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ENERGIE/1650: Calciumbatterien - Neue Elektrolyte, verbesserte Eigenschaften (idw)


Karlsruher Institut für Technologie - 10.10.2019

Calciumbatterien: Neue Elektrolyte, verbesserte Eigenschaften


Batterien auf Basis von Calcium versprechen eine günstige Herstellung und ein hohe Energiedichte. Diese Technologie aus dem Labor besitzt das Potenzial, als Energiespeicher der Zukunft die Lithium-Ionen-Technologie abzulösen. Mit den bislang verfügbaren Elektrolyten gelang es aber nicht, Calciumbatterien bei Zimmertemperatur aufzuladen. Forscherinnen und Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben in der Fachzeitschrift Energy & Environmental Science nun eine vielversprechende Elektrolytklasse vorgestellt, die das erstmals möglich macht.
(DOI: 10.1039/c9ee01699f)

Erst effiziente, große und kostengünstige Energiespeicher eröffnen die Möglichkeit einer flächendeckenden Umstellung auf emissionsfreie Mobilität und Stromversorgung. Doch die heute dominierende Lithium-Ionen-Technologie kann diese Aufgabe in globalem Maßstab nicht erfüllen, sagt Professor Maximilian Fichtner vom KIT, Direktor der Forschungsplattform CELEST (Center for Electrochemical Energy Storage Ulm & Karlsruhe), welche Calciumbatterien und weitere Speichertechnologien erforscht. "Lithium-Ionen-Batterien kommen von ihrer Performance und manchen darin verwendeten Rohstoffen mittelfristig an ihre Grenzen und könnten dann nicht überall dort eingesetzt werden, wo in Rahmen der Energiewende Energiespeicher sinnvoll wären. Wir verfügen nur über begrenzte Vorkommen von Rohstoffen wie Kobalt, Nickel und Lithium, die für die Herstellung notwendig sind." Stattdessen setzen er und sein Team, das am vom KIT in Kooperation mit der Universität Ulm gegründeten Helmholtz-Institut Ulm (HIU) angesiedelt ist, auf alternative Batterietechnologien. Diese basieren auf Rohstoffen, die auf der Erde viel häufiger vorkommen. Das Element Calcium hält er dabei für einen vielversprechenden Kandidaten, da Calcium etwa im Gegensatz zu Lithium zwei Elektronen pro Atom ab- und aufnehmen kann und weil es eine ähnliche Spannung liefert wie Lithium: "Calcium ist das fünfthäufigste Element in der Erdkruste. Es ist gleichmäßig auf der Erde verfügbar und bietet den Vorteil sicher, ungiftig und kostengünstig zu sein."

Suche nach geeignetem Elektrolyt

Doch bei der Entwicklungsarbeit zur Calciumbatterie gab es bislang eine große Hürde: Im Gegensatz zur etablierten Lithium-Ionen-Technologie oder auch der neueren Natrium- oder der Magnesium-Technologie existierten bislang keine praktikablen Elektrolyte, um wiederaufladbare Calciumbatterien herzustellen. "Erst seit wenigen Jahren existieren überhaupt experimentelle Elektrolyte und damit Prototypen der Calciumbatterie", erklären Dr. Zhenyou Li, Erstautor der Studie und Dr. Zhirong Zhao-Karger, Projektleiterin, die beide im Exzellenzcluster POLiS (Post Lithium Storage Cluster of Excellence) am KIT arbeiten, das die Calciumbatterie im Rahmen von CELEST weiterentwickelt. "Diese ermöglichen einen Ladevorgang aber erst bei Temperaturen jenseits der 75 Grad Celsius und sind dabei noch anfällig für unerwünschte Nebenreaktionen."

