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RAUMFAHRT/813: Juri Gagarin - Der unbequeme Held (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 4/11 - April 2011
Zeitschrift für Astronomie

Juri Gagarin
Der unbequeme Held

Von Gerhard Kowalski


Vor einem halben Jahrhundert eröffnete der Flug des russischen Kosmonauten Juri Gagarin das Zeitalter der bemannten Raumfahrt. Trotz seines Triumphes führte er kein sorgenfreies Leben und eckte auch öfter mit den Autoritäten der UdSSR an.


Als Juri Gagarin am 12. April 1961 als erster Mensch in den Weltraum flog, wurde das von der Kreml-Propaganda - nach dem Start von »Sputnik 1« im Oktober 1957 - als erneuter Beweis für die Überlegenheit des Sowjetsystems über den »sterbenden« Kapitalismus hochgejubelt. Dieser Wunschtraum, der dem Kalten Krieg zwischen Ost und West geschuldet war, ist schon lange geplatzt. Der scharfe Wind der Geschichte hat die UdSSR und das sozialistische Lager mit Ausnahme von Nordkorea und Kuba hinweggefegt. Was blieb, ist die wissenschaftlich-technische Pionierleistung von Chefkonstrukteur Sergej Koroljow und die mutige Tat des Bauernsohns Gagarin, der mit seiner 108 Minuten langen Reise der Menschheit den Weg ins All bahnte. Auch ohne jegliche ideologische Verbrämung ist die Bezeichnung »Held« und »Kolumbus des 20. Jahrhunderts« für Gagarin bis heute vollauf berechtigt.

Auf der Gründungssitzung des Organisationskomitees für die Jubiläumsfeierlichkeiten, dem Gagarins älteste Tochter Jelena als einzige Frau angehört, gab denn auch dessen Vorsitzender, Russlands Premier Wladimir Putin, die neue Sprachregelung vor. Der Start von Wostok sei nicht nur eines der bedeutendsten Ereignisse des vergangenen Jahrhunderts, »sondern auch der ganzen Geschichte der Zivilisation«, sagte er. Zugleich sei das ein »wahrhaft nationaler Triumph, der damals das ganze Volk zusammengeschweißt und geeint« habe.

Putin rief dazu auf, das Jubiläum nicht formell zu begehen, sondern es im In- und Ausland zu einem echten und für alle Menschen interessanten Fest zu machen. Es müsse insbesondere dazu genutzt werden, das Interesse der Jugend für die Raumfahrt zu wecken, die internationale Zusammenarbeit auf diesem Hightechgebiet zu verstärken sowie jeder Art von Verfälschungen der eigenen Raumfahrtgeschichte entgegenzutreten. »Einige Fakten werden bewusst falsch dargestellt, andere verschwiegen«, kritisierte der Premier. In vielen einschlägigen russischen Publikationen könne man zwar alles bis ins kleinste Detail über die V-2 des »Herrn von Braun« oder über die Mondlandung der Amerikaner finden, aber kein Wort über den ersten Sputnik oder den Start Gagarins, sagte er.


Am Anfang stand die »Landelüge«

Putin spricht gerade mit dem letzten Punkt ein sehr heikles Thema an. Denn niemand hat beim Flug von Gagarin mehr gelogen, getrickst, verschwiegen und gefälscht als die damalige Sowjetführung unter Partei- und Regierungschef Nikita Chruschtschow. Das Sündenregister ist ellenlang und bis heute noch nicht ganz aufgearbeitet. Exemplarisch ist dabei die »Landelüge«. Bewusst wurde der Öffentlichkeit damals suggeriert, Gagarin sei in seinem Raumschiff gelandet. Als die Lüge viele Jahre später im Zuge von Gorbatschows Glasnost-Politik aufflog, versuchte man sich mit dem Hinweis herauszureden, man habe das getan, weil man fürchtete, der Raumflug werde sonst von der Internationalen Astronautischen Föderation IAF nicht als solcher anerkannt. Deren Satzung besagt nämlich, dass ein Raumfahrer mit jenem Gerät wieder landen müsse, mit dem er gestartet sei.

Doch damit nicht genug. Wegen der damals die gesamte Gesellschaft lähmenden, geradezu manischen »bolschewistischen Wachsamkeit« fand der Flug Gagarins generell unter strengster Geheimhaltung statt. Beim Start an jenem 12. April 1961 waren weder schreibende Journalisten noch Fotografen zugelassen. Lediglich noch einmal besonders vergatterte Militär-Kameraleute des Moskauer Studios für populärwissenschaftliche Filme (Nautschfilm) und des Zentralen Studios für Dokumentarfilme (ZSDF) durften das Ereignis filmen.

Unter strengster Kontrolle der Zensoren, die immer wieder die vermeintliche Verletzung der Geheimhaltungsrichtlinien monierten, wurden aus dem Material mehrere Filme geschnitten. Sie wiederholten sich teilweise zum Ärger ihrer Regisseure in weiten Passagen, durften wichtige Details nicht zeigen und waren oft auch nur einem ausgewählten Personenkreis zugänglich.

