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RAUMFAHRT/757: Nasenkappe für EXPERT-Weltraumkapsel ausgeliefert (DLR)


Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) - 19.11.2009

DLR liefert Nasenkappe für EXPERT-Weltraumkapsel aus

Flugeinheit der DLR-Nasenkappe an die ESA zur Integration und Flugvorbereitung übergeben


Die beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Stuttgart entwickelte faserkeramische Nasenkappe für die EXPERT-Weltraumkapsel ist an die Europäische Weltraumorganisation ESA zur Integration in die Raumkapsel ausgeliefert worden. Bei der Firma Dutch Space wartet die Flugeinheit nun auf die erste Probemontage auf das Thermalschutzsystem des Raumfahrzeugs. Zuvor hatte die Nasenkappe im ESTEC, dem Testcenter der ESA, die letzten notwendigen Versuche für den Flug ins All erfolgreich bestanden.

EXPERT ist eine europäische Testplattform für Wiedereintrittstechnologie (European eXPErimental Reentry Testbed), die im Auftrag der ESA Daten bei der Rückkehr in die Erdatmosphäre sammeln wird. Im Herbst 2010 soll sie mit einer russischen Volna-Trägerrakete von einem U-Boot im Pazifik aus starten, einen suborbitalen Flug absolvieren und nach 15 Minuten auf der russischen Halbinsel Kamtschatka landen. Wichtige Instrumente für die Messungen beim Wiedereintritt sind vor allem in die Nase des Raumfahrzeugs integriert.

Härtetest auf dem Weg ins All

Vor dem Einbau hatte die Frontstruktur der Kapsel jedoch wichtige Tests zu bestehen. Im Oktober 2008 wurde zunächst die "Qualifikationseinheit" der EXPERT-Nasenkappe speziellen Schocktests und Vibrationsversuchen im European Space Research and Technology Centre (ESTEC) der ESA in Noordwijk (Niederlande) unterzogen. Die DLR-Ingenieure Thomas Reimer und Kornelia Stubicar vom DLR-Institut für Bauweisen und Konstruktionsforschung realisierten dann innerhalb eines Jahres die flugfähige Kappe. "Das finale Nasenkappensystem hat die unter Weltraumbedingungen ablaufenden Tests der ESA im Oktober 2009 bestanden", berichtet Thomas Reimer, Leiter des EXPERT-Projektes beim DLR. "Das System wird jetzt auf den unteren Teil des Hitzeschutzsystems der Kapsel montiert und dann bei der Firma Thales-Alenia in Italien in das Gesamtsystem integriert", sagt Reimer.

Größte Hitzebelastung an der Spitze des Raumfahrzeugs

Die Spitze eines Raumfahrzeugs spielt während des Wiedereintritts in die Erdatmosphäre eine besondere Rolle. Hier ist die Wärmebelastung am größten, die "Nase" muss Temperaturen von bis zu 2100 Grad Celsius standhalten. Die Stuttgarter DLR-Wissenschaftler können in diesem Bereich auf langjährige Erfahrungen zurückgreifen: Seit mehr als 20 Jahren forscht das DLR-Institut für Bauweisen- und Konstruktionsforschung an modernen Thermalschutzsystemen, um Wiedereintrittsfahrzeuge und Fluggeräte leistungsfähiger und sicherer zu machen - so auch im ESA-Projekt EXPERT.

Zum Einsatz bei der EXPERT-Nasenkappe kommen keramische Werkstoffe, so genannte faserkeramischen Verbundmaterialien, die im Vergleich zu metallischen Werkstoffen wesentlich hitzebeständiger, extrem leicht und auch bei hohen Temperaturen formstabil sind. Das gesamte System mit einem Durchmesser von 70 Zentimetern und 40 Zentimetern Höhe besteht aus der faserkeramischen Nasenkappe, einer Hochtemperatur-Isolation aus Keramik-Fasern für den Hitzeschutz und einer metallischen Struktur als Unterbau, die als Träger der Sensorik und der Isolierung Halt gibt und zugleich die Verbindung zum unteren Teil der Kapsel herstellt.

Sensoren messen Oberflächenstruktur, Wärmestrom und aerodynamischen Druck

In die Nasenkappenstruktur haben die DLR-Wissenschaftler Experimente integriert. "Sensoren messen zum Beispiel die Oberflächentemperatur, den Wärmestrom und den aerodynamischen Druck", erklärt Wissenschaftler Reimer. Durch ein Fenster aus Saphirglas werden mit einem vom Institut für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart entwickelten Spektrometer die chemischen Vorgänge in der heißen Grenzschicht untersucht, die das Raumfahrzeug während des Wiedereintritts umgibt. "Mit diesen und weiteren Daten können wir Informationen für die Entwicklung und die aerothermodynamische Auslegung zukünftiger Raumfahrzeuge ableiten", ergänzt Kornelia Stubicar, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Projekts.

Vollständiger Artikel mit Bildmaterial:
http://www.dlr.de/desktopdefault.aspx/tabid-5105/8598_read-21010/


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Quelle:
Pressemitteilung vom 19.11.2009
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Unternehmenskommunikation, Linder Höhe, 51147 Köln
http://www.dlr.de/


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. November 2009