Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

FINANZEN/1165: Vertuschen hilft nichts - Deutschland übernimmt Risiken - über die EZB


Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 7. März 2012

Vertuschen hilft nichts: Deutschland übernimmt Risiken - über die EZB


Zur jüngsten Veröffentlichung der Europäischen Zentralbank (EZB) erklärt Dr. Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher:

Die Übernahme zusätzlicher Haftung Deutschlands wird im Bundestag immer wortreich ausgeschlossen. Sie findet aber trotzdem statt, und zwar indirekt über die Europäische Zentralbank, hinter der auch der deutsche Steuerzahler steht. Mit der Veröffentlichung des letzten Wochenausweises wird das gesamte Ausmaß der Risiken auf der EZB-Bilanz sichtbar. Danach übersteigt die Bilanzsumme der EZB erstmals die Drei-Milliarden-Euro-Grenze. Gleichzeitig übersteigen die Forderungen an Kreditinstitute zum ersten Mal die Milliarden-Grenze. Die Höhe der Risiken wird noch durch ihre Fristigkeit übertroffen. Während der Anteil der längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte vor der Krise noch 30 Prozent der gesamten zur Verfügung gestellten Liquidität ausmachte, ist er nun auf 97 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: Zu Hochzeiten der Lehman-Krise war der Anteil längerfristiger Kredite kurzzeitig bei etwa 70 Prozent. Während die längerfristigen Geschäfte ursprünglich drei Monate und zu Lehman-Zeiten bis zu zwölf Monate liefen, ist mittlerweile knapp eine Milliarde Euro für drei Jahre ausgeliehen. Mit der deutlich längeren Frist der EZB Kredite steigen auch die Ausfallrisiken.

Die Verlagerung der Risiken auf die EZB Bilanz ist unverkennbar, während in der Koalition dreist behauptet wird, eine Reduzierung der Renditen für südeuropäische Staaten stünde in einem Zusammenhang mit dem Fiskalpakt. Die Bundesregierung weiß um die Notwendigkeit einer teilweisen kollektiven Haftungsübernahme. Da sie deren Unpopularität aber fürchtet, lässt sie diese unter dem Deckmantel der EZB durchführen. Ein Altschuldentilgungsfonds nach dem Vorschlag des Sachverständigenrats würde eine direkte Konditionalität zwischen Haftungsübernahme und einer koordinierten Wirtschafts- und Fiskalpolitik herstellen. Er wäre damit nicht nur die transparentere, sondern auch die ökonomisch sinnvollere Antwort auf die Eurokrise. Aber alle Vertuschung nutzt nichts - die Risiken sind da. Dann sollte man auch ehrlich darüber sprechen.

Copyright Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN


*


Quelle:
Pressemitteilung vom 7. März 2012, Nr. 0206
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Pressestelle
Telefon: 030/227-572 12, Fax: 030/227-5 69 62
E-Mail: presse@gruene-bundestag.de
Internet: www.gruene-bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. März 2012