Bilder von Gagarin als Kosmonaut in seinem orangefarbenen Raumanzug mit Helm und auch der Wostok-Trägerrakete (Wostok, russisch »Osten«) waren lange Zeit tabu. Bei seinem triumphalen Empfang in Moskau zwei Tage nach seinem Flug gab es von ihm lediglich alte Aufnahmen mit einer Fliegerkappe. Neu waren nur Porträtfotos, die ihn in Uniform als frischgebackenen Major zeigten. Gagarin war nämlich während seiner Erdumkreisung außerplanmäßig vom Oberleutnant gleich zum Major befördert worden. Die ersten Aufnahmen von ihm als Raumfahrer erschienen übrigens im Westen. Filmleute hatten sie aus dem Rohmaterial herausgeschnitten und für viel Geld verkauft. Natürlich wurden die Schuldigen schnell gefunden und ins Gefängnis gesteckt.

Die offizielle Nachrichtenagentur TASS verbreitete zwar seitenlange politische Erklärungen zu dem Flug, hielt sich aber bei den technischen Details zum Wostok-Raumschiff und zur gleichnamigen Trägerrakete sowie bei den Orts- und Personenangaben völlig bedeckt. Chefkonstrukteur Sergej Koroljow, der Vorsitzende der Staatlichen Kommission für bemannte Flüge, der Gagarins Meldung der Startbereitschaft vor dem Flug entgegennahm, und selbst sein Ersatzmann German Titow durften nicht mit Namen genannt werden. Auch der Startort blieb geheim. Zudem wurden alle Probleme, die bei dem Flug auftraten, verschwiegen - von dem defekten Sensor an der Einstiegsluke über den Verlust des Bleistifts, der in der Schwerelosigkeit entschwebte, so dass der Kosmonaut keine Aufzeichnungen mehr machen konnte, die volle Tonbandspule und die verzögerte Abtrennung der Gerätesektion von der Landekapsel, was um ein Haar fatale Folgen gehabt hätte, bis hin zum dadurch bedingten falschen Landeort.

Eigentlich sollte Gagarin 120 Kilometer südlich von Wolgograd herunterkommen, tatsächlich landete er jedoch viel weiter nördlich unweit der Stadt Saratow. Dadurch konnte er auch nicht von den offiziellen Bergungsmannschaften in Empfang genommen werden, die an der falschen Stelle auf ihn warteten. Die ersten Menschen, denen Gagarin auf dem Feld begegnete, waren deshalb eine Bäuerin und ihre Enkelin sowie eine Militärpatrouille. Die Soldaten brachten ihn auch zum nächsten Stab, wo er sich telefonisch bei der Militärführung zurückmelden konnte. Bei TASS las man damals dazu kein Wort. Dafür berichtete die Agentur ausführlich über eine blumige Erklärung Gagarins vor dem Start, die er aber gar nicht abgegeben hatte.

Der ausführliche Bericht, den der Kosmonaut am 13. April vor der Regierungskommission über den wahren Ablauf des Flugs mit allen seinen dramatischen Details erstattet hatte, wanderte sofort in den Giftschrank und wurde erst 1987 auszugsweise veröffentlicht (siehe Kasten unten). Bis dahin stammte somit das Wissen der breiten Öffentlichkeit über den Flug im Wesentlichen aus den TASS- und Zeitungsberichten, einigen Filmen sowie aus Gagarins Buch »Der Weg ins All«, das in aller Eile von zwei »Prawda«-Reportern verfasst worden war. Wenn man es mit dem Kenntnisstand von heute noch einmal liest, muss man unwillkürlich an eine sozialistische Variante eines Rosamunde-Pilcher-Romans denken.

Natürlich läuft alles auch hier immer ausgezeichnet und problemlos. Als hätte er bei seinem höchst riskantem Unternehmen nichts anderes zu tun, philosophiert Gagarin nach dem Willen seiner Ghostwriter über die Schönheit seiner Sowjetheimat, die er im Bullauge sieht und auch noch besingt, über die Musik der Zukunft der Triebwerke seiner Rakete, über den kongolesischen Freiheitskämpfer Patrice Lumumba und über Kolumbus, den Entdecker der Neuen Welt. Er hat sogar Zeit, sich ausführlich mit den künftigen US-amerikanischen Nachfolgern John Glenn, Virgil Grissom und Allan Shepard zu befassen, während seine eigenen Leute bis auf den Chef der Kosmonautenabteilung, General Nikolai Kamanin, namenlos bleiben. So durfte Koroljow erst nach seinem viel zu frühen Tod im Januar 1966 als Chefkonstrukteur »enthüllt« werden (siehe SuW 10/2007, S. 52-58.

Auch der Tod Gagarins ist bis heute nicht richtig aufgeklärt. Putin selbst hat vor fünf Jahren die Bitte von Experten abgeschmettert, mit den neuesten wissenschaftlichen und technischen Mitteln eine zweite offizielle Untersuchung zu der Flugzeugkatastrophe durchzuführen, bei welcher der erste Kosmonaut der Welt und sein Fluglehrer Wladimir Serjogin am 27. März 1968 umgekommen sind. Zur Begründung hieß es lakonisch, es gebe keinen Grund, die damaligen Untersuchungsergebnisse »in Zweifel zu ziehen. Deshalb sei eine zusätzliche Untersuchung auch nicht zielführend«. Dass im Jahre 1968 die Ursache für diese nationale Katastrophe gar nicht gefunden wurde, hat man offenbar übersehen.


