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HILFSMITTEL/202: Computer helfen Demenzkranken (highlights - Uni Bremen)


"highlights" - Heft 24 / Juli 2011
Informationsmagazin der Universität Bremen

Computer helfen Demenzkranken


Ein zukunftsweisendes Pilotprojekt mit dem Namen IT-Assist hat die Bremer Heimstiftung jetzt gemeinsam mit dem Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik (TZI) der Universität Bremen in der Stiftungsresidenz St. Ilsabeen umsetzt. Erstmals wurden dabei gemeinsam mit Bewohnerinnen und Bewohnern Computer und Programme ausprobiert, die speziell für ältere und an Demenz erkrankte Menschen entwickelt wurden.


Noch ist es ungewöhnlich, doch vielleicht gehören diese Bilder schon bald zum Alltag: In der Wohnküche der Stiftungsresidenz St. Ilsabeen steht ein Laptop. Auf dem Bildschirm ist das Gesicht einer Frau zu sehen. Vor dem Laptop sitzt Luise Otte, Bewohnerin des Hauses. Sie plaudert angeregt mit ihrer Betreuerin am anderen Ende der Leitung. "Es ist schön, den anderen zu sehen - als säßen wir hier zusammen", sagt Luise Otte. Einige Zimmer weiter dient der tragbare Computer dazu, sich Fotos anzusehen. Der 102-jährige Johann Dohrmann nutzt die Technik, um in seinem virtuellen Familienalbum zu blättern. Enkel, Kinder, die Ehefrau und Familienfeiern wechseln sich auf dem Bildschirm ab. Per Knopfdruck verschwindet das eine, dafür erscheint das nächste Motiv.


Informationstechnologien in der Altenhilfe

Hintergrund dieser Szenen ist das Projekt IT-Assist, das die Bremer Heimstiftung gemeinsam mit dem Uni-Institut und der Rehavista GmbH umgesetzt hat. Computer und Programme sind dabei speziell für ältere und demente Menschen entwickelt. Sie haben eine vereinfachte, vergrößerte Bildschirmdarstellung mit bildhaften Symbolen. Ein Klick auf einen breiten, auch von zittrigen Händen zu bedienenden Button ermöglicht es den Benutzern unter anderem, Fotobücher anzuschauen, Spiele zu spielen oder individuell das Gedächtnis zu trainieren.

Damit nicht genug: Über eine Kamera ist es möglich, sich via Bildtelefon mit Angehörigen weltweit auszutauschen. "IT-Assist hat zwei Ziele: Zum einen dem Gehirn von älteren Menschen über Computerangebote neue Aufgaben und Anregungen zu bieten, zum anderen ihre sozialen Kontakte aufrechtzuerhalten. Viele Ältere sind nicht mehr in der Lage, Angehörige und Freunde zu besuchen. Über das sogenannte Skypen haben sie nun die Möglichkeit, das Familienleben weiter zu verfolgen. Der Computer holt die Welt 'draußen' für sie in die Einrichtung", erklärt Professor Michael Lawo vom TZI.

Lawo hat mit seinem Institut das vorbereitet, was in einem Praxistest durchgeführt wurde: 20 Schülerinnen und Schüler aus der Schule für Altenpflege der Bremer Heimstiftung standen den Bewohnern auch bei der Auseinandersetzung mit dem Computer zur Seite. Sie hatten sich vorher über die Bewohnerinnen und Bewohner informiert und mit deren Angehörigen gesprochen. So genannte "Schatzkästchen" halten nun Wissenswertes zu Beruf, Lebenslauf, Familie, Vorlieben oder Abneigungen der Senioren bereit. Mit diesen Informationen wurde das Computerprogramm auf jeden interessierten Bewohner zugeschnitten.


"Da ist plötzlich wieder Lebensfreude"

Johann Dohrmann nutzt den Laptop mittlerweile fast täglich. "Ich schaue mir am liebsten die Bilder an, die ich Ewigkeiten nicht mehr gesehen habe. So groß auf dem Bildschirm entdecke ich immer wieder Neues auf ihnen, das ist schön", so der 102-Jährige. Neben ihm sitzt die 21-jährige Pflegeschülerin Melanie Rehberg, die sich von vergangenen Zeiten erzählen lässt: "Die Beschäftigung am Computer tut Herrn Dohrmann gut. Da ist plötzlich wieder Lebensfreude."

Auf lange Sicht soll die Technik in allen 25 Einrichtungen der Bremer Heimstiftung Einzug halten. Die Institution will so den Mehrwert, den die Technik auch älteren Menschen bieten kann, allen interessierten Bewohnern zur Verfügung stellen.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:
- Gisela Gerads spielt begeistert mit Pflegeschüler Waldemar Geng am Laptop. Ihre Reaktionen sind bereits schneller geworden.


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Quelle:
highlights - Informationsmagazin der Universität Bremen
Heft 24 / Juli 2011, S. 18
Herausgeber: Rektor der Universität Bremen
Redaktion: Universitäts-Pressestelle
Postfach 330440, 28334 Bremen
Telefon: 0421/218-601 50
E-Mail: presse@uni-bremen.de
WWW: www.uni-bremen.de/campus/campuspress/highlights

"highlights" erscheint zweimal jährlich und
ist erhältlich bei der Universitäts-Pressestelle


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. August 2011