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PROJEKT/621: Patientenverfügung in einfacher Sprache wird erprobt (Der Ring)


DER RING
Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel - Februar 2011

Patientenverfügung in einfacher Sprache wird erprobt
Mit simplen Worten zur komplexen Entscheidung

Von Gunnar Kreutner


Um Menschen mit kognitiven Einschränkungen den Zugang zu einer Patientenverfügung zu erleichtern, haben Dr. Klaus Kobert, klinischer Ethiker im Ev. Krankenhaus Bielefeld (EvKB), und Pastorin Birte Schwarz, Krankenhaus-Seelsorgerin in der Klinik Mara, eine spezielle Fassung in einfacher Sprache entwickelt. Ab diesem Frühjahr wird die Patientenverfügung in einem Pilotprojekt innerhalb des Bereichs "Unterstütztes Wohnen Ortschaft Bethel" erprobt.


"Damit die Betroffenen überhaupt eine Entscheidung treffen können, die tatsächlich ihrem Willen entspricht, müssen sie verstehen können, worum es geht", sagt Birte Schwarz. Sie hat in ihrer praktischen Arbeit vielfach die Erfahrung gemacht, dass die gängige Patientenverfügung des EvKB für bestimmte Menschen zu schwer formuliert und zu kompliziert strukturiert ist. Die neue Patientenverfügung richtet sich an Menschen, denen eine einfache Sprache und Bilder helfen, sie zu verstehen.


Keine Fremdwörter

Den Anstoß für das Projekt gaben unter anderem die Patientenverfügungen von acht Bewohnerinnen und Bewohnern aus dem Haus Nebo, einer Behindertenhilfe-Einrichtung in Bielefeld-Bethel. "Beim Lesen und Ausfüllen des Formulars wurde deutlich, dass die medizinisch geprägte Sprache ihnen die für sie eigentlich verständlichen Inhalte verstellt. Es bedurfte vieler Erklärungen und Übersetzungen", berichtet Birte Schwarz.

Für Menschen mit einer Lernschwäche, mit einer geistigen Behinderung oder für ältere Menschen seien die Sätze zu lang formuliert, Wörter teilweise zu spezifisch und schwer. In der neuen Fassung werden alle medizinischen Begriffe erklärt, Fremdwörter gänzlich vermieden. "Für viele Menschen ist es beispielsweise nicht nachvollziehbar, was ein 'schwerer neurologischer Defektzustand' bedeutet. Und nichts spricht dagegen, Begriffe wie 'Dialyse' einfach durch 'Blutwäsche' zu ersetzen", so Dr. Klaus Kobert.

In der neuen Fassung werden bestimmte medizinische Vorgänge, wie eine künstliche Beatmung, eine künstliche Ernährung oder eine Wiederbelebung, zudem mit Bildern verständlicher gemacht. Der gesamte Text ist in größeren Buchstaben gedruckt. "Außerdem gibt es in der Struktur der Standard-Patientenverfügung Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Fragen. Auch das haben wir aufgelöst und einfacher gestaltet", so Birte Schwarz.

Wer eine Patientenverfügung für sich ausfüllen möchte, sollte sich nicht alleine mit den Inhalten auseinandersetzen, sondern fachkundige Beratung einholen. Das gilt auch für die Fassung in einfacher Sprache. "Die neue Variante soll kognitiv beeinträchtigte Menschen in die Lage versetzen, die Verfügung selbstbestimmt ausfüllen zu können - aber nicht ohne Unterstützung", so Dr. Kobert.


Ergebnis zum Jahresende

Ein Jahr lang haben Klaus Kobert und Birte Schwarz die neue Fassung entwickelt. Beraten wurden sie von dem ärztlichen Direktor von "Stiftung Bethel regional", Prof. Dr. Michael Seidel, und dem Betheler Sozialrechtsexperten Ralf François. Ende des Jahres soll die praktische Erprobung abgeschlossen sein. Anschließend werden die Ergebnisse ausgewertet. Dr. Kobert: "Wenn es dann gut gelaufen ist, kann die Patientenverfügung in einfacher Sprache auf Wunsch in unseren Einrichtungen angewendet werden."


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Quelle:
DER RING, Februar 2011, S. 11
Monatszeitschrift für Mitarbeiter, Bewohner, Freunde
und Förderer der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel
Herausgeber: Pastor Ulrich Pohl in Zusammenarbeit mit der
Gesamtmitarbeitervertretung der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Februar 2011