Gagarin probt den Aufstand

Gagarin selbst verlangte diese Geheimniskrämerei ein Höchstmaß an Disziplin ab. Er durfte sich bei seinen vielen Auslandsbesuchen und Auftritten im Land selbst nicht verplappern. Deshalb war immer ein Zensor dabei. Doch schon bald wurde sich der Kosmonaut seines Dilemmas bewusst und entpuppte sich als unbequemer Held. Mit wachsendem Selbstbewusstsein sträubte er sich zunehmend gegen den Zwang, der von oben auf ihn ausgeübt wurde. Einer der ersten Ausbrüche aus diesem Korsett war die Weigerung gegenüber General Kamanin auf einer der ersten Reisen, immer nur von ihm vorgefertigte Reden zu verlesen. Er könne sich sehr wohl mit eigenen Worten an die Menschen wenden, sagte Gagarin und ließ immer öfter den offiziellen Text links liegen, wenn er ans Rednerpult gebeten wurde. Und siehe da: Mit seiner natürlichen Gabe, sensibel auf Menschen und Situationen einzugehen, kam er noch mehr bei den Massen an. Der erste sozialistische Popstar war geboren. Kamanin erkannte das schnell und ließ Gagarin, wo es nur ging, an der langen Leine laufen.

Auch seine Arbeit als Abgeordneter des Obersten Sowjets der UdSSR und Mitglied des Zentralkomitees des kommunistischen Jugendverbands Komsomol hat der Kosmonaut überaus ernst genommen. Eigentlich war er nur pro forma in die Gremien gewählt worden, um sie mit seinem Glanz zu schmücken. Doch Gagarin kümmerte sich sehr um seine Wähler und die Jugend, die sich in Hunderten Briefen mit ihren großen und kleinen Sorgen an ihn wandten. Er trug diese dann an die zuständigen Stellen heran und löste damit natürlich nicht immer Begeisterung bei den Bürokraten aus. Doch mit seiner Autorität als Kosmonaut und »Held der Sowjetunion« konnte er so manches Problem lösen helfen. Seinen generellen Wunsch, das Leben der Menschen ein bisschen leichter zu machen, konnte er aber nicht erfüllen. Dagegen stand die festgefügte Staats- und Parteihierarchie, in der er keinen Platz hatte. Das wurde Anfang 1968 besonders deutlich, als es darum ging, für Gagarin nach blendendem Studienabschluss eine angemessene Aufgabe zu finden. Offenbar wusste man nicht, was man mit ihm anfangen sollte. Es gab keinen Kaderplan für ihn, wie es sonst üblich war. Weder beim Militär noch in der Politik oder im Staatsapparat bot man ihm eine Perspektive. Zudem war zweimal der Antrag Kamanins unbeantwortet geblieben, ihn zum General zu befördern. Gagarin selbst tendierte zum Abschluss des Studiums mit einer Ausbildungsvertiefung an der Shukowski-Ingenieursakademie. Ihm gefiel es, wissenschaftlich zu arbeiten.

Noch im September 1961 hatte der Kosmonaut sein Studium an der Akademie aufgenommen, das er so schnell als möglich beenden wollte. Doch das erwies sich als schwierig. Auf oberste Anordnung musste er pausenlos auf Reisen rund um den Globus gehen. Anfangs fand er noch Gefallen daran, zumal er dann und wann auch seine Frau Walentina mitnehmen konnte, die sonst zu Hause die beiden kleinen Töchter Jelena und Galja hütete. Doch dann nahm die Reiserei mit ihren zumeist völlig überladenen Programmen überhand. Allein 1961 besuchte er noch ein gutes Dutzend Länder, so dass er zeitweilig am Rand der totalen Erschöpfung war. Außerdem wurde er auch im Inland bei allen wichtigen politischen Ereignissen herumgereicht.

In einem einzigen Jahr seien ihm dadurch 50 Studientage verloren gegangen, klagte Gagarin einmal. Seine mündlichen Proteste halfen aber nichts. Daraufhin unternahm er einen für die damalige Zeit und seine Person geradezu ungeheuerlichen Schritt: Er beklagte sich in einem Brief an das UdSSR-Zentralkomitee über die Überbelastung der Kosmonauten durch gesellschaftliche Maßnahmen und bat darum, sie nicht mehr so oft von ihrem Studium abzuhalten. »Die Treffen mit dem Volk langweilen« die Kosmonauten »tödlich«, schrieb er. Dahinter verbarg sich der Ärger darüber, dass die Weltraumhelden bei inhaltslosen Veranstaltungen, die nicht selten in Saufgelage ausarten, den lokalen Parteibonzen nur als Staffage dienten.

Die Antwort kam prompt und unmissverständlich. Seine Haltung sei ein Fehler, hieß es. Die Kosmonauten hätten zu den geplanten Meetings zu erscheinen. Das sei ein kategorischer Befehl. Doch andererseits versprach man ihm auch, die Zahl der monatlichen Auftritte von acht auf zwei oder drei zu reduzieren. Gagarins Hartnäckigkeit und Courage zahlen sich also aus.


Offener Brief an Breshnew

Mit dem Sturz Nikita Chruschtschows durch Leonid Breshnew im Oktober 1964 begann die Zeit der Stagnation. Dabei geht es auch mit der Raumfahrt bergab. Für die Entwicklung der Weltraumprogramme und die wissenschaftliche Forschung generell wurden immer weniger Mittel bereitgestellt. Zudem kühlte sich auch das persönliche Verhältnis des neuen Generalsekretärs zu den Kosmonauten ab. Breshnew hatte keine Lust, den Hätschelkurs seines ungeliebten Vorgängers gegenüber den Kosmoshelden fortzusetzen.

