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HILFSMITTEL/222: Vom Rolli-Kaufhaus zum Aktiv-Center und Treffpunkt (Selbsthilfe)


Selbsthilfe - 3/2013

Alles unter einem Dach
Vom Rolli-Kaufhaus zum Aktiv-Center und Treffpunkt

Von Iris Westermann



Aus einer Vision wurde Wirklichkeit - und das schon vor 20 Jahren. Damals hatten Sanitätshäuser noch einen völlig verstaubt anmutenden Charakter. Die Rollstühle, die man dort als Hilfsmittel bekam, waren manchmal alles andere als eine Hilfe oder Erleichterung für den Alltag eines Menschen mit Behinderung. Ganz zu schweigen von manchen Mitarbeitern, die mit einem Kunden, der mehr als nur Stützstrümpfe kaufen wollte, überfordert waren. Michael Heil, der durch einen Ski-Unfall selbst auf den Rollstuhl angewiesen ist, ging es nicht anders. Die Zeit war reif, es selbst besser zu machen: Und so gründete er im Jahr 1993 zusammen mit seinem Bruder Joachim Heil die Firma Rehability in Weinheim. Rollstuhlversorgung aus erster Hand und vom Fachmann in eigener Sache.

Der Erfolg gab ihm recht, denn aus dem kleinen Sanitätshaus in Weinheim ist heute ein erfolgreicher Rehafachhandel mit 100 Mitarbeitern an den drei Standorten Heidelberg, Frankfurt und Dresden geworden. Doch je größer der Erfolg, desto weniger Platz in Weinheim. Eine Veränderung musste her. Doch anstatt lediglich neue und größere Räume zu suchen, hatte Michael Heil bereits eine neue Vision: Ein Center, bei dem alles unter einem Dach zu finden ist und den rollenden Kunden somit lange Wege und verschiedene Ansprechpartner erspart bleiben.


Rollstuhltest im Kaufhaus

Das erste Reha-Kaufhaus Deutschlands steht daher seit Anfang des Jahres in Heidelberg. Hier findet der aktive Rollstuhlfahrer alles was sein Herz begehrt: Verschiedene Rollstuhlhersteller präsentieren ihre Neuheiten. Und bei der Vielzahl der vorrätigen Modelle findet sich auch fast immer die passende Größe, sodass gleich vor Ort das neue Stück auf Herz und Nieren getestet werden kann. Darüber hinaus gibt es eine große Anzahl an rollstuhlgerechten Autos zu sehen.


Von Mode bis Haushalt

Wie in jedem guten Shopping-Center kann man sich im Rollikaufhaus auch mit spezieller Kleidung und schicker Mode für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer einkleiden. Lösungen für die Wohnung oder das eigene Haus gibt es mit barrierefreien Kochmöglichkeiten und ein umfangreiches Sortiment von Rampen machen Stufen nicht länger zu unüberwindbaren Hürden. Wer mehr als eine Rampe vor dem Haus benötigt, ist mit einem Treppenlift gut beraten und findet im Kaufhaus eine Auswahl. Wer zwar nicht auf einen Rollstuhl angewiesen ist, aber keine langen Strecken zu Fuß gehen kann, kann sich aus den verschiedenen E-Scootern ein elegantes oder eher sportliches Modell aussuchen.


Spielecke für kleine und große Kinder

Auch kleine Besucher sind im Aktiv-Reha-Center herzlich willkommen und werden in der Kinderecke jede Menge Spaß, Spannung und Entspannungsmöglichkeiten finden. Ob Gespenster, Harry Potter oder Rollstühle im Ballerina-Outfit - hier warten viele kleine und große Überraschungen auf die Kids. So wird auch die Rollstuhlanpassung auf einmal spielerisch und findet in entspannter Atmosphäre ohne abschreckenden "Arzt- oder Klinikcharme" statt.


Mehrmals sportliche Events im Jahr

Besonders viel Spaß haben die Kinder bei den Aktionen von Rehability: mehrmals im Jahr gibt es Stadtralleys, Mobi-Kurse für Kinder oder sportliche Angebote. Für das Jahr 2014 ist eine Fahrrad- und Handbiketour für Kids am Bodensee geplant. Hauptattraktion ist aber der alljährlich stattfindende Rolli Kids Action Day, der jedes Jahr unter einem anderen Motto stattfindet, wie Baustelle, Zirkus, oder Mittelalter. In diesem Jahr gab es beispielsweise einen großen Jahrmarkt.

