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MELDUNG/085: Blinde und sehbehinderte Menschen haben ein Recht auf Bücher (DIMR)


Deutsches Institut für Menschenrechte - 20. April 2016

Pressemitteilung: UNESCO-Welttag des Buches und des Urheberrechts am 23. April:

Blinde und sehbehinderte Menschen haben ein Recht auf Bücher


Berlin - Das Deutsche Institut für Menschenrechte fordert die Bundesregierung anlässlich des Welttags des Buches auf, den "Vertrag von Marrakesch" endlich umzusetzen. Dieses völkerrechtliche Übereinkommen aus dem Jahr 2013 sichert Menschen mit Lese- und Sehbehinderungen den Zugang zu Büchern und kulturellen Werken in barrierefreien Formaten wie Brailleschrift, Großdruck oder Hörbuch. Obwohl die Bundesregierung den Vertrag unterstützt, hat sie ihn noch nicht ratifiziert. Grund dafür ist ein Streit mit der EU-Kommission über die Frage, wer für die Umsetzung des Vertrags zuständig ist.

"Die Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, dass der Streit mit der Europäischen Kommission zügig beigelegt wird", fordert Valentin Aichele, Leiter der Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention des Instituts. Schon vor Beilegung des Streits solle die Bundesregierung barrierefreie Formate fördern und das deutsche Urheberrecht so anpassen, dass blinden, seh- und lesebehinderten Menschen mehr Bücher zur Verfügung stünden. "Es ist aus menschenrechtlicher Perspektive nicht hinnehmbar, dass der Zugang zu Büchern an diesen rechtlichen und praktischen Hürden scheitert", so Aichele weiter.

Blinde, seh- und lesebehinderte Menschen haben in Deutschland Zugang zu maximal fünf Prozent aller hierzulande verlegten Werke der Literatur, Kunst und Wissenschaft. Grund dafür sind Regelungen im deutschen Urheberrecht und die geringen Gewinnaussichten für die Verlage bei der Produktion für kleinste Abnehmerkreise.

Der Vertrag von Marrakesch sieht gesetzliche Regelungen vor, die es möglich machen, Werke ohne Zustimmung der Rechtsinhaber in wahrnehmbare Formate zu überführen. Darüber hinaus enthält er ein Regelwerk für den Austausch von barrierefreien Werken über Ländergrenzen hinweg. Er wurde im Rahmen der Weltorganisation für intellektuelles Eigentum (WIPO) erarbeitet und am 27. Juni 2013 verabschiedet.

Die Europäische Kommission hat im September 2015 beim Europäischen Gerichtshof die Klärung der Frage beantragt, ob ausschließlich die EU für den Abschluss des Vertrags von Marrakesch zuständig ist. Bis zur Klärung dieser Frage können Jahre vergehen. Aufgrund der ungeklärten Rechtslage sind bislang weder die Mitgliedstaaten noch die Europäische Union dem Übereinkommen beigetreten.

Die Generalkonferenz der UNESCO hat 1995 den 23. April zum "Welttag des Buches und des Urheberrechts" ausgerufen.
Das Institut ist mit dem Monitoring der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention betraut worden und hat hierfür die Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention eingerichtet. Es hat gemäß der UN-Konvention (Artikel 33 Abs. 2 UN-BRK) den Auftrag, die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und die Umsetzung der Konvention in Deutschland zu überwachen.


Weitere Informationen:
Valentin Aichele (2016): Mehr barrierefreie Bücher. Warum der Vertrag von Marrakesch endlich umgesetzt werden muss.
http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/index.php?id=6&tx_publications_products%5Bproduct%5D=686&tx_publications_products%5Baction%5D=show&tx_publications_products%5Bcontroller%5D=Product&cHash=737b1ff535749ac1a7994a48ae3b4110

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Quelle:
Pressemitteilung vom 20. April 2016
Deutsches Institut für Menschenrechte e. V.
Zimmerstr. 26/27, 10969 Berlin
Telefon: +49 30 259 359 0, Telefax: +49 30 259 359 59
E-Mail: info@institut-fuer-menschenrechte.de
www.institut-fuer-menschenrechte.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. April 2016

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