Doch das rief diese auf den Plan. In Sorge um das »Zurückbleiben unserer Heimat bei der Erschließung des Weltraums« und um das »Ansehen der Sowjetunion« wandten sich Gagarin und weitere Kosmonauten in einem offenen Brief vom 22. Oktober 1965 an Breshnew. Sie prangerten die »vielen Unzulänglichkeiten in der Planung, Organisation und Leitung« der Raumfahrt an, bemängelten das Fehlen eines Flugleitzentrums und die Zersplitterung der Kompetenzen. »Wir haben keine Raumschiffe, wir haben nichts, womit wir fliegen und ein Weltraumprogramm erfüllen könnten«, kritisierten sie nach dem Auslaufen des »Woschod«-Programms im März. Das müsse verändert werden, hieß es abschließend.

Der Brief lag bis Juni 1966 unbeantwortet bei Breshnew. Dann platzte Gagarin der Kragen. Er versuchte, mit Hilfe von Kamanin zum Partei- und Regierungschef vorzustoßen. Doch der wollte sich mit den zuständigen Militärs nicht anlegen und verweigerte eine Begegnung mit dem Kosmonauten. Erst am 6. April 1967 bekam er eine Audienz bei Verteidigungsminister Dmitri Ustinow. Der war quasi aber schon Exminister und hatte nichts mehr zu sagen. Am 14. April wurde er von Marschall Andrej Gretschko abgelöst.


Gagarin warnt vor Sojus-Start

Inzwischen kämpfte Gagarin schon wieder an einer anderen Front: Er wollte unbedingt den für den 23. April 1967 geplanten Jungfernstart des neuen Sojus-Raumschiffs (Sojus, russisch »Union«) verhindern, das noch von Koroljow für das geheime Mondprogramm konzipiert worden war. Er wußte, dass die Systeme der Kapsel noch nicht ausgereift und gründlich genug getestet sind. Das galt insbesondere für das Fallschirmsystem, das nach einer eindringlichen Warnung des Chef-Aerodynamikers Juri Demjanow bei der Landung versagen könnte. Auch der Chef des Kosmodroms Baikonur, General Wladimir Kruschinin, warnte: »Das Raumschiff ist nicht startbereit!« Dafür wurde er vom neuen Chefkonstrukteur Wassili Mischin indirekt der Sabotage von Politbürobeschlüssen beschuldigt. Der bevorstehende 50. Jahrestag der bolschewistischen Oktoberrevolution sollte nach der zweijährigen Zwangspause auf Biegen und Brechen wieder mit einem spektakulären Raumfahrterfolg gefeiert werden.

Gagarin will unbedingt den Jungfernstart des noch nicht ausgereiften Sojus-Raumschiffs verhindern.

Doch Gagarin und die anderen Warner wurden nicht erhört. Und so wurde Wladimir Komarow in dem unfertigen Raumschiff losgeschickt. Schon bald stellte sich heraus, dass sich eines der beiden Sonnensegel nicht entfalten ließ. Eine Fortsetzung der Mission war damit unmöglich. Mit dem Mut der Verzweiflung versuchte Komarow, den Faltmechanismus des Segels zu lösen, und trommelte dazu mit den Füßen gegen die Wand der Kapsel. Vergeblich. Als man schon glaubte, sich mit einem blauen Auge aus der Affäre gezogen zu haben, versagte schließlich der Hauptfallschirm.

Wegen eines technischen Fehlers beim Bau der Kapsel konnte ihn der Hilfsschirm nicht aus seinem Transportbehälter ziehen, weil er dort mit Epoxidharz verklebt war. Beim Auftragen der Hitzeschutzschicht auf die Kapsel hatten die Techniker vergessen, den Behälter abzudecken. Komarow stürzte ungebremst ab, und das geborstene Raumschiff brannte aus. Die bemannte Raumfahrt hatte ihren ersten Toten zu beklagen.

Glücklicherweise hatte man rechtzeitig den Start von Sojus 2, das ein Rendezvous-Manöver mit Komarow durchführen sollte, abgesagt. Sonst hätte sich die Zahl der Opfer auf vier erhöht. Denn auch dessen Fallschirmsystem hatte dieselben Mängel. Glück hatte nicht zuletzt Gagarin selbst: Für den Fall, dass Komarow aus irgendeinem Grund nicht hätte starten können, war er als dessen Ersatzmann vorgesehen. Nach umfangreichen Verbesserungen und einem erfolgreichen unbemannten Test lernte Sojus anderthalb Jahre später, im Oktober 1968, doch noch fliegen. Es ist bis heute und nach den neuesten Planungen bis mindestens 2018 das einzige bemannte Raumschiff der Russen. Seit dem frühen Tod von Koroljow war das Land nicht in der Lage, einen Nachfolger zu bauen. Dieser »Rus-M« soll nun frühestens 2015 zunächst unbemannt zur Verfügung stehen und erst drei Jahre später bemannt genutzt werden.


Kampf gegen das »Berufsverbot«

Nach dem Tod von Komarow hatte die Militärführung Gagarin ein generelles Flugverbot erteilt. Man wollte den ersten Kosmonauten der Welt keinem unnötigen Risiko aussetzen, um nicht ihn noch zu verlieren. Doch auch hier hatte man die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Gagarin wehrte sich kategorisch gegen dieses Berufsverbot. In einem Schreiben an Kamanin bittet er, ihn von seinem Posten als stellvertretender Chef des Kosmonautenausbildungszentrums im Sternenstädtchen zu entbinden - ein für damalige Verhältnisse unglaublicher und höchst gewagter Vorgang. Als Grund führte er an, er könne nicht die Flug- und Raumflugvorbereitung leiten, ohne selbst zu fliegen.

