscher damit nicht nur chemisch analysieren, welche Atome wo enthalten sind, sondern sie können auch veranschaulichen, welche Gitterstruktur und Orientierung die Kristalle des Materials haben und welche Nanostrukturen daraus geformt wurden. Und sie können aus dem 3D-Bild an jeder Stelle die Folgen kleinster Materialveränderungen für die entscheidenden Eigenschaften berechnen - die Leitfähigkeit für Strom und Wärme beim Auftreffen des unvermeidlichen Mikroblitzes.

Weitere Informationen unter:
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität des Saarlandes, Friederike Meyer zu Tittingdorf,
22.10.2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Oktober 2009