Nun gelang es den Forschern, eine Klasse neuer Elektrolyte auf Basis spezieller, organischer Calciumsalze zu synthetisieren, mit denen Ladevorgänge auch bei Zimmertemperatur möglich sind. Am Beispiel des neuen Elektrolyts Calciumtetrakis[hexafluoroisopropyloxy]borat konnten die Forscher nun nachweisen, dass Calciumbatterien mit hoher Energiedichte, Speicherkapazität und Schnellladefähigkeit möglich sind. Ihre Ergebnisse haben sie in der Fachzeitschrift Energy & Environmental Science vorgestellt.

Calciumbatterien als nachhaltige Energiespeicher

Die neue Elektrolytklasse schafft nun eine wichtige Grundlage, um Calciumbatterien aus dem Labor in die Anwendung zu führen. In Elektroautos, mobilen Elektronikgeräten und stationären Netzspeichern könnten sie eines Tages die bislang dominierende Lithium-Ionen-Batterie ersetzen. Allerdings könnte das noch eine Weile dauern: "Die neuen Elektrolyte sind ein erster wichtiger Schritt", betont Fichtner. "Bis zur marktreifen Calciumbatterie haben wir noch einen weiten Weg vor uns."


Originalpublikation:
Zhenyou Li, Olaf Fuhr, Maximilian Fichtner, Zhiron Zhao-Karger:
Towards stable and efficient electrolytes for room-temperature rechargeable calcium batteries.
Energy & Environmental Science, 2019.
DOI: 10.1039/c9ee01699f.
https://pubs.rsc.org/en/content/articlelanding/2019/EE/C9EE01699F#!divAbstract

Über die Forschungsplattform CELEST mit dem Exzellenzcluster POLiS
Die Forschungsplattform CELEST (Center for Electrochemical Energy Storage Ulm & Karlsruhe) wurde 2018 von den Partnern KIT, Universität Ulm und dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) zur strategischen Zusammenarbeit gegründet und zählt im internationalen Vergleich zu den größten Aktivitäten in der Batterieforschung. 45 Arbeitsgruppen aus 29 Instituten des KIT, der Universität Ulm und des ZSW bringen ihre komplementäre Expertise in die Plattform CELEST ein - von der Grundlagenforschung über die praxisnahe Entwicklung bis zum Technologietransfer. CELEST ist in drei Forschungsfeldern aktiv: Lithium-Ionen-Technologie, Energiespeicherung jenseits von Lithium sowie alternative Techniken zur elektrochemischen Energiespeicherung und -konversion.

Eingebunden in CELEST ist auch das Exzellenzcluster POLiS (Post Lithium Storage Cluster of Excellence). Im Rahmen von POLiS forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Karlsruhe und Ulm an der Batterie der Zukunft. Das Cluster wurde Ende 2018 im Zuge der hochkompetitiven Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder eingeworben und ist mit rund sieben Millionen Euro pro Jahr für zunächst sieben Jahre ausgestattet. Partner sind das KIT, die Universität Ulm, sowie die assoziierten Partner ZSW und Universität Gießen. Die rund 100 Forschenden verteilen sich in etwa hälftig auf die Standorte Karlsruhe und Ulm.

Mehr zum Exzellenzcluster:
https://www.postlithiumstorage.org/

Über das Helmholtz-Institut Ulm
Das Helmholtz-Institut Ulm (HIU) wurde im Januar 2011 vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) als Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft in Kooperation mit der Universität Ulm gegründet. Mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie dem ZSW sind zwei weitere renommierte Einrichtungen als assoziierte Partner in das HIU eingebunden. Das internationale Team aus rund 120 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern forscht im HIU an der Weiterentwicklung der Grundlagen von zukunftsfähigen Energiespeichern für den stationären und mobilen Einsatz.

Zum Webauftritt des HIU:
http://www.hiu-batteries.de

Details zum KIT-Zentrum Energie:
http://www.energie.kit.edu

Als "Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft" schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 25 100 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1173

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Karlsruher Institut für Technologie, 10.10.2019
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Oktober 2019

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