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HILFSMITTEL/197: Wenn Technik hindert, statt zu helfen (Uni Dortmund)


UNIZET Nr. 424, 02-11, Universität Dortmund

Wenn Technik hindert, statt zu helfen: »Barrierefreiheit ist noch nicht lange Thema«

Von Alexandra Gehrhardt


Die Referatsgruppe hat die Folien der letzten Sitzung für alle hochgeladen. Als Hausaufgabe ist ein Test am Bildschirm auszufüllen und dann muss nur noch der Aufsatz gelesen werden, der schon eingescannt online steht. E-Learning-Tools sparen Zeit und Aufwand und machen so das Studieren leichter. Was aber, wenn das richtige Kästchen im Test nur mit der Maus angeklickt werden kann? Und wenn der, der vor dem Bildschirm sitzt, die Maus nicht sehen kann, weil er gar nichts sieht? Im ersten interdisziplinären Projekt zwischen Informatik und Rehabilitationswissenschaften haben sich Studierende beider Fakultäten im letzten Wintersemester darüber Gedanken gemacht. Einer von ihnen, Nils Vortmeier, hat für sein Engagement nun den Stipendienpreis der Evangelischen Stiftung Volmarstein erhalten.

Eigentlich ist Nils Vortmeier Informatiker, genauso wie seine Kommilitonen Fabian Peternek und Jann Schwenk. In ihrem Nebenfach Rehabilitationstechnologie haben sich die drei mit neun anderen Informatikern und Rehabilitationswissenschaftlern an die Software eXeLearning gewagt, ein E-Learning-Tool, das auch von einigen Lehrenden an der TU eingesetzt wird. eXeLearning macht es möglich, nicht nur Texte und Bilder online zur Verfügung zu stellen, sondern auch Elemente zur Lernkontrolle, zum Beispiel Multiple-Choice-Tests, zu erstellen. Das massive Problem dabei: »Die Software ist kaum anwendbar«, erklärt Vortmeier. Bei den ersten Durchläufen erkannten die Informatiker, dass HTML-Codes falsch waren, die Navigation nur per Mausklick möglich und es auch für Lehrende sehr umständlich war, Inhalte verfügbar zu machen. Ist das ein generelles Problem? »Bis vor ein paar Jahren war der Aspekt der Barrierefreiheit bei der Softwareherstellung noch kein Thema«, erklärt Fabian Peternek. Manchen Herstellern sei bis heute nicht klar, dass es Menschen gibt, die eine Maus nicht bedienen können.

Solche Fehler hat die Gruppe ausgemerzt: Nachdem die Studierenden der Rehabilitationswissenschaften die Probleme ausfindig gemacht hatten, machten sich Vortmeier, Schwenk, Peternek und andere Informatiker daran, sie zu beheben. Alle Fehler konnten während des Projekts zwar nicht beseitigt werden, »aber die gröbsten Schnitzer - da ist auch für Nicht-Behinderte der Erfolg spürbar«, sagt Nils Vortmeier. Weil er in dem Projekt als besonders engagiert auffiel, hat ihn die Evangelische Stiftung Volmarstein im November, kurz nach seinem Bachelor-Abschluss, mit ihrem Stipendienpreis für herausragende Leistungen geehrt. Und wie sehen die jungen Männer den Wert des interdisziplinären Projektes? »Man muss sich schon an neue Denkmuster gewöhnen«, sagt Vortmeier, aber, ergänzt sein Kommilitone Fabian Peternek: »Es war sehr lehrreich, mal über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen.«


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Quelle:
Unizet Nr. 424, 02-11, Seite 7
Herausgeber: Technische Universität Dortmund, 44221 Dortmund
(Referat Hochschulkommunikation)
Chefredakteurin: Angelika Willers
Tel.: (0231) 7 55-54 49
e-Mail: angelika.willers@tu-dortmund.de
Internet: http://www.tu-dortmund.de/unizet
ISSN: 1439-1198

UNIZET erscheint neun Mal jährlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. März 2011