Ein besonderes Highlight im Sommer 2013 war das Outdoor-Wochenende in Losheim am See im Saarland. Über 40 Teilnehmer haben sich den sportlichen Herausforderungen gestellt und waren mit Bikes und Kanus im Wald und auf dem Wasser unterwegs. Bei den Mountainbike-Touren wurden die Räder auf Herz und Nieren getestet. Die Strecke hat selbst den geübten Fahrern einiges abverlangt und das Zusammenspiel zwischen Motor und Kurbel musste schon gut abgestimmt sein, ansonsten war irgendwann mitten in der Steigung Schluss, wenn man nicht rechtzeitig runtergeschaltet hatte. Dann war selbst der Motor überfordert. Mit voller menschlicher Anschubhilfe hatten die Biker dann aber wieder die Möglichkeit zum Schalten und entspannten Weiterfahren.


Aktiv im Rollstuhl

Michael Heil hat sich auf Sportgeräte spezialisiert. Er selbst ist ein sehr aktiver Sportler, der gern Monoski fährt oder mit dem Handbike unterwegs ist. Er möchte auch andere für dass Aktivsein im Rollstuhl gewinnen. So hat er beispielsweise ein eigenes Rehability Handbike-Team aufgestellt, das bis heute erfolgreich an Marathonveranstaltungen in ganz Deutschland teilnimmt. Einmal im Jahr wird sogar ein Jugendtrainingslager auf Lanzarote angeboten. Bei Rehability werden deshalb immer aktuelle Vorspann- und Handbikemodelle sowie seit neuestem auch Mountainbikes für Rollstuhlfahrer nicht nur ausgestellt, sondern auch von den eigenen Mitarbeitern getestet.


Center als Treffpunkt für Selbsthilfegruppen

Mittlerweile haben sich über 30 Firmen aus der Rehabranche mit ihren Produkten im Haus angesiedelt. Sie alle präsentieren sich auf der über 1000 qm großen Ausstellungsfläche.

Doch auch damit noch nicht genug - neben Hilfsmitteln zum Anfassen und Ausprobieren bietet das Aktiv-Reha-Center Information und Unterstützung in allen Bereichen des alltäglichen Lebens. Deshalb gibt es regelmäßig Seminare zu ganz verschiedenen Themen: Sportliche Angebote, Entspannungstechniken, Informationsveranstaltungen zum Thema Wohnen, Assistenzhunde, Inkontinenzfragen und Ernährung. Auch ein Info-Counter rund um das Thema Inkontinenz steht den Besuchern zur Verfügung. Zusätzlich nutzen immer mehr Selbsthilfegruppen das Center, um dort Seminare für ihre Mitglieder anzubieten. Diese Angebote werden im nächsten Jahr noch erweitert, um neue Gruppen und Interessenten über das Center zu vernetzen und in Kontakt zu bringen.

Auch Kulturelles kommt im Aktiv-Reha-Center nicht zu kurz: Momentan laufen die Proben für die Neuauflage des Musicals "Wheelchairica - all inklusiv" auf Hochtouren. Ein Gruppe von Laiendarstellern mit und ohne Behinderung üben an ihren freien Wochenenden Tänze und Gesänge für die Darstellung einer Welt, in der der Rollstuhl normal ist, in der Nichtbehinderte in der Minderheit sind und diese auch nicht wirklich akzeptiert werden. Bis es zum großen Knall kommt ... doch dazu mehr im November, wenn die große Premiere stattfindet. Termine können unter www.rehability.de eingesehen werden.


KONTAKT:
rehability im Aktiv-Reha-Center
Am Taubenfeld 39
69123 Heidelberg
Tel: 06221 70540
Fax: 06221 7054498
www.rehability.de
info@rehability.de

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Quelle:
Selbsthilfe 3/2013, S. 24-25
Zeitschrift der BAG SELBSTHILFE e.V.
Herausgeber: Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe
von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e.V.
BAG SELBSTHILFE
Kirchfeldstr. 149, 40215 Düsseldorf
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Internet: www.bag-selbsthilfe.de
 
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Oktober 2013