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RAUMFAHRT/736: Stuttgarter Raumforscher wollen wieder zum Mond (idw)


Universität Stuttgart - 10.07.2009

40 Jahre nach der ersten Mondlandung -
Stuttgarter Raumforscher wollen wieder zum Mond


Als am 20. Juli 1969 im Rahmen der Raumfahrtmission "Apollo 11" der Astronaut Neil Armstrong als erster Mensch den Mond betrat, verfolgten weltweit rund 500 Millionen Fernsehzuschauer diesen "kleinen Schritt", der ein so großer für die Menschheit sein sollte. Nach der Einstellung des Apollo-Programms in den 1970er-Jahren wurde es zunächst ruhig um den Erdtrabanten. In den letzten Jahren ist das Interesse an der Erforschung des Mondes jedoch neu erwacht. Die Zahl der unbemannten Sonden in Richtung Mond hat stetig zugenommen, und ab dem Jahr 2020 ist auch eine Rückkehr von Astronauten auf den Mond geplant. Nicht der Kurzbesuch auf dem Mond ist das Ziel, sondern ein dauerhafter Stützpunkt, der es der Menschheit ermöglichen soll, weiter in das Sonnensystem vorzudringen. Das Institut für Raumfahrtsysteme (IRS) der Universität Stuttgart ist bei diesen Forschungen in unterschiedlichen Bereichen an vorderer Front dabei. Zum 40-Jährigen Jubiläum der Mondlandung wird auch der diesjährige Space Station Design Workshops für Studierende der Errichtung einer Oberflächenbasis auf dem Mond gewidmet sein.

Zeit: 26. bis 31. Juli
Ort: Campus Vaihingen, Pfaffenwaldring 27

So entwickelt das IRS im Rahmen des "Stuttgarter Kleinsatellitenprogramms" unter der Leitung von Prof. Hans-Peter Röser die LUNAR MISSION BW1. Ihr Ziel ist es, nach erdumkreisenden Satelliten erstmals eine universitäre Raumsonde zum Mond zu schicken. Der Kleinsatellit soll als Huckepack-Nutzlast gestartet werden und den Mond in etwa 100 Kilometern Höhe umkreisen. Mittels elektrischer Antriebssysteme bewegt sich die LUNAR MISSION BW1 in Spiralen Umlauf für Umlauf zum Mond, um dort für mindestens sechs Monate Beiträge zur Erforschung unseres Erdtrabanten zu liefern. Fernerkundungsinstrumente untersuchen die Beschaffenheit der Oberfläche und ihre Eigenschaften, Vorort-Messungen erbringen Erkenntnisse über die Umgebung des Mondes. Dabei sollen innovative Technologien und moderne Experimente jenseits des Erdorbits erprobt und genutzt werden, um das Potenzial von Kleinsatelliten für die zukünftige Erkundung des Monds zu demonstrieren.

Da für die Reise zum Mond elektrische Antriebe verwendet werden, ist die Schubkraft der Triebwerke geringer als zum Beispiel bei den Apollo Missionen. Dafür wird bei der Lunar Mission deutlich weniger Treibstoff verbraucht, der Satellit kann damit auch deutlich leichter sein - allerdings um den Preis einer Reisezeit zum Mond von etwa zwei Jahren. Dabei wird die LUNAR MISSION BW1 während der Hinreise mittels modernster Solarzellen elektrische Energie aus Sonnenlicht für die Bordsysteme und die Triebwerke gewinnen. Während der einzelnen Missionsphasen werden zwei verschiedene elektrische Antriebssysteme eingesetzt: das thermische Lichtbogentriebwerk TALOS (Thermal Arcjet for Lunar Orbiting Satellite) und mehrere gepulste Plasmatriebwerke vom Typ SIMP-LEX (Stuttgart Impulsing Magneto-Plasma-dynamical thrusters for Lunar EXploration). Beide werden am Institut für Raumfahrtsysteme entwickelt, getestet und gebaut.


Szenarien für bemannte Raumfahrtmissionen

Die Abteilung "Astronautik Und Raumstationen" des IRS unter der Leitung des früheren Astronauten Prof. Ernst Messerschmid hat eine Entwicklungsumgebung geschaffen, die es erlaubt, bemannte Raumfahrtmissionen zu entwerfen, zu vergleichen, zu simulieren und zu analysieren. Durch aktuelle Forschungsarbeiten wird diese Arbeitsplattform, die den Namen "Space Station Design Workshop" trägt, kontinuierlich erweitert. Zu den aktuellen Arbeiten gehören hierbei die Analyse und der Vergleich von unterschiedlichen Flugbahnen und Stufungspunkten zum Mond, die Entwicklung einer Software zur Auslegung der für einen solchen Flug benötigten Raketenstufen, der Aufbau einer Simulationsumgebung für die Mondoberfläche, die Entwicklung unterschiedlicher Szenarien für Oberflächenbasen auf dem Mond sowie die Entwicklung fortschrittlicher bio-regenerativer Lebenserhaltungssysteme, die einen Langzeitaufenthalt außerhalb der Erde erst ermöglichen.

Mit der Rückkehr zum Mond und der Entwicklung der dafür benötigten Komponenten öffnet sich aber auch eine Türe weiter hinaus in unser Sonnensystem. So kann man dank der neuen, großen Raketen auch zu erdnahen Asteroiden fliegen und dort Abwehrmechanismen entwickeln, damit diese nicht auf der Erde einschlagen. Die Entwicklung solcher Missionen wird in den nächsten Jahren einen neuen Schwerpunkt der Forschung bilden. Das langfristige Ziel für die nächsten Jahrzehnte jedoch ist der Mars.


Wissenschaftlicher Nachwuchs forscht mit

In beiden Forschungszweigen werden Studierende und Nachwuchswissenschaftler intensiv mit eingebunden. So veranstaltet das IRS alljährlich den internationalen Space Station Design Workshop, ein interdisziplinäres Ausbildungsevent, in dem die Studierenden aktuelle Themen aus der bemannten Raumfahrt bearbeiten. Anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der Mondlandung wird das Thema des diesjährigen Space Station Design Workshops die Errichtung einer Oberflächenbasis auf dem Mond sein. Im Gegensatz zu 1969, als die Amerikaner in einem Wettrennen mit Russland zum Mond aufgebrochen sind, sollen die 30 Studierenden aus aller Welt ein Szenario zur Errichtung einer internationalen Mondbasis unter Beteiligung vieler Partner entwerfen und dabei innovative Ideen zur nachhaltigen, langfristigen Erforschung des Mondes einbringen.

Die Arbeit in einem Team mit Personen mit unterschiedlichem kulturellem und technischem Hintergrund bereitet die Studierenden auf ihre zukünftige Arbeit vor. "Denn diese wird von vier Begriffen geprägt sein: international, multikulturell, multidisziplinär und extraterrestrisch", betont Prof. Messerschmid. Die Kombination von exzellentem theoretischen Unterricht und der praktischen Ausbildung in Teamarbeit am realen Objekt bringt einen Erfahrungsgewinn, der maßgeblich zur führenden Position der Universität Stuttgart bei der Ausbildung von Luft- und Raumfahrtingenieuren beiträgt.

Informationen zum Workshop unter
http://www.irs.uni-stuttgart.de/SSDW/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution80


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Stuttgart, Ursula Zitzler, 10.07.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juli 2009