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EUROPA/1278: EU-AKW-Stresstest - Besonders anfällige Reaktoren stillegen, Sicherheit erhöhen


Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 4. Oktober 2012

EU-AKW-Stresstest: Besonders anfällige Reaktoren stilllegen, Sicherheit um das Notwendige erhöhen



Zur Vorstellung der Ergebnisse des Stresstests für europäische Atomkraftwerke erklärt Sylvia Kotting-Uhl, Sprecherin für Atompolitik:

Wenn ein bis zur Unstressigkeit entschärfter Stresstest zu einer langen Mängel-Liste führt, muss man diese umso ernster nehmen.

Für Europa heißt das, die eklatantesten Risikoreaktoren unverzüglich stillzulegen. Hierzu zählen mindestens die französischen Anlagen Fessenheim und Cattenom, das britische Wylfa und das schweizerische Beznau, das älteste noch laufende AKW der Welt.

Der Stresstest selbst hat wesentliche Aspekte, die Auskunft über den wahren Sicherheitszustand der Anlagen geben, gar nicht untersucht. Wie die Bundesregierung bestätigt, handelte es sich nicht um eine umfassende Sicherheitsuntersuchung, sondern lediglich um die Bewertung "einzelner ausgewählter Sicherheitseigenschaften".

Umso erschreckender ist, in wie vielen europäischen Atomkraftwerken selbst elementare Sicherheitssysteme fehlen, die schon lange vor Fukushima zum Standard und Pflichtprogramm gehören. Beispielweise unabhängige Notstandsysteme und die gefilterte Druckentlastung.

Durch die Stilllegung der anfälligsten Reaktoren ließe sich das Risiko in Europa auf einen Schlag erheblich senken. Wer die Debatte jetzt von Anfang an auf Nachrüstungen beschränkt, trägt dazu bei, dass das meiste im Sand verlaufen wird und am Ende nur das anhaltende Atomrisiko von Bestand sein wird. Das wäre unverantwortlich.

Für Deutschland muss die Konsequenz erstens sein, dass sich die Bundesregierung endlich ehrlich für solche Stilllegungen engagieren muss. Ihren medialen Lippenbekenntnissen zu mehr Sicherheit stehen Tatenlosigkeit und Desinteresse auf EU-Ebene gegenüber.

Zweitens muss Umweltminister Altmaier seine Einstellung ändern, Nachrüstungen für deutsche Meiler nur auf das noch Machbare zu beschränken. Dieses Amtsverständnis ist verfehlt. Vielmehr ist es seine Pflicht, die Sicherheitsanforderungen auf das nach Fukushima notwendige Maß zu erhöhen. Wenn das zu betriebswirtschaftlich unangenehmen Konsequenzen für die AKW-Betreiber führt, ist das deren Problem. Wenn es sich als ökonomisch sinnvoller herausstellt, weitere AKW abzuschalten, ist auch das ein Sicherheitsgewinn. Für unvertretbare Risiken darf es keinen Bestandsschutz auf Kosten der Bevölkerung geben. Herr Altmaier steht umso mehr in der Pflicht, als sein Vorgänger bereits vor eineinhalb Jahren versprochen hatte, die Sicherheitsanforderungen für die deutschen Atomkraftwerke zu erhöhen. Dieses Versprechen ist immer noch nicht eingelöst. Aus dem Stresstest ergibt sich insbesondere die Notwendigkeit, die Erdbebensicherheit der deutschen Anlagen zu verbessern.

Copyright Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN

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Quelle:
Pressemitteilung vom 4. Oktober 2012, Nr. 0850/12
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Oktober 2012