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MELDUNG/522: Reform des Sexualstrafrechts - Paradigmenwechsel vollzogen (Verena Bentele)


Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen
Pressemitteilung: Berlin, 07.07.2016

Reform des Sexualstrafrechts beschlossen

Beauftragte: "Jeder Mensch muss seine Zustimmung zu sexuellen Handlungen deutlich machen - egal ob mit oder ohne Behinderungen."


Heute hat der Bundestag die Reform des Sexualstrafrechts beschlossen. Noch vor der Sommerpause wird damit ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die Interessen von Menschen mit Behinderungen vertritt. Dazu sagt die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Verena Bentele: "Damit wird ein Paradigmenwechsel vollzogen. Der Missbrauch widerstandsunfähiger Menschen wird künftig nicht mehr niedriger bestraft als der von Personen, die sich wehren können."

Der Wille und die sexuelle Selbstbestimmung von Menschen mit und ohne Behinderungen werden in den Mittelpunkt gestellt. Mit der jetzigen Reform werden Schutzlücken geschlossen. In Zukunft ist jede sexuelle Handlung strafbar, wenn sie "gegen den erkennbaren Willen" durchgeführt wird. Das bedeutet, das Opfer muss nicht schreien und sich körperlich wehren können, um diesen Widerstand deutlich zu machen.

Können Menschen aufgrund ihres körperlichen oder psychischen Zustands nicht uneingeschränkt ihren Willen bilden oder äußern, muss sich ihr Gegenüber der ausdrücklichen Zustimmung versichern. Bentele: "Es ist absolut richtig, dass jeder Mensch seine Zustimmung zu sexuellen Handlungen deutlich machen muss - egal ob mit oder ohne Behinderungen. Kein Täter kann sich zukünftig mehr darauf zurückziehen, dass er keinen Widerstand bemerkt hätte."

Es wirkt jetzt sogar strafverschärfend, wenn ein Täter die Situation ausnutzt, dass eine Person krankheits- oder behinderungsbedingt keinen Willen bilden oder äußern kann. Damit wird eine seit langem kritisierte Ungleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen aufgehoben.

Bentele betonte zudem: "Ich begrüße auch den neuen Paragraphen 184i des Strafgesetzbuches, mit dem sexuelle Belästigung jetzt strafbar ist. Gerade bei Menschen mit Behinderungen scheinen Grenzüberschreitungen oftmals schneller stattzufinden. Hier stehen die Opfer jetzt unter Schutz gegen belästigende Verhaltensweisen wie das 'Angrabschen'. Das war überfällig."

Im Verlauf ihres Lebens werden gerade viele Frauen mit Behinderungen Opfer von Gewalt. Der bessere Schutz von Mädchen und Frauen vor Übergriffen und Missbrauch ist eines der dringenden Themen, die der UN-Fachausschuss Deutschland zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention mit auf den Weg gegeben hat.

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Quelle:
Pressemitteilung 18/2016: Berlin, 07.07.2016
Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen
Christina Jäger, Pressesprecherin
Telefon: +49 30 18 527-1797
E-Mail: presse@behindertenbeauftragte.de
Internet: www.behindertenbeauftragte.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juli 2016

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