Sein Rücktrittsgesuch wird abgelehnt. Im Gegenzug erhält er den »Rat«, sich doch besser um die Vorbereitung auf die Verteidigung seines Diploms an der Shukowski-Akademie zu kümmern. Nur mit Mühe lässt sich ein Eklat mit dem widerspenstigen Kosmonauten verhindern. Allerdings ringt Gagarin Kamanin das Versprechen ab, nach erfolgreichem Abschluss des Studiums wenigstens wieder selbst Flugzeuge steuern zu dürfen.

Am 17. Februar 1968 verteidigte er seine Diplomarbeit zum Thema »Die Erforschung der Aerodynamik und Dynamik des Fluges von Orbitalflugzeugen in der Landephase« mit Auszeichnung. Jetzt musste Kamanin sein Versprechen einlösen. Und Gagarin durfte in der Tat wieder fliegen - allerdings nur mit einem Fluglehrer. Denn im Grunde genommen war er wieder ein Flugschüler. Die auch heute noch vorherrschende Meinung, er sei ein »ausgezeichneter Pilot« gewesen, wird allein durch die Tatsache widerlegt, dass er mit nur 265 Flugstunden auf dem Konto ins Kosmonautenkorps gekommen war. Nach den vielen Jahren Unterbrechung musste er 1968 also quasi wieder bei null anfangen. Bis zu seinem tragischen Absturz mit seinem Fluginstrukteur Serjogin am 27. März 1968 soll sich sein Konto auf 350 Stunden erhöht haben, davon 75 Stunden auf Düsenmaschinen. Unmittelbar nach dem Schicksalsflug sollte Gagarin am gleichen Tag erstmals wieder allein eine Maschine steuern.

Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Gagarin war kein Regimekritiker oder Oppositioneller. Er war Kommunist, Offizier und Patriot - wie sein väterlicher Freund Koroljow. In dieser Dreieinigkeit hat er übrigens ausdrücklich gefordert, neben den Spionagesatelliten auch den Kosmonauten im All militärische Aufgaben zu übertragen. Sein Chef Kamanin träumte sogar schon 1962 von der Möglichkeit, eine absolute Kosmosmacht zu installieren, »die zur Bestätigung der Herrschaft des Kommunismus auf der Erde beitragen könnte«.

Inwieweit das darauf Einfluss hatte, dass drei der sieben späteren Saljut-Raumstationen militärischer Natur waren und sogar eine Kanone an Bord hatten, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Klar ist allerdings, dass die sowjetische Raumfahrt nicht so friedlich war, wie sie sich immer gab. Auch die Sowjets hatten ein »Sternenkriegsprogramm« wie die US-Amerikaner, allerdings nicht annähernd so aufwändig.


Ruf nach neuer offizieller Untersuchung

Gagarin war also eher ein regimetreuer kritischer Geist, der sich eine eigene Meinung erlaubt hat, die er mit bemerkenswerter Zivilcourage vertrat. Er wusste natürlich, dass ihn dabei seine große Reputation und sein Heldenstern an der Brust weit gehend schützten.

Auch 50 Jahre nach seinem Flug und 43 Jahre nach seinem tragischen Tod ist Gagarin weiter ein unbequemer Held. Die Forderung nach einer neuen offiziellen Untersuchung unter Einbeziehung internationaler Experten steht im Raum. Denn entgegen den internationalen Gepflogenheiten bei Flugunfällen wurden die ersten Untersuchungen 1968 nicht konsequent zu Ende geführt. Im geheimen Abschlussbericht der damaligen Untersuchungskommission hieß es, der Absturz sei auf die Verkettung mehrerer unglücklicher Umstände zurückzuführen. Mit dieser Version konnte man gut von den gravierenden Mängeln in der Flugvorbereitung, den defekten Bodengeräten und sonstigen Schlampereien ablenken, ohne die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen zu müssen.

Kosmosveteran Alexej Leonow, der damals in die Untersuchungen einbezogen war, fordert, jetzt endgültig Klarheit zu schaffen. Zu seiner Bestürzung hat er übrigens nach Freigabe der Akten sogar feststellen müssen, dass seine Berichte nachträglich gefälscht worden waren, weil sie der Leitung offenbar nicht ins Konzept passten. Auch er war vorher schon Opfer der Geheimhaltungsmanie geworden: Sein Flug mit Woschod-2 im Jahr 1965, bei dem er als erster Mensch in den freien Weltraum ausstieg, wäre um ein Haar tragisch ausgegangen. Zum einen kam er nur mit viel Glück wieder in das Raumschiff zurück, weil sich sein Raumanzug aufgebläht hatte und er deshalb Luft ablassen musste. Und dann versagte noch die Landeautomatik, so dass das Raumschiff ungesteuert fernab vom eigentlichen Kurs in der tief verschneiten sibirischen Taiga niederging. Leonow und sein Partner Pawel Beljajew konnten erst einen Tag später geborgen werden.

