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RAUMFAHRT/888: Asteroiden und Weltraummüll - Maßnahmen gegen die Bedrohung (ESA)


ESA Portal Deutschland - Euronews - 24. Februar 2014

Asteroiden und Weltraummüll - Maßnahmen gegen die Bedrohung



Es wird passieren, ob wir wollen oder nicht: Eines Tages wird ein Asteroid die Erde treffen, die Zerstörung könnte enorm sein. Was lässt sich dagegen tun?

Im vergangenen Jahr erhielten wir einen kleinen Vorgeschmack, welch zerstörerische Wucht ein Asteroidentreffer auf der Erde haben kann. Über der russischen Stadt Tscheljabinsk explodierte ein solches Himmelsgeschoss. 1500 Menschen wurden verletzt, 7000 Gebäude beschädigt.

Alan Harris arbeitet am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Berlin. Er erinnert sich an Tscheljabinsk: "Das war ein ziemlich heftiges Ereignis, bei dem zum Glück niemand umkam. Doch es zeigte, welche Kraft diese Dinger haben."

Vor allem aber hat niemand den Einschlag kommen sehen. Mit seinen rund 19 Metern Durchmesser war der Asteroid nicht sonderlich groß, es war praktisch unmöglich, ihn gegen die Sonne zu entdecken. Dabei gibt es tausende deutlich größere Asteroiden in Umlaufbahnen rund um die Erde, und nicht wenige von ihnen könnten zu einer Gefahr für uns werden.

"Ein Hundert-Meter-Asteroid wäre noch nicht ein mal sonderlich groß, er würde auf ein Fußballfeld passen, und doch könnte er im schlimmsten Fall eine ganze Großstadt vernichten. Das sind die Objekte, nach denen wir Ausschau halten, und wir müssen Wege finden, mit ihnen umzugehen," erklärt Alan Harris.

Mensch gegen Meteor

Um diese Wege zu finden, wurde am Raumfahrtzentrum der ESA in Darmstadt eine Expertengruppe zur Asteroidenabwehr ins Leben gerufen. An ihr sind Forscher aus den wichtigsten Raumfahrtnationen beteiligt.

Detlef Koschny ist bei der ESA für erdnahe Objekte zuständig. "Vergangenes Jahr", sagt er, "war die Lage noch so, dass wir im Falle eines drohenden Asteroideneinschlags auf der Erde nicht hätten reagieren können. Jetzt haben wir den ersten Schritt getan, indem wir diese Gruppe gegründet haben."

Das internationale Expertenteam wird von der UNO unterstützt, die ebenfalls ein Interesse daran hat, die potentiell tödliche Gefahr aus dem All abzuwenden.

"Wir werden für Asteroiden eine Minimalgröße und Energiemenge errechnen müssen, ab der wir tatsächlich eine Raum-Mission starten. Das wird wohl zwischen 50 und 100 Metern beginnen, steht aber noch nicht fest. Genau dies ist eine der Aufgaben für diese Gruppe: die richtigen Werte festzulegen," fügt Koschny hinzu.

Lösung gegen Asteroidengefahr: Weltraumbillard

Rund um unseren Planeten gibt es schätzungsweise 20.000 Asteroiden, die einen Durchmesser von 100 bis 1000 Metern haben. Und bisher wurde gerade mal ein Viertel von ihnen entdeckt. Es sind Leute wie Alan Harris, die daran forschen, wie man einen Asteroiden-Einschlag auf der Erde verhindern kann. Um seine Pläne zu veranschaulichen, hat er sich einen recht ungewöhnlichen Ort ausgesucht: Eine Billard-Bar. Aus gutem Grund.

"Eine unserer Hauptideen ist es, einen Asteroiden einfach mit einem Raumfahrzeug zu rammen. Das ist ein bisschen wie kosmisches Billard," erklärt er.

Dann legt Harris einige Bälle auf den Tisch und nimmt einen Stock: "Ok, wir wollen die Flugbahn eines Asteroiden verändern. Wir müssen also versuchen, ihm mit einem Raumfahrzeug einen Stoß zu geben, das würde dann ungefähr so aussehen." Er stößt eine Kugel an. "Allerdings", so gibt er zu bedenken, "ist so ein Raumfahrzeug verglichen mit dem Asteroiden sehr klein, es hat sehr wenig Masse, der Asteroid ist sehr groß, also müssen wir ihn entsprechend hart mit dem Raumfahrzeug treffen. Es muss dafür also eine sehr hohe Geschwindigkeit haben, und das versuchen wir nun, wir versuchen, dass der Asteroid seine Bahn verlässt und die Erde verfehlt."

Es klappt. "Ja, wir haben die Erde verfehlt und Millionen Menschenleben gerettet," freut sich der Forscher.

Weltraumschrott: Eine weitere Gefahr aus dem All

Allerdings sind Asteroiden nicht die einzige Gefahr, die der Erde aus dem All droht. Eine weitere ist Weltraumschrott. Zwar ist es unwahrscheinlich, dass er jemanden verletzt, doch er könnte ebenso ökonomischen Schaden anrichten.

Heiner Klinkrad, der sich bei der ESA mit dem Thema Weltraummüll beschäftigt, berichtet: "Es handelt sich dabei hauptsächlich um Abfall vom sogenannten Wettlauf ins All. Von den 16.000 bis 17.000 Objekten, die wir von Bodenstationen aus sehen können, sind nur rund 1000 tatsächlich funktionierende und arbeitende Raumsonden. Das Übrige sind Reste von vergangenen Weltraumflügen, und gut die Hälfte der Objekte stammt von Kollisionen oder auch Explosionen, die sich auf den Umlaufbahnen ereignet haben."

Moderne Weltraum-Missionen sind so gestaltet, dass sie im besten Falle keinen Müll hinterlassen. Um den schon existierenden Schrott zu beseitigen, könnten auch manche der Vorhaben zur Asteroidenabwehr eingesetzt werden.

"Um die Lage zu verbessern, wollen wir vor allem die Müllmenge auf den Umlaufbahnen verringern. Das geht zum Beispiel, indem man einen Motor an solch einem Müllteil anbringt den man zündet, und so bringt man den Müll direkt in die Atmosphäre. Der etwas subtilere Weg wäre es, die Widerstandskräfte solcher Objekte künstlich zu erhöhen, dann würden sie sich allmählich absenken und schließlich auflösen, meist auf unkontrollierte Art und Weise. Vergleicht man das Risiko von Weltraummüll und Asteroiden, so ist das Müllrisiko zwar höher, aber Asteroiden sind gefährlicher," so Klinkrad.

"Wir müssen darauf vorbereitet sein, denn wenn es das nächste Mal passiert, könnte es kein 20-Meter-Meteor sein, der in der Atmosphäre verglüht, sondern es könnte ein 50- oder 100-Meter-Eisenbrocken sein, und dass der hier einschlägt, das wollen wir wirklich nicht," ergänzt Alan Harris.

Glücklicherweise werden inzwischen Schritte unternommen, damit solche Albtraum-Szenarien niemals Wirklichkeit werden.

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Quelle:
ESA Portal Deutschland - Euronews 24. Februar 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Februar 2014