German Titow, der zweite Mensch im All, wollte sich persönlich mit ein paar Gleichgesinnten am Absturzort mit einem Metalldetektor auf die Suche nach den fehlenden Trümmern von Gagarins Flugzeug machen. Doch bevor es dazu kam, ereilte ihn im Jahr 2000 nur 65-jährig der Tod. Weshalb Putin und die russische Führung eine neue Untersuchung nicht wollen, bleibt ihr Geheimnis. Tatsache ist, dass die Idee auf anfangs große Zustimmung und Unterstützung auch bei namhaften Funktionsträgern unter den Kosmonauten stieß, so beim damaligen Chef des Kosmonautenausbildungszentrums »Juri Gagarin« im Sternenstädtchen, Wassili Ziblijew. Doch dann änderten sie alle urplötzlich wie auf ein unhörbares Kommando ihre Meinung.

Gagarins Witwe Walentina, die im vergangenen Dezember 75 Jahre alt geworden ist und noch heute völlig zurückgezogen in der alten Wohnung im Sternenstädtchen lebt, hat sich zu der Angelegenheit nur einmal geäußert. Bei einer Begegnung mit Putin, der damals noch Präsident war, hat sie ihm 2001 die schlichte Frage gestellt: »Wie ist mein Mann umgekommen?« Ich meine, sie hat endlich eine Antwort darauf verdient.


Gagarins kritischer Geist lebt

Gagarins kritischer Geist, der sich erst im Laufe von Glasnost und Perestroika durch zahlreiche neue Publikationen und Äußerungen von Zeitzeugen voll offenbarte, scheint zumindest auf die junge Kosmonautengeneration abgefärbt zu haben. Das beste Beispiel ist der Fall von Maxim Surajew. Der damals 37-jährige Luftwaffen-Oberst absolvierte von September 2009 bis März 2010 einen Langzeitflug in der Internationalen Raumstation ISS und machte dabei Furore. Zum einen brach er als erster Blogger unter den russischen Kosmonauten so manches echte oder vermeintliche Tabu. Anfangs versuchte die Raumfahrtagentur Roskosmos, ihn zu zensieren. Doch dann gab sie es wohl oder übel auf, als ihm die US-Presse bescheinigte, seine Blogs seien besser als diejenigen der amerikanischen Astronauten. Dann beging er quasi »Befehlsverweigerung«, als er die Anweisung missachtete, eine Weizenkultur, die er außerhalb des Programms in der Bordorangerie ausgesät hatte, zu vernichten. Das Ergebnis: Als erstem Raumfahrer der Welt gelang es ihm, in der Schwerelosigkeit Weizen bis zur vollen Ährenreife zu züchten - eine kleine botanische Sensation.

Nicht zuletzt erwies sich der Kosmonaut als begnadeter Entertainer. Mit ihm war für eine Woche der Generaldirektor des kanadischen »Cirque du Soleil«, Guy Laliberté, als zahlender Weltraumtourist zur ISS gekommen, um für sein Projekt »ONE DROP« (Ein Tropfen) zu werben, mit dem er allen Menschen auf der Erde Zugang zu sauberem Trinkwasser verschaffen will. Die beiden Frohnaturen überboten sich dabei an intelligenten Präsentationen. Dem Moskauer Verteidigungsministerium missfiel offenbar auch der häufige Auftritt des Obersten mit einer roten Clownnase. Es lehnte zweimal den Antrag ab, den Kosmonauten, dem man explizit eine ausgezeichnete Arbeit im All bescheinigte, wie üblich mit dem Titel eines »Helden Russlands« auszuzeichnen.

Daraufhin brach ein Sturm der Entrüstung und des Protests nicht nur im Kosmonautenkorps aus. Der Fall landete letztlich auf dem Schreibtisch von Präsident Dmitri Medwedjew. Der überreichte Surajew schließlich am 30. Dezember vergangenen Jahres im Kreml doch noch den Heldenstern mit einem verbalen Seitenhieb auf die Bürokratie. Manchmal müsse man politischen Willen zeigen, jemanden für eine staatliche Auszeichnung vorzuschlagen, sagte er. Wenn es dazu an Mut fehle, müsse man eben eingreifen. »Dafür ist der Präsident letztlich da.«


*


In 108 Minuten in die Unsterblichkeit

Der historische Flug Juri Gagarins begann am 12. April 1961 um 9:07 Uhr Ortszeit (7:07 Uhr MEZ) auf der Startrampe Nr. 1 des Wissenschaftlichen Forschungs- und Testgeländes Nr. 5 des Verteidigungsministeriums (NIIP-5 MO) der UdSSR in Kasachstan, dem heutigen Kosmodrom Baikonur. Er endete 108 Minuten später, um 10:55 Uhr, nach einer Erdumkreisung und 41.000 Kilometern unplanmäßig auf einem Feld des Dorfes Smelowka in der Nähe von Saratow an der Wolga.

Eigentlich sollte Gagarin 120 Kilometer südlich von Wolgograd landen. Doch wegen Problemen bei der Abtrennung der Gerätesektion von der Landekapsel flog diese Hunderte Kilometer weiter in nördlicher Richtung. Deshalb konnte Gagarin auch nicht, wie geplant, von den offiziellen Bergungsmannschaften in Empfang genommen werden. Diese trafen erst mit erheblicher Verspätung per Hubschrauber am Landeplatz ein. Da befand sich Gagarin bereits in der Obhut einer örtlichen Militäreinheit, die ihm beim Ablegen des Raumanzugs (des Skaphanders) half und ihm auch die Möglichkeit gab, die erfolgreiche Beendigung seines Fluges »nach oben« zu melden.

Doch bevor Gagarin in seinem 4725 Kilogramm schweren Wostok-Raumschiff an der Spitze der gleichnamigen Trägerrakete mit seinem inzwischen berühmten Ruf »Pojechali!« - »Auf geht's!« von der Rampe abhob, gab es eine lange Schrecksekunde für Chefkonstrukteur Sergej Koroljow und die Bedienungsmannschaften. Nach dem Einstieg Gagarins in seine enge Kapsel hatte ein Techniker den Deckel der Luke Nr. 1 verschraubt. Um 7:58 Uhr kam die Hiobsbotschaft, dass der Deckel nicht hermetisch geschlossen sei. In aller Eile wurde er wieder geöffnet. Es stellte sich heraus, dass ein Sensor nicht funktionierte. Der Techniker bog ein wenig an dem Kontakt herum und verschraubte dann den Deckel erneut.

Dieser Vorfall und auch alle anderen Probleme wurden in der offiziellen Berichterstattung damals verschwiegen. Bei der staatlichen Nachrichtenagentur TASS lief alles »normal« und »nach Plan«. Wie der Flug wirklich verlaufen ist, schilderte Gagarin am Tag danach vor einer Regierungskommission. Sein emotionaler Bericht wurde zum Geheimdokument erklärt und erst 1992 nach dem Zerfall der UdSSR im Wortlaut veröffentlicht. Der Hauptgrund dafür ist offenbar, dass man die Fallschirmlandung von Gagarin und den anderen Landeort verheimlichen wollte. Zudem gab es bange Minuten, als sich die Gerätesektion nicht völlig von der kugelförmigen Wiedereintrittskapsel löste und an einem Kabelbaum hinterher gezogen wurde. Erst nach einer gewissen Zeit brannte dieser durch die Hitze beim Wiedereintritt durch, so dass eine sichere Landung überhaupt möglich war.

Hier einige der wichtigsten Passagen aus Gagarins Bericht:
»Die Rakete hob so weich ab, dass ich nicht bemerkt habe, wie sie losflog. Später spüre ich, wie ein leichtes Zittern, ein leichtes Vibrieren durch sie ging ...

Die Überbelastung wurde etwas stärker. Sie ist durchaus zu ertragen, so wie in gewöhnlichen Flugzeugen, ungefähr 5 g ... Es ist ein bisschen schwierig zu sprechen, denn die Gesichtsmuskeln werden angespannt ... Dann erreichte die Überbelastung ihren Höhepunkt, verringerte sich langsam und hörte abrupt auf. Danach spürte ich den Zustand der Schwerelosigkeit ...

Ich habe die ganze Zeit über berichtet. Die Sterne, der Himmel, die vollkommen schwarze Farbe des Himmels. Die Sterne sind etwas deutlicher zu sehen, es sind leuchtende Punkte, die sich sehr schnell im Sichtfenster bewegen. Der Horizont ist sehr schön. Die Krümmung der Erde ist zu erkennen. Um die Erde herum, direkt an der Oberfläche, ist die Farbe ganz zart blau, dann wird sie immer dunkler ... Eine so zarte Aureole umgibt die Erde. Sehr schön. Ich habe auch Aufzeichnungen gemacht ... Ich nahm die Schreibunterlage, aber der Bleistift war nicht da, war irgendwohin geflogen ... Bis zum Eintritt in den Erdschatten habe ich die ganze Zeit Tonbandaufzeichnungen gemacht ...

Dann habe ich mich auf den Abstieg vorbereitet. Ich habe das rechte Bullauge geschlossen, die Gurte straff gezogen, das Helmvisier zugeklappt und die Arbeitsbeleuchtung eingeschaltet ... Ich habe die Funktionsdauer des Bremstriebwerks gestoppt - genau 40 Sekunden. In dem Moment, wo das Bremstriebwerk abgeschaltet wurde, gab es einen heftigen Stoß, und das Objekt [gemeint ist das Raumschiff] begann, sich mit sehr großer Geschwindigkeit um seine Achsen zu drehen. Die Abtrennung [der Gerätesektion] erfolgte in der zehnten Minute nach Brennschluss des Bremstriebwerks ... Jetzt erloschen alle Kontrollanzeigen nur ein Signal hat sich eingeschaltet: 'Fertigmachen zum Katapultieren!'

Es begann der Eintritt in die dichten Schichten der Atmosphäre ... An den Rändern des verhängten Bullauges erscheint ein hell purpurfarbenes Licht. Und ein Krachen ist zu hören ... Ich dachte: Alles normal - ich werde zu Hause landen. Ich wartete auf das Katapultieren ... Ein Knall, und der Lukendeckel flog weg. Ich drehte den Kopf nach oben - und schon ... wurde ich hinauskatapultiert.

Ich habe gleich gesehen: Ein großer Fluss, das muss die Wolga sein. Der leichte Wind wird mich jetzt dorthin tragen, dachte ich, ich werde wohl in der Wolga wassern ... Ich ging am Hauptfallschirm nieder und wurde in Richtung der Stadt [Saratow] zur Wolga geweht ... Ich habe die Gegend beobachtet und gesehen, wo die Kugel gelandet ist, der Landeapparat ... Sie war ungefähr vier Kilometer von mir entfernt gelandet. Dann flog ich, schaute - rechts von mir war ein Feldlager. Dort waren viele Leute zu erkennen, Autos fuhren, es gab einen Weg ...

Etwa 30 Meter über der Erde hat es mich langsam mit dem Gesicht in Flugrichtung gedreht ... Die Landung auf dem Acker war sehr sanft. Ich war selbst überrascht, wie ich da auf den Beinen stand ... Alles war heil, ich lebte und war gesund.«


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Während des Trainings in der Wostok-Kapsel wurde Juri Gagarin in seinem Raumanzug fotografiert.
- Kurz nach der Zündung der Triebwerke der Wostok-Rakete schießen mächtige Gasstrahlen in die Flammengrube der Startrampe.
- Die kugelförmige Kapsel von Wostok 1 zeigt an ihrer Oberfläche deutliche Spuren ihres feurigen Ritts durch die Erdatmosphäre.


*


Aus dem Leben Juri Gagarins (1934 - 1968)

Juri Gagarin stammt aus dem europäischen Teil Russlands und wurde am 9. März 1934 im Dorf Kluschino geboren. Sein Vater ging dem Zimmermannshandwerk nach und seine Mutter war in einer Kolchose tätig. Juri Gagarin ging ab dem Jahr 1941 in die Dorfschule von Kluschino. Durch den Einmarsch der Wehrmacht und die nachfolgende Besetzung durch NS-Truppen wurde seine Schulzeit unterbrochen. Wenige Jahre nach Kriegsende zog seine Familie in die Stadt Gshatsk um. Im Jahre 1949 begann Gagarin eine zweijährige Ausbildung an einer Handwerkerschule als Gießer und schloss sie erfolgreich ab. Darauf vertiefte er seine Ausbildung mit einem Diplomstudium am Industrietechnikum Saratow.

Während seines Studiums kam Gagarin in Berührung mit der Fliegerei und wurde Mitglied des Aeroklubs in Saratow. Im Jahre 1955 trat er in die sowjetische Armee ein und erhielt eine Pilotenausbildung an der Flugschule in Orenburg. Zwei Jahre später heiratete er Walentina Gorjatschowa. Im Jahre 1959 wurde seine Tochter Jelena geboren, zwei Jahre darauf seine zweite Tochter Galja.

Erstmals kam Gagarin 1960 mit der Raumfahrt in Berührung, als er während eines geheimen Auswahlprogramms unter Flugzeugpiloten in die engere Wahl für einen Raumfahrer kam. Anfang 1961 wurde er aus einer Gruppe von 20 geeigneten Kandidaten wegen seines ruhigen Temperaments als erster Kosmonaut ausgewählt und flog schließlich am 12. April 1961 für 108 Minuten auf einer Erdumlaufbahn. Gagarin starb am 27. März 1968 durch einen Flugzeugabsturz mit einer MiG-15. Die genaue Unfallursache ist bis heute nicht völlig aufgeklärt.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

- Mitte der 1960er Jahre posiert Juri Gagarin in Paradeuniform mit seinen Töchtern Jelena (oben) und Galja (unten).


Gerhard Kowalski war von 1966 bis 2007 Journalist für Nachrichtenagenturen und beschäftigt sich seit Ende der 1960er Jahre mit der Raumfahrt. Seine Interessenschwerpunkte sind die russische Raumfahrt und der Kosmonaut Juri Gagarin.


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w i s - wissenschaft in die schulen

Zur aktiven Beschäftigung von Schülern mit den Inhalten dieses Beitrags stehen auf der Internetseite www wissenschaft-schulen.de didaktische Materialien zur freien Verfügung. Das zentrale Dokument beginnt mit Jules Vernes Abenteuergeschichte »Von der Erde zum Mond«, die von den beiden Physiklehrern Konstantin Ziolkowski und Hermann Oberth gelesen und analysiert wurde. Rechnend und interpretierend setzen sich die Schüler ab Klassenstufe 9 in ähnlicher Weise damit auseinander, wie es einst die Väter der Raumfahrt taten. Das WIS-Projekt führen wir in Zusammenarbeit mit der Landesakademie für Lehrerfortbildung in Bad Wildbad und dem Haus der Astronomie in Heidelberg durch.


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Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Abb. S. 33:
Während der vielen Trainingsstunden für seinen Raumflug entstand dieses ikonenhafte Bild von Juri Gagarin in seinem Druckanzug, in der russischen Raumfahrt als »Skaphander« bezeichnet.

Abb. S. 36 und 37:
Mit der kugelförmigen Raumkapsel Wostok 1 flog am 12. April 1961 der Testpilot Juri Gagarin als erster Mensch auf eine Erdumlaufbahn. Die originale Raumkapsel, der Druckanzug und der Schleudersitz befinden sich im Koroljow-Museum bei Moskau.

Abb. S. 40:
Diesen Matra-Sportwagen erhielt Juri Gagarin in Frankreich als Geschenk. Hier ist er in der Nähe des Kosmonauten-Denkmals in Moskau zu sehen.


© 2011 Gerhard Kowalski, Spektrum der Wissenschaft
Verlagsgesellschaft
mbH, Heidelberg


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Quelle:
Sterne und Weltraum 4/11 - April 2011, Seite 32 - 41
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
Dr. Jakob Staude
Redaktion Sterne und Weltraum:
Max-Planck-Institut für Astronomie
Königstuhl 17, 69117 Heidelberg
Telefon: 06221/52 80, Fax: 06221/52 82 46
Verlag: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
Slevogtstraße 3-5, 69117 Heidelberg
Tel.: 06221/9126 600, Fax: 06221/9126 751
Internet: www.astronomie-heute.de

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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juni 2011